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Neben der ganz großen Konzertreise habe ich in diesem Jahr auch noch einige kleinere Konzert-Trips in die meist nicht allzu ferne Umgebung gemacht und dabei eine Reihe hübscher Städtchen neu kennengelernt. Und vor allem auch eine ganze Menge eher ungewöhnlicher Veranstaltungsorte erlebt, vom Konzert 500 Meter unter der Erde im Erlebnisbergwerk Merkers, über die heiligen Hallen der Meenzer Fastnacht und ein Beduinenzelt am Main, eine ehemalige Synagoge und ein sehr romantisches vergessenes Kloster, bis zu Konzerten im Mercedes Benz Werk in Rastatt und im Buderus Röhrenlager in Wetzlar. Und ich hatte dieses Jahr jede Menge Glück mit dem Wetter, war ja auch ein dringender Ausgleich zum letzten Jahr.
Noch vor der großen Reise, im Januar hatte ich in der Jahrhunderthalle "Rock meets Classic" (mit Ian Gillan (Deep Purple), Chris Thompson (Manfred Mann's Earth Band), Jimi Jamison (Survivor), Steve Lukather (Toto), Robin Beck, Bohemian Symphony Orchestra Prague und der Mat Sinner Band) gesehen und im Februar Chris Rea in der Festhalle.
Das erste meiner Sommerkonzerte hatte reisetechnisch ebenfalls nichts zu bieten, war aber sicher eines der Konzert-Highlights in diesem Jahr. Bruce Springsteen in der Frankfurter Commerzbank Arena, nur drei Stationen mit der S-Bahn, allerdings muss ich sagen, dass die Reise nach Kanada ein Wellnesstrip war, im Vergleich zu der Rückfahrt von diesem Konzert! (40 Tausend Besucher und keine Sonderzüge…). Es ist immer wieder unglaublich zu sehen, wie viel Energie Bruce hat. Eigentlich bevorzuge ich ja kleinere Konzerte, aber ich muss schon zugeben, auch die Atmosphäre in so einem riesigen Stadion hat etwas besonders und keiner rockt die großen Arenen so wie Bruce. Jeder, egal wie weit weg von der Bühne, war begeistert. Und dazu hat Bruce nicht mal irgendwelche Spezialeffekte gebraucht, einfach nur ein paar gute Musiker und Bruce und seine unglaubliche Energie. Und die Songs natürlich. Wobei die vielleicht nicht mal die Hauptrolle spielen, denn er kann es sich durchaus leisten, ein ganze Menge unbekannterer Songs zu spielen. Bruce ging sogar auf den Händen des Publikums baden, aber die Show hatte auch ihre emotionalen Momente, zum Beispiel als er mit Kindern sang oder als er dem kürzlich verstorbenen Saxophonisten gedachte. Das Konzert dauerte mehr als dreieinhalb Stunden ohne Pause!!
Nur zwei Tage später war ich bei den Leningrad Cowboys auf dem Darmstädter Schlossgrabenfest. Das war natürlich für mich eher ein Gelegenheitskonzert. Das Schlossgrabenfest ist Hessens größtes Musikfestival und es kostet keinen Eintritt. Man findet dort die unterschiedlichsten Musikrichtungen von Rock bis Electro und auf mehreren Bühnen rund um das Schloss treten lokale Bands und internationale Größen auf, dazu gibt es eine lange Partymeile mit Essen und Trinken. Bei prima Wetter war das natürlich auch wieder eine schöne Sache. Die Leningrad Cowboys waren lustig und durchgeknallt mit ihren Kostümen, haben mich aber nicht wirklich gefesselt, wirkten irgendwie zu künstlich, auch wenn das Publikum bei ihren Rockversionen von Traditionals wie „Those Where The Days" super mitgemacht hat.
In der nächsten Woche war ein weiteres großes Festival in Hessen, das größte das wir haben, aber es ist ursprünglich kein Musikfestival. Der Hessentag ist eher eine Messe, auf der sich Firmen und öffentliche Einrichtungen präsentieren, dazu gibt es einen Kunsthandwerkermarkt, ein riesiges Kinderland und allerlei mehr. Der Hessentag findet jedes Jahr in einer anderen hessischen Stadt statt, in diesem Jahr war es Wetzlar, und es werden auch immer bekannte internationale Top-Stars für Konzerte eingeladen. Allerdings gibt es keine Festivaltickets, sondern jedes Konzert wird unabhängig organisiert. Das Elton John Konzert hatte ich schon eine ganze Weile im Auge, aber am Ende war es eine Last Minute Entscheidung, weil ich am Tag des Konzertes ein sehr günstiges Ticket von Ebay bekam und der angekündigte Regen auch aus blieb. Ich höre Eltons CD´s ja wirklich ganz gerne, aber live hatte er mich in den 90ern zweimal enttäuscht. Aber mit diesem Schnäppchen sollte ich ihm wirklich noch mal eine Chance geben. Und kann man nicht jeden Konzert-Trip mit dem Trip selber entschuldigen? Natürlich wollte ich ja sowieso mal auf den Hessentag und Wetzlar kenne ich ja auch kaum.
Also bin ich früh genug aufgebrochen, um vor dem Konzert noch Zeit zu haben. Aber dann kam ich in einen unglaublich langen Stau und brauchte drei Stunden nach Wetzlar, was normal nur eine dauern sollte. Am Ende musste der arme Verkäufer von Ebay auch noch auf mich warten, wofür ich ihm für immer dankbar bin. Aber wenigstens war Elton John besser als erwartet, weil er tatsächlich all seine großen Hits sang. Die Stimme war auch gut, obwohl er in der Woche davor Konzerte wegen Krankheit absagen musste. Da ich ja nun wusste, dass Elton nicht sonderlich mit dem Publikum interagiert, sondern hautsächlich ruhig am Klavier sitzt, gab es auch keinen Grund, deswegen enttäuscht zu sein. So habe ich also fast zweieinhalb Stunden feinster Musik genossen. Der Ort des Konzertes mitten in einem Röhrenlager war übrigens recht ungewöhnlich. Lustig war auch, dass der Pfarrer meiner Schwiegereltern direkt vor mir stand, denn das hatte er auch schon mal bei Billy Joel in Frankfurt getan.
