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Nachdem Tochter heute Vormittag im Steinbruch Mühlheim nach Fossilien suchen durfte (und ziemlich enttäuscht war, weil nicht sie, sondern ich, einen kleinen Abdruck eines Ammoniten gefunden habe), führte uns unsere Route durch das Altmühltal über Treuchtlingen (mittlerweile ziemlich hungrig haben wir am erstbesten Gasthof angehalten, der etwas altmodisch aussah und wo ein dicker Wirt unablässig die Stufen zwischen Küche und Biergarten hoch- und runter keuchte, und dort das weltbeste Essen bekommen!*) und dann über den Großen Brombachsee (Sandstrand!) in die Nähe des heutigen Radltourortes Heilsbronn (ja, mit "s" in der Mitte). Irgendwo unterwegs müssen wir wohl den Weißwurstäquator überquert haben, denn nicht nur die Speisekarten, sondern auch Landschaft und Architektur haben sich verändert.
Heute Abend war die Radltour Schlagernacht angekündigt, mit gleich drei Künstlern, Michael Holm als Top Act. Natürlich wollte nicht ich zu den Schlagern, sondern mein Mann, ganz klar!! Aber (psst, nicht weitersagen!!) irgendwie hatte ich es mir schon ganz nett vorgestellt, mit einigen tausend Leuten "Tränen lügen nicht" zu singen. Und Holm hat Songs wie "Mendocino" immerhin selbst geschrieben, bevor es englisch vertextet wurde -und nicht etwa umgekehrt.
Inzwischen waren wir schon ziemlich entspannt geworden, fuhren von außerhalb an den Sportplatz ran (da war der Typ im Navi mal clever) und kamen erst am Gelände an, als die Cagey Strings ihren letzten Song spielten. Diesmal war eines der Radler Übernachtungslager die unmittelbar angrenzende Turnhalle mit großer Glasfront, so dass man unwillkürlich hinein schaute. Mehrere hundert Schlafmatten lagen da dicht aneinander, ich könnte mir nicht vorstellen, dort auch nur ein Auge zuzumachen, geschweige denn am nächsten Tag irrwitzige Strecken zu radeln…
Der erste Star heute Abend war der Engländer Graham Bonney (nie gehört), der seit 40 Jahren deutsche Schlager singt. Eröffnet hat er allerdings auf Englisch mit "Amarillo" und da hat man gleich gehört, dass er nicht sonderlich gut singen kann. Dafür war er eine Stimmungskanone erster Güte. Also sozusagen genau das Gegenteil von den Herren von gestern. Erschreckenderweise ist das beim Publikum besser angekommen….
Wir sind noch etwas übers Gelände gebummelt, war ja der Abend für meinen Mann, und der steht eh nicht gerne vorne. Nach dem Auftritt von Graham Bonney kam der BR-Moderator auf die Bühne und überbrachte eine schlechte Nachricht: Michael Holm kann heute nicht auftreten. Sitzt im verspäteten Zug oder so ähnlich. Liebe Güte, kriegt der nicht genug Gage, um zur Not ein Taxi zu nehmen? Ich konnte das verschmerzen, aber mein Mann war ziemlich enttäuscht: "Oh Mann, und nur wegen dem bin ich die ganzen bescheuerten Kilometer gefahren…" ( er meinte unsere komplette Reisewoche).
Nik P. musste die Sache retten und ein bisschen länger als für ihn geplant spielen. Die Moderatorin sagte, dass er eigentlich nur für einen Soloauftritt verpflichtet und bezahlt worden war, aber er hatte sich so auf die Radltour gefreut, dass es sich nicht nehmen ließ und trotzdem seine Band mitgebracht hatte. Und das erwies sich jetzt als Glücksfall, denn mit Bravour war er in der Lage, aus dem geplanten Kurzauftritt ein komplettes Konzert zu machen.
Mit einer sechsköpfigen Band, weißem Piano und großer Lichtshow war das "große Show", was allerdings auch nichts daran änderte, dass ich seine Musik nicht so mag. Man muss ihm allerdings zugestehen, dass er für super Stimmung gesorgt hat und auch das Wetter trug abermals sein bestes zu einem tollen Open Air Abend bei.
Und dann kündigte er einen Song an, der, wie er sagte, auf seiner Facebookseite oft für heute Abend gewünscht wurde. Die kraftvolle Ballade "Berlin" handelt von einem Paar, das davon träumt nach Berlin zu ziehen, aber immer ist etwas anderes wichtiger. In der vorletzten Strophe ist die Tochter 11 und auf dem Gymnasium und soll erst Abi machen (ach, das ist ja wie bei uns- auch wenn ich kein bisschen davon träume in Berlin zu leben) und dann fragte Nik das Publikum, ob wir unsere Träume denn auch verwirklichen. In der letzten Strophe ist der Vater grau, die Tochter zu Besuch und sie rät ihm, nun endlich den Traum wahr zu machen und nach Berlin zu gehen. Doch dann stellt sich heraus, dass die Mutter nicht mehr lebt "zu spät für Mama, wie Du siehst". Und der Vater meint „ich will nicht ohne sie hin, es ist zu spät für Berlin". Ich hatte einen dicken Kloß im Hals und das Wasser begann in meine Augen zu steigen. Nik P., den ich bis eben für einen nervigen Stimmungsschlager-Fuzzi hielt, hat es geschafft, mich mit einem Song fast zu Tränen zu rühren!! Das hatte ich nicht erwartet!
Leider ging es dann doch wieder sehr schlagermäßig weiter. Trotzdem war er ganz rührig, als er erzählt hat, dass er "ein Stern" schon vor 27 Jahren geschrieben hat (hat dann wohl etwas gedauert bis zum Durchbruch…) und dass er mit dem größten Teil seiner Band und dem Team (Tontechniker, etc.) schon nahezu ebenso lange zusammen ist. Überhaupt kam die ganze Show sehr ehrlich rüber. Und als er den Stern dann sang und es auf der Leinwand Sterne regnete, war die Stimmung einfach toll! Ich glaube, am Ende hat den Holm keiner mehr vermisst…
*unsere Empfehlung: Grüner Baum in Treuchtlingen
mehr Fotos http://www.offexploring.com/sunsetrock/albums/tyrol-and-bavaria-2015
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