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In und um Kisoro herum
- Hinauf auf den Vulkan
Acht Personen passen in einen normalen PKW. Wer hätte das gedacht. Vier vorne und vier hinten. Allerdings war ich mir nicht so ganz sicher, ob der Fahrer tatsächlich noch innerhalb des Autos sass oder nicht vielleicht doch aussen an der Tür hing. Nein, die Autotür war geschlossen und er ist an Pedale und Schaltung gekommen. Irgendwie. Die Fahrt von Kabale nach Kisoro hat zwei Stunden gedauert und alle sieben Passagiere samt Fahrer sind heil angekommen.
Etwas gemütlicher und entspannter ging der Tag weiter. Sehr unkompliziert gelangten wir an die Informationen für den nächsten Tag, nämlich, was nötig ist, um einen der drei Vulkane im Mgahinga Nationalpark zu besteigen. Sabyinyo, Muhavura und der kleine Gahinga. Mt. Sabyinyo heisst auf Englisch „old man's tooth" (die haben's mit den alten Männern hier), weil er einen gezackten Kraterrand hat wie der Zahn eines alten Mannes. Der Gipfel des Kraters liegt genau auf der Grenze zwischen Uganda, Ruanda und dem Kongo. Mt. Muhavura ist der höchste mit 4127 Metern und soll oben einen perfekten Kratersee haben. Und Mt. Gahinga liegt einfach dazwischen und ist merklich kleiner. Auf ruandischer bzw. kongolesischer Seite setzt sich die Vulkankette als Virungas fort. Dort sind auch einige der Vulkane noch in aktivem Zustand.
Wir hatten geplant, Mt. Sabyinyo zu besteigen nachdem die Dame im UWA-Büro in Kisoro (Ugandan Wildlife Agency) uns versichert hatte, der Aufstieg sei der sehenswerteste. Der Vulkan hat drei Gipfel, von denen der höchste auf 3669 Metern liegt. Den Eintritt könnten wir direkt am Gate bezahlen (diesmal) und einen Guide ebenso. Und damit wir die 14 Kilometer zum Eingang nicht morgens früh vor Sonnenaufgang zurücklegen mussten, haben wir das Community Camp direkt ausserhalb des Parks als Unterkunft gewählt. Wie schon auf Itambira ist das ein ökologisch geführtes Camp, dessen Erlöse den umliegenden Gemeinden zu Gute kommen. Als wir mit unseren Boda Bodas dort ankamen, wurden wir herzlichst begrüsst. Das ist typisch ugandisch. Alle scheinen sich immer sehr zu freuen, kommt man an und der Empfang ist wirklich herzlich.
Das Nationalpark-Gate machte am nächsten Morgen um 7 Uhr auf und der Auf- und Abstieg auf den Vulkan sollte sieben bis acht Stunden dauern. Allerdings hiess Öffnung des Gates um sieben nicht, dass die Wanderung um Punkt sieben los ging. Zunächst haben wir uns registrieren müssen, dann die 80$ (40$ Tageseintritt, 40$ für den Guide) bezahlt, als nächstes kam ein kurzes Vorbereitungsgespräch. Die Tiere im Park seien sehr scheu und würden sich gut verstecken, weswegen die Chancen mehr als ein paar Schmetterlinge zu sehen, gering seien. Später haben wir Spuren von Elefanten, Büffeln und einer Servalkatze gesehen. Und ein tatsächliches Eichhörnchen. Die Gorillas, die es im Park gibt natürlich nicht.
Die Gorillas im Mgahinga als auch im Bwindi NP gelten als mehr oder weniger als domestiziert. Sie leben zwar frei im Wald, sind aber mittlerweile so an die sie besuchenden Menschen gewöhnt, dass man sie nicht mehr als ausschliesslich wild bezeichnen kann. Ursprünglich hatte ich ja ein Gorilla-Tracking fest eingeplant, nachdem ich mich für Uganda entschieden hatte. Alle, die es gemacht haben, haben auch begeistert davon erzählt. Nachdem mich jedoch meine Kamera verlassen hat, habe ich lange hin und her überlegt. Es würde mir das Herz brechen, Gorillas zu sehen und sie nicht fotografieren zu können. Das zum einen, zum anderen würden sich die über 1000$, die ich durch das nicht gemachte Gorilla Tracking einspare, sehr gut in eine neue Kamera investieren lassen. Vielleicht ärgere ich mich im Nachhinein darüber, wahrscheinlich sogar, aber vielleicht freue ich auch darüber aus gutem Grund nach Ugsnda zurück kommen zu müssen.
