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Als nächstes stand das Valle de Colca auf dem Programm, wo wir beim Cruz del Condor, wie es der Name schon sagt, unbedingt Kondoren beobachten wollten. Ausserdem planten wir, einen Blick in den Canon de Colca zu werfen. Dieser galt lange als der tiefste Canon der Welt (doppelt so tief wie der Grand Canyon). Irgendwann aber fand man beim Nachmessen heraus, dass die Nachbarschlucht, der Canon de Cotohuasi, der Tiefste war (3'535 m).
Am frühen Abend erreichten wir das Valle de Colca in Chivay, wo wir erst mal Eintritt zahlen mussten. Am Eingang des ersten Dorfes standen die Herren der lokalen Touristenbetreuung bereits am Schlagbaum und deuteten uns anzuhalten. Nach einigen Diskussionen bezahlten wir den geforderten Betrag trotz Warnung im Lonely Planet, denn das Geld wird ja in Erhaltung und den Schutz der Region investiert und kommt somit den Leuten zu gute (was wir zumindest hoffen). Unsere Unterkunft war eisig kalt und im Dorf war, abgesehen von einigen Eseln und Lamas auf dem Heimweg, nichts los. Ausserdem wurde es schon um ca. 17 Uhr dunkel. Deshalb richteten wir uns in Schlafsäcken und mit Schokolade ausgerüstet im Bett ein und schauten Filme auf dem Laptop. Herrlich!
Auf dem Weg zum Cruz del Condor konnten wir das sonntägliche Landleben beobachten. Alle waren auf den Beinen und liefen in ihren bunten, traditionellen Gewändern zum nächsten Dorf. Entweder trugen sie ihre Ware in den farbigen Tüchern auf dem Rücken oder sie hatten einen Esel dabei. Ziel war der Sonntagsmarkt in Yanque. Die Frauen beäugten uns beim passieren etwas kritisch, während dem die Männer uns ausnahmslos zuwinkten und, mit den wenigen Zähnen, die sie noch hatten, zulachten. Auf dem ganzen Weg sahen wir die Menschen irgend einer Arbeit nachgehen. Sogar die Strassenarbeiter waren voll und ganz bei der Sache. Sonntagsruhe scheint es hier nicht zu geben...
Wir kamen beim Cruz del Condor an, liefen an den Rand der Schlucht und warteten. Es war schon etwa 11 Uhr und es hiess, die besten Chancen für eine Sichtung bestehen bis 10 Uhr morgens. Nach knapp 2 Minuten sahen wir aber hoch oben den ersten Kondor! Und dann noch einen und noch einen. Sie kreisten über uns und wir konnten die Giganten der Lüfte genau studieren. Wenn sie über uns wegflogen, zog sich ein riesiger Schatten über uns und ein lautes Zurren der Flügel im Wind war zu vernehmen. Nach ca. 15 Minuten war das Schauspiel vorbei und sie verschwanden. Was hatten wir für ein Glück! Auf dem Parkplatz kochten wir uns bei strahlendem Sonnenschein Kaffee und holten das Morgenessen nach. Später erkundigten wir das Tal noch weiter, entschlossen uns, nicht den extrem steilen und anstrengenden Abstieg (und danach wieder Aufstieg) in den Canon zu unternehmen und machten uns wieder auf den Rückweg nach Chivay. Dort erwarteten uns die in der Region berühmten Thermalbäder. Da die Sonne inzwischen am Untergehen war und die Kälte Einzug hielt, war es herrlich im heissen Bad zu relaxen und sich Pisco Sour ans Wasser servieren zu lassen. Einziger Wermutstropfen war, dass neben uns noch ganze Tourbusse mit Leuten aus dem nahegelegenen Luxushotel anwesend waren. Für diese traten dann auch noch Dorfmeitli und -buben auf und tanzten in traditionellen Gewändern um den Pool. Als dann alles schrumpelig war und der Kreislauf langsam immer mehr absackte, verliessen wir dieses warme Paradies und gingen zurück in unser „Luxushotel". Wir verbrachten die Nacht nämlich auf dem Parkplatz vor dem Thermalbad. Dort war es wunderbar ruhig, nachdem um 8 Uhr alle Touribusse abgefahren sind. Und vorallem hielten wir uns die Option offen, uns am nächsten Morgen nochmals im Bad aufzuwärmen (das Bad öffnet um 4 Uhr morgens!).
Unser nächstes Ziel: Cusco! Damit wir nicht einen Teil der Strecke, auf der wir gekommen sind, nochmals zurückfahren müssen, beschlossen wir einen „Schleichweg" zu nehmen. Wir bemerkten relativ bald, dass „Caminos secundarios" nicht geeignet sind, so weite Strecken darauf zu fahren. Jedenfalls ist es verwunderlich, dass wir ohne Schleudertrauma davongekommen sind. Ausserdem gab es immer wieder Abzweigungen, die unser Navi nicht kannte. Unser Navi kannte eigentlich gar keine Wege in dieser Region. Zum Glück aber haben die Peruaner hier keine Autos und laufen bzw. stehen immer wieder an der Strasse und geben gerne Auskunft. Dies verhinderte jedoch nicht, dass wir dann auch schon mal eine halbe Stunde in die falsche Richtung fuhren. Dafür konnten wir dort auf einem Felsen eine Viscacha-Familie beobachten. Immer wieder versuchten sie, möglichst unauffällig über den Weg zu hüpfen und sich in den Höhlen am Fels zu verstecken.
