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Aller guten Dinge sind drei - Zurück in Neuseeland
Jaaaaa - hier ist wieder einmal ein Reiseblog von uns! Wir haben viele Anfragen erhalten, ob wir denn keine Blogs mehr schreiben. Unsere Berichte wurden scheinbar doch von einigen Freunden sehr gerne gelesen. Natürlich gibt's wieder Blog-Einträge - allerdings nur wenn auch wir ‚Ferien' haben. Nun ist es wieder soweit...
Nachdem wir unsere 4-monatige Neuseeland-Reise 2013 nach einem knappen Monat abgebrochen haben und das wunderschöne Land freiwillig fluchtartig verlassen haben, sind wir endlich zurück. Zurück in unserer zweiten Heimat Neuseeland. Obschon wir Heute eigentlich erfüllt sagen können, dass Neuseeland zwischenzeitlich nur noch unsere dritte Heimat ist. Unser spontan gewähltes, neues Zuhause ‚Piemont' war die verrückteste, unüberlegteste, teuerste, risikofreudigste und abenteuerlichste Handlung unseres Lebens. Ich hoffe das bleibt sie auch - noch verrücktere Aktionen brauchen selbst wir nichtJ. Aber diese ganze nicht-durchdachte und super-spontane Aktion hat sich für uns voll und ganz gelohnt. Nach den ersten 10 Monaten in unserer Wahlheimat Italien können wir sehr erfüllt sagen: hier fühlen wir uns zu Hause! Wir lieben unsere neue Arbeit als ‚Gäste-Bewirter und -Bewirterin, als Bauer und Bäuerin und freuen uns bereits wieder auf den Saisonstart 2014. Wir freuen uns auch, dass wir bereits jetzt so viele Buchungen von unseren Freunden und Bekannten entgegen nehmen durften. Unser Belegungsplan füllt sich immer mehr, wir schon bald einmal fast ausgebucht bis Ende Oktober.
Aber jetzt sind wir eben erst einmal wieder hier. Zurück im Land der Schafe, der langen weissen Wolke, des kontinuierlichen Wetterwechsels innert fünf Minuten, in unserer dritten Heimat. Die Reise ans ‚andere Ende der Welt' war dieses Mal nicht ganz so anstrengend, da wir noch einen 10-tägigen Zwischenstopp auf Bali bei meinem Vater gemacht haben. Zurück in Singapore dauerte dann der Weiterflug nach Christchurch nur noch gut 9 Stunden.
Nach den grossen Investitionen im Piemont, fällt unser diesjähriges Budget definitiv bescheiden aus. So habe ich mich frühzeitig - bereits im August- um ein zahlbares Miet-Wohnmobil gekümmert und war ganz froh, eine mehr oder weniger gute aber bescheidene Alternative für die 6 Wochen gefunden zu haben.
Voller Vorfreude setzen wir unsere Füsse auf neuseeländischen Boden und fahren vom Flughafen direkt zur Camper-Firma. Die machen grosse Augen als wir plötzlich in der Tür stehen und fragen uns fast ungläubig, ob wir denn keine Email erhalten haben... Waaaaaas für eine Email? Nun ja, der gebuchte Miet-Camper wurde vom Vor-Mieter um den 18. Dezember 2013 herum so gut wie zu Schrott gefahren. Er befindet sich in der Reparatur aber leider kann uns niemand so genau sagen, wann er dann nun abholbereit ist. Das kann am Folgetag sein, aber ebenso gut zwei Tage später oder auch irgendwann sonst. Die Camper-Firma war auf jeden Fall nicht fähig, in der Reparatur-Garage nachzufragen wie es denn aussieht.
Bufffff... das war ein Hammerschlag auf unsere Euphorie... Was nun? Es ist Hochsaison und alles geht campen. Auch die Kiwis (Neuseeländer) haben Urlaub und auch sie reisen am liebsten campend über die Insel. Unsere Frage nach einem Ersatz-Camper stösst auf solch ein belustigendes Unverständnis als hätten wir gefragt, ob sie uns vielleicht eine Million schenken könnten. AUSSICHTSLOS!!
