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Da die nächsten beiden Konzerte nicht so interessant für uns waren, sind wir zwei Tage lang von der Route der Radler abgewichen, waren im Freizeitpark Schloss Thurn, in Forchheim, sind durch das unglaublich romantische Wiestenttal in die Fränkische Schweiz gefahren, haben die Felsen in Tüchersfeld bestaunt (mein Mann von oben, Tochter und ich von unten…) und waren in Pottenstein zum Sommerrodeln und zur Abkühlung (es war ein Rekordhitzetag) im Felsenbad. Dann gab es noch einen Bummel und einen Cocktail in der wirklich wunderschönen Altstadt von Bamberg.
Unsere heutige Route führte uns über Schweinfurt (Stadtbummel), Münnerstadt (Städtchenbummelchen und die Radler bei der Weiterfahrt nach der Mittagspause gesehen, wurden von einer Blaskapelle verabschiedet) und Bad Neustadt (gar kein Bummel) nach Mellrichstadt. Die fast nördlichste Stadt Bayerns ist das Ziel der diesjährigen Radltour und nachdem wir den Radlern auf der Landstraße über Nebenstrecken ausweichen mussten, konnten wir gerade noch vor Sperrung der Straße in die Stadt huschen.
Die Hauptstraße zieht sich in einer großen Kurve bergauf bis ins Zentrum und überall warteten bereits Zuschauer gespannt auf die Ankunft der Radler. Die Läden waren geöffnet und ein Duo unterhielt die Gäste musikalisch. Und die Mellrichstädter bereiteten den Radlern einen großartigen Empfang!! Die ganze Stadt stand Spalier und hatte alles dabei was rasseln, klatschen und pfeifen konnte. Örtliche Firmen hatten Ratschen und aufblasbare Winkehände verteilt. Die Menge an Radlern wollte gar kein Ende nehmen und es wurde unablässig gepfiffen und gerasselt. Einige Zuschauer begrüßten mit Pappplakaten ihre Angehörigen, vom Band kam Stimmungsmusik und der Bayrische Rundfunk moderierte. Gute 20 Minuten dauerte der Zieleinlauf der 1200 Radler. Und sie haben sich ihren gigantischen Empfang auch verdient, immerhin haben sie Bayern von Süd nach Nord durchradelt, in einer der heißesten Wochen, die das Land je erlebt hat.
Am Ortsende auf einem freien Platz war jetzt eine kleine Party organisiert und der DJ (der selbe, der jeden Abend die After-Show-Disco machte) forderte die Radler zu einem Walzer auf. Selbst dazu hatten sie noch Energie, später einige sogar noch für einen Rock'n Roll! Die Hilfsdienste sorgten für Abkühlung aus einem Wasserschlauch. Die Stimmung war einzigartig, die Radler wurden mit Bewunderung gefeiert. Muss man mal miterlebt haben. Wie toll muss es sich erst anfühlen, selber durch die Ziellinie zu fahren. Schade eigentlich, dass ich so unsportlich bin.
Das große Abschlusskonzert wurde von der Spider Murphy Gang bestritten. Mein Interesse für Musik und Radio begann mit der Neuen Deutschen Welle und so gehört die Spider Murphy Gang zu meinen allerfrühesten Erinnerungen und damals mochte ich sie wohl auch. Heute ist die Musik nicht mehr so ganz meins, aber ich hatte in der Woche genug bayrisches Lebensgefühl getankt, um mich trotzdem ein bisschen auf den Auftritt zu freuen. Was könnte es auch standesgemäßeres geben, als Abschluss einer Bayern-Reise? Dennoch war das wieder eher etwas für meinen Mann. Aber vielleicht hat der Konzertgott irgendwo da oben ja gewollt, dass Einiges für ihn dabei ist, damit er nicht die Lust verliert an der von mir "blind" (ohne Kenntnis der Bands) geplanten Reise. Trotzdem war ich überrascht, wie viele Songs der Spider Murphy Gang ich kannte. Gut, in meiner Jugend habe ich quasi nichts anderes gemacht als Bayern 3 zu hören, aber jetzt, nach 30 Jahren, hätte ich spontan nur einen (den einen!) Song der Band genannt. Es waren dann aber doch sechs oder sieben, die ich kannte, so dass mir das "ach ja, der ja auch noch"-Lämpchen ziemlich oft aufging.
Das Publikum Wort für Wort mitsingen zu hören bei "Pfüati Gott Elisabeth", "Schickeria" und natürlich "Skandal im Sperrbezirk" war schon ganz nett und die Jungs haben einige Langversionen, Gitrarren-, Saxophon und sogar ein Klarinetten-Solo hingelegt. Hat aber auch nichts daran geändert, dass weder die gute alte Rock'n Roll Musik noch die bayrische Mundart so ganz mein Fall sind. Und besonders beim „Skandal im Sperrbezirk" hätten die Mellrichstädter sicher noch eine Schippe zulegen können (die Stimmung war durchaus gut, aber nicht bombastisch), aber so ganz identifiziert man sich mit dem Münchner Dialekt wohl doch nicht, ganz im Norden, in der Rhön. Dafür fühlte ich mich schon ganz zuhause unter den Sonnenschirmen der (osthessichen) Firma Rhön-Sprudel. So waren es dann nach dem Konzert nur noch 80km über kleine und kleinste Landstraßen bis zur Übernachtung bei Mutti.
Ja, was die Auswahl der Bands betrifft, hätte ich die Idee zu der Reise sicher lieber in den Jahren davor gehabt. Dafür haben die Ziele am Rande der Route meine Erwartungen deutlich übertroffen und die Atmosphäre auf den abendlichen Tour-Events im immer wieder neu gestalteten größten Biergarten Bayerns war richtig toll!! Und auch wenn uns die Hitze tagsüber schon manchmal fast zu viel wurde („ich mach nie wieder Urlaub in Deutschland, das ist viel zu hieß"), mehr Glück kann man mit einer Open-Air Tour ja schon gar nicht haben!
Vor allem war es aber einfach da, dieses Gefühl „On The Road" zu sein. Manche meiner Leser kennen das bestimmt: Jeden Morgen auf zu neuen Zielen, neugierig neue Städte und Landschaften (und Cafés!) entdecken und immer mit dem gutgelaunten Wissen, dass das Sahnehäubchen am Abend noch wartet. Und am nächsten Tag wieder, ständig neue Eindrücke. Das perfekte Gefühl von Freiheit und Lebenslust.
Mehr Fotos und Infos http://www.offexploring.com/sunsetrock/albums/tyrol-and-bavaria-2015
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