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Klein, aber fein - Jinja und Ssese
Vor und nach Murchison lagen noch ein paar Tage, die ich um Kampala herum verbracht habe. Ein Tagesausflug mit Übernachtung ging nach Jinja, 85 Kilometer und drei Matatu-Stunden östlich gelegen. Andere fahren nach Jinja, um dort White Water Rafting, Bungee Jumping oder Gott weiss was Aufregendes zu machen. Ich bin hingefahren, um mir anzusehen wie der Weisse Nil den Viktoriasee verlässt. Da er als Überfluss den den See verlässt, ist er direkt von Anfang an ein ordentlich breiter Flusslauf, ähnlich wie beim Blauen Nil, wenn er den Lake Tana verlässt. Ich habe mir also, gemütlich am Ufer sitzend die „source of the Nile" angesehen anstatt mit Stromschwellen und Höhenangst zu kämpfen.
Überraschenderweise, nein eigentlich hatte ich nur darauf gewartet, habe ich im Hostel in Jinja alte Bekannte wieder gesehen. Meine israelische Partytruppe von der Danakiltour war dort. Das letzte mal, dass ich drei von ihnen gesehen hatte, war im Bus von Harar in Richtung Addis; allerdings sind sie damals 100 Kilometer vor Addis ausgestiegen, irgendwo im Nirgendwo, um in ein abgelegenes Dorf zu fahren. Ihren Ausflug dorthin schienen sie gut überstanden zu haben, auch ihren kurzen Aufenthalt in Nairobi und die lange Busfahrt von dort nach Jinja. Am gleichen Morgen hatte ich schon Kelsey aus Australien wiedergetroffen, die ich ebenfalls in der Danakil getroffen hatte und die nachher auch in Lalibela mit dabei war. So klein ist die Reisewelt. Mit Kelsey habe ich allerdings nur ein paar Sätze austauschen können, da sie an dem Morgen nach Murchison aufbrechen sollte. Meine Israelis waren dagegen informativer. Sie hatten am Vortag eine „Zip-Line"-Tour in der Nähe von Jinja gemacht. Sowas habe ich schon einmal in Mittelamerika gemacht und das fand ich klasse. Im Kletterpark in Aachen gibt es sowas auch im Kleinen, wenn man an einem Kabel hängend von einem Baum zum nächsten saust. Nur im Regenwald sind die Bäume höher und die Entfernungen länger.
Auf der Strecke zwischen Jinja und Kampala, und dann rechts ab in Luzira, gibt es einen Flecken unbeeinträchtigten Regenwald, in dem es ein kleines Camp und seit einem halben Jahr das Angebot einer Zip-Line-Tour gibt. Die Erlöse aus diesem Angebot werden für ein Aids-Projekt eingesetzt, also rundherum eine gute Sache. Und ich dachte, ich habe das ja schonmal gemacht, also muss ich ja keine Angst haben vor der Höhe und überhaupt. Die eigentliche Sache war auch toll, etwas mulmig wurde mir nur, als ich am Anfang einen 18 hohen Baum hinaufklettern musste. Natürlich ist man gesichert, aber der Baumstamm war schon sehr dünn und sehr hoch. Da darf man einfach nicht darüber nachdenken, was man gerade macht. Danach hat alles einfach nur Spass gemacht.
Nach meiner Rückkehr aus Murchison konnte ich einen weiteren Tag lang nicht von diesem Swimming Pool, wahrscheinlich dem einzigen in ganz Uganda, trennen. Zwar wollte ich danach auf eine Insel mitten im Viktoriasee, dort kann man aber wegen Bilharziosegefahr nicht schwimmen gehen. Der Lonely Planet sagt, auf den Ssese Islands kann man eigentlich nur ein gutes Buch lesen und auf den See hinausblicken, ein anderer Reiseführer spricht davon, dass Buggala Island sehr geeignet ist zum „unstructured walking". Das eine wie das anderer hört sich in der Kombination doch gut an, oder nicht?
Abenteuerlich war allerings die Überfahrt nach Buggala Island. Der Lonely Planet versprach, dass eine Fährgesellschaft „Earthwise" die Verbindung bedient. Die Fähre habe ich auch gesehen an der Anlegestelle in Entebbe, bewegt hat sie sich aber nicht. Tage später habe ich herausgefunden, warum. Vor etwa einem Jahr (!) ist der Motor kaputt gegangen und das Ersatzteil zur Reparatur muss aus Tanzania geliefert werden. Ohne weiteren Kommentar. Statt mit einem halbwegs zuverlässig aussehenden Fährschiff ging es mit einer Nussschale raus auf den Viktoriasee: ein Holzboot, etwa 25 Meter lang, zwei Aussenbordmotoren, Sitzbänken aus Holzlatten und einer Plane, um vor der Sonne zu schützen. Für die Nicht-Schwimmer gab es Schwimmwesten.
