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Das Bahnhofsgebäude in Washington verläßt man und blickt auf das Capitol. Dann musste ich mich leider einmal um die Achse drehen und 50 Minuten lang in die andere Richtung laufen. Nach wenigen Straßenblöcken hatte ich eher das Gefühl in einer Dritte-Welt-Stadt zu sein als in der Hauptstadt der USA. Vielleicht ist es ein wenig übertrieben, aber die mehrheitlich von der schwarzen Bevölkerung bewohnten Innenstadtbezirke sind nicht sehr ansehnlich. Einen Steinwurf vom Weissen Haus, vom Capitol von der Museumsmeile auf der Mall entfernt ist aber die Welt eine andere. Dieses Land erstaunt mich, mal wieder! Ein Land der Gegensätze.
Mein Hostel war ebenfalls nicht so einladend, was hauptsächlich daran lag, dass ich es zu spät gebucht habe und nehme musste, was übrig war. Normalerweise plane ich meine Reisen nicht so akribisch wie hier, wo Zugfahrpläne mit Übernachtungen für zwei Wochen auf einander abgestimmt werden mussten. Das war eine Absteige! Schon in London hatte ich die Erfahrung gemacht, dass in den Hostels bei weitem nicht nur Reisende absteigen. Ein Großteil der Leute waren, wie jetzt auch in Washington, zum Arbeiten in der Stadt und hatte keine günstigere oder praktischere Unterkunft gefunden. In London kamen sie hauptsächlich aus Südeuropa, Australien oder Süd-Afrika, in Kapstadt aus England und in Washington aus anderen Teilen des Landes.
Das, was ich von Washington gesehen habe, ist schon seltsam, sprich sehr konstrastreich. Zum eine das Regierungsviertel (Federal Triangel), das sich über ein sehr weitläufige Areal, locker mehrere Kilometer, erstreckt. Dann habe ich den Stadtteil Georgetown besucht, aus vielen schönen alten Stadthäuser besteht. Zum anderen eben die Wohnviertel der normalen (hier hauptsächlich schwarzen) Bevölkerung, die eben einen nicht so angenehmen Eindruck auf mich gemacht haben. Natürlich habe ich nur einen ganz kleinen Teil von Washington gesehen und andere Stadtviertel machen bestimmt einen ganz anderen Eindruck. Was mir sehr gut gefallen ist, dass alle Attraktionen fußläufig zu erreichen sind, auch wenn manchmal man eine Weile braucht, um von A nach B zu kommen.
Ganz im Sinne einer Bildungsreise habe ich mir das Capitol vorgenommen, dann die Library of Congress. Beide Gebäude sind über einen unterirdischen Tunnel verbunden, was praktisch ist, da man so nur einmal anstehen muss. Im Anschluss ging es zu den National Archives.
Wikipedia:
Es beherbergt Originalkopien der drei wichtigsten Gründungsdokumente der Vereinigten Staaten: die Unabhängigkeitserklärung, die Verfassung der Vereinigten Staaten und die Bill of Rights. Diese Dokumente werden in der Hauptkammer des Nationalarchivs für die Öffentlichkeit ausgestellt. Die Kammer ist auch als Rotunda für die Chartas der Freiheit bekannt.
Ausserdem wird dort ausserdem eine Kopie der Magna Charta ausgestellt, was aber die Amerikaner weniger interessiert hat (hier bildeten sich keine Schlangen) und komischerweise im Wikipedia-Artikel auch nicht erwähnt wird.
Aus einem Zeitungsartikel von 2007:
Eine Abschrift der Magna Charta, eines der wichtigsten Dokumente der westlichen Zivilisation und der Demokratie-Geschichte, ist beim Auktionshaus Sotheby`s in New York für einen Rekordpreis versteigert worden. Der US-Anwalt David Rubenstein, der einst Präsident Jimmy Carter als Berater zur Seite stand, kaufte das fast 800 Jahre alte Dokument für umgerechnet 14,8 Millionen Euro.
Im Jahre 1215 wurden in der Magna Charta grundlegende Rechte und Freiheiten des englischen Adels gegenüber König Johann I. festgehalten und erklärt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich seien. So fand sie Eingang in die Verfassung der Vereinigten Staaten und dient heute als Grundlage des englischen Verfassungsrechts.
Von der Magna Charta gab es eine Vielzahl an Abschriften, da jede englische Grafschaft damals ein Exemplar erhalten sollte. Doch nur vier Originale sind noch erhalten. Der glückliche Käufer wird das Manuskript den National Archives in Washington übergeben, wo es für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden soll.
Von den zahlreichen Museen an der Mall habe ich genau genommen nur eines "geschafft", das Museum of Natural History. Dreimal bin ich tatsächlich dort gewesen, weil es nicht nur groß, sondern auch sehr eindrucksvoll ist. Und damit hat es mit weitem Abstand vor den beiden thematisch gleichen Museen in London und Berlin gewonnen. Das Museum ist sehr padägisch aufgebaut. Es stellt nicht einfach aus, sondern stellt Fragen. Eine ganze Abteilung beantwortete zum Beispiel die Frage "Was unterscheidet den Menschen vom Affen?", anstatt die frühe Evolutionsgeschichte so zu erklären, wie es schon tausendmal anderswo gemacht worden ist. Dieses Museum würde ich sogar ohne schlechtes Gewissen einer Schülergruppe aufdrängen.
Dem Weissen Haus kommt man weitem nicht so nah, wie es einem Fernsehbilder vormachen. Ein stabiler Zaun schafft ordentlichen Abstand zum allgemeinen Volk. Insgesamt zeigt die Mall mit all ihren bombastischen Gebäuden und Denkmälern wie sich ein Land heldenhaft in Szene setzen kann. Die obligatorischen Schülergruppen waren natürlich hier ebenfalls und überall unterwegs.
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