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'Willkommen in München!‘ begrüßt mich die Frau am Eingang freundlich. Nein, ich bin nicht aus Versehen ins falsche Flugzeug gestiegen und früher als geplant in wieder in Deutschland gelandet. Ich bin genau da, wo ich hin wollte - in Australien!! Seit meiner Kindheit möchte ich dieses Land bereisen und nun geht dieser Traum endlich in Erfüllung!! Ich bin unendlich froh, dass ich ausreichend Zeit habe und mich nicht zwischen Neuseeland und Australien entscheiden musste.
Nach 2 Monaten als Backpacker bin ich offensichtlich schon einiges gewohnt, denn den Start des Flugzeuges in Neuseeland habe ich gar nicht mehr mitbekommen. Ich habe bereits geschlafen. Es ist mit Sicherheit auch der frühen Abflugszeit (morgens um 6) und der Tatsache, dass wir über eine Stunde auf unsere Starterlaubnis auf dem Rollfeld warten mussten, geschuldet, aber normalerweise kann ich nie im Flugzeug schlafen. Entsprechend ausgeschlafen und voller Begeisterung und Tatendrang lande ich in Australien auf dem Flughafen Melbourne (Tullamarine).
Nachdem ich wochenlang in der Natur und ziemlich dünner Besiedelung unterwegs war, ist Melbourne erstmal ein kleiner Schock für mich. Eine Grossstadt bin ich einfach nicht mehr gewöhnt. Sie bietet allerdings auch gewisse Vorteile. Als ich mir auf Google Maps einen ersten groben Überblick verschafft hatte, entdeckte ich durch Zufall ein Münchner Hofbräuhaus. Ich war eh in der Nähe und obwohl ich eigentlich erst in die entgegengesetzte Richtung wollte, liefen meine Füße wie von selbst zu dem Restaurant. Die Einrichtung ist rustikal gemütlich und ich kann es kaum abwarten bis Kartoffelbrei und Sauerkraut endlich vor mir stehen. Eine Bratwurst ist auch dabei. Lecker!! Manchmal überkommt einen in der Ferne einfach der Wunsch nach rustikalem deutschen Essen.
Ich verbringe 3 Nächte in Melbourne. Das CBD (Central business district) ist sehr lebhaft mit vielen Geschäften und die Bauweise erinnert mich eher an europäische Gebäude. Positiv hervorzuheben ist, dass die Tram in diesem Bereich komplett gratis ist. Es gibt sogar eine Touritram mit Kommentar zu den Sehenswürdigkeiten, an denen man vorbeikommt. Leider ist mit mir zusammen eine asiatische Reisegruppe eingestiegen, woraufhin ich von dem Kommentar nicht mehr viel verstanden habe. Das Tramsystem ist auf jeden Fall eine sehr gute Möglichkeit sich in CBD kostengünstig fortzubewegen, da öffentliche Verkehrsmittel sonst recht teuer sind. Das bekomme ich schnell zu spüren, als ich mich aufmache um einige Stadtteile ausserhalb des Zentrums zu erkunden. Besonders gut gefallen haben mir St. Kilda, das am Meer liegt, einen langen Sandstrand hat und mehr an einen Ferienort erinnert als einen Stadtteil einer Metropole und der Stadtteil ‚Fitzroy‘ mit toller Streetart, kleinen verwinkelten Gassen, netten Läden und einer grossen Auswahl an vegetarischen Restaurants.
Da ich ja aber wegen der Natur und nicht zum Sightseeing in Städten gekommen bin, schliesse ich mich einer Tourgruppe an, die mich in 3 Tagen von Melbourne über die Great Ocean Road und den Grampians National Park nach Adelaide bringen wird. Früh um 6:00 verlasse ich meine Hostel um zum Pickup Punkt zu gelangen. (Wer denkt, als Backpacker kann man immer bis mittags im Bett liegen, täuscht sich gewaltig.) . Ich habe mal wieder Glück. Meine Gruppe besteht nur aus insgesamt 3 Teilnehmern und unsere Tourguidin ist super nett und sehr engagiert. Der frühe Start ist gerechtfertigt. Die Strecke ist weit und wir wollen zum Sonnenuntergang bei den 12 Aposteln sein. Aufgrund der Wintersaison ist der Sonnenuntergang bereits um 17:15 Uhr. Kurz vor der Lunchpause erreichen wir das Denkmal der Great Ocean Road.
Die Great Ocean Road wurde 1919 – 1932 von heimkehrenden Soldaten aus dem 1. Weltkrieg gebaut. Der Staat hat auf diese Weise versucht, den oft traumatisierten jungen Männern Arbeit zu geben und sie wieder in das ‚normale‘ Leben einzugliedern. Die Arbeit war trotzdem sehr hart, denn die Männer hatten damals noch keine Maschinen zur Verfügung sondern mussten die Strasse in die felsige Küste von Hand bauen. Deshalb gab es lange Zeit auch nur einen Fahrstreifen. Aufgrund der Popularität der Küstenstraße, die als die schönste in ganz Australien gilt, und der hohen Touristenzahlen jedes Jahr, wurde die Great Ocean Road später weiter ausgebaut. Aufgrund von Wind, Wetter und Erosion sind aber regelmäßig Baumassnahmen notwendig. Wir begegnen einem alten Bekannten - dem Lollipopmann. Es gibt auch einige wenige Lollipopfrauen. Eine Person mit einem Verkehrsschild, dass aussieht wie ein Lollipop (Lutscher) um den Verkehr um die Baustelle zu regeln. Diesen Berufszweig kenne ich schon aus Neuseeland. Statt Bauampeln geht hier noch alles von Hand. Angeblich ist der Strom zu teuer. Allerdings kann ich mir das angesichts des Einkommens des Lollipopmanns kaum vorstellen. Klar, es ist ein echter Scheissjob bei Wind und Wetter, Sommer wie Winter mit nem Schild auf der Strasse zu stehen und eintönig noch dazu, aber mit 40 Dollar pro Stunde recht gut bezahlt.
