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Montag,12.03. - Dienstag,13.03.: So langsam habe ich dann auch genügend Busse von innen gesehen und lange genug unbequeme Fahrten erdulden müssen. Aber da alles ein Ende und dieses bei einer zeitlich festgelegten Busfahrt auch absehbar ist (oftmals), überstand ich letzten Endes doch ohne Probleme. Am Busbahnhof angekommen, sabbelte mir wieder jeder Taxifahrer eine Frikadelle ans Ohr, wie ein Maschinengewehr ging das Portugiesisch auf mich ein. Nach meiner Zeit hier kann ich nur bestätigen: Portugiesisch ist keine schöne Sprache und klingt für mich nach einem Mix aus Russisch und Arabisch. Brr! Ungeachtet aller Taxista, schritt ich zum Treffpunkt, an dem ich mich mit Nilson verabredet hatte. Für meine letzten zwei Tage in Rio de Janeiro hatte ich weniges auf dem Plan, eine Destination wollte ich dennoch definitiv abhaken: Eine Favela! So kam es gut gelegen, dass Nil am Nachmittag keine Messe halten musste, denn alleine mache ich mich nicht in Richtung Gefahr auf. Nach einer Zugfahrt ging es mit einer Seilbahn zur 'Favela do Alemao', die „Favela der Deutschen". Auf dieser Seilbahnstrecke gibt es mehrere Stationen, an denen es möglich ist, mitten in der riesigen Favela aus der Kabine zu steigen. Wir fuhren jedoch bis zur letzten Station, die wie viele andere auch auf einem Hügel lag. Die Seilbahn wird von Touristen genutzt, hauptsächlich allerdings von den Bewohnern der Favela selbst, die mit einem Bahnticket unterwegs sind. Denn man zahlt hier keinen Aufschlag, sofern man mit der Metro unterwegs war. Über viele Bruchbuden, blaue Regenwassertanks, enge Straßen, Kinder und Hunde, stets mit einem großartigen Panorama der Stadt zu beiden Seiten, das war die Fahrt. Kurz nach unserer Ankunft an der Endstation ging dann ein Gewitter los und die Seilbahn stand! Sehr gut, das wird spaßig! In der Hoffnung, der 'Teleferico' würde im Laufe der nächsten Stunde den Betrieb wieder aufnehmen, vertrieben wir uns die Zeit mit einem Spaziergang durch die Straßen der Favela. Als wir den Abstieg begannen, sah ich ein letztes Mal zu den schwer bewaffneten Soldaten hoch und hoffte, sie wenig später wieder schützend vor mir zu sehen. Denn so langsam gingen mir wirklich die Muffen sausen. Mit jeder Minute mehr in der Favela wurde das Gewitter stärker, meine Kamera holte ich nicht aus der Tasche, zum einen aus Respekt, aber hauptsächlich aus furchtbarem Schiss! Denn sogar kleine Kinder, nicht viel älter als drei oder vier Jahre, ließen alles stehen oder fallen, als sie uns beide durch die Gegend liefen sahen. Sie starren wie gebannt, keiner sagt ein Wort und man kann nicht erraten, was in den kleinen Köpfen vorgeht. Doch wir gingen weiter, in kleine Gassen, in denen Frauen aus ihren Fensterlosen Häusern schauten, Jugendliche auf der Straße saßen und auf ihrer Sprache Dinge sagten, die man zweifelsohne als Beleidigungen verstand. Mein Herz raste, ich versuchte jedoch, mir nichts anmerken zu lassen. Als wir den Weg zur Hauptstraße nicht mehr fanden, verlor ich mich selber komplett im Chaos. Motorräder rasten an uns vorbei, Nilson wusste selber nicht, wie er mit der Situation umgehen sollte. Zwar war er ein Padre, ein Mann der Kirche, doch in einer Favela zählt keine Kirche, kein Gott, kein Leben, bis auf das eigene. Leute riefen durch die Straßen, am Himmel zuckten Blitze und es regnete stark. Nach einigen Minuten der Suche fanden wir einen Anhaltspunkt, von dem aus wir uns zurück orientieren konnten. Auf dem Rückweg wurden wir dann noch von einem Militärjeep von der Straße gehupt, mehrere bis auf die Zähne bewaffnete Soldaten und Polizisten fuhren Patrouille. Auch nach diesem Ausflug stand die Seilbahn und so blieb uns nichts übrig, als zu warten, bis ein Transporter uns abholte, der von der Leitung nach oben geschickt wurde, um neben uns noch zwei weitere Festsitzende aus der Sackgasse zu holen. Einige gute Fotos sind uns noch gelungen, vor allem als es dunkel war und man die Lichter der Armensiedlung leuchten sah, außerdem ein Video mit Statement, in dem ich mich das erste Mal auf der Reise zu ebendieser äußere. Zuhause gab es Essen, sehr gutes mal wieder und es war dringend notwendig! Ich bin froh, dieses Erlebnis gemacht und eine Favela betreten zu haben. Es lohnt sich!
Am nächsten Tag verabschiedete sich Nilson nach Parati zu einem mehrtägigen Ausflug mit einigen Kirchlichen. Mir blieben nur noch etwa 12 Stunden, bis ich Rio verlassen würde. Nach einiger Vorbereitung und Recherche bezüglich des Geldwechsels auf Kuba, wollte ich meine restlichen Reales umtauschen. Keine Chance, nicht mal bei der CitiBank. Eine Touristenkarte für Kuba hatte ich nicht und wusste, dass diese bei der Einreise erworben werden kann, doch dafür bräuchte ich US-Dollar oder aber lokale Währung. Hatte ich beides nicht. Das ist unpraktisch und stellt mich vor eine kleine Herausforderung. Denn ob ich meine Cheques dort verwenden kann, war ungewiss und Maestro-Karten akzeptieren sie dort vermutlich kaum. Am Abend konnte ich das erste Mal seit meiner Abreise mit meinen Brüdern skypen und meine Bräune präsentieren. Da war wohl jemand neidisch! Morgen geht's nach Kuba. Bleibt dran.
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