Zurück zum Vulkan erstmal. Über eine Stunde ging es zu Beginn durch dichten Wald, aber ebenes Terrain bis zum Fuss des Vulkans. Wir hatten zwei Guides mit auf den Weg bekommen, einen davon mit Gewehr. Wegen der Elefanten und so. Wir wurden aber darauf vorbereitet, dass er höchstens in die Luft, aber nie auf das Tier schiessen würde. Schon auf den ersten Metern, die wir recht zügig zurücklegten, stellte sich heraus, dass Jeroen viiiiel schneller war als ich; die Guides sowieso, die machen ja nichts anderes. Nicht nur Sportstudenten können den Schnitt verderben, auch exzessive Sportler in meinem Alter schaffen das. Da ich nicht in überdurchschnittlich hohem Masse Sport mache, bin ich ziemlich schnell aus der Puste gekommen. Mit den Jungs konnte ich einfach nicht mithalten. Luftfeuchtigkeit und die Höhe machten mit zu schaffen. Auf allen bisherigen Wanderungen ging es stets wesentlich gemächlicher zu und ich kam mir im Vergleich nie so langsam vor. Durch den Vorteil, dass wir zwei Guides hatten, haben wir uns nach kurzer Zeit einfach getrennt. Mit dem Ergebnis, dass Jeroen mit seinem Guide in genau drei Stunden oben auf dem dritten Gipfel stand. Auch wenn keine offiziellen Statistiken geführt werden, möchte ich behaupten, dass das der Rekord ist. Als Jeroen dort oben war, habe ich es gerade mal so auf den ersten Gipfel geschafft (3423 Meter). Den zweiten Gipfel habe ich quasi zeitgleich mit den Absteigenden erreicht. Tja, und dann meinte mein Guide, es wär schon zu spät für mich, um es noch bis ganz nach oben zu schaffen. Mmmmh, oder wollte er einfach sich nur mit seinem Kumpel-Guide gemeinsam auf den Rückweg machen? Ich glaube schon, dass ich es gepackt hätte, auch rechtzeitig. Natürlich kann das Wetter jederzeit umschlagen, aber der Morgen war fast wolkenlos gewesen und erst gegen Mittag zogen die ersten Quellwolken auf. Wir werden es nie erfahren und vielleicht muss der Aufstieg zum dritten Gipfel des Mt. Sabyinyo mit auf die Liste für meinen nächsten Uganda-Besuch.
Von diesem kleinen persönlichen Ungemach abgesehen, war es ein fantastischer Tag, um auf den Vulkan zu steigen. An allen anderen Tagen, vorher und nachher, war es entweder wesentlich diesiger oder schlichtweg wolkig. Wir dagegen hatte eine grosssartige Aussicht in alle Richtungen, nach Uganda, nach Ruanda, in den Kongo, auf die anderen Vulkane. Obwohl es täuschen kann, sah Ruanda zum einen sehr dicht besiedelt, zum anderen sehr ordentlich aus. Oder es lag daran, dass mir Leute vorher erzählt haben, Ruanda sei so weit entwickelt, dass es schon fast nicht mehr nach Afrika aussehen würde. Es sah auf jeden fall sehr hübsch aus von oben.
Auf dem Rückweg ist mir erst bewusst geworden, wie steil der Aufstieg war. Der Überblick ist dann besser und man ist nicht immer ausser Atem und kann ein bisschen besser nach rechts und links gucken. Die besonders steilen Passagen wurden mit grob zusammen gezimmerten Leitern überbrückt, die beim Abstieg weniger Spass gemacht haben. Aber es ging. Vor drei waren wir bereits wieder unter am Eingangstor; andere Gruppen kommen dort meist erst gegen 16:30 Uhr (nur am Rande bemerkt) an.
