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Morgens um 9 habe ich mich mit den Mädels aus der Pfalz zum Frühstück bei Starbucks getroffen und durch das Glasdach wurden wir schon von der Sonne gebrutzelt. Danach sind wir die Rue Ste. Catherine hinauf gelaufen (jawohl hinauf!! so langsam wurde uns die Bedeutung des Namens MONTreal klar…), die Montreals größte Einkaufsstraße ist, jedoch keine Fußgängerzone, der Verkehr quält sich mitten durch.In einem Souvenirladen haben wir uns erst mal mit allerlei elchigen Mitbringseln eingedeckt, weiß ja zuhause keiner, dass wir nur Großstädte besucht haben und keine Elche, Bären, Holzfäller und all sowas gesehen haben. Danach wollten wir zur großen Shoppingtour ins Centre Eaton, das aber auch nicht spektakulärer war, als ein mittelgroßes Einkaufszentrum bei uns. Auch gut, Geld gespart und mehr Zeit für die Sonne draußen. Eine Rolling Stones Edition von Monopoly (mit Konzerttickets als Spielgeld!) hat mich schon arg in Versuchung geführt, aber am Ende haben Vernunft und der Gedanke an die Platznot in meinem Koffer gesiegt.
Weiter ging es quer durch Downtown, eine der Mädels hat mit dem Stadtplan in der Hand tapfer den Überblick behalten. Unterwegs sahen wir zwischen den Hochhäusern eine größere Kathedrale, die wir uns neugierig angeschaut haben. Auch in einem ganz kurzen Stück unterirdischer Einkaufsmeile waren wir, die aber nach beiden Seiten bald endete. Der Reiseführer schrieb ja, dass Montreal die größte unterirdische Shoppingmeile der Welt hat und sich in der „Ville Souterraine" Einkaufspassagen über 30 Kilometer erstrecken. Wir fanden zwar in den Metrostationen jeweils kleine Ladenzeilen, aber niemals Durchgänge, die das Ganze verbinden. Vielleicht verhält es sich wie mit Gleis 9 ¾ bei Harry Potter und wir Fremden können die Durchgänge einfach nicht sehen.
Vorbei am Square Victoria (Metro-Schilder wie in Paris) liefen wir in Richtung Altstadt, die gar nicht so weit von unserem Ausgangspunkt entfernt lag. Eine ganze Weile haben wir dann auf dem Platz vor der Basilique Notre-Dame (schaut dem Pariser Vorbild wirklich ähnlich) gesessen, langsam taten die Füße weh. Hinter der Kirche wurden die Gassen schmaler und die Altstadt begann. Wir staunten über einen Weihnachts-Laden (im Mai!) und gingen dann erst mal in Richtung Wasser. In den Docks gab es Läden, eine Wissenschaftsausstellung und ein Zirkuszelt, davor eine breite Promenade. An ihr entlang gelangten wir zum Place Jaques-Quartier im Zentrum der Altstadt. Die kleinen und mittelgroßen alten grauen Steinhäuser sahen wirklich toll aus, davor saßen die Leute in Cafés und Restaurants. In den sehr schmalen Gassen, die abzweigten, boten Künstler ihre Werke an. Ein sehr französisches Flair also, zusammen mit den bunten blühenden Blumen in Kübeln in der Mitte des Platzes und dem strahlend blauen Himmel machte sich das alles sehr toll.
Etwas Atmosphäre genossen und dann durch die Altstadt zurück zur Downtown. Gegenüber von Place des Arts hatten wir ein Mittagessen American Style, es war warm genug um draußen zu sitzen. Der Kellner war sehr nett und redselig und er fragte uns, wo wir herkommen und nach dem Grund unserer Reise. Den ihm die Mädels natürlich sofort verraten haben. Ja, Chris de Burgh, der spielt doch heute hier, das wusste er. Aber ist der ein Deutscher? Nein, ein Ire mit vielen deutschen Fans, klärten wir ihn auf. Und dann sagten die Mädels ihm noch, wenn er es heute Abend von da drüben kreischen hört, dann sind wir das.
Auf der Rückseite von Place des Arts steht auf einem Schild „Entrée des Artistes". Das ist natürlich genau der Hinweis, den Touristen wie wir brauchen! Genutzt hat er allerdings nicht viel, es war zwar beste Soundcheckzeit, aber als 90 Minuten später die Band den Ausgang verließ, war klar, dass der Chef wohl einen andern Weg gewählt hatte. Und wir? Achso, ja, wir hatten da sowieso nur so lange gesessen, weil unsere Füße weh taten und es dort unter den blühenden Mandelbäumchen der schönste Platz in der Sonne weit und breit war. Wenigstens hatte ich die Gelegenheit, die coolen amerikanischen Tourtrucks zu fotografieren. Den Weg zu Starbucks haben wir dann blind gefunden.