Aussichtslos? Nicht für uns... Wir machen uns also selbst auf den Weg (telefonisch wurden wir überall mit bedauern abgewimmelt) von Camper-Firma zu Camper-Firma ob wohl nicht doch noch irgendwo ein Mobil zufälligerweise rum steht und für 6 Wochen verfügbar wäre...
Ein Tag, viele Stunden von Firma zu Firma pilgern, und 1'000'000 Glückskäfer später sind wir fündig geworden. Bei der Firma wo wir für die letzten beiden Neuseeland-Reisen den Camper gebucht haben. Zu Konditionen die uns komplett ruinieren - aber zum Glück gibt's Kreditkarten die im Notfall auch mal nicht ganz gedeckt sein müssen in diesem speziellen Fall... Hauptsache unserem Reisestart steht nichts mehr im Weg - für alles andere findet sich dann schon eine Lösung - wie immer! Am nächsten Morgen können wir endlich los.
Südwärts auf der Inland Cenic Route Christchurch - Geraldine - Timaru
Unsere erste Nacht verbringen wir in Rakaia. Wir finden einen wunderschönen, ruhigen Campground total in der Natur. Abends zieht es uns früh ins Bett - die letzten Tage haben doch einiges an Energie gekostet. Wie herrlich ist dass denn... endlich wieder in unsere Schublade hoch kriechen - wir fühlen uns sofort wieder zu Hause.
Am nächsten Morgen erwachen wir bereits um 05.00 Uhr - eine empfindlich fiese Kälte kriecht durch unsere Knochen. Komisch - es ist doch eigentlich Hochsommer. Am Vortag sind wir noch in kurzen Hosen und Shirt rum gelaufen. Aber das ist eben Neuseeland - 4 Jahreszeiten an einem Tag sind ganz normal. Leider funktioniert unsere Heizung nicht, da unsere Camper-Batterie leer ist. Brrrr.... Nach einem eiskalten Müesli aus dem noch funktionierenden Kühlschrank bleibt uns nur eins: so schnell wie möglich in die Wanderstiefel und warm laufen! Vom Shirt über den dicken Woll-Rollkragenpullover, Fleece-Gilet, Windstopper-Jacke - wir sind gerüstet und frieren denn noch. Kappe auf! Nun kann es los gehen. Mit gefühlten tiefgefrorenen Zehen marschieren wir los entlang der ‚Rakaia Gorge'. Landschaftlich total faszinierend, ein breiter Fluss mit türkisfarbigem Eiswasser von den Gletschern, am Horizont die leicht schneebedeckten verzuckerten Berge des Mount Hutt Range. Der Geruch erinnert stark an einen wunderschönen und kalten Frühlingstag in der Schweiz wenn die Wiesen frisch gemäht wurden und die ersten Blütendüfte der Frühlingsblumen in der Luft liegen. Ein längerer Abschnitt ist übersäht von kleinen Kamillen-Blümchen.. Was für ein Duft. Fantastisch! Nach einer Stunde laufen sind wir auch definitiv wieder aufgewärmt, der Sommer ist zurück. Unsere erste Halbtages-Wanderung hat sich richtig gelohnt und dank unserer frühmorgendlichen, eisigen Bett-Flucht beginnt der Tag erst so richtig als wir bereits wieder zurück sind.
Wir fahren weiter bis Geraldine wo wir uns ein leckeres Mittagessen im Camper machen und uns anschliessend zur Belohnung noch einen extragrossen Cappuccino im Strassencafé gönnen.
Am nächsten Morgen verlassen wir die Inland-Route und fahren an die Küste. Die unendlich langen, breiten und wilden Strände faszinieren uns immer wieder. Es geht ein garstiger Wind aber mit fünf Schichten Kleider und der dicken Kappe wagen wir uns für einen 10-minütigen Spaziergang noch raus. Die Kiwis sind einfach steinharte Typen. Wir frieren uns hier einen ab und die surfen stundenlang in den Wellen, oder dümpeln viel eher untätig auf Ihren Brettern rum, immer auf der Suche nach der perfekten Welle. Wir haben einen schönen Free Camping-Spot gefunden direkt an der Klippe bei Campbell Bay, in der Nähe von Oamaru. Am nächsten Morgen können wir beim Frühstück die Delphine beim morgendlichen Wellenreiten beobachten und hinter unserem Camper spielen die Wildhasen gerade ‚Fangis'. Was für eine herrliche Natur!