Nach dem Konzert bin ich noch mal kurz in die Altstadt gefahren. Die steinerne Brücke über die Lahn war nun in blaues Licht getaucht (darauf das Logo des Hessischen Rundfunks), nebendran gab es beleuchtete Wasserspiele. Die meisten der Marktstände waren allerdings schon zu.
Einige Tage später hat sich mein Mann ebenso kurzfristig entschlossen, das Konzert von Silbermond zu besuchen. Das war natürlich meine Gelegenheit mitzufahren und mit Tochter, Klapprad und Roller doch noch den Hessentag zu besuchen. Sie hatte am Nachmittag auch noch ihren Spaß im Kinderland, doch dann kam der große Regen. Der Weg an der Landesausstellung und der Fressmeile entlang war ein ziemliches Fiasko, Kind fiel vom Roller in eine Pfütze, eine Verabredung mit dem Gatten ging mangels Handyempfang in die Hose. Während er sich dann auf in Richtung Konzert machte, versuchten wir in einer Pizzeria zu trocken. Wie ein Wunder hörte es irgendwann doch noch auf zu Regnen. Und so hatten wir doch noch Spaß beim Bummel durch die Stände in der Altstadt und konnten sogar bei Silbermond über den Zaun schauen und haben zwei ihrer bekanntesten Hits mitbekommen. Richtig blöd wurde dann der Rückweg zum Auto. Denn an der Landesausstellung standen wir vor verschlossenen Toren. Nicht nur die Hallen waren zu, das komplette Gelände war abgesperrt, einschließlich der Straße, auf der wir am Hinweg gekommen waren. Da ich ja nun mittlerweile wusste, dass wir uns quasi auf einer Halbinsel zwischen Lahn und Dill befanden, wurde ich schon leicht panisch (hoffentlich müssen wir nicht den ganzen Weg zurück). Aber ein Sicherheitsmensch hat uns den Weg über eine Brücke und auf der anderen Flußseite entlang an der kompletten Landesschau vorbei Richtung Kinderland gewiesen. Dieser Weg war wohl extra für den Hessentag angelegt, denn er war mit Sägespänen „gepflastert". Rollern unmöglich, also den Roller abwechselnd geschleppt, ich dabei immer das Klapprad geschoben. Später war die Hose bis zum Oberschenkel matschig, weil mir der Roller immer mal wieder ans Bein gependelt ist.
Endlich am Kinderland angekommen standen wir auch dort vor verschlossenem Tor! Na ganz dolle Wurst! Also den kompletten Sägespanweg zurück. Eigentlich hatte ich geglaubt, dass mein Mann längst ungeduldig am vereinbarten Treffpunkt wartet. Also Anruf. Ich hörte am Handy viel „Oooh—ooohhh-oooh" Gegröhle und er hörte mich gar nicht. Ach so, Konzert läuft noch, dann ist ja alles gut. Auf dem Rückweg trafen wir ein Paar, dem wir sagten, dass der Weg vor einem verschlossenen Tor endet. Das fanden die beiden gar nicht lustig, denn ihre Fahrräder standen auf dem Gelände vom Kinderland. Immer schön zu wissen, dass es Leute gibt, die noch ein größeres Problem haben als man selbst. Andere Passanten waren der Meinung, auf der anderen Seite der großen Wiese führt ein Weg am Zaun vom Festzelt entlang in Richtung Parkplatz. Wieder Sägespäne, wieder Roller schleppen. Wir kamen dann am Wohnmobilparkplatz vorbei, dahinter das Ende der Welt. Jedenfalls des Weges. Dabei war mir doch gerade so, als hätte ich die provisorische Brücke gesehen, die wir am Nachmittag auf dem Hinweg genutzt hatten. Lustige schwimmende Konstruktion übrigens, an sich schon etwas unheimlich. Aber nun war die Brücke wieder weg. Über den Wiesen lag der Nebel, es war immer noch schwülwarm und ich überlegte, ob ich mittlerweile Halluzinationen hatte.
Natürlich erinnerte mich das alles an jenes unvergessliche Bon Jovi Konzert auf einem Hessentag. Aber diesmal war die Situation doch anders. Damals irrten 30Tausend Menschen auf dem Kartoffelacker umher, orientierungslos, jeder in eine andere Richtung. Was ja irgendwie auch sehr skurril war. Diesmal herrschte aber völlige Einsamkeit. Nur am Horizont sah man bisweilen Silhouetten von Menschen. Ansonsten nur der Nebel, die Wiese, der Roller, das Klapprad und wir.
Die Altstadt war gepflastert gewesen mit Sicherheitsleuten, alle drei Meter einer. Da sollte wohl mit aller Macht verhindert werden, dass die Menschenmasse in irgendeine Art von Katastrophe gerät. Aber hier draußen, auf dem immerhin offiziellen Weg zum offiziellen Parkplatz war weit und breit keine Menschenseele (nicht mal ein Schild). Was sicherlich nur daran liegen konnte, dass Deutschland noch keinen Skandal erlebt hat, bei dem Festivalbesucher einfach in der Einsamkeit unbemerkt im Morast versunken sind. Eigentlich hatte ich auch keine Lust, die Erste zu sein. Zum Glück kamen dann doch noch zwei Damen am Wegesende an, die gemeinsam mit uns verzweifelten. Bis eine der beiden dann doch diese dämliche Brücke entdeckte. Mitten durch Schlamm und Wiese kämpften wir uns dann zu ihr durch. Wie unsere Sommerschühlein aussahen, war inzwischen sowieso schon egal. Eigentlich schon seit dem Regenguss auf dem letzten Stück des Wegs hin zur Altstadt. Aber wir waren wieder auf dem richtigen Weg!! Happy End.
Ende Juni habe ich dann ein Wochenende mit Tochter und ihrer Freundin in Köln verbracht. Der Auslöser für die Idee nach Köln zu reisen war ein kleiner Auftritt von Gion auf einen Schulfest in Rösrath. Gion ist der junge und meiner Meinung nach sehr talentierte Sänger aus der Schweiz, den ich auf einem Chriskonzert kennengelernt habe und der mich im letzten Jahr besucht hatte (nebst kleinem „Wohnzimmerkonzert"), als er mit der Bahn quer durch Europa reiste. In Rösrath hat nun eine gemeinsame Konzertfreundin ein Schulfest mitorganisiert und konnte dafür eben Gion zu einem Auftritt einladen. Nun wollte ich ja Gion schon immer mal vor etwas größerem Publikum als in meinem Wohnzimmer hören und sooo weit ist Rösrath auch nicht, da war das natürlich eine Gelegenheit.