Auf dem Weg zur Metro habe ich in einem kleinen CD-Laden noch eine Live-CD von Gordon Lightfoot (spielt nächsten Monat im Place des Arts, aber man kann nicht alles haben, schade, er kommt bestimmt nicht mehr nach Europa) und eine kanadische Edition eines Chris-Samplers (mit zwei französischen Songs ein echtes Sammlerstück) ergattert. Dann zurück zum Hotel, aufgehübscht und ein Brot gegessen und dann ging es endlich los!
Im Foyer von Place des Arts traf ich nicht nur alle deutschen Fans wieder, sondern auch einige von den Kanadiern, die ich in Ottawa kennen gelernt hatte. Und schnell machte die Nachricht die Runde: Der Promoter hatte Plätze zurückgegeben und man konnte an der Abendkasse seine Tickets gegen bessere umtauschen. Nun waren sowohl die deutsch-holländische Reisegruppe als auch die Mädels aus der Pfalz nicht ganz glücklich, da sie Plätze auf dem Balkon hatten. Ich hatte zwei Monate später gekauft und immerhin Innenraum bekommen (verstehe einer die Logik hinter der kanadischen Bestplatzbuchung...), allerdings in der vorletzen Reihe. Nun, wir wurden alle glücklich, alle bekamen Plätze im Innenraum und ich konnte auf Reihe 18 vorrücken. Da das immer noch die selbe Kategorie war, musste ich nur eine geringe Bearbeitungsgebühr zahlen. Official Seathopping für 2,75 Dollar, auch mal was Neues.
Der Saal selbst hatte schon beim Googeln von Fotos Begehrlichkeiten geweckt. Klein in der Grundfläche, aber drei Balkone hoch und seitliche Logen, rote Sitze. Das Moonfleet Intro, das immer vom Band kommt, war diesmal auf französisch, das klang sehr toll mit der geheimnisvollen Stimme.
Als Chris die Bühne betrat, bekam er sofort viel Jubel und Standing Ovations. Montreal gilt als der Keim der kanadischen Fanliebe, als die Heimat von Spanish Train. Was wiederum die Reise für uns so spannend machte. Und so gab es auch schon nach "Spaceman" die nächsten Standing Ovations, die direkt in den riesigen Jubel zu den ersten Takten von Spanish Train über gingen. Danach wieder Standing Ovations und Chris bedankte sich "Montreal, das ist Euer Song". Also auf Französisch natürlich.
Er hat fast den ganzen Abend auf Französisch moderiert (im Gegensatz zu Ottawa ist Montreal tatsächlich im französischsprachigen Teil Kanadas). Für mich klang das sehr toll (hhmmm….., das passt so schön zu seiner Stimme…….), aber da ich ja kein französisch spreche, habe ich ja auch seine Fehler nicht bemerkt. Lustig war, dass ich ihn trotzdem verstehen konnte. Die paar Worte, die ich dann doch kenne, plus die, die ganz ähnlich den englischen klingen, haben ausgereicht, um zu merken, dass Chris die gleichen Stories wie immer erzählt und an welcher Stelle seiner Erzählung er gerade war. Irgendein Witz war aber neu, er kam auch an allen drei Abenden. Hatte irgendetwas mit dem kanadischen Akzent zu tun und lief wohl darauf hinaus, dass es in Wirklichkeit die Franzosen sind, die den Akzent haben. Schade, ich hätte gerne herausgefunden, ob Chris die Akzente auch nachmachen kann, aber dazu reichten meine Sprachkenntnisse nicht aus.
Nach der Pause habe ich die Mädels aus der Pfalz auf die freien Plätze neben mir geholt (dazwischen saß ein Paar, das mir sogar den Platztausch angeboten hat, aber ich wollte so dreist nicht sein, waren ihre mittigeren Plätze doch besser). Und ich bin mit dem Herrn auf der anderen Seite neben mir ins Gespräch gekommen, der nicht schlecht gestaunt hat, wo ich her komme.
Zum Applaus für Boderline haben die Mädels ihre überdimensionale deutsche Fahne hochgehalten und ich habe mir auch einen Zipfel geschnappt. Man sagt ja, seit der Fußball WM 2006 darf man wieder stolz die deutsche Fahne schwenken. Da ich aber so gar kein Fußballfan bin, habe ich tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben so eine Fahne hochgehalten. Irgendwie fand ich das in dem Moment auch tatsächlich bewegend, nach den Bildern von der deutschen Wiedervereinigung, die ja zu dem Song auf der Leinwand laufen. Dem Herrn neben mir habe ich dann erklärt, was er in den Film gesehen hat und dass Chris am Wiedervereinigungstag in Berlin „Boderline" gesungen hat. Das war ihm natürlich nicht klar, wie vermutlich den meisten Kanadiern im Publikum auch nicht.
