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Mit dem guten Vorsatz, nie wieder Caminos secondarios zu befahren, steuerten wir in Richtung Cusco und erreichten die Stadt schon relativ bald. Wieso nicht gleich bis Ollantaytambo weiterfahren? Gesagt, getan... Leider sind peruanische Städte verkehrstechnisch nicht ganz einfach aufgebaut. Es gibt keine Umfahrungs- oder Durchfahrtsstrassen. Angeschrieben ist sowieso nichts. Und Hauptstrasse enden plötzlich in einem Erdhaufen. Das Navi ist mit den vielen Hügeln völlig überfordert und kann unterschiedliche Strassenniveaus nicht erkennen. Zum Glück hat sich Luc bereits die peruanische Fahrweise angeeignet: Alle paar Meter hupen, damit alle merken, dass da jemand kommt. Beim Spurwechsel (Spuren gibt es zwar keine, alle fahren wo sie Lust haben) die Hand raushalten, damit das kommende Hindernis unübersehbar wird. Auf keinen Fall Vortritt geben, sonst steckt man die nächsten 10 Minuten fest. Besser Vortritt nehmen und zur Warnung hupen. Unser Vorteil war die Grösse unseres Autos. Da die meisten anderen Fahrzeuge Mofa-Taxis waren, wirkten wir etwas einschüchternd. Anders war es jedoch mit den Bussen. Wenn der Bus auf der linken Seit nach rechts will und derjenige auf der rechten Seite nach links und man selbst fährt mittendrin, wird's dann doch etwas beklemmend...
Irgendwann schafften wir es aus der Stadt raus und durchfuhren eine Landschaft, die uns sehr stark an die Schweiz erinnerte. Wenn das Gras grün und nicht gelb gewesen wäre, könnte man meinen, man sei im Toggenburg.
In Ollantaytambo angekommen, mussten wir zuerst koordinieren. Wo schlafen, wo Auto abstellen, wo Auto stehenlassen, wenn wir in Machu Picchu sind... Ein Hotel, das uns empfohlen wurde und gleich alle Probleme gelöst hätte, war geschlossen. Wir sahen andere Globetrotter auf dem Parkplatz von InkaRail campieren. Dies war jedoch nur mit Ticket von InkaRail nach Machu Picchu möglich. Wir zogen los und kauften uns ein Ticket. Erstaunlicherweise war es kein Problem, eines für den Folgetag zu kaufen. Nach dem Kauf merkten wir erst, dass wir ein Ticket von PeruRail und nicht von InkaRail ergattert haben. So stellten auch wir noch fest, dass es da mehrere Anbieter gibt... Das Ticket von PeruRail war zwar günstiger, dafür hätten wir aber 3 Soles pro Stunde für den Parkplatz zahlen müssen. Wir fanden dann aber eine andere Lösung bei einem neuen, sehr schönen Hotel in der Nähe des Bahnhofs. Wir nahmen uns ein Zimmer und konnten Paji für die nächsten Tage auch auf dem Parkplatz stehen lassen. Das Hotel war super und das zu einem Spottpreis. Es gibt also auch in so einem Touristenort noch faire Angebote. Das Nachtessen bestand aus den peruanischen Spezialitäten Cuy und Aji de Gallina. Das Cuy bestand vorallem aus Knochen und etwa zwei Gabel voll Fleisch. Da fragt man sich, ob es nicht sinnvoller wäre, die Meerschweinchen als Haustiere zu halten anstatt sie zu essen.
Wir hatten Tickets für den Mittagszug nach Aguas Calientes. Wir hofften, dass die meisten Leute den ersten Morgenzug nehmen. Falsch gedacht! Auch dieser Zug war voll. Die ersten Wagen gehörten zum Tren Local, in dem die Peruaner zu einem ermässigten Preis fuhren. Die hinteren Wagen gehörten zum Touristenzug. Dort zahlt man zwar etwa das 4-fache des Preises, bekommt aber immerhin noch einen Snack und Getränke sowie frische Aircondition-Luft. Während der Zugfahrt überlegten wir uns, wie wir wohl nach Bolivien kommen. In Puno am Titicaca-See wurde demonstriert. Die Demonstranten blockierten dabei die Zufahrtsstrasse zu den beiden Grenzübergängen. Die Grenze war seit 3 Wochen geschlossen. Das würde für uns heissen, entweder abzuwarten oder mittels Umweg über Chile zu reisen. Das würde uns mindestens 2 Tage kosten. Vamos a ver!
