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Es gibt diese eleganten Frauen, lange, schlanke, gepflegte Finger mit einem Hauch von Ring, die aussehen wir Elfen oder Feen. Sie wirken groß und erhaben, weil zu dünn, und haben etwas Überirdisches an sich. Zwei davon waren mit uns auf der Fähre von der Insel Santa Cruz nach Isabela. Bei beiden, vermutlich Schwestern, die blonden Haare betont unordentlich, die lässig-sportliche Kleidung hochwertig teuer und das Kinn energisch nach vorne gestreckt. Amerikanerinnen. Man übersieht sie nicht (und überhören tut man sie auch nicht).
Jedenfalls machte der Motor unserer Highspeed-Fähre zehn Minuten nach dem Hafen schlapp. Man hat das Stottern schon im Hafen gehört, manch einer wäre auch so nicht losgefahren, aber der Kapitän meinte wohl er hätte es im Griff. Und so schlenkerte dann das Boot in der rauen See bei geschlossenen Fenstern und Sonnenschein auf den Wellen herum, und die beiden Motoren stotterten ohne Power so vor sich hin. Nichts geht mehr. Die Wellen nehmen das Boot mit. Die Strömung drückt das Boot Richtung Felsen (wir waren zwar noch weit weg, aber wer weiß,…), der Kapitän telefoniert mit dem Smartphone und fummelt mit dem Schraubenzieher an der Benzin-/Dieselleitung herum. Wir ca. 20 Passagiere werden unruhig, aber beherrschen uns. Außer die beiden Schönheiten: Eine kommentiert jede Bewegung des Käptens und läuft unerlaubt zwischen den Sitzplätzen hin und her, die andere spuckt. Das Boot schlingert. Im Rückwärtsgang fahren wir langsam Richtung Hafen zurück (dann schwappt das Wasser von hinten ins Boot hinein), von Hand wird Treibstoff gepumpt und der Motor springt manchmal kurzfristig wieder an, eine Havarie - aber nach einiger Zeit sind wir zurück im trauten Hafen. Wir steigen in ein neues Boot um. Markus organisiert eine Kette und hilft das Gepäck umzuladen, fünf deutsche Männer werfen sich die Rucksäcke zu. Dazwischen die nichtspuckende Fee, die sich Markus` freigewordenen Platz sichern und zwischen den fliegenden Rucksäcken einen Weg finden will. Markus´ Platz wird dank seiner Arbeitsleistung von allen Passagieren erfolgreich verteidigt. Dann fährt Fähre Nr. 2 aus dem Hafen heraus.
Das Boot fährt. Auf und ab. Schräglage links, dann rechts, es knallt die Wellenberge im freien Fall nach unten, mal schlingert es schräg über die Wellenkämme, hoch und runter, dann kippt es auf die anderes Seite, es wird gerollt. Auf dem Boot kauen die schlauen Menschen hektisch Kaugummi gegen Seekrankheit - oder schlafen völlig losgelöst mit heruntergeklappten Unterkiefer (ein Zeichen dafür, dass sie bereits eine Reisetablette genommen hatten). Einige holen sich in regelmäßigen Abständen schwarze Plastiktütchen vom Matrosen. Er ist der einzige, der bei dem Geschaukel noch laufen kann - und eben die beiden Feen, die andauernd den Platz wechseln wollen, aber nicht dürfen. Dann eben ein neues Tütchen…
Als mir dann mein Nachbar beim Tiefschlaf und Umfallen nahezu eine Kopfnuss gibt, steigt die Stimmung im Boot. Es gibt auch ein paar, die in all dem Ungemach beste Laune entwickeln. Und wer ist dabei? Natürlich unser Geburtstagskind, der mit seinem Seemanns-T-Shirt grinsend in der Ecke sitzt und die Plastikbeutelrumreicherei und das Feentheater schlichtweg ignoriert.
Unsere Hostalbesitzer holen uns überraschend am Hafen ab, sie buchen für uns die Touren für den nächsten Tag und wir erhalten eine private Führung durch den äußerst verschlafenen Ort mit dem karibischen Sandstrand. Irgendwann seilen wir uns zum Mittagessen ab, gehen in den Lava-Korallen-Bereich schnorcheln, entdecken zwischen den fabelhaften Kanälen und dem glasklaren Wasser eine grasende Schildkröte, schwimmende Meeres-Iguanodons, Haie und Rochen und sind wieder mal beeindruckt. Alles schaukelt noch ein bisschen, aber was sollst.
Markus will zum Abendessen kochen, also kaufen wir Rotwein und Garnelen und der Abend endet bei einem schönen Schwatz mit wildfremden Reisenden auf der Hostalterrasse.
Die beiden Feen haben wir an der sandigen Strandpromenade nochmals gesehen. Wir waren beim Mojito-Trinken und die beiden bogen elegant schlurfend ins teuerste Hotel am Platz ein - ohne Spukbeutel in der Hand.
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