Kalangala heisst die Stadt, Buggala die Insel und die Inselgruppe heisst Ssese Islands, meine Unterkunft sollte Hornbill Camp heissen, aber das gab es nicht mehr. (Warum es kein Hornbill Camp mehr gab, werde ich bei Gelegenheit erzählen, wenn ich ein bisschen mehr Zeit habe.) Stattdessen hin ich im Kingfisher Camp direkt an der Anlegestelle, direkt am Wasser und nur um die Ecke vom Ort untergekommen. Sehr freundliche Leute, Chef ist die 17-jährige Tochter Martha, die ab nächste Woche auch wieder zur Schule geht. Kingfisher ist noch ein Camp im Aufbau, d.h. zur Zeit gibt es sechs Safarizelte, das Baumaterial für die ersten Hütten liegt aber schon bereit. Im Bradt's Reiseführer wurden folgende Aktivitäten für Ssese vorgeschlagen: reading a good book, unstructured walking. Beides ist wirklich gut möglich, zu den dazu geeignetenTageszeiten - und nur dann! Walking morgens, so lange es noch kühl genug dazu ist. Reading ab Mittag, wenn die Hitze für alles andere schlichtweg zu gross ist. Die Insel ist klein genug, um nicht ernsthaft verloren gehen zu können. Deswegen braucht man keine Karte, keine Wanderwege, keinen Plan - unstructured walking eben. Entdecken kann man dabei Palmenhaine, einsame Buchten, ein fantastisches Baumhaus und viele kleine Affen (Meerkatzen). Die Affen leben, ausser in den wenigen verbliebenen Regenwaldflecken, bevorzugt auf dem Golfplatz, wo sie sich verglichen mit der Anzahl der Golfer (Affen = viele, Golfer = keine) sehr gut repräsentiert fühlten.
Die Hitze haut einen um. Zuerst habe ich nur geglaubt, in der Nacht schlecht geschlafen zu haben, aber mit regelmässiger Zuverlässigkeit wurde ich spätestens um ein Uhr sehr schläfrig und träge und unmotiviert, mich überhaupt von der Stelle zu bewegen. Zwei Tage ist dieser Zustand gut auszuhalten. Trost der wenigen weissen Touristen hatte ich nette Gesellschaft in meinem Kingfisher Camp. Derek aus Antwerpen und Florence, die ugandische NGO-Mitarbeiterin, die ich bereits an anderer Stelle erwähnt habe. Beide in ausgiebiger Strandstimmung und abends am Lagerfeuer immer zu einer guten Unterhaltung aufgelegt. Ansonsten waren meine Ausflüge kurz. In den Ort, um ein kleines Mittagsessen zu bekommen in einem der lokalen Restaurants, was bei uns Pommesbuden wären. Heiss und staubig, aber so leben die Menschen.
Für die Rückreise mit der Fähre hatte ich das Glück der ruhigen Überfahrt. Obwohl das Bötchen jeden Tag zuverlässig fahren soll, ist es bei Wind und Wetter sicherlich nicht sehr gemütlich auf dem Viktoriasee, bis dann irgendwann die eigentliche Fähre repariert sein wird.
Die letzte Nacht in Entebbe und in Uganda war ebenfalls ruhig, nur das leicht schwüle Wetter hat meinem Kreislauf ein paar Streiche gespielt, was mir aber auch gezeigt hat, wie angenehm und stabil das Wetter doch die meiste Zeit dort war. Aus irgendeinem Grund waren im Backpacker Hostel eine grössere Gruppe Inder, als ich ankam, die jedoch nur auf ihre Abreise zu warten schienen. Auch Inder sind auf der Suche nach Rohstoffen und landwirtschaftlichen Produkten und diese Gruppe war auch nicht nur zum Spass da.
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Joachim A. Liebe Verena, Dank sei dir für die "NGO" - Erklärung, außerdem brauche ich langsam ein Wörterbuch: Matatu-Stunden, das ist vermutlich sowas wie in den deutschen Artzpraxen, wenn man nach der Wartezeit gefragt hat, erhältst du als Antwort: nur ein paar Minütchen!! Dieser Diminutiv ist obligatorisch! - - Solltest du nicht genügend zu lesen haben, dann empfehle ich dir: Alex Kapus, Eine Frage der Zeit - spielt zwar in Tanzania, aber ein zauberhafter See kommt auch drin vor!! Hitze, Hitze, kannst du dann noch lesen? In Brownsville, am Golf von Mexiko, habe ich 46 ° C im Schatten erlebt und beim Lesen alle Augenmuskeln gespürt, wenn ich die Pupillen vom Ende der Zeile zum Anfang der nächsten bewegte. Jetzt lese ich erst einmal deinen nächsten Bericht danke danke danke -tippen ist bestimmt auch anstrengend.