In der Zwischenzeit näherten wir uns Aguas Calientes und die Landschaft veränderte sich. Die Wälder an den Bergen um uns herum wurden tropischer. Als wir aus dem Zug ausstiegen schlug uns feuchte Luft entgegen. Nachdem wir uns durch den obligatorischen Pfad durch die Artesania-Stände gekämpft hatten, staunten wir, dass Aguas Calientes auch ein richtiges Dorf ist! Kinder spielten auf der Strasse, Einheimische plauderten miteinander. So schlimm ist es also gar nicht... (da hatten wir aber die Strasse mit den Touri-Restaurants und Bars noch nicht gesehen).
Am Abend wurde es wieder bastante frio. Die Restaurants aber hatten wohl eine Politik der offenen Tür oder ähnlich. Zumindest war es üblich, alle Türen offen zu haben während die Gäste innen schlotternd in ihre Jacken eingepackt sitzen. Wir vermuteten, dass die Restaurants so einen höheren Kundenumschlag erreichen wollten. Wenigstens schieben sie ein Stück Holz mehr in den Pizzaofen, wenn man sich beschwert. Die Türen werden aber auf keinen Fall geschlossen!
Am nächsten Morgen klingelte der Wecker so früh wie noch nie auf dieser Reise: um 4.30 Uhr! Wir waren jedoch nicht die Ersten. Ein ca. 50-jähriger Deutscher mit seiner ca. 20-jährigen asiatischen Frau klapperten schon mit ihren Tassen durchs Haus. Der Deutsche hatte uns bereits am Vortag angesprochen. Er habe festgestellt, dass wir im gleichen Zug angekommen seien, wir jedoch mindestens eine halbe Stunde nach ihm im Hostel angekommen seien. Ob wir denn nicht, so wie er, bereits vorher festgestellt hätten, dass der Ortsplan im Internet nicht korrekt sei und so wie er, eine Abholung am Bahnhof verlangt hätten? Und, waaaas, wir haben noch keine Bustickets gekauft für die Fahrt nach Machu Picchu?? Wir merkten, dass er in die Kategorie überorganisierter Individualtourist gehört und wir keine Freunde werden.
Nach dem kargen Frühstück machten wir uns auf den Weg zu Fuss nach Machu Picchu. Um 5.30 Uhr war bereits Betrieb in den Gassen, es wurde geputzt und Restaurants öffneten für Frühstück. Die Peruaner wissen noch, was arbeiten bedeutet! Unser Weg führte zuerst der Strasse entlang und wir wurden von Dutzenden Busen überholt. Bei der Brücke wurden unsere Tickets kontrolliert, ohne diese hätten wir nicht mal den Weg begehen dürfen. Dann begann der Aufstieg: über 1'712 (einer von uns wollte sie unbedingt zählen) Treppenstufen stiegen wir durch den feuchten Nebelwald empor. Wir keuchten schon nach kurzer Zeit. Die Treppenstufen waren „Inka-Size", nämlich jeweils so hoch, dass man beinahe klettern musste. Doch dafür waren wir die Einzigen, die sich für diesen Aufstieg entschieden haben. So genossen wir die Ruhe und die Aussicht und hatten das Gefühl, den Berg auch ohne Inka-Trail auf eine Art und Weise erobert zu haben. Wir kamen keine Sekunde zu früh oben an, die ersten Sonnenstrahlen schoben sich bereits über die Bergspitzen, und bezogen Stellung in der klassischen Machu Picchu-Foto-Position. Kein bisschen Nebel trübte die Sicht und wir konnten beobachten, wie die Stadt langsam in Sonnenlicht getaucht wurde. Obwohl bereits einige Touristen anwesend waren, herrschte doch eine ruhige und etwas mystische Stimmung. Die verschwand dann aber auch schlagartig, als die ersten Inka-Trail-Gruppen nach ihrem letzten Aufstieg eintrafen und jubelnd Fotos machten. Dabei liessen sie sich originelle Foto-Sprüchli einfallen und alle riefen „Me gusta Machu Piiiiiiiiiicchu", „Me gusta la Coooooooca" usw. Eigentlich planten wir, uns hier einmal einen Guide zu leisten, da die Stadt doch ziemlich viel verbirgt und es einiges zu hören gibt. Dieser Plan scheiterte jedoch daran, dass wir merkten, dass wir praktisch ohne Bargeld dort waren. Deshalb erkundeten wir Reiseführer-lesend die unterschiedlichen Plätze, auf dessen Beschreibung wir hier verzichten...
