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Die Fahrt von Belen ging über die Ruta 40 weiter mit Ziel Cafayate. Sie war eigentlich nur noch eine Sandpiste, die durch kleine Dörfchen führte. Hier merkte man ganz klar, dass man im ursprünglichen Norden angelangt ist. Die Menschen weisen deutlich indigene Gesichtszüge auf und die Dörfchen verändern sich. Mehr Stein-Bauten mit kleinen Fenstern und Tuch-Türen, um die Hitze rauszuhalten, bzw. eine gewisse Ventilation sicherzustellen. In den Gärten wir der Aji getrocknet, der sich mit seinem kräftigen Rot deutlich vom Sand abhebt. Wenn wir durchfahren, winken uns die Leute zu und lachen. Es gibt weniger Pferde, dafür mehr Esel und Maultiere. Und die Guanakos sind schon seit längerem von der Bildfläche verschwunden und durch Lamas (bzw. Alpakas?) ersetzt worden. (wir waren gerade so weit, Guanakos von Vikunjas unterscheiden zu können, jetzt müssen wir uns mit dem Unterschied zwischen Lamas und Alpakas auseinandersetzen, da soll mal einer sagen, Reisen sei Entspannung...)
Schon bald sieht man wieder die ersten Weinreben des Valle Calchaquies. Wir wollten vor Cafayate noch die Ruinen der Quilmes besuchen. Natürlich nicht die alte Bierbrauerei, sondern die baulichen Überreste der Ureinwohner dieser Region. Die Suche gestaltete sich als schwierig, nicht weil der Ort schlecht angeschrieben war sondern weil wir nicht richtig abbogen. So fuhren wir eine Zeit lang im Ort Quilmes zwischen Ziegen und Eseln umher bis wir endlich herausfanden, dass die Ruinen erst weiter Richtung Cafayate liegen. Easy wir haben ja Zeit. Auf dem Weg nach oben nahmen wir zwei französische Rucksacktouristen mit, die zu Fuss die 5 km bis zur Ruine laufen wollten. Was wir noch nicht wussten, dass Cécile und Jéremy uns die nächsten Tage per Zufall immer wieder begleiten würden. Die Ruinen der Quilmes sind beeindruckend. Zu Blütezeiten beherbergte die Stadt über 5000 Einwohner. Auf den Terassen wurden Mais und Getreide angebaut, die für die Versorgung der grossen Stadt erforderlich waren. Später in der Geschichte und mit dem Beginn der Conquista bauten die Quilmes ihre Häuser immer höher am Hügel um vor Angriffen geschütz zu bleiben, was sie aber nicht davor bewahrte, endgültig besiegt und zerstreut zu werden.
Während der Militärdiktatur in Argentinien wurde dieses Gebiet für gerade mal 110 Dollar an einen reichen Argentinier verpachtet. Dieser stellt bei den Ruinen ein Hotel mit Pool und ein Museum auf, was aber gar nicht im Sinne der Quilmes bzw. ihrer Nachfahren war. Sie sind der Natur verbunden und möchten die Anlage nutzen, damit sie der Allgemeinheit Nutzen bringt und die Natur schont. Um die kapitalistischen Vorteile ganz zu verbannen, haben sie alle Anlagen geschlossen und die Erträge aus den Eintritten werden zur Unterstützung der lokalen Bildungsinfrastruktur und anderer nützlicher Projekte verwendet.
Wir chauffierten die beiden Franzosen noch in den nächsten Ort, wo sie ihr Gepäck deponiert hatten. Da unser Innenausbau im hinteren Bereich des Autos eine bequeme Fahrt verunmöglichte, war es dann angenehmer, wenn sie den Bus bis Cafayate nehmen. Wir verabredeten uns dann aber für später auf dem Campingplatz... Da sie dann aber erst ca. 4 Stunden nach uns eintrafen, reichte es nur noch für ein kleines Gläschen Wein. Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns nach dem Frühstück. Wir wollten Richtung Cachi und sie zwei planten einen Tagesauflug in die Quebradas und würden dann am nächsten Tag auch Richtung Cachi weiterreisen. Bevor wir uns auf den Weg machten, schauten wir uns noch in Cafayate um, suchten WiFi und kauften Brot ein. Als wir wieder durchs Dorf fuhren, sprangen plötzlich Cécile und Jeremy winkend vor's Auto. Sie hatten inzwischen festgestellt, dass heute nur ein einziger Bus fährt und zwar in die Richtung, aus der sie gekommen sind. Sie boten uns ein gemeinsames Mittagessen an, welches wir ablehnten (1 Stunde nach dem Frühstück geht eben noch nichts rein) und boten ihnen einen Platz im Paji an. Es machte ihnen nichts aus, zusammen mit Sack und Pack hinten reingedrückt, in geduckter Haltung 2.5 Stunden Schotterpiste zu fahren. So kauften wir zuerst noch in einer Bodega ein und rüsteten uns bei einer alten Grossmutter mit 24 Empanadas und einem Poulet aus. Dazu gabs noch einige frisch geschnittene Trauben. Auf dem Parkplatz wurden wir dann noch von einem Schweizer angesprochen, der in unserem Paji das frühere Auto seiner Eltern zu erkennen glaubte. Als sich geklärt hatte, dass es dann doch nicht dasselbe Auto sein kann und wir nun endlich alles gepackt haben, ging die Fahrt los.