Und wenn ich denn schon mal fahre, dann wollte ich natürlich auch durch Köln bummeln und wenn ich schon in Köln bin, würde es sich vielleicht lohnen etwas länger zu bleiben. Also habe ich eine Nacht in einem Budget-Hotel in Porz gebucht, da wo die Schlauen schlafen. Meine Tochter (die Gion ja auch im Wohnzimmer erlebt hatte) war sofort begeistert vom Plan eines Wochenendtrips und da hatte ich die Idee, dass Tochter eine Freundin mitnehmen könnte.
Gegen Mittag sind wir in Köln angekommen, Auto vor dem Hotel geparkt. Dort haben wir uns dann erst mal um unser Schloss gekümmert. In Köln gibt es ja die berühmte „Liebesschlösserbrücke", an die wir im letzten Jahr ja auch unser Fan-Schiff geschlossen hatten. Nun hatte ich die Idee, dass die Mädels ein „Freundschaftsschloss" aufhängen könnten. Weil sie ja jetzt in verschiedene Schulen kommen, hatten wir "beste Freunde bleiben" und die Namen auf ein Schloss geschrieben. Das wollte ich mit Klarlack fixieren, aber dieser hat den Edding gelöst. Also abgewischt und nochmal beschriftet. Dann habe ich das Ganze zum Schutz in eine leere Taschentuchpackung gesteckt und in meinen Rucksack getan.
Die S-Bahn in die Innenstadt fuhr gleich in der Nähe vom Hotel, alles ganz prima. Zuerst haben wir natürlich den Mausladen angesteuert, ich war mir nämlich nicht sicher, wie lange der auf hat. Offen hatte er noch, aber oh Schreck, der Laden hat total verkleinert! Das ist ja jammerschade.
Danach sind wir in den Stadtpark gefahren, wo im Rahmen des c/o pop Festivals das Kindermusikfestival c/o pänz „Pänz im Park" stattfand. Ziemlich zufällig haben wir dort den Auftritt von Anke Engelke und André Gatze aus der „Sendung mit dem Elefanten" mitbekommen. Sie haben zusammen mit Kindernden Titelsong der Sendung („das ist elefantastisch…") gesungen. Das war natürlich auch was, für mich als Elefant-Fan.
Weiter ging es mit einem kurzen Bummel durch die Stadt (Legoladen!) und die Altstadt in Richtung Hohenzollernbrücke. Am Rheinufer hatten die Kinder noch eine Weile Spaß an einem Wasserspielplatz. Auf unserem Weg über die Brücke haben wir über viele ungewöhnliche Schlösser gestaunt und schließlich einen Platz für das Schloss der Mädels gefunden. Und beim Auspacken dann der Schock: Der restliche Klarlack hatte wohl die Farbe der Taschentuchpackung gelöst und auf dem Schloss stand nun nicht mehr „beste Freunde" sondern es war blau gefärbt, darauf deutlich abgedrückt das Wort „nießfest". Oh nein!! Wie doof war das von mir! Alle waren völlig enttäuscht und es hätte beinahe Tränen gegeben. Aber dann haben wir uns doch wieder gefangen und uns gesagt, dass die Idee zählt, die Mädels haben ihre Anfangsbuchstaben eingeritzt (mehr war nicht zu retten) und haben nun ein wirklich einmaliges Schloss. Die Schlüssel haben wir nicht in den Rhein geworfen, sondern den Mädels mit einem Lederband um den Hals gehängt. Fotos an Chris´ Schiff haben wir natürlich auch gemacht und ich habe es ja auch zum ersten Mal selbst gesehen, seit er es signiert hatte.
Danach ging es zur Rheinseilbahn, der Weg hat sich ganz schön gezogen, da haben wir uns verschätzt. Mit der Seilbahn wollte ich auch unbedingt mal fahren, denn auf einigen Gondeln sind Maus, Elefant und Ente drauf. So eine haben wir nicht erwischt, aber dafür konnten wir sie umso besser sehen. Da die Bahn gerade eine Midsommernachtsaktion hatte, gab es auch noch einen gratis Cocktail. Ziemlich K.O. sind wir danach mit der S-Bahn zum Hotel zurück gefahren. Für die Mädels war es natürlich etwas besonders, mal gemeinsam in einem Hotel zu übernachten.
Am nächsten Vormittag waren wir bei einem Bauernhof mit Spielscheune, wo es für Mama auch noch einen Flohmarkt gab. Gerade als wir am frühen Nachmittag dann endlich am Schulfest am Schloss Eulenbroich (eher eine bessere Villa als ein Schloss) in Rösrath ankamen, begann es zu Regnen. Nein, zu Schütten. So haben die Stände des Schulfests schon zusammengepackt und wir haben uns gelangweilt, bis Gion endlich mit seinem Auftritt dran war. Es hat nicht mehr aufgehört zu Schütten und deshalb waren die meisten Besucher natürlich schon gegangen. Der arme Gion hat trotzdem ganz tapfer ganz prima gesungen, für die wenigen, die noch unter den großen Sonnenschirmen hockten. Oh, und er hat mich erwähnt, als er den Song spielte, den er damals in meinem Wohnzimmer uraufgeführt hat. Das Köln-Wochenende war also sehr abwechslungsreich und hat riesig Spaß gemacht, nur mit dem eigentlichen Sinn der Aktion, nämlich Gion mal vor einem größeren Publikum zu hören, ist es so recht nichts geworden.
Eine Woche später sind wir relativ kurz entschlossen nach Fulda gefahren, um bei Amy MacDonald über den Zaun zu lauschen. Weil dann irgendwie die ganze Familie nebst Tochter und Schwiegermutter mit wollte, haben wir uns den Kauf von Tickets mal gespart. Obwohl Gewitter vorhergesagt war, hat es Petrus wirklich gut gemeint und damit bis nach Konzertende gewartet (welch ein Glück, denn das Unwetter danach hatte es wirklich in sich, da hätte abgebrochen werden müssen…). Und so war es ein wirklich schöner warmer Sommerabend in Fuldas Altstadt. Gleich vor dem Zaun war eine Bar in einem historischen Gebäude und auf der Treppe davor saßen jede Menge Leute. Meine Tochter hat es dann tatsächlich auch noch geschafft, die Lücke im Zaun zu finden, durch die man lunsen konnte. Es wurden immer mehr Leute vor dem Zaun und auf dem Platz vor der Bar und die haben am Ende auch mitgetanzt.
