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„Ein Bett im Kornfeld" von Jürgen Drews- sowas ging ja in meiner sehr frühen Jugend gar nicht. Erst als wir herausgefunden hatten, dass dieser zugegebenermaßen tatsächlich tolle Song im Original auf Englisch war, wurde er irgendwie salonfähig und durfte hemmungslos gehört werden. Und lange Zeit glaubte ich, dass „Let Your Love Flow" der einzige Song ist, mit dem die Bellamy Brothers berühmt wurden. Aber weit gefehlt- denn zum Beispiel auch das Original von „Himbeereis zum Frühstück" oder die Country-Edel-Schnulze „I Need More Of You" sind von ihnen und auch bei „If I Said You Have A Beautiful Body…." dürfte es Radiohörern klingen. So waren die beiden Cowboys eines meiner echten Wunschkonzerte auf der Radltour, das mit den höchsten Erwartungen.
Am Morgen haben wir einen kleinen Bummel in Augsburg gemacht und waren am frühen Nachmittag in Donauwörth. Gerade rechtzeitig, um die Radler beim Start nach der Mittagspause zu sehen. Die sehr malerische Hauptstraße von Donauwörth zieht sich stetig den Berg hinauf und die Radler mussten ganz schön strampeln. Alle waren bestens gelaunt, auch wenn einige schon ganz schön rote Köpfe hatten, dabei standen die heißesten Tage aller Zeiten erst noch bevor. Viele Schaulustige standen am Straßenrand, die Radler klatschten Hände ab und aus einem der Hilfsfahrzeuge wurden wir aus einer großen Wasserpistole nassgespritzt.
Der Pulk aus Radlern wollte gar nicht enden, war ja nun das erste Mal, dass wir sie als kompletten Tross gesehen haben. Schon ein Erlebnis. Das Radltour-Feeling aus Gemeinschaftssinn, Abenteuerlust, Ehrgeiz und Feierlaune war sogar am Straßenrand zu spüren. Lauter fröhliche Gesichter auf den Rädern. Danach wirkte Donauwörth, als sei es von einem Schwarm Heuschrecken heimgesucht worden. Die Besitzer der Straßencafés fegten die Reste zusammen, die Stadt verfiel wieder zurück in den Dornröschenschlaf, nur die Kehrwagen zogen ihre Kreise. Die Altstadt auf der Wörnitzinsel wirkte jetzt wieder ruhig und romantisch und war genauso hübsch anzuschauen wie die Reichsstraße und das Rathaus mit den üppigen lila Blumenkästen.
Weiter ging es zu unserem heutigen Quartier in Monheim. Wo die Altstadt nur aus zwei Straßen besteht, die auf beiden Seiten zu den großen Stadttoren zusammen kommen. Und wir hatten mittendrin auf dem Marktplatz ein Zimmer über der Metzgerei. Sehr schnuckeliges Städtchen.
Die heutige Abendveranstaltung war ein paar Kilometer weiter in der Fuchsienstadt Wemding. Tatsächlich wurde dort der Botaniker Leonhart Fuchs geboren, nachdem die Fuchsie benannt ist. In einem winzigen Häuschen, dem sozusagen im Erdgeschoss die Ecke fehlt, weil da bereits die Straße verläuft. Kurz vor Wemding fährt man über einen kleinen Hügel und blickt in ein riesiges „Loch" in der Landschaft. Hier ist vor 14,5 Millionen Jahren ein Meteorit eingeschlagen und hinterließ einen Krater mit einem Durchmesser von 25km. Von hier oben konnte man den Kraterrand deutlich erkennen. Innen, direkt am Kraterrand, liegt das Städtchen Wemding, das mindestens ebenso malerisch ist wie alles, was wir bisher gesehen haben. Auch wenn sich die Städtchen in gewisser Weise alle ein bisschen ähneln und ich mich beginne zu fragen, ob ich die Fotos zuhause wohl noch auseinander halten kann.
Diesmal hatten wir genug Zeit, um den Sommerabend auf einer Bank am Marktplatz noch ein bisschen zu genießen, bevor es zum Festplatz ging. Und der hatte eindeutig das schönste Flair von allen Konzertplätzen der Radltour. Am Wasser gelegen und mit Blick auf die Doppeltürme der Stadtkirche, hinter der die Sonne unterging. Das schrie ja geradezu nach einem romantischen Cocktailabend. Den wir dann auch genossen haben, nachdem Tochter direkt bei der Kinderbelustigung verschwunden war, weil sie sich null für die beiden alten Männer interessierte, die heute auftreten sollten.
Der Platz war rappelvoll, die Leute saßen jedoch an den Tischen und Bänken oder am Wasser. Vor der Bühne konnte man sich 20 Minuten vor Beginn noch ganz entspannt in die dritte Reihe stellen. Die Bellamy Brothers eröffneten mit einem bekannten aber nicht eigenen Song „Some Broken Hearts Never Mend", dann folgte ganz viel vorwiegend (oder gar komplett?) Eigenes, viele Songs kannte ich, weil ich kurz vorher die neue Compilation CD gekauft hatte. Richtig bekannt war in der kompletten ersten Stunde aber kein einziger Song. Die Herren haben wunderschön gesungen und die Songs klangen allesamt sehr eingängig. Das war es dann aber auch schon. Die Bellamy Brothers haben wenig gesprochen und kaum versucht die Stimmung anzuheizen. Sie standen wie festgenagelt vor ihren Mikros und haben schön gesungen. Lediglich die Tatsache, dass sie schon 40 Jahre zusammen spielen („40 Jahre" sagte Howard auf Deutsch) und dass es deshalb ein neues Greatest Hits Album gibt, haben sie verkündet. Der dann folgende Song war wohl autobiografisch.
Erst im letzen Drittel folgte Hit auf Hit. Doch der Gitarrist war der einzige, der ein bisschen für Action sorgte. Der Bassist gab zwei Soli auf der Mundharmonika. „I Need More Of You", ich hatte erwartet, dass ganz Wemding mitsingt und sich schunkelnd in den Armen liegt. Aber das Publikum reagierte nun auch ziemlich verhalten. Etliche einzelne Damen tanzten, klatschten und strahlten wenigstens bei „For All The Wrong Reasons", „Beautiful Body", Let Your Love Flow" (Kornfeld) und „Redneck Girl". Zugabe war „Crossfire" (Himbeereis) („we had a hit with this in Germany many years ago"), das mit einem tollen Gitarrensolo endete. Super Songs hatten sie, lupenrein gesungen haben sie auch, das muss man ihnen lassen. Aber Stimmung und Ausstrahlung geht anders. Immerhin gab es romantische Musik auf einem romantischen Fleckchen an einem lauen Sommerabend, das war ja doch sehr nett.
Mehr Fotos und Infos: http://www.offexploring.com/sunsetrock/albums/tyrol-and-bavaria-2015
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