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Und plötzlich ist sie da, die untrügerische Gewissheit, dass du etwas ganz wichtiges vergessen hast. So ein Mist. Meine Reiseapotheke ist umfangreich und dürfte gegen fast alle sehr wahrscheinlich NICHT eintretenden gesundheitlichen Probleme was parat haben, inkl. zwei verschiedener Breitbandantibiotika, Malarianotfallmedikation etc. Das einzige Medikament, was ich hingegen definitiv ganz sicher brauche, liegt nun warm und trocken zu Hause. Wie ich ausgerechnet meine Tabletten gegen Reiseübelkeit vergessen konnte, ist mir ein Rätsel. Denn ohne die besteige ich kein Boot, denn mir wird sonst grundsätzlich schlecht. Ist das ein Zeichen? Soll ich an Land bleiben? Oder war es doch nur eigene Schusseligkeit? Ich beschließe es drauf ankommen zu lassen und gehe in Hongkong in die nächsten Drogerie. Tabletten haben sie leider keine, aber was zum Einschmieren und die beiden frechen jungen Verkäufer bieten mir an, im Hinterzimmer auch gleich beim Einschmieren zu helfen. Ich lehne lachend ab, nehme das ,Ultra Balm' aber trotzdem mit und bin erstaunt. Etwas nervös, ob ich die einstündige Überfahrt nach Macau ohne Tabletten überstehe, wirkt das Zeug Sekunden nach dem Auftragen wahre Wunder. Ich bin total entspannt und schlafe kaum, dass wir losgefahren sind, tief und fest.
Macau - oder 'Las Vegas des Ostens' wie es heisst. Hier bekomme ich nun das, was ich bereits für Hongkong befürchtet hatte in Form von akuten Verständigungs- und leichten Orientierungsproblemen.
Ich hatte es vorher schon gehört, konnte und wollte es aber nicht glauben, viele Leute können oder wollen in Macau kein Englisch sprechen oder verstehen. Da Macau lange Zeit eine portugiesische Kolonie war, ist neben Chinesisch alles auf Portugiesisch geschrieben. Spreche ich leider beides nicht. Aber Portugiesisch ist schon mal besser als nur Chinesisch. Mein Stadtplan, den ich glücklicherweise vom Fährterminal mitgenommen habe, hilft mir auch nur teilweise, da viele Straßennamen nicht im Plan stehen. (Und ja, für den Notfall habe ich natürlich Google maps)
Im übrigen hatte ich mir auch Macau irgendwie anders vorgestellt. Las Vegas des Ostens, das klang für mich nach mehr Luxus und auch eine beliebte Kreuzfahrtsendung hat mir einen falschen Eindruck vermittelt. Ich hatte mich für die Fähre zum Nordteil Macaus entschieden, da man von dort aus zu Fuß in die Stadt laufen kann. Und nun stehe ich hier inmitten von vergleichsweise heruntergekommenen Häusern, lautem Verkehr und weiß nicht so recht, was ich mit der Situation anfangen soll. Gut, denke ich mir, also erstmal Richtung Zentrum. Irgendwelche Schattenviertel hat jede Stadt. Im Zentrum finde ich tatsächlich einige Casinos, auch der jahrelange portugiesische Einfluss ist noch gut zu erkennen, trotzdem scheint es nicht das zu sein, was ich gesucht hatte. Der Trubel und die Menschenmassen im Zentrum überfordern mich. Ich nehme den nächsten Bus nach Süden. Das hatte ich ohnehin vor.
Plötzlich fahre ich am Eifelturm vorbei. Moment, Paris ist doch eigentlich weit weg! Durch Zufall habe ich doch noch 'den Strip' gefunden, aber den hebe ich mir für den Rückweg auf. Jetzt geht es erstmal an den Strand.
Zum Sonnenuntergang gönne ich mir ein Barbecue mit Blick auf's Wasser. Herrlich!
Die Rückfahrt mit dem Bus wird wieder eine Tortur. Die Busfahrer fahren wie die Henker und ignorieren einen konsequent, wenn man nur englisch spricht. Einer gibt mir eiskalt per Handzeichen zu verstehen, er versteht mich nicht, deshalb hört er mich nicht und ignoriert mich darum. Ich habe ihm die Haltestelle, wo ich hinwollte auf dem Stadtplan gezeigt und gefragt, ob er dort hält. Wäre also auch ohne Sprache nicht so schwer gewesen. Glücklichweise ist mir ein anderer Chinese behilflich und gibt mir an der Haltstelle sogar ein Zeichen. Eine echte Ausnahme am heutigen Tag.
Ein Nichtasiatisches Pärchen fliegt kurzerhand bei erster Gelegenheit aus dem Bus, weil sie das Busgeld nicht passend in Münzen haben, unter einem lautstarken chinesischen Wortschwall des Fahrers. (Der Fahrer gibt nämlich kein Wechselgeld)
Freundlich geht irgendwie anders.
Direkt freue ich mich wieder auf Hongkong. Da fahren sie zwar auch wie die Irren, aber da versteht man mich und die Leute sind viel freundlicher.
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