Anfang August war das Sommerwerft-Festival in der ehemaligen Weseler Werft in Frankfurt, das eigentlich wohl eher ein Theaterfestival ist, aber nun auch Singer/Songwriter-Abende präsentiert. Dort spielte Markus Rill, er war mir zum ersten Mal als Support für David Knopfler aufgefallen und ich hatte ihn daraufhin für unser Lokalradio telefonisch interviewt. Faszinierend tiefe Stimme, allein mit der Gitarre, Geschichtenerzähler. Muss ich ja nix mehr sagen. Die Atmosphäre unter dem alten Lastenkran direkt am Main in der ehemaligen Werft in Frankfurts Ostend war schon sehr nett, besonders da es ein wunderbarer warmer Sommerabend war und später die Szenerie vom Vollmond auf der einen Seite und von Frankfurts Skyline auf der anderen Seite beleuchtet wurde. Dummerweise war das Konzert aber in einem Zelt. Im sogenannten Beduinen-Zelt nämlich. Drinnen waren die Plätze mit fliegenden (ähm, nee) Teppichen ausgelegt und ein Beduine (also der freundliche Frankfurter Gastronom arabischer Abstammung) verkaufte Tee und orientalisches Gebäck. An der Seite standen Wasserpfeifen, keine Ahnung ob nur zur Deko oder ob sich die Konzertbesucher da bedienen sollten, getraut hat sich jedenfalls keiner. Lustiges Ambiente, besonders wenn man bedenkt, dass der Herr Rill amerikanische Folkmusic macht, die so rein gar keinen orientalischen Einschlag hat. Aber egal, gemütliches kleines Venue, „familiäre Atmosphäre" (ca. 100 Leute und das Zelt war voll), das ist immer gut.
Nach der Kleinstveranstaltung kam eine Großveranstaltung. Das Rheinland-Pfalz Open-Air, das jedes Jahr am Mainzer Landtag stattfindet, ist eine Mischung aus von der Landesregierung gesponserter Newcomerförderung und einem riesigen Topstar-Event eines Radiosenders. In diesem Jahr war das Staraufgebot für mich weniger attraktiv als in den Jahren davor, wo wir schon die Chance hatten Robin Gibb oder Milow kostenfrei zu sehen, aber wenigstens Nena hat mich auch diesmal hin gezogen.
Tochter wollte gerne Culcha Candela sehen und dann haben wir es so getimt, dass wir auch noch Marlon Roudette mitbekommen, dessen Nummer 1 Hit „New Age" wir ja beide ganz gut finden. Er hat nett gesungen und spielte ein bisschen Steeldrum, aber mehr auch nicht.
Das ganze Gegenteil waren Culcha Candela. Viel Getanze, aber die Musik war wirklich überhaupt nicht mein Geschmack. Umso begeisterter war Tochter. Ich hab sie noch nie so enthusiastisch auf einem Konzert gesehen, obwohl wir durchaus schon Künstler gesehen haben, die auch sie (oder sogar hauptsächlich sie) mochte. Einen gewissen Unterhaltungsfaktor konnte ich den Jungs aber nicht absprechen. Haben das Publikum zum Tanzen und Klamotten-Schwingen animiert. Einmal haben sie die Menge zu einem Tanzschritt („Move" nennt man das wohl heute) aufgefordert: „Jetzt Alle 7 Schritte nach rechts." Erst mal Lachen. Wie soll das denn gehen, die Menschen standen wie die Ölsardinen. Aber Culcha Candela ließen sich nicht beirren, und am Ende sind tatsächlich geschätzte 50TSD Menschen zuerst 7 Schritte nach rechts und dann wieder zurück getanzt. Mussten sie ja, wäre auch fatal gewesen, wenn da einer stehen geblieben wäre.
Tochter erkannte die Songs teilweise am ersten Ton und zusammen mit einem anderen Mädel, mit dem sie eine Mülltonne als Standplatz erobert hatte, klatschte sie, schwenkte die Arme und sang mit. Zur Zugabe sagte sie: „Das wäre geil, wenn sie jetzt noch `Monsta´ singen würden." Natürlich taten sie das, Tochter kreischte. Ich hatte mehr Spaß daran ihr zuzusehen als der Band.
Nena war mein erster Lieblingsstar als ich begann, mich für Musik zu interessieren. Sie hing sogar als Bravo-Starschnitt über meinem Bett. Irgendwann hat mein Interesse an Nena aber ganz stark nachgelassen und so habe ich sie tatsächlich noch nie live gesehen. Dieser Abend hat dann mein Interesse auch nicht so wirklich wiederbelebt, obwohl sie stellenweise beeindruckend quirlig war und -vor allem bei „Wunder geschehn" a-capella- echt eine gute Stimme bewiesen hat. Aber der musikalische Stil ist einfach nicht mehr so ganz meins. Ein paar sentimentale Momente mit Jugenderinnerungen hatte ich jedoch. Ob Tochter wohl eines Tages so an Culcha Candela zurückdenken wird?
Keiner der drei Auftritte des Rheinland-Pfalz-Open-Air hat mich also vom Hocker gerissen, aber das Sommerfestivalfeeling mit der Decke auf dem Boden und der riesigen Menschenmenge und der dennoch ganz guten Sicht war top. Und das habe ich so auch schon lange nicht mehr gehabt (im letzen Jahr versank die Veranstaltung ja in Schlamm und Regen).
Dass sich ein Herr aus meinen etwas späteren Teenagertagen sehr beharrlich in meiner Gunst gehalten hat, ist bekannt. Die zweite Augusthälfte stand ganz im Zeichen der Chris de Burgh Tour. Das war für mich eine ziemlich hektische Phase, denn nur eine Woche vorher war Tochter in die neue Schule gekommen und alleine schon die Bewältigung des Schulwegs stellte uns bei den gegebenen schlechten Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln vor ein organisatorisches Problem, bei dem ich mir längere chrisbedingte Abwesenheiten nur schwierig erlauben konnte. Zum Glück waren die Konzerte diesmal nicht so ganz weit weg.