Irgendwann kamen wir an einen Wegweiser, der auf unser Ziel deutete. Als wir aber die Strasse dazu betrachteten, dachten wir an einen Irrtum. Das war keine Strasse, sondern ein halbausgetrocknetes Flussbett! Ein entgegenkommender Mofa-Fahrer versicherte uns aber, das sei schon richtig hier. Weiter hinten liege jedoch was im Weg. Vamos a ver! Paji ruckte und wackelte über die Piste, kletterte über die Steine rüber und watete durch kleine Seen. Unsere Nerven wurden immer strapazierter. Einerseits wurden wir in unseren Sitzen hin und her geworfen, andernseits war da immer die Angst, dass einer der Steine etwas aufreisst und Paji zum erliegen bringt. Wer könnte uns hier abschleppen?! Doch wir lernten bald, dass auch hier abschleppen nicht unmöglich wär. Uns kam nämlich ein Lastwagen entgegen. Ein Lastwagen mit Aufleger! Seine Last schwankte und das ganze Fahrzeug schien sich um die eigene Achse zu drehen. Als er an uns vorbeigehüpft war (das kann man wirklich nicht mehr fahren nennen), sahen wir den nächsten! Unglaublich, dies schien wirklich eine Durchgangsstrasse zur nahegelegenen Miene zu sein. Dabei war eine maximale Geschwindigkeit von 5 - 10 km/h möglich. Immer als wir dachten, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, wurde es noch schlimmer. Bald war uns klar, dass etwas kommen musste. Im besten Fall ein geplatzer Reifen oder der Dachträger, der sich löst. Dann sahen wir's: als wir um eine Kurve kamen stand mitten in der Strasse ein Lastwagen mit Anhänger. Neben der Strasse über den Abhang verteilt lagen einige Tonnen Baumstämme und geschnittenes Holz. Da der Lastwagen offensichtlich unbeschädigt war, fragten wir vorsichtig, wann mit einer Freigabe der Strasse zu rechnen ist. Sobald das Holz aufgeladen ist, war die Antwort. Sie entschuldigten sich für die Umstände und arbeiteten weiter. Und jetzt? Entweder warten wir, bis sie alles raufgeschleppt haben oder wir helfen mit. Wir zogen Flip-Flops aus und Arbeitsschuhe an. Die Männer kümmerten sich um die Baumstämme, die Frauen um die Holzlatten. Doch schon nach kurzer Zeit keuchten wir wie Walrösser. Kein Wunder, wir schleppten ja auch Holz auf über 4'000 m.ü.M. Nach einer Stunde sah das Bild immer noch genau gleich aus. Wir schienen noch nicht vorwärts gekommen sein. Unsere Kiefer klappten runter, als wir hörten, dass diese Leute dort schon seit 2 Tagen am Holz laden waren. Und sie waren immer noch unablässig und mit Humor bei der Sache. Respekt! Irgendwann wurde es dunkel und das Holz wurde langsam weniger. Wir hatten Holzspiesen in den Händen, in den Augen, im Mund und waren am Ende. Nach 4.5 Stunden war endlich alles auf dem Laster... Wir wollten nur noch eins, einen Schlafplatz suchen und schlafen. Sogar der Hunger war vergangen. Zwei der Helfer waren jedoch auf uns angewiesen und fragten, ob sie mit uns mitfahren können. Da sie mit einem anderen Laster hergekommen sind und der Holzlaster in die andere Richtung fährt, müssten sie jetzt heimlaufen. Trotz Müdigkeit konnten wir die zwei - Bruder und Schwester - nicht in der Dunkelheit, nach 2 Tagen Arbeit, heimlaufen lassen. Wir nahmen sie also mit bis ins nächste Dorf. Zum Glück bemerkten wir erst mit der Zeit, dass dieses Dorf noch 2.5 Stunden Fahrzeit entfernt war. Natürlich wurde die Strasse kein bisschen besser und man kam kaum vorwärts. Um 23 Uhr kamen wir endlich an. Leider erwiesen sich Bruder und Schwester bei der Suche nach einem Stellplatz als nicht sehr hilfreich. Also beschlossen wir, noch weiter zu fahren, bis wir aus dem bewohnten Gebiet raus waren. Da wir kaum sahen, wo wir dann in der Dunkelheit parkierten, verbrachten wir eine eher unruhige, kurze und auch kalte Nacht. Am Morgen waren im Innern des Autos die Scheiben gefroren...
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