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Wie es ist als muzungu
Grundsätzlich ist es nicht unangenehm als weisser Ausländer in Uganda. Sicherlich kommt man nicht drumherum muzungu-Preise zu bezahlen, dafür gibt es manchmal aber auch eine muzungu-Sonderbehandlung. Zum Beispiel als wir mit dem Bus von Kisoro zurück nach Kampala gefahren sind. Unsere Bustickets wiesen die Plätze 3 und 4 für die Fahrt mit der Firma Bismarcken aus. Als wir kurz nach sieben (offizielle Abfahrt 7:30 Uhr) ankamen, sind wir spontan vom Busmanager auf Platz 1 und 2 gesetzt worden. Das sind die Plätze ganz vorne, wie man sich vielleicht denken kann, direkt neben dem Busfahrer mit der besten Aussicht, der grössten Beinfreiheit und der grössten Wahrscheinlichkeit bei einem Frontalzusammenstoss nicht zu überleben - alles nur Vorteile also. Naja, in der Hackordnung der Fahrzeuge auf ugandischen Strassen stehen Busse an zweiter Stelle, hinter LKWs, deswegen stehen die Chancen in keinen Unfall verwickelt zu werden grundsätzlich gut. Konkret bedeutet das, wenn ein Bus ein Fahrzeug überholt, sich auf der Gegenspur befindet, muss ein eventuell entgegenkommender PKW abbremsen.
Vom Prinzip her war die Fahrt von Kisoro nach Kampala also angenehm. Aus irgendeinem Grund wurden jedoch aus den versprochenen acht Stunden Fahrtzeit zwölf. Schuld daran hatten, glaube ich, die vielen Stopps zum Zuladen weiterer Passagiere zwischen Kisoro und Kabale. Die Strasse selber ist in ausgezeichnetem Zustand, führt durch eine wunderschöne Landschaft, aber eben auch durch zahlreiche Dörfer mit vielen Menschen, die für ein Stück des Weges mitfahren wollten. Sobald wir Kabale durchquert hatten ging es weiter auf der „Hauptstrasse Ugandas" - das ist die Strecke, die von Nairobi in Kenia, durch Uganda nach Kigali in Ruanda führt und auch zum Abzweig nach Kongo. Deswegen waren hier alle LKWs dieser Länder unterwegs und eine Stadt reihte sich an die nächste. Jede dieser Städte sah dabei original gleich aus. Obst- und Gemüsestände mit Bananen, Zwiebeln, Tomaten, kleine Supermärkte, Tankstelle unterschiedlichster Firmen, Musikläden, aus denen lauthals Musik quoll, Sim-Karten-Verkaufsstellen, die gross „air time" und „mobile money" anpriesen. Wie beim Benzin wird Guthaben für die Sim-Karte, „air time", immer nur in kleinen, gerade benötigten Mengen vekauft. „Mobile money" ist dagegen der neueste Renner, wobei über das Handy Geld überwiesen werden kann. Damit die Angebote auch den potentiellen Kunden erreicht, sind die dementsprechenden Verkaufsstellen grosszügig und farbenfroh als einheitliche Werbefläche bemalt. Die Firma „Sadolin" produziert die dafür benötigten Farben und malt auch das kräftig auf alle möglichen Flächen. So reiht sich ein Laden an den nächsten.
Auf den „muzungu"-Ruf reagiere ich inzwischen ganz gut. Meist ist ja klar, dass sie mich rufen und ich weiss, dass es nicht diskriminierend gemeint ist, sondern nett und interessiert. Kleine Kinder wollen unbedingt winken, grössere manchmal auch. Als ich gestern in einen kleinen Supermarkt war, um eine Flasche Wasser zu kaufen, fragt mich der Ladeninhaber: „Do you remember me?" Klar, ich werde schon mal leicht wieder erkannt, auf der andereren Seite ist es nicht immer ganz so einfach, die vielen Gesichter, die mir täglich begegnen, auseinander zu halten. Aber an ihn konnte ich mich erinnern. Glück gehabt. Er war mit auf der Fähre gewesen zwei Tage zuvor von Entebbe nach Buggala Island. Er ist sogar auf einem Foto, das ich gemacht habe, auf dem er zufällig in die Kamera lächelt. Als es gestern mit der Fähre zurück zum Festland nach Entebbe ging, bekam ich übrigens das Ticket anstatt mit meinem Namen, wie es bei den Einheimischen üblich ist, einfach mit der Bezeichnung „white". Tja, ist ja auch so.