Das erste war im Erlebnisbergwerk Merkers, 500 Meter unter der Erde, wo er ja vor 3 Jahren schon mal gespielt hat. Auf dem Hinweg habe ich einen kleinen Abstecher an die alte Fußgängerbrücke in Vacha gemacht. Ich bin ja nicht so weit weg von dort aufgewachsen und werde immer noch etwas sentimental, wenn ich direkt an die ehemalige Grenze komme. Mensch, was war das ein Gefühl, als wir 1989 zum ersten Mal über diese Brücke gehen durften, durch die einst die innerdeutsche Grenze mitten durch ging. Direkt auf der Hessischen Seite steht ein Haus mit einer sehr interessanten Geschichte. Die Grenze ging nämlich tatsächlich mitten durch das Haus durch und es gab wohl eine Regel, die besagte, das Haus gehört dort hin, wo die Haustür ist. So ist den Bewohnern eine ungewöhnliche Flucht von Ost nach West gelungen: Sie haben über Nacht eine Tür zur westlichen Seite durchgebrochen und die Verbindungstür zum östlichen Anbau zugemauert.
Vor diesem Haus habe ich mein Auto geparkt und bin über die Brücke nach Vacha gelaufen. Die ganze Gegend war übrigens übersäht mit Plakaten für das Konzert, allerdings nicht mit dem offiziellen Plakat-Motiv sondern mit einem vermutlich vom örtlichen Veranstalter selbstgestricken. Immer wenn ich so etwas Ungewöhnliches sehe, erwacht natürlich meine Sammelleidenschaft, aber da war nichts zu machen, die pappten alle bombenfest mit Kleister auf den Plakatrücken. Bis ich dann auf den Markplatz kam, wo ich im Vorraum einer Bank eines hängen sah, das von innen mit Tesa an der Scheibe klebte. Hmmm, war das jetzt ein klassischer Bankraub? Immerhin konnte ich meine Beute in Minutenschnelle über die Grenze schmuggeln, wo das Fluchtfahrzeug parkte.
Die Fahrt zu dem ehemaligen Großbunker ist jedes Mal wieder ein Heidenspaß, auch wenn ich das nun zum dritten Mal machte. Zuerst geht es in einem gigantischen Aufzug, der drei Stockwerke hat, 500 Meter in die Tiefe. Diesmal war es ein Entkommen aus der großen Hitze, es war das heißeste Wochenende des Jahres. Als es auf der Fahrt nach unten spürbar kühler wurde, riefen alle: „Aaaahhh schööönnn küühhhl!" Dabei ist es unten nicht wirklich kalt, man kann gut im T-Shirt sein. Dann geht es weiter in Grüppchen von ca. 20 Personen auf offene LKW´s. Dass die LKW´s extrem rasant durch das unterirdische Labyrinth fahren ist Programm im Erlebnisbergwerk. So legten wir einen rasanten Start hin und schossen ein kurzes Steilstück hinunter. Eine Achterbahnfahrt ist nix dagegen. Wir mussten alle unsere Helme festhalten und uns selbst am Sitz festkrallen. Das unterirdische Straßennetz ist unglaublich beeindruckend. Schmale Gänge mit tiefen Decken aber auch weite hohe Räume. Viele Wege, Kreuzungen und Schilder wie auf der Autobahn. Aber die knapp vier Kilometer bis zum Großbunker waren nur ein winziger Teil des Labyrinths, insgesamt sollen es 4000 Kilometer sein! Und es dauert fast 2 Stunden, um 1.200 Konzertbesucher in die Tiefe zu bringen.
Pünktlich um 8 ging es endlich los. Gleich der zweite Song war „Fatal Hesitation", einer den ich mir schon ganz, ganz lange gewünscht hatte mal live zu hören. Aber Chris sang ihn in einer Uptempo-Version, an die ich mich wohl erst mal gewöhnen muss… Er begrüßte uns und erwähnte, dass das letzte Konzert hier unten mit Band gewesen war und dass es da so wild her ging, dass am Ende des Salz von der Decke kam (stimmt!!). Deshalb sei er heute sicherheitshalber nur alleine und nur mit Gitarre und Piano gekommen. Nun stand diese Tour (die übrigens sowieso eine Solo-Tour ist, was also nichts mit dem Salz zu tun hat) ja unter dem Namen „By Request". Das heizte natürlich im Vorfeld eifrig die Spekulationen an, ob Chris denn nun wirklich tüchtig viele rare Songs singen würde. Allerdings schauten die ersten Konzerte der Tour nicht so wirklich danach aus und so hatten wir unsere tollkühnen Hoffnungen schon langsam begraben.
So etwa vor dem fünften oder sechsten Song erzählte Chris dann von der Idee, ein Wunschkonzert zu machen. Und zu seiner großen Überraschung seien einige Wünsche zu einem Song gekommen, den er noch nie live gespielt habe. „That´s What Friends Are For" habe ihn daran erinnert, dass schon viele Freundschaften durch Konzerte entstanden sind. Für mich war „That´s What Friends Are For" ein Mega-Hammer, eine wirklich seltene Perle und ein Song, den ich richtig gerne mag. Und es war der Beweis, dass die Sache mit dem Request eben doch funktioniert! Natürlich ist so ein ultra rarer Song für alle eingefleischten Fans etwas ganz Besonderes und man merkte förmlich, wie von diesem Moment an eine andere Atmosphäre in der Luft lag. Es folgten noch einige weitere selten gesungene Stücke, aber natürlich auch die großen Hits.
Eine besondere Perle war auch der letzte Song „Goodnight", ein Song von seinem allerersten Album. Aber wir wollten ihn gar nicht so einfach gehen lassen, als er sich zu diesem Song ans Klavier setzte. Hinter mir wurde „Oh, wie ist das schön" angestimmt und es breitete sich tatsächlich über die ganze lange Halle aus. Angeblich sollen sogar die Bergarbeiter mitgesungen haben, die schon wieder mit den LKW´s warteten. Chris stand wieder auf, schaute etwas verlegen, setzte sich wieder hin, kratze sich am Kopf und das Publikum sang immer lauter. Chris sah richtig gerührt aus und nach einer Weile sagte er: „Thank you, I´m humbled by your affection and your love, thank you so much". Dann nutzte er die Lautstärke des Klaviers, um sich durchzusetzen und nun endlich seinen letzten Song zu singen.