Als Chris „People of the World" ankündigte, wurde an ganz vielen einzelnen Eckchen im Publikum gerufen und gepfiffen. Vermutlich waren das iranischen Kanadier. Insgesamt wurde sehr zögerlich aufgestanden, aber zum zweiten Refrain dann doch.
Danach erzählte Chris wieder auf Französisch und er sang die beiden Songs, die er vor vielen Jahren auf Französisch veröffentlicht hatte, kurz an. Chris pur, ganz ohne Instrumente, klingt immer toll. Dann begrüßte er eine junge Kanadierin, Marie-Élaine Thibert, mit der er vor einigen Jahren seinen Song „Lonely Sky" als französischsprachiges Duett „Loin de Moi" aufgenommen hatte. Das war keine Überraschung, denn es wurde einige Tage vorher im Internet angekündigt, und ich habe mich sehr darauf gefreut. Zu Recht, denn das Duett war gigantisch!! Marie-Élaine hat eine tolle Stimme und so konnte auch Chris richtig Gas geben, ohne Angst zu haben, sie an die Wand zu singen. Und die beiden haben sich so toll angestrahlt. Akustisch wie optisch das perfekte Paar (sehen wir mal darüber hinweg, dass er nicht mehr ganz so jung ist…) mit einem der schönsten Songs aller Zeiten. Wow, wow, wow!! Allerdings hat Chris, der Feigling, seinen Part auf Englisch gesungen.
Es folgte der Solo-Teil, der nun deutlich kürzer als in Ottawa war. Als Chris nach Requests fragte, schrie der Herr neben mir nach „Carry Me" und auch Chris murmelte was von „Carry Me" (wobei er den Herrn neben mir ganz sicher nicht hören konnte..) und ich wollte dem guten Mann gerade schon signalisieren, dass ich mich für ihn freue. Doch Chris sang es gar nicht, er stimmte stattdessen „In A Country Churchyard" an, mein All-time-No1-Wegschmelz-Song. Tja, da musste ich mich dann für mich selber freuen! Und zwar ganz besonders, weil er es in Ottawa nicht gesungen und ich nicht damit gerechnet hatte.
Als Chris die Band vorstellte, sagte er über Neil -in Ottawa hieß es noch, er sei „a fine Songwriter" und „you can buy his CD in any good record store and on the way out"-, diesmal war es -„he is a fine songwriter and you can buy his CD in any public toilet…"
Danach kam Chris zu „Lady in Red" die Treppe herunter und wir wussten, es ist Zeit, uns aus der Reihe zu zwängen. Nicht ganz einfach, denn diese war eng, gut 50 Plätze lang und wir saßen in der Mitte. Sorry an alle, denen ich auf die Füße gelatscht bin. Aber ich musste dringend raus, ich hatte noch etwas Wichtiges vor. Damit meine ich, einen Platz an der Bühne zu sichern. Chris kam uns frontal entgegen, aber wir sind einen Schritt zurück getreten, schließlich wollten wir uns nicht schon wieder an seinen Hals werfen, sondern lieber im nächsten Herbst noch ohne rote Ohren in der ersten Reihe sitzen.
Auch Chris zwängte sich durch die engen Reihen mitten ins Publikum. Die Deutsche und ihre Kanadische Freundin standen dann irgendwie auch schon neben uns und wir konnten noch ein ganzes Weilchen warten, bis wir, nunmehr zu fünft, sehr langsam an die Bühne gegangen sind. Zwischen Bühne und erster Reihe standen einige knuddelwillige Damen, die auf Chris Rückkehr warteten, aber niemand versuchte, sich direkt an die Bühne zu stellen. Von der anderen Seite kam Chris um die Ecke gebogen und ganz in Zeitlupe rückte hinter ihm -wer sonst- die deutsch-holländische-Reisegruppe ein. Irgendwie erschien die Situation schon surreal, wenn man bedenkt, dass bei uns zuhause ein Ansturm auf die Bühne herrscht, bei dem bisweilen Leute zu Boden gehen.
