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Gleich nachdem wir so freundlich im Kasita Seminary empfangen wurden und auf dem Rückweg vom Kaffee mit den leitenden Pfarrern zu unseren Unterkünften waren, wurden wir auch von den Schülern willkommen geheißen. Ein Student aus der 5. Stufe (insgesamt gibt es 6), passte uns gleich an der Türschwelle ab und bot uns an, eine Führung durch die Klassenräume und verschiedenen Unterrichtstätten zu machen. Peter -ein sehr kluger, junger Mann, der sich sehr für Medizin interessiert- zeigte uns einige Räume in einem Nebengebäude, welche als Chemie- und Biologieunterrichtszimmer dienten. Stolz präsentierte er die verschiedenen biologischen Präparate und medizinischen Modelle, die den Schülern als Lerngrundlage dienen und erstaunte uns mit seinem Fachwissen, von dem wir uns vieles erst im Laufe unseres Studiums angeeignet haben.
Im Zuge dessen lernten wir auch noch 3 Schüler kennen, die gerade für die bevorstehende Chemieprüfung streberten, Es viel ihnen aber nicht sehr schwer ihr Interesse auf die weißen Eindringlinge aus Europa zu lenken und nach wenigen Minuten fand ich mich schon in zahllose Gespräche über Gott und die Welt verstrickt. Auffällig war einerseits eine wohltuende ungewohnte Höflichkeit in Sprache (sehr gutes Englisch, das wir bis dahin in weiten Teilen des Landes vermisst haben) und Verhalten, andererseits glänzten die jungen Herren alle mit einem überdurchschnittlichen Bildungsniveau (weil anorganische Chemie wirklich nie zu meinen Spezialgebieten gehört hat) und als dritter Punkt viel mir eine immense Wissbegierde auf. Alles wollten sie wissen, über dieses seltsame kleine Land Österreich, über das Studienwesen in Europa, über die Wirksamkeit von westlichen Medikamenten im Vergleich zu traditioneller afrikanischer Naturheilkunde und natürlich auch Lieblingsfußballclub und Spieler, Letzteres Gespräch bescherte mir gleich eine Einladung zu einem wichtigen Kick am Nachmittag, dazu aber ein andermal.
Ich hingegen erfuhr vieles über das Leben als Internatsschülers im Seminar. Ein harter Weg, den nicht viele beschreiten können, der sich aber in jedem Fall bezahlt macht, wenn man ihn bis zum Schluss geht.
Tagwache bei Sonnenaufgang, mehrere Male Kirche und Gebet am Tag (inklusive Chorprobe für die Kirchenlieder vom nächsten Tag), Vormittag und Nachmittag Unterricht und Selbststudienzeit bis 11 Uhr Abends, Sport, kurze Pausen um zu Essen und für die Körperpflege und meiner Meinung nach NULL Freizeit! Dazu noch Arbeiten auf den Plantagen, Farmen und im Stall und jeder Schüler bekommt als Krönung noch eine Spezialaufgabe, um sein Verantwortungsbewusstsein zu schulen. Da gibt es z.B. einen Master of Books, der für die Bibliothek zuständig ist, oder einen Master of Musik, der den Chor arrangiert und das Orgelspiel lehrt, einer ist für die Funktion des Brunnens und der Wasserpumpe zuständig und wieder einige für Kühe, Schweine oder Hühner.
Ein entbehrungsreiches Leben, das die 300 Jungs unter der strengen Leitung und Aufsicht der Priester hier führen, doch für sie ist es die Chance auf Bildung und auf den Aufstieg in der Gesellschaft. Einige studieren sogar danach an einer der wenigen Universitäten. Man kann sich vorstellen, wie begierig man als Schüler im Kasita Seminary ist auf Abwechslung, auf Neues und auf Abenteuer, die sonst nur auf die kurzen Weihnachts- und Sommerferien beschränkt sind. Eine Gelegenheit bieten hier sicherlich die weißen Neuankömmlinge unter denen sogar ein Mädchen (außer zweier Nonnen und den Köchinnen gibt es keine Frauen hinter den Klostermauern) ist. Ich bin mir sicher, dass am Tag unserer Ankunft so einige Gerüchte, Späße und Hoffnungen in den -mit 20-25 Knaben pro Zimmer- gut gefüllten Schlafsälen grassierten.
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