Ein Konzert das sicher in die Geschichte der besonderen Konzerte eingehen wird, nicht nur wegen dem ungewöhnlichen Ort 500 Meter in der Tiefe, sondern vor allem wegen der vielen raren Songs und der daraus resultierenden Stimmung.
Die beiden nächsten Chris-Konzerte waren beinahe Heimspiele. Der Tag in Hanau begann ziemlich hektisch, die Kids brauchten noch Hilfe auf dem Schulweg und ich wollte doch unbedingt beim Soundcheck zuhören. Das ging dann ziemlich auf die Minute auf und der Stress hat sich gelohnt, denn beim Soundcheck sang Chris etliche Songs, die wir noch nie von ihm oder noch nie in dieser Version gehört haben, sehen konnten wir allerdings nichts hinter dem Zaun. Diesmal war es nun wohl wirklich der heißeste Tag des Jahres und ich machte mir schon Sorgen, wie es wohl unter dem Zeltdach des Amphitheaters sein wird. Den Nachmittag haben wir sehr nett bei einem Eiskaffee in der schattigen und hübschen Altstadt von Hanau-Steinheim verbracht. Später hat allerdings die Currywurstschlange am Amphitheater in der prallen Sonne jegliche Bemühungen ruiniert, sich kurz vor dem Konzert am Auto nochmal aufzuhübschen. Der Schweiß floss in Strömen. Zu Glück ging die Sonne zum Konzertbeginn unter und unter dem Zelt wurde es nicht ganz so heiß wie befürchtet.
Das Amphitheater ist ein sehr hübsches Venue mit niedriger Bühne und ansteigenden Stufen, so dass man sich quasi mit dem Künstler auf Augenhöhe befindet. Allerdings liegt es in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens und während die Musik den Fluglärm übertönen konnte, hörte man die Flugzeuge pausenlos während Chris plauschte und er machte mal um mal seine Bemerkungen dazu.
An diesem schwülen Sommerabend wurden auch die Mücken, die man im Scheinwerferlicht um Chris herum schwirren sah, immer mehr. Und irgendwann brachte endlich eine helfende Hand von hinter der Bühne ein Abwehr-Spray. Chris machte daraus eine lustige Nummer, erzählte von der typischen Situation („kennt ihr das - bbbbssss - Licht an - Mücke weg- Licht aus- schnarch- bbbbsssssss…"), sprühte dann wild in der Gegend herum und versuchte schließlich die Flugzeuge mit dem Spray zu jagen. Gerade ich als Einflugschneisen-Anwohner fand das wirklich eine totkomische Idee. Die Flugzeuge, die im Landeanflug, so wie über dem Amphitheater, ihre Geschwindigkeit reduzieren, machen ja dieses typische hohe/schrille Geräusch „bbbbbbssss" -fast wie eine Mücke.
Das Konzert in Mainz war dann an einem Freitag und die Kinder mussten endlich alleine Bus fahren, denn ich wollte meine Freundin aus der Schweiz direkt auf dem Weg vom Büro am Flughafen abholen. Hat so weit auch alles geklappt und wir sind direkt nach Mainz durchgestartet, wo die Bequemlichkeit kein Sightseeing mehr erlaubte, sondern uns direkt mit vielen anderen Fans in den Biergarten am Kurfürstlichen Schloss führte. Ich fand es schon eine kleine Sensation, dass das Konzert im Saal des Schlosses stattfand (die Tour stand ja unter dem Motto intime Solokonzerte an ungewöhnlichen Orten), denn ich habe noch nie von einem Rock- oder Popkonzert dort gehört, der Saal, in dem einst schon Mozart spielte, bleibt normalerweise der Fastnachtssitzung „Mainz bleibt Mainz wie´s singt und lacht" vorbehalten. Entsprechend neugierig war ich natürlich auf die Location. Und auch an das Konzert hatte ich hohe Erwartungen, denn die Mainzer Konzerte waren bisher immer toll und ein Wochenende zieht sowieso Fans von weit her an. Leider stellte sich heraus, dass der Saal ohne Klimaanlage und mit geschlossenen und verdunkelten Fenstern derart heiß und stickig war (obwohl es an dem Tag gar nicht mehr so warm draußen war, aber die Hitze der vergangenen Tage hatte sich wohl gestaut..), dass weder wir noch Chris vor Energie überschäumten. Zudem war die Bühne relativ hoch und die erste Reihe so dicht, dass ich von Chris nur noch ein Haarbündel (zum Glück hat er noch ein paar) sehen konnte, wenn er hinter dem Klavier verschwand. So blieb dieses Konzert hinter den Erwartungen zurück, auch wenn es mit „It´s Me", „Here For You", „Spirit", „The Girl With April in Her Eyes" (uralter Song, zum ersten Mal live gehört) „The Tower" und „Lonely Sky" eine supertolle Setlist hatte.
Der Wochenendtrip an den Neckar war eigentlich eine eher kurzfristige Entscheidung. Ziemlich Last Minute sogar, denn nachdem ich mein Ticket bestellt hatte, sprang der Status sofort auf „ausverkauft" um. Ich hatte ja meine Fanfreundin aus der Schweiz mehr oder weniger überredet, nach Mainz zu kommen. Natürlich hat sie dann von Anfang an geplant, auch noch das Konzert in Mosbach zu besuchen, damit sich ihre Reise auch lohnt. Ich jedoch hatte eigentlich diesen Tag schon anders verplant und zudem erschien mir das Venue „Burggraben" (rief einfach zu viele Assoziationen an unseren eigenen Festungsgraben hervor…) nicht so sonderlich spannend. Aber dann, etwa 3 Wochen vor dem Konzert, zerschlugen sich die eigentlichen Pläne für den Tag und Mann und Tochter wollten die Gelegenheit nutzen, eine Motorsportveranstaltung zu besuchen. Tja, und als angehende Strohwitwe wusste ich dann ganz schnell, was ich mit dem Tag anfangen könnte.