Blicke kommt man genug, man kann sich durchaus angestarrt fühlen ab und an, aber man wird auch immer freundlichst gegrüsst. Selbst der Mann mit der Machete, der gerade aus dem Zuckerrohrfeld kommt, wirft einem ein strahlendes „Good morning!" entgegen. Ein bisschen ist man öffentliches Eigentum, eine exotische Besonderheit, die aber ansonsten nach dem Austausch von Höflichkeiten in Ruhe gelassen wird. Die Boda-Boda-Fahrer wissen nach einem kurzen Wink mit dem Kopf, dass gerade kein Bedarf ist für eine Fahrt. Alles bewegt sich in angenehmen Bahnen. In Äthiopien war das nicht immer so. Da war ich im ständigen, nicht immer so angenehmen, Austausch mit den Menschen. „faranji"-Sein ist anders.
Kurz vor dem Ende meiner 12-stündigen Busfahrt nach Kampala verabschiedete sich Jeroen. Für ihn war sein Urlaub so gut wie beendet. Am nächsten Tag ging es nur noch zum Flughafen. Der Lonely Planet Reiseführer empfiehlt für Kampala zwei Unterkünfte besonders: das Backpackers Hostel im Westen der Stadt, Richtung Entebbe und das Red Chilli weit im Südwesten, schon fast ausserhalb des Stadtgebietes. Für mich war das Red Chilli die passende Unterkumft, weil ich von hier meine nächsten Reiseschritte buchen wollte, für Jeroen das Backpackers, weil es näher am Flughafen lag.
Als der Bus endlich Kampala erreichte, war es bereits 18 Uhr. Eine Stunde später wird es dunkel, schnell. Jeroen hatte das Glück, dass der Bus unmmittelbar an seinem Hostel vorbeikam und er nur aussteigen musste (der Bus hält ja bei Bedarf überall). Für den letzten Teil der Strecke bis zum Bushof, ungefähr drei Kilometer, hat der Bus eine weitere Stunde gebraucht, 20 Minuten davon haben wir allein vor dem Eingangstor des Bushofs verbracht. Währenddessen ging die Sonne, schnell, unter. Normalerweise vermeide ich es, mich im Dunkeln in unübersichtlichen Situationen aufzuhalten, sprich draussen im Allgemeinen und im Besonderen mitten im Chaos von Kampala. Mit den letzten Strahlen der Sonne bekam ich meinen Rucksack, ging ein paar Schritte bis zum nächstbesten Motorradtaxi und schon war ich unterwegs zum Red Chilli. Zwar habe ich einen ordentlichen muzungu-Preis bezahlt (15.000 anstatt 10.000 Shilling), aber das war jetzt wirklich egal. Als ich ankam, eine halbe Stunde später, war es stockdunkel, aber ich wurde freudig empfangen in der Rezeption.
Wäre ich im Red Chilli direkt nach meiner Ankunft aus Äthiopien gewesen, hätte ich einen ordentlichen Kulturschock erlebt. Hier gab nicht nur ein gerade neu errichtetes, grosszügig und gut durchdachtes Gebäude, sondern auch eine riesige Liegewiese und einen Swimming-Pool. Unglaubliche Zustände. Noch direkt am Abend konnte ich meine Safari zum Murchison Falls Nationalpark buchen, es gab feste Preise und feste Abfahrtszeiten. Wie angenehm.
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Bernard Ide Muzungu Bernard Ide (Gondar) wonders whether you have seen his messages ... what is your e-mail adress ? Cheers
Joachim A. Liebe Verena, meiner Frau habe ich vorgeschlagen, sie solle mal ihren 50 Tage - Urlaub, der ihr noch zusteht, planen. Asien wäre unsere erste Wahl, weil es weniger heiß ist, und die sengende Sonne kein Unheil auf meiner sehr 'muzunguigen' Haut anrichten kann. Außerdem erzählst du derart plastisch, dass mir die Gegenden recht vertraut wirken. Das ist meine Empathie!!!:D Weiterhin viel Freude und danke, danke
Sabine Fittschen Liebe Verena, wenn ich mal Zeit habe wie jetzt, genieße ich deinen blog sehr. Natürlich kommen viele Erinnerungen hoch, an Trauben von Kindern hinter meinem Motorrad herlaufend und " Mzungu, mzungu" rufend. DAs ist ja wirklich noch nett. Jedenfalls besser als " Give me a pen" oder " Give me money" zu hören. Ich freu mich auf den nächsten Bericht! LG Sabine F.
Susanne Hi Verena, hatte in letzter Zeit wenig Gelegenheit, deine Schilderungen zu verfolgen, jetzt arbeite ich gerade brav nach und freue mich über diverse Details :o) Gruß und Kuss, Susanne