Australien ist überhaupt noch recht altmodisch was einige Dinge angeht. Die Tourguides müssen jeden einzelnen Stopp (und ist es nur für 5 Minuten) und jede einzelne Strecke etc. manuell in ein Buch eintragen. Von elektronischer/computergesteuerter Erfassung hat man hier noch nie was gehört. Das gilt auch für die großen Reisebusse. Dafür ist Australien sehr fortschrittlich was die Höhe von Strafen angeht. Pro fehlende Information in dem Buch muss man bei einer entsprechenden Kontrolle 500 Dollar zahlen. Das kann dann schnell richtig teuer werden. Da kann es manchmal günstiger sein, das Buch bei einer Kontrolle ‚vergessen’ zu haben und dann die Pauschale von 1500 Dollar zu bezahlen. Auch bei anderen Vergehen langt der Staat richtig zu. (Beispiel: Parkticket bis 18:20 gelöst, ab 18:30 war das parken gratis. Strafe für die fehlenden 10 Minuten: 72 Dollar!!!) Und auch sonst können die Bussgelder schnell in die Hunderte bis Tausende gehen. Bisher dachte ich immer, Singapur wäre teuer, aber Australien hat mich echt überrascht.
An einem Geheimtipp entlang der Strecke machen wir Halt und ich sehe meine ersten Koalas in freier Wildbahn! Der Wahnsinn. Einer der Koalas ist sogar wach. Das ist ein echter Glücksfall, denn Koalas schlafen zwischen 18 und 20 Stunden am Tag. In ihrer Wachphase sind sie hauptsächlich mit Essen beschäftigt. Koalas ernähren sich von Eukalyptusblättern (bis zu 1 kg pro Tag und bis zu weitere 2 kg Eukalyptusblätter landen dabei auf dem Boden). Jedoch ist nicht jede Eukalyptusart geeignet. Es gibt mehrere hundert verschiedene Arten und der Koala isst nur einen Bruchteil davon, weshalb man sie auch nicht überall sieht. Eukalyptus ist für die meisten Tiere giftig. Allerdings ist der Koala mit einem speziellen Verdauungstrakt ausgestattet, was ihm erlaubt den Eukalyptus zu essen. Da der Verdauungsprozess sehr aufwendig ist, schläft der Koala so viel um Energie zu sparen. Für Babykoalas ist der Eukalyptus auch giftig, weshalb die Babys erst langsam an die Ernährung gewöhnt werden müssen. Der Babykoala bekommt dafür eine spezielle Art des Kots der Mutter zugefüttert.
Rechtzeitig zum Sonnenuntergang erreichen wir die 12 Apostel, eine Felsformation im Meer. Ursprünglich hiess diese Felsformation wohl mal ‚die Sau und ihre Ferkel‘. Das war aber nicht sehr attraktiv im Hinblick auf den Tourismus und so hat man das ganze umbenannt. Es waren aber nie 12 Apostel sondern nur 9 und einer ist 2005 ins Meer gestürzt, so dass es heute nur noch 8 sind. Durch Wind, Wetter, das Meer und Erosion wird sich die Formation aber auch in Zukunft weiter verändern. Das Wetter war den ganzen Tag eher durchwachsen und stark bewölkt, so dass wir uns mehr als glücklich schätzen können, einen fantastischen Sonnenuntergang erleben zu dürfen.
Im Grampians National Park am nächsten Tag sehe ich endlich meine ersten Kängurus in freier Natur!! Ich bin total begeistert. Vom Menschen weitestgehend in Ruhe gelassen und daher nicht als Feind identifiziert, können wir die Kängurus in aller Ruhe beobachten. Kängurus sind ganz besonders intelligente Tiere. Je nach aktueller Futterlage etc. kann Mama Känguru selbst entscheiden, ob sie schwanger werden möchte oder nicht. Sollte sich während der Schwangerschaft z.B. die Futterlage dramatisch ändern, kann sie die Schwangerschaft ‚on hold‘ setzen also pausieren ohne den Embryo zu verlieren und später fortsetzen. Das Babykaenguru wird ‚Joey‘ genannt und ist winzig nach der Geburt. Es muss den Weg vom Geburtskanal in den Beutel der Mutter ganz allein finden. Wenn die Umstände gerade günstig sind, kann Mutter Känguru gleich wieder schwanger werden. Das bedeutet aber, dass sie ein älteres Joey hat, dass zu gross für den Beutel ist, aber noch Milch bekommt und ein kleines Joey, dass noch im Beutel ist. Die Känguru Mama hat daher mehrere Brustwarzen, die jeweils unterschiedliche Milch produzieren je nach Alter ihrer Joeys. Das finde ich ziemlich beeindruckend. Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen: Neueste Studien haben herausgefunden, dass Mama Känguru sogar das Geschlecht ihres Joeys bestimmen kann. Ich bin mir nicht sicher, ob der Mensch, wenn er es könnte, verantwortungsbewusst mit dieser Gabe umgehen könnte oder sich innerhalb kürzester Zeit ausrotten würde. Unter Umständen ist das der Grund, warum die Natur uns bei unserem Nachwuchs lieber eine Überraschung beschert.
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