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Drei Arten zu reisen
Wieder in Addis. Nach meiner erfolgreich absolvierten Rundreise durch Nordäthiopen habe ich alle motorisierten Möglichkeiten der Fortbewegung ausprobiert. Die Busvariante habe ich ja bereits ausführlich beschrieben. Meine Erfahrungen in dem Bereich haben sich noch ein wenig erweitert, allerdings mit keinerlei bedenklichen Komponenten. Es ist inzwischen fast normal geworden, morgens um 5 oder 6 zu starten, also sowohl den Bushof als auch den Bus im Dunkeln zu finden. Etwas nervendaufreibend war vielleicht noch die Fahrt von Gonder nach Aksum, einfach aus dem Grund, dass es beinahe den ganzen Tag genau an den Höhenzügen vorbei ging, mit allen gut erkennbaren Aussichtspunkten und Tälern, durch die ich kurz zuvor erst gewandert bin. Über tausend und einen Hügel zuckelte der Bus, hoch und wieder runter, ohne eine einzige Brücke oder nur einen Tunnel.
Nach dem Danakilabenteuer wurden die Fortbewegungsmethoden etwas exklusiver. Es ergab sich, dass von den hunderttausend Leuten, die mit ETT unterwegs waren sechs und ich als nächstes Ziel Lalibela hatten. Wir haben uns zusammengetan, über die Agentur privaten Transport gebucht und am nächsten Morgen um 9 (bei Tageslicht) ging es mit zwei Jeeps los. Geländewagen wären eigentlich nicht nötig gewesen, haben aber den letzten Teil der Strecke, der über Schotter ging, angenehmer gemacht. Mit dem Bus wäre das eine Reise am Rand des Möglichen gewesen - mit viel Glück kann es an einem Tag klappen, mit Umsteigen in Woldia. Mit dem Jeep … easy, cheesy. Ausserdem, die Beinfreiheit und die Aussicht und die Möglichkeit für einen spontanen Naturtoilettenstop anzuhalten - alles das erhöht die Reisefreuden sehr.
Auf der Karte sieht es immer so nah aus und trotzdem sind es Tagesreisen. Die Strassen sind gut, aber sehr kurvig. Im Bus sind immer Kotztüten griffbereit, weil Äthiopier scheinbar einen schwachen Magen haben. Ein bisschen anders wurde mir allerdings auch, als wir am Freitag einen ausgebrannten bzw. noch brennenden Bus am Strassenrand gesehen haben. Unfälle passieren viele, meist ohne Einwirkung eines anderen Fahrzeuges. Scheinbar. Wie genau das immer passiert, kann ich nicht sagen. LKWs, Busse oder Autos liegen dann kopfüber auf der Seite oder einfach nur stark verbeult am Strassenrand. Im Falle des brennenden Busses schien aber zumindest niemand verletzt zu sein. Die Passagiere sassen rechts und links der Strasse und warteten geduldig auf ihren nächsten Transport.
Manchmal ist es deswegen schön, über allem zu schweben. Anstatt mich zwei Tage lang, mit Übernachtung in Dessie, in den Bus zu setzen, hatte ich beschlossen, für die Strecke Lalibela - Addis das Flugzeug zu nehmen. Kurioserweise, wäre ich mit Ethiopian Airlines nach Afrika geflogen, hätte der Innlandsflug nur die Hälfte gekostet. Aber manchmal sind 150$ trotzdem ein guter Preis, gemessen an den Strapazen, die einem dadurch erspart bleiben.