- Hütte am See
In der Ferne grollt der Donner, die Vulkane sind in den Wolken verschwunden, auf dem Fussballpaltz am Dorf wird aber noch kräftig und lautstark gespielt. Eben fielen verwuchsweise ein paar Tropfen, aber vielleicht zieht das Gewitter auch vorbei, rein nach Ruanda und nicht rüber zum Lake Matunga.
Die Eco-Community Lodge hier liegt nur eine kurze Boda Boda-Fahrt von Kisoro entfernt und es ist trotzdem schon wieder eine ganz andere Welt. Die Ufer des Sees sind dicht mit Papyrus bewachsen, auf dem See sind Fischer mit Kanus unterwegs und um die Ecke sitzt eine Gruppe von Kindern, die eine ebenso grosse Gruppe von Rindern mit sehr langen Hörnern bewacht. Nach einem entspannten Frühstück und den letzten Whatsapp-Nachrichten und Grüssen zum Geburtstag - ach ja, heute ist mein Geburtstag - habe ich mich von Benjamin an den See fahren lassen. Es ist so nett, man begrüsst die Taxifahrer immer mit Handschlag, dem gegenseiten Nachfragen „How are you?" und dem Austausch von Namen. Zunächst ging es einige Kilometer über die asphaltierte Strasse, die weiter nach Kongo führt (hier nur fünf Kilometer entfernt) und dann rechts ab über die übliche holprige Staubstrasse. Ein paar kleinere Dörfer weiter liegt das Mutanda Eco-Community Centre. Einige Holzhütten, ein überdachtes Restaurant und eine Wiese zum Zelten, mehr ist da nicht. Die Kompost-Toiletten sind in kleinen Bretterverschlägen untergebracht. Strom und fliessendes Wasser gibt es wieder nicht. Wasser fliesst nur, wenn es zuvor in Behälter abgefüllt wurde, die über einen Duschkopf oder einen kleinen Hahn das Wasser dann ablassen. Aber es ist erstaunlich, mit wie wenig Wasser man sich waschen kann; Wasser, nass machen, Seife drauf, Wasser, Seife runter. In den Zusammenhang habe ich ja auch den Begriff „bucket shower" gelernt; hatte ich den bereits erwähnt?
Aber schmuddelig gemacht habe ich mich heute nicht. Keinen Vulkan bestiegen und auch nicht stundenlang in einem Überlandbus gesessen. Stattdesssen habe ich gemütlich am See auf dem Badesteg gesessen, habe geschwommen und - das war das Faszinierenste heute überhaupt - einer ganzen Kolonie von Webervöglen beim Nestbau zu gesehen. Rings um den Steg ging es zu wie auf einer Grossbaustelle. Die kleinen, etwa spatzengrossen Vögel, die aber kräftig gelb-braun gefärbt sind, sind so geschickt und so fleissig, dass sie es schaffen innerhalb eines Tages eine gleichmässig runde Kugel aus Papyrusgräsern zu formen und sie mit grösseren Blättern innen schön auszupolstern. Ich habe wirklich fasziniert zugesehen. Leise waren sie natürlich nicht. Genauso wenig wie die Gruppe von Kindern, die gegenüber auf der anderen Seite einer kleinen Bucht, sich lautstark darüber amüsierten, dass da zwei Muzungus auf dem Steg in der Sonne lagen und auch noch schwimmen gegangen sind. Sie können nämlich nicht schwimmen. Sie planschen gerne und ausgiebig im Wasser, oder waschen sich auch mit Seife im See, aber schwimmen können die wenigsten Ugander.
Jeroen, der bereits gestern hier raus gelaufen war, meinte, er wäre gestern der überhaupt einzige Gast im Centre gewesen. Heute schien es von Menschen fast zu wimmeln. Eine Gruppe einheimischer Touristen war da, die eine Kanutour gemacht haben, dann kam ein deutsches Ehepaar, das Jeroen bereits zum dritten Mal und ich zum zweiten Mal getroffen habe. So ist das. Je länger man im Land ist, um so mehr andere Touris trifft man wieder und wieder. In Äthiopien war es ja das gleiche Spiel. Aber es ist nett, ab und zu Bekannte zu treffen.