Dabei kann man gar nicht sagen, dass sie Stimmung schlechter war als bei uns. Eher sogar besser. Das Publikum hat viel gejubelt, gegröhlt, reingerufen, Standing Ovations spendiert und am Ende waren alle aufgestanden und hatten die Arme oben. Aber sie standen brav vor ihrem Stuhl. Das haben sie ja bei Bryan auch so gemacht. Wer hätte gedacht, dass es kulturelle Unterschiede im Konzertverhalten gibt, bei einem Völkchen, das doch allgemein unserem Kulturkreis zugeordnet wird. (Wobei ich ja auch die Theorie hege, es könnte an der Fanstruktur liegen, weil es bei uns, wo er dauernd präsent ist, mehr Hardcore-Fans gibt, aber andererseits auch mehr Gelegenheitskonzertbesucher, so dass viele nach vorne rennen, aber die, die am Platz blieben, schwerer zu begeistern sind. Aber das erklärt jetzt irgendwie auch nicht, dass es auch bei Bryan ähnlich war, der doch zuhause war…)
Wie auch immer, der Raum zwischen Bühne und Stühlen füllte sich doch noch, aber eng wurde es nicht, und weil ich ganz nicht vorne stehen mochte (Kanada den Kanadiern), stand ich in zweiter Reihe. Wie immer war der Dancing-Part ein riesiger Spaß. Irgendwann hat mich die Dame neben mir angesprochen und mir gesagt, wie sehr sie mich beneidet, weil ich eine Fotokamera dabei habe. Ich habe versucht ihr zu sagen, dass sie auf Chris Facebook-Seite schauen soll, wo ich ein Foto posten werde, damit sie mich und dann auch die anderen Fotos finden kann. Das hat sie glaube ich nicht verstanden, aber kurz darauf gab mir die Dame vor mir einen Zettel mit ihrer E-Mail-Adresse, auch mit dem Anliegen Fotos zu bekommen, da konnte die andere ihre gleich dazu schreiben. Komme mir sehr cool vor, so viele kanadische Mailadressen nach Hause zu tragen, auch von dem Fanmeeting in Ottawa waren es ja welche und zuhause kamen über Facebook noch mehr Kontakte dazu.
Ich finde es immer noch ganz unglaublich, egal wohin in der Welt ich zu einem Chris-Konzert fahre, überall kenne ich Leute und überall kommen immer mehr dazu. Und alle haben immer gute Laune, weil sie sich auf Chris freuen. Das ist es, was Konzertreisen so faszinierend macht. Ich glaube, Chris bräuchte sich schon gar keine Mühe mehr geben, das Ding schaukelt sich irgendwie von selber hoch. Aber natürlich gab er sich Mühe und wetzte nun zu den rockigeren Songs als Strahlemann über die Bühne.
Zum „Ferryman" gab es übrigens in Kanada einen neuen Film. Der Mond im strömenden Regen und ab und zu flackert der Sensemann als Schattenriss auf und schwebt bedrohlich über Chris. (Hat mir gut gefallen, wo ich doch ein gutes dienstliches Verhältnis zum Sensemann habe und eine niedliche plüschige Ausgabe als Maskottchen zuhause an meinem Schreibtisch im Büro hängt). Er flackerte immer nur so kurz auf, dass es richtig schwierig war, ihn zu fotografieren. Aber einmal gelang es mir doch und erst auf dem Foto habe ich gesehen, dass er tatsächlich in einem Boot steht.
Das Highlight war natürlich auch diesmal wieder „Patricia". Und hey, diesmal kamen auch ordentlich BH´s geflogen, gleich mehrere. Der Meister hat sie alle einzeln aufgesammelt, durch die Luft gewirbelt und zurück ins Publikum geworfen, ganz so, wie es alte Sitte ist. Die Halle tobte. Und endete dann mit "Snows of New York" und "Go where your Heart believes" im seligen Schunkeln.
Zum Schluss kam er noch einmal ins Publikum. Auf seinem Weg zurück stand ich an der Treppe und bin einen Schritt zurück gewichen, um ihn besser aufs Foto zu bekommen. Ich wollte mich nicht schon wieder nach vorne drängen (ohne rote Ohren in die erste Reihe und Kanada den Kanadiern und all sowas), aber Chris hat dann trotzdem den Arm um meine Schulter gelegt. Hui, das war jetzt aber wohl das erste Mal, dass ich es doch eigentlich überhaupt nicht darauf angelegt hatte. Nun strahlte ich aber doch über beide Ohren. Und glaubt man, dass man sich am anderen Ende der Welt mal ganz unbeobachtet über andere Männer als den eigenen freuen kann, so muss man später feststellen, dass das selige Grinsen via Youtube direkt nach Hause übertragen wurde.
Für die meisten der deutschen Fans war das der letzte Abend und so standen wir noch lange im Foyer und machten Fotos mit Neil und Dave und die anderen verabschiedeten sich von Jason und den kanadischen Fans und voneinander.
Neil, der ja früher schon mal bei Chris gespielt hatte, war danach übrigens bei Robbie Williams. Und klingt es nicht irgendwie auch cool, wenn ich jetzt sagen kann, ich habe ein Foto mit dem Gitarristen von Robbie Williams? Neil selber allerdings hat bei Facebook mehrmals geschrieben, wie sehr er sich freut, wieder mit Chris und den Jungs zusammen zu sein und wieviel Spaß man mit ihnen hat. Seine Sympathiewerte bei mir stiegen weiter….
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