Die Strecke von Cafayate nach Cachi ist berühmt für seine atemberaubende Schönheit. Und es war wirklich überwältigend, wir konnten es kaum glauben, dass Felsen solche Formen annehmen können. (siehe Fotos Backroad to Cachi) Als wir in Cachi auf 2'200 m.ü.M. ankamen, waren wir höchsterstaunt, dass nach dem ganzen Schotter, den Schlaglöchern sowie Empanadas und Poulet im Bauch unsere zwei Passagiere einigermassen fröhlich wieder ausstiegen. Wir checkten im Camping Municipal ein, der ganz atypisch über blitzsaubere Bäder, Agua Caliente und ein Hallenbad verfügte. Das Asado am Abend fiel leider ins Wasser, da kein Fleisch aufzutreiben war. Aber Gemüse vom Grill schmeckt ja auch...
Bevor wir nach Salta aufbrachen, begutachteten wir das vielfach gerühmte Dorf Cachi. Und es hatte tatsächlich sehr viel Charme. Obwohl der touristische Einschlag durch die vielen Artesania-Shops nicht zu übersehen war, ist es doch noch sehr ursprünglich mit seinen Gässchen und den Menschen, die überall auf den Treppenstufen vor ihren Häusern sitzen. Nur am Mittag gerät die Idylle etwas ins w***en. Nämlich dann, wenn Mittagspause ist und mindestens hundert Kinder in ihren weissen Schossen kreischend heim rennen. Nachdem wir diese unterhaltsame Szene eine Zeit lang beobachtet hatten, beschlossen wir aufzubrechen.
Die Route nach Salta sollte um einiges besser sein, als diejenige vom Vortag und das war sie auch. Wir nahmen es gemütlich und genossen auf 3'200 m.ü.M. die Aussicht über das Tal und beobachteten dabei ein Rieseninsekt, das eine Heuschrecke in ein Loch zog, dieses wie ein Hund zuscharrte und Steinchen darauf legte. Als wir weiterfuhren, stand mitten auf der Fahrbahn ein grosses, schwarzes Ding mit acht Beinen. Eine argentinische Vogelspinne. Sie hatte Glück und verschwand zwischen den zwei Rädern unterm Auto und kam heil davon. Kurz darauf begann es zu "chrosen". Das Geräusch, das uns seit einigen Wochen begleitete, erklang auf einmal sehr viel lauter. Das musste die Höhe sein, mutmassten wir. Für uns war damit klar, dass wir mit der Reparatur nicht bis Chile warten können, sondern in Salta einen längeren Zwischenstopp einlegen werden müssen. Schweigend fuhren wir über den Pass und lauschten. Das Geräusch wurde immer lauter. Als es wieder abwärts ging... ging nichts mehr. Es krachte noch ein letztes Mal und der Gang griff nicht mehr. Es fand keine Kraftübertragung mehr statt und wir rollten nur noch. Wir stoppten am Strassenrand und überlegten, was wir tun können. Zuerst kramten wir die Nummer des Abschleppdiensts hervor, merkten dann aber, dass wir sowieso keinen Handyempfang haben. Es waren noch 50 km bis nach Salta, aber es ging alles abwärts. Na dann los, rollen wir den Berg hinunter!