Das Wetter hat sich zwischenzeitlich leider noch verschlimmert. Wir fahren weiter über Dunedin nach Milton. Milton - am besten grad wieder total vergessen. Ein wirklich abgesifftes Kaff, das Ende der ‚guten Hoffnung und jegliches Optimismus' - aber wir haben ein Ziel. Eine klare Mission. Hier werden wir uns am Abend mit Klaus treffen. Ein lieber, wertvoller, vielbeschäftigter, ständig weitreisender Freund mit dem wir es zwischenzeitlich nicht mal mehr schaffen, uns einmal jährlich in der Schweiz zu treffen. Nun ja - dann klappt es halt am anderen Ende der Welt. Zufällig haben wir im Dezember festgestellt, dass auch Klaus im Januar in Neuseeland sein wird. Was für ein Fest! Einigermassen geniessbare Restaurants sind in Neuseeland immer noch eher rar, resp. konzentrieren sich um ein paar nette Städte rum aber da ist man ja nicht immer gleich einen Steinwurf davon entfernt. Haha und in Milton befinden wir uns sowieso am Abgrund der Welt... Also nix wie los in den Supermarkt und ein feines Menü für unseren Gast im Camper zusammenstellen. Wir hatten einen echt tollen Abend zusammen. Ist schon speziell, wenn man sich so am anderen Ende der Welt trifft weil es zu Hause mit einem Wiedersehen nie klappt!
Am nächsten Morgen hält dann aber auch uns definitiv nichts mehr in Milton und unsere Fahrt führt uns südwärts durch die Catlins. Grundsätzlich sind die Catlins im Sommer definitiv eine Reise wert. Die meisten Touristen scheuen dieses Gebiet, denn mit normalerweise 2-4 Wochen Zeit in Neuseeland ist diese Gegend einfach zu gross und zu ‚weit unten' um mit ins Reise-Programm zu nehmen. Wir haben glücklicherweise die Zeit und wollen uns die Region welche aus üppigem Weideland, wunderschönen Wälder und noch viel fantastischeren rauen Buchten besteht, ansehen.
Leider müssen wir uns aber bald eingestehen, dass sich diese Tour wohl eher auf ein Sightseeing aus dem Camper raus beschränkt. Das Wetter wurde noch schlechter, Starkregen und Hagel wechseln sich in harmonischem Rhythmus ab und die berühmten Südstürme aus der Antarktis machen ihrem Namen alle Ehre und schöpfen so richtig aus dem Vollen! Falls ich mich je mal über die fiese kalte Schweizer Biese beklagt haben sollte, die ist ein warmes Föhn-Lüftchen gegenüber diesem Antarktis-Wind. Unser Camper wird bedrohlich hin und her geschaukelt, ein Aussteigen raubt einem schlicht grad die Atemluft vom starken eiskalten Wind. Aber die Stimmungen am Himmel sind faszinierend auch wenn ich hier wirklich keine Nacht verbringen möchte. Wir fahren die Strecke noch zu Ende, begraben unsere Catlins-Pläne und verlassen diese wunderbare Gegend wieder und nisten uns dafür in Invercargill auf einem Campground ein. Eine gute Flasche Rotwein lässt das Schaukeln vom Camper vergessen und auf schönes Wetter für die nächsten Tage hoffen.
Wir werden vom Schaukeln und Regenklopfen an den Scheiben geweckt. Ok, unsere Gebete wurden diesbezüglich noch nicht ganz erhört. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Wir fahren nach dem Frühstück los ins 26km entfernte Bluff. Bluff ist sicherlich den Austern-Liebhaber ein Begriff. Scheinbar sind diese glitschigen Dinger aus Bluff eine ganz besonders leckere Delikatesse. Wir ignorieren diese gänzlich und lassen uns da später zum Lunch lieber in der Sushi-Bar von Invercargill verführen.
