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Donnerstag, 25. Januar 2018 - sonnig, auf den Bergen Gewitter, bis 30°
Für die heutige Tour ins Fautaua-Tal oberhalb von Papeete zwingt uns die französische Bürokratie, das „Hôtel de Ville" in der Stadt aufzusuchen, um eine „autorisation" einzuholen. Mit Glück finden wir in der Nähe ein freies Parkfeld. Es ist kostenpflichtig; ich frage eine Passantin, wie man zahlen könne, und sie zeigt Richtung Mairie. Da müssten wir also dorthin, um ein Parkticket zu holen, dieses hinter die Windschutzscheibe legen, um nachher erneut zu den Büros zu marschieren! Bürokratisch-französischer geht's kaum mehr... Nun, wir machen hier nicht jeden Quatsch mit, und so wartet halt Margrit beim Auto, während ich die „Caisse de la Régie des recettes" aufsuche. Sie ist einfacherweise gleich im Eingang eines Nebengebäudes der Mairie. Der Beamte, der mir ein A4-Formular in englischer Sprache zum Ausfüllen aushändigt, spricht sogar die Sprache der Briten. Auszufüllen gibt es vernünftigerweise nicht viel, und schon nach drei Minuten verlasse ich das Amtsgebäude mit dem gestempelten und unterschriebenen Formular und um 1200 francs ärmer.
Durch eine fast endlose Talsiedlung erreichen wir die Wasserversorgung „Polynésienne des Eaux", eine Art Werkhof, an dem vorbei eine miserable Zufahrt zum behelfsmässigen Parkplatz führt. Um halb neun Uhr beginnen wir auf einem guten, meist schattigen Fahrweg die Wanderung dem Fluss entlang ins Tal hinein. Wir fühlen uns für den gestrigen Flop etwas entschädigt. Die Vegetation ist in höchstem Mass tropisch-üppig. Ein paarmal wird vor Steinschlag gewarnt, vor allem wenn es an senkrechten Felswänden vorbeigeht. Bald kommen uns Jogger, Hundespaziergänger, andere Wanderer und sogar ein Biker entgegen. Wir fragen uns, ob die alle eine „autorisation" haben, oder ob nur wir doofe Touristen eine solche eingeholt haben - kontrolliert hat schliesslich niemand. Nach einer Stunde erreichen wir eine kleine Brücke über den Fluss. Eine Infotafel verkündet, der Weg dort drüben, der zu einem Aussichtspunkt für einen Wasserfall führt, sei gefährlich; es werde dringend empfohlen, einen Führer anzuheuern. Hier! Ich rufe laut „guide, guide", aber die Bäume schweigen. Deshalb folgen wir zunächst weiter dem Fahrweg am Fluss, der bald in einen unbequemen Pfad übergeht, dessen Ziel unklar bleibt. Deshalb kehren wir um und versuchen es trotzdem mit dem „gefährlichen" Weg auf der andern Flussseite. Er steigt anfangs steil an, stellt sich dann aber als eher harmlos heraus. Zum ersten Mal fallen Schwärme von Stechmücken über uns her - Antibrumm hält sie aber fern. Der Aufstieg - manchmal ist es auch eben oder geht gar abwärts - ist äusserst schweisstreibend, aber wir spüren schon etwas Training in den Beinen, und so halten wir 1 ¼ Stunden durch, bis wir am Rand eines tiefen Felskessels stehen, in den sich gegenüber der schmale Wasserfall ergiesst. Er soll auf der Rangliste der höchsten Wasserfälle der Welt die Nummer 28 sein. Auf geschätzte 200 Meter dürfte er es durchaus bringen. Wir setzen uns auf die Wurzeln eines Baumes und geniessen den Anblick eine Weile. Auf dem Weg, der weiter zum Anfang des Falles hinaufführt, kommen uns vier Wanderer entgegen; für uns ist hier aber Umkehr.
Inzwischen haben graue Wolken das Himmelblau über dem Tal verdrängt, und so machen wir uns rasch an den Abstieg. Wenige Meter bevor wir die Brücke erreichen, fallen erste Tropfen, und bald giesst es immer stärker. Margrit zieht den Rotkreuz-Notregenschutz über, ich bedecke mich mit der dünnen Regenjacke, die ich letzten Oktober am Canal du Midi kaufte. Bald hagelt es Katzen, der Regen prasselt als grauer Vorhang, und ich stelle fest, dass meine Jacke das Gegenteil von dicht ist. Nach kurzer Zeit bin ich bis auf die Haut durchnässt; Margrit hat es besser, ihr Plastik lässt nichts durch. Eine knappe Stunde marschieren wir im strömenden Regen auf einem Weg, der sich grösstenteils in einen Bach verwandelt hat, so dass die zu Hause imprägnierten Wanderschuhe glucksen. Gut, dass wir vorsorglich eine Garnitur trockene Kleider im Auto haben. Wie ich in der Wohnung feststelle, hat mein neuer Deuter-Rucksack aber doch einigermassen dichtgehalten.
Den Rest des Nachmittags verbringen wir in der Wohnung. Margrit lässt sich von mir einen Haarschnitt verpassen. Sie findet das Ergebnis durchaus befriedigend. Wenn ich nicht schon Rentner wäre, müsste ich mir einen Berufswechsel überlegen...
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