Aus den Aussagen, der Guides, die wir belauschten, vernahmen wir vorallem, dass es sehr viel unterschiedliche Theorien über Sinn und Zweck der Einrichtungen gibt. Schlussendlich sind es alles Mutmassungen. Für uns war sowieso die Stadt als ganzes, ihre Lage inmitten schwer zugänglicher Nebelwaldberg und die Perfektion der Bauweise viel beeindruckender. Die vielen Eindrücke, in Kombination mit dem frühen Aufstehen an diesem Morgen, machten bald einmal müde und wir legten uns auf die Wiese eines ehemaligen Terrassenfelds in die Sonne...
Wieder zurück in Aguas Calientes liessen wir das geplante Thermalbad sausen. Es war inzwischen so heiß geworden, dass der Gedanke an noch heisseres Wasser alles andere als angenehm erschien. Am späteren Nachmittag fuhren wir dann mit dem Zug zurück nach Ollantaytambo.
Bevor wir Ollantaytambo verliessen, stand noch ein halbtägiger Ausritt auf dem Programm. Schon lange versicherte Jazzy, dass sie Peru nicht verlassen werde, ohne auf einem der edlen Paso Peruano Pferde geritten zu sein. Zu Dritt mit einem Führer machten wir uns auf den Weg zu einer Präinka-Stätte mit Namen Pumamarca. Die Paso Peruanos beherrschen eine dem Tölt ähnliche Gangart, bei der sie die Vorderbeine stark nach aussen schwingen. Diese Bewegung wird als „Tanz" der Pferde bezeichnet. Der Gang ist sehr weich und für den Reiter sehr angenehm. Unglücklicherweise mochte Luc's Pferd diese Gangart nicht sehr und trabte ununterbrochen, um den „davontanzenden" Pferden nachzueilen. Nach kurzer Zeit war sein Gesicht schmerzverzerrt und damit war das Ganze für ihn eher Qual als Erholung. Unser Guide erklärte uns, dass Pumamarca einer der wenigen Orte sei, wo gleichzeitig Prä-Inka- und Inka-Bauten bestaunt werden können. Während Inka-Häuser alle einstöckig sind und Giebeldächer besitzen, haben Prä-Inka-Bauten zwei oder sogar mehr Stockwerke, mit Eingang in einem der oberen Stöcke. Zu sehen waren auch die Lagerräume, die mit einem ausgeklügelten Belüftungssystem versehen waren. In der Ferne auf der gegenüberliegenden Talseite konnte man ausserdem Wasserkanäle der Inka sehen. Über viele Kilometer leiteten sie so Wasser von Seen und Lagunen zu ihren Feldern. Unglaublich, welcher Aufwand betrieben wurde, um in dieser topografisch schwierigen Landschaft, den lebenssichernden Anbau von Mais, Weisen, Quinoa und anderem sicherzustellen.
Am Nachmittag machten wir uns auf den Weg nach Cusco um dort auf einem bei Travellern berühmten Campingplatz zu übernachten. Als wir durch das Städtchen Urubamba fuhren, war die Verkehrssituation wie immer chaotisch. Überall parkierten Autos und Lastwagen auf der Fahrbahn und die unterschiedlichen zwei-, drei- und vierrädrigen sowie zwei- und vierbeinige Verkehrsteilnehmer schlängelten sich aneinander vorbei. Plötzlich wurde es eng und die hintere Ecke eines parkierten Lastwagens befand sich praktisch in unserer Windschutzscheibe. Dann knallte es. Die Scheibe war noch ganz, aber der rechte Rückspiegel hing zertrümmert runter. Nun gut, es hätte schlimmer ausgehen können und einen Rückspiegel zu ersetzen ist ja keine Sache. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass wir bis zwei Wochen vor unserer Rückkehr ohne Rückspiegel rumfahren würden. Aber für was hat man schliesslich einen Beifahrer, der im Stadtverkehr, in dem es typischerweise keine geordneten Fahrbahnen gibt, den Kopf aus dem Fenster hält und Anweisungen gibt???