Vom Aussichtspunkt hoch über der Insel hat man eine wunderbare Sicht! Und immerhin war das Timing perfekt und die Sonne schien für 3 Minuten als wir oben angekommen sind, bevor es wieder stürmisch in alle Himmelsrichtungen regnete.
Nach unserem Sushi-Lunch geht die Fahrt noch weiter bis Tuatapere. Dies wird für unseren Camper eine 4-tägige Homebase und Ruhepause sein, da wir für die nächsten Tage den 3-tägigen Hump Ridge Track gebucht haben.
Am nächsten Morgen werden wir nach einem zünftigen Wander-Frühstück mit Speck, XXL-Scrambled Egg und hausgemachtem warmen Ciabatta-Brot von der ‚Last Light Lodge' pünktlich um 8 Uhr von Jane unserem ‚Guide' für die nächsten knapp drei Tage abgeholt. Wir sind eine kleine bunt durchmischte Trekking-Gruppe bestehend aus einem älteren Ehepaar von der Nordinsel Neuseelands sowie einem jüngeren Paar aus Malaysia. Unser erster Eindruck: da können wir sicher mit dem Lauftempo gut mithalten! Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass die alle Marathon-Läufer sind oder zumindest bis vor kurzem waren und mit allen Wasser gesotten sind. Es kommt noch schlimmer. Drei von den vier Wander-Kumpels sind Ärzte, die blicken später jeweils mit ziemlich viel Unverständnis wenn ich nach-Luft-japsend in den wenigen ‚Verschnauf-Pausen' als erste Handlung zu meiner geliebten, importierten Zigarette greife . Das wird eine harte Runde für mich hihi.
Unser Tripp beginnt ganz schaurig mega angenehm mit einem 4-minütigen Helikopterflug entlang der Küste. Der Hump Ridge Track ist eine Rundwanderung, aber das letzte Stück von gut 10 Kilometer würde man auf dem Hin und Rückweg laufen. So wird uns dieser beim Start erspart und wir werden die ersten 10km über den sagenhaften Fjordland-Wald und die steil abfallende Küste geflogen. Traumwetter zu unserem Start!!!! Das steigert die Wanderlust und lässt die Motivation am oberen Limit krabbeln. Der erste Wandertag führt uns während 7 Stunden quer durch wunderschöne Fjordland-Wälder immer höher bis wir die Okaka-Lodge am Berg erreichen. Die Mühe hat sich gelohnt, der Blick ins weite Grüne hinunter zur endlosscheinenden Küste ist gigantisch. Unser Abend-Highlight ist nicht gerade das für uns gekochte Abendessen (aus dem Steak wurde leider eine liebevoll zubereitete steinharte, etwas angekohlte Schuhsohle aber vielleicht beinhaltet diese Fleisch-Misshandlungs-Methode ja ganz besondere Vitamine und Starkmacher für den nächsten Wandertag). Unser Highlight bietet uns der Abendhimmel ganz umsonst mit einem wunderschönen Vollmond. Magisch - so mitten auf dem Berg.
Aus dem Sonnenaufgang am nächsten Morgen wird leider nichts. Es stürmt wie es nur stürmen kann, wir wundern uns schon sehr, dass die dünnen Lodge-Wände vom Wind noch nicht zusammen gefallen sind. Nach einem stärkenden Frühstück (Poridge - nicht jedermanns geschmack aber warm und energiespendend) packen wir eine Extraportion Motivation aus dem Rucksack und laufen trotz strömendem Regen und peitschenden Winden los. Den zweiten Wandertag haben wir (alle) völlig unterschätzt. 22 Kilometer lang, eigentlich nur abwärts über die Hügelkette und geradeaus bis zu einer wunderbaren Bucht. Kann ja nicht so arg sein, 22 Kilometer sind ja eigentlich locker zu schaffen. Aber der Tag hat es echt in sich... Das Abwärtslaufen zieht sich über 6 Stunden hin und als der Weg dann für die letzten 8 Kilometer endlich geradeaus ging, war die ganze Strecke ein einziges Schlammfeld was ein zügiges Vorwärtskommen verunmöglichte. Nach gut 8.5 Stunden laufen, treffen wir völlig erledigt in unserem Nachtquartier ein. Eine gute Flasche Wein, ein neuseeländisches Käse-Aperitiv-Plättchen und ein himmlischer Lachs aus dem Ofen lässt uns anschliessend rasch und tief ins Schlaf-Koma fallen. Unsere Hoffnung der dritte und letzte Tag entlang der Küste möge von der Sonne begleitet werden, fällt leider ins Wasser. Trotzdem sind wir sehr dankbar. Über Nacht wurde es überraschend sehr kalt und die Gruppe die sich an jenem Morgen oben auf dem Berg in der Okaka Lodge befand, musste sich den Weg an diesem Tag talwärts erst mal durch den Neuschnee erkämpfen. Bestimmt sind da wieder Touristen mit Sommershorts und leichtem Windjäckli unterwegs. Und auf jeden Fall werden da wieder einige Touris unterwegs sein, die nur Trekking-Sandalen und dünne Windjäckli dabei haben.