Ein Kurztrip an den Neckar, in eine Gegend, in der ich noch nie war, mit einem Zwischenstopp in Heidelberg, erschien mir natürlich auch sehr reizvoll. Man kennt das ja, Fahrtkosten zu Chris-Konzerten entstehen praktisch nie, denn entweder man sagt sich „da wollte ich sowieso schon immer mal hin" oder „das ist so nah, das ist eh kein Aufwand". Diesmal hätte ich im Grunde beide Argumente verwenden können. Dummerweise zeigte die Wettervorhersage im Internet beharrlich Regen und leichte Gewitter an, egal wie oft ich die Wetterseite in den Tagen vor dem Konzert auch abfragte. Wieder typisch, am sommerlichsten Wochenende des Jahres hocken wir 500 Meter unter der Erde und mein einziges Open-Air der Chris-Tour soll verregnet sein?
Gegen Mittag bin ich mit meiner Freundin von Mainz aus gestartet. Anstatt den Samstag gemütlich mit einem Heidelberg-Bummel zu beginnen, haben wir uns entschlossen, direkt nach Mosbach-Neckarelz zu fahren und ein Ohr an den Soundcheck zu halten. Sollte bei einem Open-Air ja kein Problem sein, nur war unsere Zeit so bemessen, dass unterwegs nichts dazwischen kommen durfte, falls der Meister wieder Punkt 2 auf der Bühne steht. Die Frau im Navi irritierte mich dann, indem sie nicht den kürzesten Weg wählte, sondern einen großen Umweg weit in den Süden, um möglichst lange auf der Autobahn zu bleiben. Als ich das endlich bemerkte, stand ich vor der Entscheidung umkehren oder ihr vertrauen. Immerhin war sie ja auf „schnellste Strecke" programmiert und hey, sie wird schon wissen, was sie tut. Ja, sie wusste, was sie tut, denn am nächsten Tag auf dem Rückweg haben wir gemerkt, wie steil, schmal und verzweigt die Straße auf dem kürzeren Weg ist. Da wären wir niemals in der gleichen Zeit angekommen und ich möchte gar nicht darüber nachdenken, was wir dann verpasst hätten!
Von der Autobahn runter, halb 2, noch 30 km bis Mosbach. „Das schaffen wir doch" sagte ich, und „vor 2 hat er glaube ich noch nie den Soundcheck begonnen". 10 vor 2, noch 3 Kilometer bis Mosbach, eine gesperrte Brücke und eine Umleitung, leichte Panik. 5 vor 2, durch eine ganz schmale Gasse in Neckarelz (ob das hier richtig ist?) runter zum Konzertgelände, den Tour-Truck gesehen, aufgeatmet und mit quietschenden Reifen auf den Parkplatz gefahren. Tür geöffnet und….gehört, dass der Meister schon am Singen ist. Ui, jetzt aber flott!
Vor dem geöffneten Tor parkte der allseits bekannte Van, am Gelände entlang ging eine Straße den Berg hinauf. Zunächst konnten wir durch die Maschen des Zauns schon einen recht guten Blick auf Chris werfen, der jetzt „Every Step Of The Way" am Klavier sang, das war nun eine echte Rarität. Wir erblickten derweil oberhalb des Geländes einige Menschen und liefen die Straße weiter nach oben in den kleinen Park hinein, der oberhalb des sogenannten „Burggrabens" lag. Von hier hatte man direkten Blick auf die Bühne und wow, was war das traumhaft hübsch hier! Auf der einen Seite stand eine Kirche, der Kirchplatz war oberhalb des Ganzen angelegt, unten im Graben waren die Bühne und einige Stühle aufgebaut und auf der anderen Seite am Hang waren mit Gras bewachsene Stufen, wie in einem Amphitheater, aber nur halbrund. Sehr schnuckelig, das wird wirklich die versprochene intime Konzertatmosphäre schaffen, wie schade, dass es regnen soll. Wobei sich der Wetterbericht ja bis jetzt getäuscht hat, denn die Sonne lachte zwischen ein paar Wölkchen hindurch.
Das Halbrund der Stufen, wo ich ja dann freie Platzwahl haben würde, reichte bis vorne an die Bühne. Na, da sollte ich doch einen guten Platz bekommen können! (Bisher hatte ich mir anhand der gegoogelten Fotos eher vorgestellt, dass es sich bei den Stufen um eine Treppe zur Kirche handeln könnte, weit ab vom Konzertgeschehen.) Das einzige, was dem „Burggraben" wirklich fehlte, war eine Burg. Nachdem Chris einige weiter Songs gesungen und mit der Hochzeitsgesellschaft gewitzelt hatte, die auf dem oberhalb liegenden Kirchplatz stand, dreht er noch singend eine Proberunde durch die leeren Stuhlreihen (später schrieb jemand zu meinem Foto: „Solotour Extreme").
Wir schauten uns groß an, denn unten vor dem Tor parkte ja der Van und es war klar, dass Chris da gleich aufschlagen wird. Also gingen wir zögerlich nach unten, ich überlegte, wie ich ihn wohl ansprechen könnte, wenn ich mich denn überhaupt je trauen würde. Aber ich hatte Glück, denn unten stand bereits eine weitere Fanfreundin und die war wild entschlossen, den Meister auf seinem Weg zu stoppen. So brauchte ich das also nicht tun. Und tatsächlich, als er kam, bat sie ihn um ein Autogramm auf ihrem Ticket und brachte noch einen Songwunsch an. Danach fragte ich verzweifelt schüchtern, ob er sich denn wohl mit uns fotografieren lassen würde. Er würde. Und weil ich diesmal nicht wieder so furchtbar wortlos sein wollte, sagte ich ihm noch „that´s a nice venue", was er mit „oh..yeah" beantwortete. Für mehr war keine Zeit (zum Glück, mir wäre doch auch gar nicht mehr eingefallen…), wir mussten ja in die Kamera schmunzeln. Die Freundin, die fotografierte, brauchte aber ewig, bis sie alles in Position gerückt und endlich abgedrückt hatte. Und statt dass ich es genieße, dass die Nähe zu Chris ein bissl länger gedauert hat, hatte ich eigentlich nur Angst, dass er die Geduld verliert und gleich ohne Foto abhaut. Danach wollte natürlich auch noch die Fotografin ein Foto und nun mahnte der Assistent von Chris doch langsam zur Eile, während es der Job von Chris war, immer freundlich zu bleiben. Gleich darauf waren die beiden im Van verschwunden und brausten davon.