Das Gewitter hat sich davon gemacht, nur ein paar Nebelschwaden ziehen aus dem Tal links hinter dem Fussball hoch. Vielleicht hat es dort ein wenig geregnet und die Feuchtigkeit verdunstet im Anschluss sofort wieder. Gerade ist in die Nachbarhütte ein junges Pärchen eingezogen und sie meinten, in Kampala, von wo sie gestern aufgebrochen sind, wäre es zur Zeit sehr heiss; 30 Grad und mehr. Wie schön es ist, hier am See zu sein. Morgen werde ich versuchen, zum Sonnenaufgang aufzustehen in der Hoffnung, dass der Himmel vielleicht klar ist und ich einen guten Blick auf die Vulkane habe.
Zweiter, halber Tag am Lake Mutanga. Heute morgen habe ich einen Spaziergang um ein Stück des Sees und hinauf auf einen kleinen Vulkan gemacht. Er liegt direkt gegenüber von unserem Badesteg und ist komplett landwirtschaftlich genutzt. Unten, am Fuss des Vulkans und Ufer des Sees gibt es ein kleines Dorf. Auf meinem Weg dorthin musste ich wieder durch die übliche grüne Hölle aus Bananenbäumen, Papyrusschilf und irischen Kartoffeln. Kaum im Dorf angekommen bog auch schon eine begeisterte Menge kleiner Jungs um die Ecke mit fröhlichen „muzungu, muzungu!"-Rufen. „Where are you going?" Naja, auf den Berg rauf. Das ging dann natürlich nicht mehr alleine. Es kann sogar sein, dass ich es alleine auch gar nicht geschafft hätte. Der Weg war relativ steil, sandig-rutschig und ich hatte nur Sandalen an. Doch mit Hilfe meiner Schar von kleinen Guides bin ich sehr gut hoch und wieder runter gekommen. Oben angekommen, wollte ich natürlich ein Gruppenfoto mit meinem Handy von meinen neuen Freunden machen. Als ich aber merkte, dass die Bande überhaupt nicht still stand, sondern eher am Rumhüpfen und Tanzen war, habe ich einen kleinen Film gemacht. Und das war so klasse. Sie waren so lustig und toll. Als ich den Film ihnen dann gezeigt habe, haben sie sich totgelacht. Wir hatten sehr grossen Spass.
Den Rest des Nachmittages habe ich am Badesteg verbracht und am Nachmittag ging es wieder nach Kisoro, wo am nächsten Morgen der Bus nach Kampala ging.
- comments
Tanja Hallo liebe Verena, auf den Film mit den Mini-Guides bin ich besonders gespannt :-))) Es ist herrlich, deinen Blog zu lesen, es vermittelt mir ein sehr plastisches Bild deiner Abendteuer- manchmal meine ich beim Lesen die Stimmen um dich herum zu hören und die Erde zu riechen :-) Hier gibt´s nix Aufregendes zu vermelden. Der anhaltende strake Wind hat Klaus schon den einen oder anderen Reparaturschaden beschert, das heutige Mini-Erdbeben mit Epizentrum in Düsseldorf nicht.... Klaus fährt Samstag mit Freunden zum Skifahren nach Österreich (übrigens: der Urlaub in Saas war toll - die Gruppe war klasse, nächstes Mal bist du hoffentlich dabei!!) und am Freitag danach (Klaus ist dann vielleicht 12 Std. daheim) fliegen wir 2 für 1 Woche nach Rom. Darauf freue ich mich riesig - ich war vor über 25 Jahren mal dort und bin gespannt auf die Veränderungen, das Wiedererkennen und gemeinsame Neuentdeckungen mit Klaus. Das mit deiner Kamera ist ja mega traurig! Ich leide mit dir!!! Ich wuerde mich wie amputiert fühlen... Das Argument, die Gorillas deswegen nicht zu besuchen, kann ich nachvollziehen (aber es ist wirklich ein guter Grund, wieder hinzumuessen..hihihi) Verena, ich drücke dich aus der Ferne! Bis bald, liebe Grüße aus dem windigen Kevelaer Tanja
Joachim A. Liebe Verena, da blinkt an meinem inneren Horizont ein winziges Fleckchen wehmütiger Sehnsucht nach der von dir so anschaulich beschriebenen Gegend. Trotzdem herzlichen Dank und ich werde es fürderhin wagen, deine Blogs zu öffnen