d*** eingepackt mit zwei Lagen T-Shirts, dünnem Merino-Wollpullover, Fleece-Gilet, Fleece-Jacke und Regenschutz sowie langer Hose und darüber Regen-Hose laufen wir ganz nach dem Motto ‚wir sind Menschen vom Mars' etwas ungelenkig und eingeschränkt durch Muskelkater und 10cm-Kleiderschicht los. Von Nieselregen, Starkregen über kleinere Hagel-Stürme - wir bleiben Heute von nichts verschont und trotzdem hat der Blick zur Küste etwas total Faszinierendes. Zum Glück sind wir die ersten Stunden vom wieder 21 Kilometer langen Weg mehrheitlich vom Wald noch etwas geschützt. Als wir dann im letzten Drittel ungefähr zwei Stunden direkt am Strand in gefährlicher Nähe zu den wild brechenden Wellen entlang laufen, beruhigt sich immerhin der Wind und uns bleiben nur einzelne Regenschauer welche sich manchmal mit zwei schüchternen Sonnenstrahlen vermischen. Nach gut 6 Stunden Laufzeit ohne längere Pause da es schlicht keinen geschützten Platz gab, sind wir alle langsam wieder ziemlich am Limit unserer Kräfte. Zur ‚Belohnung' und als fieser ‚Wädli-Test' geht's nun über 167 extrem steile Treppenstufen vom Strand hoch zur Ebene wo wir unser Abhol-Büssli sehnlichst erwarten. Oben völlig entkräftigt angekommen, vernehmen wir dann von unserem Guide Jane etwas verlegen: ‚nein nein, wir sind noch nicht ganz am Ziel. Bis zum Parkplatz sind es noch gut 30 Minuten'. Das waren die längsten 30 Minuten in unserer Wander-Karriere.
Wir haben's geschafft. Es war ein wunderschöner Track aber einer, den wir definitiv unterschätzt haben. Lessons learned: Angegebene Wanderzeiten, Höhenmeter und Wander-Kilometer sagen noch überhaupt nichts aus über den Schwierigkeitsgrad und die Anstrengung die ein Weg bieten kann.
Zurück in unserer ‚Last Light Lodge' wo unser Camperli auf uns wartet, gönnen wir uns eine extrem lange, extrem warme Dusche. Gefolgt von einem extrem leckeren Nachtessen im Lodge-Restaurant mit den extrem besten Weinen die Neuseeland zu bieten hat - das haben wir uns extremst verdient!
Der Muskelkater am nächsten Tag ist grauuuuuuusaaaaaammm.....
‚Uuuuuuuuuiii Neeeeeeeeiii!!!!' .....
Wir kommen nur mit grossem Schmerz-Gebrüll die Leiter von unserer Schlafkombüse runter. Wie kann ein so kurzes Körperstück wie das Wädli so einen Schmerz auslösen? Umtauschen bitte.