In Cusco wurde es uns einmal mehr bewusst, dass die peruanische Verkehrsplanung einmalig ist. Wir sind natürlich auch etwas selber schuld, da wir es immer noch nicht geschafft haben, eine Strassenkarte zu kaufen. Wir navigierten mit einer 10 Jahre alten Landkarte im Massstab 1:1'750'000 und einer Gratis-Peru-Navi-App. Diese schickte uns dann wieder durch Gässchen, die so schmal waren, dass wir froh waren nur mit einem Rückspiegel zu fahren. Und durch Erdstrassen, die so steil waren, dass wir mit Geländeuntersetzung hochkraxeln mussten. Oder in Strässchen, die nach 50 Haarnadelkurven an parkierten Autos vorbei in einer Treppe enden. Was heisst, in einer viertelstündigen, nervenstrapazierenden Aktion wieder rückwärts rauszufahren. Der Vorteil dabei war, dass wir gleich alle Sehenswürdigkeiten Cuscos sahen, da wir über alle wichtigen Plätze navigiert wurden. Schlussendlich fanden wir den Campingplatz aber doch noch und trafen dort auch die Franzosen im Camper wieder, die bereits in Ollantaytambo beim gleichen Hotel einen Stellplatz gefunden haben. Die Familie war mit zwei Kindern unterwegs und hatten gerade noch Besuch von zwei Freunden. Unglaublich, was alles in so einen Camper reinpasst. Die Besitzerin des Campingplatzes informierte uns dann noch, dass die Grenze nach Bolivien bis am 7. Juni offen sei. Die Blockaden seien bis nach Ablauf der Präsidentschaftswahlen aufgehoben. Das trifft sich ja bestens für uns!
Am nächsten Tag gab es was zu feiern. Es war der 4. Juni und damit der 30. Geburtstag von Luc. Nach einem ausgedehnten Frühstück machten wir uns auf den Weg nach Puno, wo wir den Abend in einem edlen Hotel direkt am Titicaca-See feiern wollten. Dort angekommen, konnten sie zu unserem Glück die Reservation nicht finden. Als sie schlussendlich den Fehler im System entdeckten, wurden wir als Entschädigung in eine Junior-Suite upgegradet. Die beiden Zimmer hatten beide Glaswände zum See hinaus. Da es schon dunkel war, konnte man nur erahnen, welche Aussicht sich morgen hier eröffnen wird. Aus der gut ausgestatteten Mini-Bar wurde ein Champagner entkorkt. Wir freuten uns auf ein gutes Essen, einen guten Wein und danach endlich wieder einmal einen guten Dry Martini an der Bar. Als wir jedoch im Restaurant nach der Weinkarte fragten, kam ein „Lo siento...". Wie bitte? Im ersten Moment schoss uns durch den Kopf, dass ein 5-Sterne-Hotel sich doch nicht erlauben kann, den Wein ausgehen zu lassen. Aber vielleicht ist die Versorgung ja wegen der Blockaden unterbrochen worden. Aber nein, die Erklärung lautete: „Weil morgen Wahlen sind, darf im ganzen Land keinen Alkohol ausgeschenkt werden!" Wir wussten nicht, ob wir lachen oder weinen sollten. Das wird wohl der trockenste 30. Geburtstag, den man sich vorstellen kann! Das Essen war jedoch vorzüglich und ein erlesenes Glas Mineralwasser ergänzte das Mahl.
Der nächste Morgen begann bereits um 5 Uhr, als die Sonne über dem Titicacasee aufging und wir den uneingeschränkten Panoramablick aus unserem Zimmer hatten. Da wir danach - ganz untypisch - nicht mehr schlafen konnten, sassen wir bereits um 7 Uhr beim Frühstück. Das war seit langem wieder einmal ein richtiges Frühstück, ganz nach Schweizer Brunch-Standard! Danach waren wir so erschöpft, dass wir wieder schlafen gingen, bis wir auschecken mussten. Der Weg bis zur Grenze war nicht mehr weit, doch ausgerechnet jetzt mussten wir an einer Polizeikontrolle anhalten. Selbstsicher hielten wir die Einfuhrpapiere und den Führerschein bereit. Doch dies interessierte den Polizisten nicht wirklich. Er wollte die Versicherung sehen. Die Versicherung! Unsere Haftpflichtversicherung galt für fast alle Länder Südamerikas, ausser Peru. Als wir in das Land einreisten, wurden wir jedoch nicht nach der Versicherung gefragt. Deshalb hatten wir uns entschlossen, das Risiko für 2 Wochen einzugehen und ohne Versicherung zu fahren. Und jetzt, eine halbe Stunde bevor wir das Land verliessen, erwischten sie uns! Wir versuchten sie natürlich zuerst zu täuschen und holten den grünen europäischen Versicherungsnachweis hervor. Der Polizist bemerkte schnell, dass „sein Land" nicht vermerkt sei. Wir stellten uns ahnungslos und gaben ihm das ganze Papierbündel der südamerikanischen Versicherung. Leider kannte er