Wir kamen rollend ziemlich gut voran und auch kleinere Hügelchen schafften wir gut. Längere Geraden konnten wir mit Stossen überbrücken. Doch irgendwann war's dann endgültig vorbei und wir schafften auch mit Stossen keinen Meter mehr. Doch, welch ein Glück, hier hatten wir Netz! Da wir aber keine Lust hatten, hier noch Stunden auf den Abschleppdienst zu warten, wollten wir noch einige Minuten warten, ob uns nicht ein vorbeikommendes Auto abschleppen kann. Zuerst passierten uns nur Opel Corsa-Mietwagen die sicher nicht im Stande waren unseren 2.5 t Paji auch nur einen Meter weit zu ziehen. Dann fuhr ein Hilux vorbei, leider in die falsche Richtung. Kurz danach drehte er aber um und kam zurück. Wir schöpften Hoffnung. Es war Pastor Joe. Ein Amerikaner mit seiner Frau auf dem Weg in die Bibelstunde, deshalb konnten sie uns nicht nach Salta schleppen. Er gab uns jedoch verschiedene Telefonnummern von Abschleppdiensten und versprach uns, sie würden uns sicher auf dem Heimweg mitnehmen, falls wir dann noch dortstünden. Mit seinem Segen hofften und warteten wir weiter. Nach nur 5 Minuten kam ein Mercedes Sprinter von oben. Das ist es! Es war ein Remis-Bus mit Schülern und Passagieren vollbesetzt. Und er erklärte sich bereit, uns zumindest ein Stück weit mitzunehmen. Und los gings... In rasantem Tempo kurvten wir die Strecke runter. Immer wieder hielt er an, um Passagiere aussteigen zu lassen. Dies kündigte er jeweils mit Handzeichen an, da seine Bremslichter nicht funktionierten. Auf gerader Strecke ging es mit 80 km/h weiter. Dabei wurden wir u.a. bei Gegenverkehr von einem Lastwagen überholt. Um einen Crash zu verhindern, wich unser Sprinter-Chauffeur in den Sand aus, wir hintendrein. Vor Salta war, wie üblich vor Städten, eine Polizeikontrolle. Der Sprinter wurde durchgewunken und der Polizist wandte sich uns zu und holte Luft für die Begrüssung. Er schaute etwas verdutzt drein, als wir lachend einfach weiterfuhren. Der Sprinter hatte nicht vor, für uns anzuhalten. Als er das Abschleppseil erblickte, lachte er ebenfalls und winkte uns nach. Die zweite Polizeikontrolle verlief ähnlich. Kurz vor Salta überholte uns ein Töfffahrer, der uns zuwinkte. Sein Nummernschild verriet, dass er ein Deutscher war und uns als "Nachbarn" identifiziert hatte. Der Zufall wollte, dass wir ihn nicht zuletzt gesehen haben.
Der Sprinter schleppte uns bis an die Stadtgrenze in der Nähe seines Hauses. Der Chauffeur, Miguel, telefonierte dann von zu Hause aus seinem Mechaniker, ob dieser Zeit für uns habe. Hatte er nicht, aber er empfahl einen Kollegen. Miguel brachte uns netterweise bis zur dieser Garage (wie wären wir wohl sonst dorthin gekommen?). Der Mechaniker, Martin, hob nur die Augenbraue und machte eine nicht sehr erfolgsversprechende Miene. Wir packten das Nötigste ein und Miguel brachte uns sogar noch bis ins Hostel. Dort öffneten wir nach der ganzen Aufregung zuerst einmal eine Flasche Wein und lachten über die Ereignisse. Wir rechneten damit, dass wir wahrscheinlich mit ca. 2 Tagen für die Reparatur der Kupplung rechnen mussten. Umso besser, dann haben wir genügend Zeit, Salta zu erkundigen. Wir staunten später am Abend nicht schlecht, als plötzlich Cécile und Jéremy wieder vor uns standen. Per Zufall hat es uns alle ins gleiche Hostel verschlagen!
Doch das Lachen verging uns am nächsten Tag. Als wir in die Garage gingen, stand das Getriebe ausgebaut neben Paji. Es dauerte einen Moment bis wir realisierten, dass gar nicht die Kupplung, sondern das Getriebe beschädigt war. Das erste Zahnrad der Vorlegewelle war komplett abgeschliffen. Martin machte uns nicht viel Hoffnung. Ersatzteile für Mitsubishi findet man in Argentinien nur schwer. Und solche für so alte Fahrzeuge sind noch schwieriger. Wir hätten den Schaden besser in Chile oder Bolivien gehabt, dort sei alles vorhanden. Ja danke, wir hätten den Zeitpunkt auch besser gewählt, wenn's möglich gewesen wäre...
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