Unsere Reise führt uns weiter via Riverton nach Queenstown. Ich bin ‚ziemli schaurig' froh, sitzt Alex am Steuer und ich kann sämtlichen Kupplungs-Aktivitäten ausweichen. Von Tuatapere nach Riverton sind es ca 60 Kilometer. Nach 27 Kilometer kommt uns wieder in den Sinn, dass wir ja überhaupt kein Benzin mehr haben und eigentlich in Tuatapere noch auftanken wollten. Ein Blick auf die Tankanzeige sagt uns, dass das Benzin noch für 32 Kilometer reicht. Hm... man rechne. 27 Km hinter uns mit auf und abs und Kurven, und 33 unbekannte Km vor uns - was tun? Knapp werden beide Varianten. Dann doch lieber mit einem Reservetank in ein neues, unbekanntes Kaff laufen als zurück nach Tuatapere wo sie uns nun kennenJ. Wir wollen unser Gesicht ja nicht grad ganz verlieren. Glücklicherweise reicht uns das Benzin dann doch auf den letzten Tropfen bis zur Tankstelle. Die Erleichterung bei uns beiden ist riesig - keiner von uns hätte mit dem aktuellen Muskelkater freiwillig ein paar Kilometer laufen wollen. Unterwegs trödeln wir ein bisschen, einfach so, dass wir gar nicht dazu kommen, uns die Beine zu vertreten.
Queenstown ist DAS Mekka sämtlicher (abenteuerlustigen) Reisenden in Neuseeland. Hier trifft sich Alles und Jeder der die letzten Tage in der Einsamkeit gewandert ist, sich vom Regen aufschwämmen liess, sich mit einem Touristenbus innerhalb von 5 Tagen im Eilzugstempo quer durch ganz Neuseeland ‚gesightseet' hat, sämtliche Asiaten die auf Ihrer 5-tägigen Ozeanien-Rundflug-Reise einen 5 stündigen Stopp in Neuseeland einlegen um sagen zu können, man sei in Neuseeland gewesen sowie auch sämtliche KIWI-Familien die gerne mit mehr oder weniger Adrenalin bespasst werden.
Queenstown bietet einfach alles. In Queenstown kann man Bungie-Jumpen, Paragliden, Wandern, Jetboat-Fahren, Heli-Fliegen, Propeller-Fliegerli-Ausflüge machen, Bootstouren buchen, River Raften, Fallschirmspringen und ganz sicher noch ganz viel mehr.
Auch das Kulinarische kommt hier nicht zu kurz. Vom einfachen aber berühmten Hamburger-Stand über Feinschmeckerlokale, Thailändischer- Indischer- Japanischer- Italienischer Küche und geschätzten 300 Pubs, Bars, Cafés, Gourmet-Gelatti und einfach alles was der Magen begehrt oder auch nicht begehrt.
Wir geniessen das bunte Treiben aus aller Welt und das süsse adrenalinarme Nichtstun bei einer hauseigenen heissen, sündigen Tasse Schoggi aus dem Caféhaus ‚Patagonia'. Die Dessert-Auswahl muss man hier einfach ignorieren - das Lokal ist schlicht weg unübertreffbar in allem was es Kalorien so zu bieten gibt. Wir beschliessen die nächsten Tage unweit von Queenstown zu bleiben und Tagesausflüge von hier aus zu starten. Unsere Wädli sind unheimlich dankbar, dass wir nicht gleich den nächsten Berg anstreben und das Wetter hat sowieso das Gefühl, dass es in diesem Sommer hier noch viel zu wenig geregnet hat. Wir nehmen es locker.
Am Sonntagmorgen sagt die Wetterprognose voraus, dass der Regen zwischen 9 und 10Uhr aufhören wird und die nächsten Stunden und Tage eigentlich trocken sein sollten. Kurz nach 9 Uhr machen wir uns bei noch leichtem Nieselregen auf den Weg entlang des Seeufers ins 7 Kilometer entfernte Queenstown - Jaaa das ‚Patagonia' strahlt eine unglaubliche Anziehungskraft aus und schreit nach Wiederholung. Kaum sind wir die ersten Kilometer tapfer (etwas schmerzverzerrt) gelaufen, giesst es natürlich wieder unverhofft wie aus Wassereimer. Total durchnässt und triefend erreichen wir unser Super-Schoggi-Haus. Zurück nehmen wir dann doch für einmal den Bus und die restlichen Stunden des Tages verkriechen wir uns in unserem Camper, denn die positive Wetterprognose war definitiv nur eine Zeitungsente.