Von meinen ETT-Leuten blieb an diesem Morgen nur noch Bella übrig, die mit mir die Flugereise machte. Der Flug sollte um 12:15 Uhr gehen, der Minibus uns um 9:30 Uhr abholen, wir sollten zwei Stunden vor Abflug am Flughafen, 23 km von der Stadt entfernt, sein. Kurz vor 10 war es soweit, eine Dreiviertelstunde später und vier Hotelstopps weiter waren wir auch auf dem eigentlichen Weg. Dementsprechend verspätet kamen wir an und die ausführlichen Sicherheitskontrollen am Eingang brachten keinen Zeitgewinn. Nicht dass das Flugzeug schon auf uns gewartet hätte, es war noch gar nicht da, aber dennoch kam der nicht sehr nette Herr vom Check-in uns bereits entgegen, um zu verkünden, wir wären zu spät, der Schalter wäre geschlossen. 11:15 Uhr, eine Stunde vor Take-off. Bella war ziemlich „pissed-off", weil wir genau so eine Geschichte schon einmal gehört hatten und die Tickets in dem Fall einfach weiter verkauft worden waren. Nun, nach einigen hitzigen Minuten war der Check-in doch möglich; und wir waren bei weitem nicht die Letzten, die ankamen. Ich weiss nicht in welchem Zusammenhang das mit dem meckernden Check-in-Menschen zu tun hat oder welches System dahinter steckt, aber wir sind letztendlich eine halbe Stunde zu früh gestartet. Wie mit dem Bus - wenn er voll ist, fährt er ab. Mit einem kleinen Umweg über Gonder ging es nach Addis. Bei wie immer wolkenlosem Wetter war die Aussicht fantastisch, auch wenn ich direkt neben dem rechten Propeller saß. Von oben waren die aufgeschichteten Berge und tief eingechnittenen Täler beeindruckend gut zu sehen, ausserdem Lake Tana und die vielen, vielen kleinen Felder mit Dreschkreisen und Heuhaufen. Allein für diesen Aus- und Überblick hat sich der Flug schon gelohnt. Teilweise konnte ich sogar die Straße erkennen, über die ich mich zwei Wochen zuvor im Minibus gequält habe.
Morgen werde ich mich, routiniert wie ich inzwischen geworden bin, um 5:30 Uhr wieder auf den Weg zum Bushof machen, um mit einem der luxeriöseren Busse 10 Stunden nach Harar zu fahren, östlich von Addis gelegen.
Drei Arten zu essen
Es gibt zwei Sorten von Restaurants: mit ausschließlich äthiopischer Küche oder solche mit zusätzlich einigen internationalen Angeboten. In denen der zweiten Kategorie hat man entweder die Möglichkeit zum Bespiel einen Burger oder vielleicht eine Quiche zu essen. Interessanter wird es mit Gerichten, die italienisch orientiert sind - Pizza und Pasta -, was in Äthiopien historische Gründe hat. Äthiopien war als einziges afrikasches Land nie eine Kolonie europäischer Mächte. Allerdings war es zu Mussolinis Zeiten von Italien besetzt, da es zwischen den italienischen Kolonien Eritrea und Somalia lag. Aus diesem kuriosen Grund kann man in Äthiopien stellenweise ausgezeichnete Pizza essen und Pasta ebenfalls als Carbonara oder Bolonaise zum Beispiel. Das wäre die erste Variante: international mit italienischem Schwerpunkt. Variante zwei ist verwandt: Pasta mit äthiopischen Sossen und Gewürzen. Sehr lecker. Same, same, but different.
Variante drei wäre dann original äthiopisch. Lecker, scharf, gewöhnungsbedürftig, mit den Fingern zu essen und mittwochs und freitags immer nur vegetarisch. An den beiden Tagen fasten die orthodoxen Äthiopier, das heisst, es gibt kein Fleisch. Grundsätzlich werden die Speisen, die meist aus verschiedenen Linsen-, Bohnen-, Kichererbsen oder Maispasten bestehen und Gemüsen wie Möhren, Chilischote oder Rote Beete, mit Hilfe einer Art Pfannkuche mit der rechten Hand aufgeschaufelt und dann schnell in den Mund geschoben. Injera heisst dieser Pfannkuchen, er ist übertellergross und schmeckt leicht säuerlich. Die Einheimischen teilen sich häufig einen grossen Teller, denn alleine zu essen, erscheint ihnen als Verschwendung. Als Vegetarier kommt man hier gut über die Runden, denn auch an anderen Tagen ist „fasting food" immer zu bekommen.
Die Auswirkungen der drei Essvarianten auf das Verdauungssystem können auch unterschiedlich, aber nicht besorgniserregend, sein.
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