sich damit aus und wusste genau, wo er nachschauen musste. Er erklärte uns, dass wir natürlich jetzt keine Versicherung mehr lösen müssen, aber dafür eine Busse von umgerechnet 150 Dollar zu bezahlen hätten. Den Betrag zeigte er uns in seinem kleinen Bussenbüchlein. Normalerweise müsse man den Betrag bei der Gemeinde zahlen, die dann eine Quittung ausstellen. Da Sonntag war, hatte diese natürlich geschlossen. Mist, dabei wollten wir unbedingt noch heute über die Grenze, solange sie noch offen ist. Freundlich bot er uns an, dies für uns am Montag zu erledigen. Wir sind ja nicht blöd und wussten eigentlich von Anfang an, wohin dies führen wird. Wir hatten also die Wahl, dem Polizisten 150 Dollar in den Sack zu stecken oder bis morgen zu warten und den Betrag bei der Gemeinde zu bezahlen. Denn unsere Schuld war erwiesen und zahlen mussten wir sowieso. Er füllte ein langes Formular aus, zeigte dieses uns und wies auf das „offizielle" Logo der Stadt hin. Jedesmal, wenn wir die Autotüre oder das Fenster öffnete, wies er uns an, dies sofort wieder zu schliessen. Das Klima sei sehr gefährlich, wir könnten uns sehr schnell erkälten. Wie fürsorglich! Wir zählten inzwischen unsere letzten Soles und zusätzliche Dollares zusammen und gaben ihm dies. Er nahm das ganze Bündel dankend entgegen und zählte nicht einmal nach. Auch unsere Umrechnung in Dollar prüfte er nicht nach. Wieso sollte er auch, er wusste auch so, dass er beinahe einen Monatslohn in der Hand hielt. Wir erreichten nichts, als wir nach irgendeiner Bestätigung oder Quittung fragten. Nein, er dürfe nichts ausstellen, morgen mache dies die Gemeinde. Wir müssen uns auch keine Sorgen machen, es käme bis zur Grenze keine Kontrolle mehr. Wir gaben auf, liessen ihm das Geld, verabschiedeten uns und fuhren davon. Es war nicht ganz eindeutig, was uns mehr störte. Dass wir keine Versicherung gelöst haben oder dass wir auf sein Spiel eingegangen sind oder dass wir uns nicht seinen Namen aufgeschrieben und ein Foto des Formulars gemacht haben. Wie auch immer, zu spät ist zu spät...
Als wir an der Grenze ankamen, informierte uns der freundliche peruanische Beamte von der Migracion, dass sein Kollege vom Aduana bereits im Feierabend sei. Da Wahlen waren, machte alles früher zu. Um dem Nachdruck zu verleihen, meinte er, dass in Bolivien alles den ganzen Tag zu habe, wenn Wahlen seien. Okay, aber was heisst das jetzt für uns? Eigentlich müssen wir nur das Einfuhrformular abgeben, damit registriert wird, dass das Auto das Land verlassen hat. Der Beamte wollte uns aber weismachen, dass wir noch einen Stempel benötigen, weil die Bolivianer diesen bei der Einreise sehen wollten. Er versuchte seinen Kollegen vom Zoll erfolglos anzurufen. Dann erklärte er sich bereit, dass er diesen Stempel für uns mache. Es gibt also doch noch hilfsbereite Beamten! Als alle Formalitäten erledigt waren, fragte er uns beiläufig nach einem kleinen Dankeschön. Etwa Geld für ein Mittagessen. Die gereichten Soles waren ihm jedoch zu wenig, sie seien schliesslich zu Zweit. Uns war es inzwischen egal und wir wollten nur noch raus, bevor wir dem halben Dorf wegen irgendwas Dankeschöns zahlen mussten. Er bedankte sich dann wenigstens einige Male bei uns, seinem Amigo und seiner Amiga.
Und schon haben wir Peru verlassen. Obwohl wir nur einen Bruchteil dieses Landes gesehen haben, hat es uns im Vergleich mit allen anderen besuchten Ländern am meisten positiv überrascht. Wir spürten null Gringo-Hass und sind nur sehr freundlichen Menschen begegnet. Jeder Polizist (ja, auch die am letzten Tag!), jede Person am Strassenrand oder in einem Geschäft, ja sogar die Personen an den Zahlstellen strahlten immer und waren freundlich. Gerne hätten wir noch mehr gesehen, auch Gebiete, die nicht so von Touristen überrannt werden. Wer weiss, vielleicht ein Grund, um wieder zu kommen...
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Marcel Bürgler Hallo zusammen, erstmal alles gute zum Geburi und der 3 auf dem Rücken. Bei Euch vergeht fast kein Tag, an dem nicht etwas unvorhergesehenes passiert. Aber das ist ja ein bisschen der Sinn Eurer Reise. Bin gespannt auf die nächsten Erlebnisse. Gruss aus Mülligen Marcel
Irene Heusser Absolut spannend und beeindruckend, wie ein Krimi! Danke!