Der Montag beginnt völlig unverhofft mit strahlend blauem Himmel und wie sich später zeigt, bleibt uns dieser -ausnahmsweise bei hochsommerlicher Temperaturen- auch den ganzen Tag erhalten. Wir machen uns als erstes auf den Weg in die nahe ‚Remarkables Ski Area'. Der Weg führt uns mit unserem gut 4-Tonnen schweren Riesen-Wohnmobil über eine 13 Kilometer lange Gravel-Road den Berg hinauf. Immer höher und höher. Steiler und steiler. Kurviger und kurviger. Meine Fantastie dreht wieder mal mit mir durch und ich sehe schon, wie sich unser Camper am steilen Hang überschlägt oder wir auf den ziemlich groben Kieselsteinen ins Rutschen kommen... Alex bleibt wie immer gaaanz locker - good driverJ. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir oben an, auf ca. 1600 M.ü.M. Die Aussicht ist gigantisch. Unter uns ist der Flughafen von Queenstown und wir schauen am Bergrand runter auf die anfliegenden doch ziemlich grossen Passagier-Flugzeuge der Air New Zealand. Ganz speziell. Da oben machen wir noch eine Mini-Wanderung zum Lake Alta. Eine Stunde - kurz aber heftig. Anschliessend hält uns nichts mehr in dieser giftig windigen Höhe und es zieht uns wieder hinunter in den Sommer der sich heute für Queenstown entschieden hat. Die steil abfallende Rückfahrt war für meine Fantasie natürlich gefundenes Fressen (von wegen Bremsen die plötzlich nicht mehr Bremsen, schwere Autos die rutschen, Kurven die wir nicht kriegen und so weiter..) ziemlich verkrampft aber konzentriert lese ich die neusten News auf 20Minuten-Online und bin ganz froh, kann ich meine Fantasien dadurch etwas bändigen.
Für unsere Mittagspause suchen wir uns ein äusserst lauschiges Plätzchen am Lake Hayes nähe Arrowtown. Die Kiwis haben so viele wundervolle Parks hier - das ist echt fantastisch! Anstatt unser übliches Mittagsschläfchen abzuhalten, nutzen wir die Gunst des Sommertages und starten nach dem Lunch direkt mit einer Walkingrunde um den See. 7 Kilometer lang und immer von einem sanften Windchen begleitet, so soll es doch sein. Leider hat sich Alex auf den letzten zwei Kilometer ganz unglücklich den Fuss ‚vertrampelt' und kann nur noch zurück humpeln. Hoffentlich ist da nichts ernsthaft kaputt - das könnten wir gar nicht brauchen.
Die im mega härzigen Café ‚Walnut' bestellte ‚kalte Schockolade' als Tröschterli stellte sich als riesen Tröschter in Form eines dicken, fetten Schoggi-Vanille-Rahm Glace-Monster heraus, mit etwas kalter milchiger Flüssig-Schoggi darüber... Eine unerwartete Bombe...
Im Anschluss machen wir noch einen Abstecher nach Arrowtown. Dieses Städtchen hat uns bei den letzten beiden Neuseeland-Reisen nicht sonderlich gereizt, ist es doch eine alte Goldgräber-Stadt und da kommen mir immer so WildWest-Käffer in den Sinn. Aber Arrowtown zeigt sich als sehr schmuckes charmantes kleines Städtchen mit erstaunlich vielen, auf den ersten Eindruck sehr leckeren und modernen Restaurants und Cafés.
Queenstown - Te Anau - Milford Sound
Am nächsten Morgen zeigt sich das Wetter immer noch von einer erstaunlich guten Seite und die Wetteraussichten für die Fjordlands sehen auch selten vielversprechend aus. Im Milford-Sound auf Sonne zu stossen gilt fast als Lotto-Sechser. Diese Region ist eine der regenreichsten auf der ganzen Welt (durchschnittliche Regenmenge pro Jahr 7500mm (7.5 Meter!)) und auf schönes Wetter muss man hier an mindestens 320 Tagen im Jahr mit Sicherheit verzichten.