Wir fuhren dann leicht beflügelt zum Einchecken in unser Hotel, danach sind wir zu einem späten Mittagessen nach Mosbach gefahren. An diesem Nachmittag hatten wir gleich drei Erlebnisse mit unfreundlichen Gastwirten. An der Rezeption des Hotels, wo die Schlüssel auf Zetteln mit unseren Namen auf dem Tresen lagen, aber niemand mit uns sprach. Auf dem wunderschönen Altstadtplatz, wo wir trotz Schild „durchgehend warme Küche" kein Essen bekamen („Ham nix mehr, ham das alles verkauft") und in der Pizzeria, wo der Wirt so nuschelte, dass wir ihn kaum verstanden, er aber die Schuld bei uns suchte und mich am Ende tüchtig zusammenfaltete („Sprekken Sie Doitsch?"). Upsi, wenn die Leute hier alle so drauf sind, wird das aber ein schlechter Abend.
Ich träumte dann noch von einem Tässchen Kaffee, idealerweise direkt am Neckar. Allerdings fanden wir in Neckarelz genausowenig einen Neckar, wie eine Burg am Burggraben. Ein Schild „Café mit Aussichtsterrasse" führte uns schließlich auf die Burg Hornberg, zwei Orte weiter. Aber auch hier blieb uns der Ausblick auf den Neckar verwehrt, denn auf der Terrasse war eine geschlossene Gesellschaft. Immerhin gab es im Innenhof einen Kaffee. Aber irgendwie hatte ich es mir schon anders vorgestellt, meinem Schweizer Gast das schöne Neckartal zu zeigen. Sie war mittlerweile nur noch am kichern.
Nach dem Kaffee schnell zurück zum Hotel, umgezogen und wieder zum Burggraben. Es begann zu nieselregnen, hörte aber schon bald und noch vor Konzertbeginn wieder auf und das Konzert erwies sich allen Wettervorhersagen zum Trotz als Sommernachtsraum. Als Chris dann auch noch „In A Country Churchyard" sang (welch passenderen Ort könnte es dafür geben) war ich direkt froh, dass ich nicht in den ersten Reihen saß, sondern mein Blick über die Kirche und das mit Leuchtstäben winkende Publikum auf den Stufen im Churchyard schweifen lassen konnte. Wow, ich hatte wirklich nicht erwartet, dass der Burggraben ohne Burg so bezaubernd sein würde.
Am nächsten Morgen sind wir dann endlich nach Heidelberg gefahren (sehr abenteuerliche, kleine enge Straßen und ein kurzer Stopp in Neckarsteinach), wo uns leider doch noch der große Regen ereilt hat. Der kam über den Neckar wie eine Wand auf uns zu, so habe ich das noch nie beobachtet. Gerade sagte ich noch „guck mal, das sieht ja toll aus"…wusch…da waren wir auch schon nass. Für einen kleinen Bummel durch die weltberühmte Heidelberger Altstadt und einen ausgiebigen Besuch bei Starbucks hat die Zeit noch gereicht, danach musste ich meine Schweizer Freundin auch schon wieder zurück an den Flughafen bringen.
Das letzte meiner diesjährigen Chris-Konzerte kam ganz überraschend und ich verstehe selber noch nicht genau, wie mir geschah. Durch eine Verkettung mehrerer glücklicher Zufälle hatte ich die Gelegenheit, ein kleines und unglaublich feines Privatkonzert in einem romantischen Kloster zu besuchen. Nur einen Tag vorher erfuhr ich überhaupt von der Existenz dieses Konzertes, aber ihr glaubt ja gar nicht, wie schnell ich in meinem alten klappringen Micra sitzen und die 250 Kilometer nach Tübingen schreddern kann.
Natürlich hatte ich auch diesmal den Ehrgeiz, den Trip mit etwas Sightseeing zu begründen. Aber die Fahrt kostete deutlich mehr Zeit als geplant, denn es schüttete pausenlos und am Ende musste ich noch einen Stau reichlich großräumig umfahren. So war mein Bummel in Tübingen ziemlich kurz und ziemlich nass. Im Trockenen wäre es sicher sehr hübsch da, eine typisch süddeutsche Altstadt.
Das Kloster Bebenhausen wirkte hingegen durch die verregnete Tristesse total vergessen und romantisch. Eine ulkige Mischung aus spätgotischen Kirchenbauten und ganz einfachen kleinen, krummen Fachwerkgebäuden. Man kann sich gut vorstellen, wie die Mönche hier auch Landwirtschaft betrieben und Wirtschaftsgebäude genutzt haben.
Treppenaufgang mitten durchs Gemäuer, in einem großen gutshofartigen Gebäude gab es dann erst mal Sekt und Häppchen. Es ging schwer schick zu da. Die Klosteranlage konnte ich mir leider gar nicht so gründlich ansehen, wie ich gewollt hätte (Regenwetter und chaotische Zeitplanung).
Pünktlich durften wir dann in die heiligen Hallen. Zuerst durch einen Gewölbegang, der an der Seite offen war, mit Blick in einen hübsch angelegten Klostergarten. Der Raum, in den wir dann kamen, schaute mit seinen hohen bunten Glasfenstern und dem bemalten Deckengewölbe schon aus wie eine Kapelle, aber Chris klärte uns später auf, dass es sich um den ehemaligen Speisesaal des Klosters handelte. Der Raum bot Platz für geschätzt 400 Personen. Die kleine Bühne war in warmes Licht getaucht, das gab ein Kerzenromantik-Feeling, aber es war elektrisches Licht. Beschreibung klingt nüchtern, aber es war ein TRAUM! Spätestens seit Kloster Eberbach rangierte Chris-in-Kirche ja ganz oben auf meiner Konzertwunschliste. Meinetwegen auch Chris-in-Speisesaal, Hauptsache ist doch, es schaut aus als ob.
Die größte Überraschung für mich war, dass Chris „Songbird" ohne Mikrofon gesungen hat. Eine absolut totsichere Methode, mich in unübertreffbares Entzücken zu versetzen. Ich habe das ja schon einmal erlebt, in Kloster Eberbach, wo es noch beeindruckender war, da dort bessere Akustik und mehr als doppelt so groß. Bei der Größe von Eberbach musste der Meister schon ordentlich Stimme beweisen. Hier war es eher wie im Wohnzimmer. Aber hatte auch was. Hach ja, seufz.
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