Bevor wir uns auf die lange Autofahrt machen, laufe ich mich noch rasch warm und walke nochmals dem Seeufer entlang nach Queenstown. Alex hat mit seinem überdehnten Fuss einen Schon-Tag und holt mich dafür mit unserem Schlaf-Ess-Zeitvertreib-Gefährt in Queenstown ab. So ein Privattaxi ist klasse! ... und beiden war gedient (ja da ist mein Götter-Gatte für einmal mit einer guten Ausrede ums Bewegungsprogramm rum gekommen)!
Um 14Uhr sind wir in Te Anau, von dort aus führt die ca. zweistündige Fahrt entlang der Milford Road bis zum Milford Sound. Das Wetter ist tatsächlich immer noch fantastisch! Ein paar Dekorations-Wölkchen, aber sonst strahlend blauer Himmel - was für ein Glück - was für eine Aussicht - was für eine imposante Kulisse. Direkt vor uns erhebt sich der spektakulär fotogene Mitre Peak (1692m) und all die anderen stolzen Fjord-Imposanten senkrecht von Meereshöhe in den Himmel. Der Schiffs-Hafen liegt im ‚Fresh Water Basin'. Der Milford Sound besteht ja aus Salzwasser vom Meer, aber in diesem Becken kommt soviel Wasser durch die starken Regenfälle dazu, dass das Becken eben mehr Frischwasser als Salzwasser enthält.
Den Abend verbringen wir auf dem Campground der Milford Lodge und vermeiden es bestmöglich den Camper unnötig zu verlassen, denn draussen lauern geschätzte 10 Millionen Sandflies in der Hoffnung auf Frischblut - NICHT mit uns. Diese Übeltäter sind hier in den Fjordlands wirklich kaum zu ertragen. Solange man in Bewegung ist oder der Wind bläst, sind sie aushaltbar. Sobald man aber stehen bleibt ist man innert Sekunden von 100 Übeltäter total umzingelt. Sie kriechen in die Ohren, kitzeln die Wimpern und seilen sich an den Augenbrauen runter. Üüüüüübel.....
Wohlwissend, dass der nächste Tag kaum wieder Sonnenschein bieten wird, buchen wir trotzdem noch eine Schiffsfahrt entlang des Milford Sounds. Auch Schlechtwetter ist hier ein absolutes Spektakel, die verschiedenen bedrohlich wirkenden Bergriesen in allen Grau-Schattierungen strahlen eine ganz besondere Energie aus. Und die kräftigen Wasserfälle mit bis zu 150 Meter Höhe sind echt spektakulär! Um 9.00Uhr legt das erste Schiff ab. Diese erste Fahrt zu buchen war ein schlauer Zug. Sämtliche Touristen-Busse befinden sich noch auf der Anfahrt aus Te Anau und so teilen wir das Cruise Schiff welches für sicher 300 Personen eingerichtet ist, mit maximal 14 anderen Touris. Der Sound gehört uns!
Unsere Mittagspause verbringen wir bei strömendem Regen im gemütlichen Camper in einem verwunschenen Wäldchen. Ein gutes Glas Wein dazu und unsere müden Mägen schreien nach einem Mittags-Schläfchen in unserer 1. Etage. Why not? Wir hören dem prasselnden Regen zu und fallen bald in einen kurzen aber tiefen Mittagsschlaf. Das Leben ist herrlich wenn sich alles Wesentliche wie feines Essen, gute Weine und ein warmes, bequemes Bett auf 6 Quadratmeter befinden.
So, nun ihr seht, wir sind wieder ganz in unserem Reise-Rhythmus angekommen. Uns bleiben nun noch 3,5 Wochen am anderen Ende der Welt bevor es über einen kurzen eintägigen ‚Jetlag-Stop' in der Schweiz zurück ins Piemont geht!
Wir wünschen euch allen eine gute Zeit im nicht ganz so schneereichen Winter wie im Jahr zuvor!
Herzlichst
Andrea und Alex
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