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Montag, 27. Februar 2017 - Passat-Wolkendecke, 25°
Bei der Morgentoilette meine ich, Abwassergestank aus dem Ablauf des Spülbeckens zu riechen. Nach dem Frühstück schraube ich den Ablauf auseinander und putze die Teile. Leider ohne den gewünschten Erfolg, denn später am Tag stinkt es im Bad weiterhin. Also doch der WC-Syphon? Nach dieser Arbeit sind wir für den Tagesausflug etwas später dran als sonst. In der Ortsmitte können wir aber gleich in ein Aluguer nach Ribeira Grande einsteigen. Die Fahrt dauert nur wenige Minuten und kostet gerade mal 50 Escudos. Das Dorf ist, da eingeklemmt im Zusammenlauf zweier Flussbetten, kleiner als Ponta do Sol, aber wichtiger, da es ein Knotenpunkt mehrerer Strassen und das Zentrum einer grösseren Region ist, zu der auch Ponta do Sol gehört. Hier sollen die Einkaufsmöglichkeiten besser sein. Zunächst interessiert uns aber, wo das Haus steht, in dem wir ab Samstag für eine Woche wohnen werden. Es ist im Ortsteil Chã de Arroz, den wir über eine kurze Kiespiste im Flusslauf erreichen. Aufgrund des Bildes im Internet erkennen wir das gepflegte gelbe Gebäude leicht. Es steht hinter einer Bausteinmanufaktur ganz im Grünen inmitten von Zuckerrohr- und Bananenstauden.
Die geplante kurze Wanderung führt uns durch den tristen Ortsteil Tarrafal, an dessen Eingang mit einer leuchtenden Wandmalerei versucht wird, den grauen Gassen etwas Farbe zu verleihen. Unterhalb einer senkrechten Felswand direkt am steinigen Strand folgen wir für 300 Meter der Hauptstrasse, bevor wir auf einer groben, steilen Pflasterstrasse ein enges Tal hinaufwandern. Eine aus lauter gemauerten oder betonierten Einzelkoben bestehende Schweinemästerei schickt einschlägige Gerüche das Tal hinauf. Die Tiere in ihren engen Löchern tun uns leid, obwohl sie wenigstens freien Himmel über sich haben. Dieser ist heute über der Insel grau, über dem Meer jedoch rund herum blau. Das an manchen Tagen hartnäckige Passatwolkenfeld staut sich an den Bergen. Dafür weht heute der Wind weniger stark. Gegenüber einer dunkelgrauen Lavawand zweigt ein alter Weg ab, wie üblich gepflastert, dem wir in Serpentinen folgen, bis wir bei zwei soeben neu gestrichenen Villen die Strasse überqueren und auf einem Fussweg weniger steil weiter ein Tälchen hinaufgehen. Bald erklimmt der Weg rechts einen Rücken, und nach weiteren 200 ebenen Metern durch verwilderte Felder erreichen wir unser Ziel, die Abbruchkante über dem Haupttal. Unvermittelt stehen wir an einem Abgrund mit grandioser, wenn auch wegen der fehlenden Sonne einförmig grauer Sicht zu den verschiedenen zackigen Felskämmen im Norden. Hinter uns ziehen sich sanfte, teils grüne Rücken zum Meer hinab, auf denen überraschend viele Häuser stehen. Auch diese Gegend wurde fast überall terrassiert. Es muss hier einst ein enormer Bevölkerungsdruck geherrscht haben, der dazu zwang, in unendlicher Mühsal all diese vielen Terrassenfelder anzulegen. Wir begegnen nur ein paar Ziegen mit ihren süssen, meckernden Zicklein, die uns neugierig begucken. Wir setzen uns eine Weile hin, um die Aussicht zu geniessen. Ein einzelner Mann kommt den Weg herunter, auf seinem Kopf ein dickes Bündel Zuckerrohr.
Wieder im Dorf, suchen wir nach Lebensmittelgeschäften. Auf einen Supermarkt stossen wir nicht, und das Sortiment in den kleinen und Kleinstläden ist recht beschränkt. Immerhin gibt es eine gewisse Auswahl an Früchten; nach Papayas und Bananen suchen wir aber vergeblich. Das Aluguer, das wir nachher besteigen, dreht die notorische Runde durch die Gassen, auch an der Markthalle vorbei. Auch dort sind aber keine Bananen erhältlich, was unverständlich scheint, da wir in der Umgebung des Dorfes viele Bananenstauden gesehen haben. In Ponta do Sol fragt der Fahrer nach unserem Hotel. „Privado", lasse ich ihn wissen. Eine junge Frau, die etwas englisch kann, übersetzt dem Fahrer, in welche Richtung wir wollen, und er setzt uns beim Friedhof ab. Von hier ist es nicht mehr weit hinauf zur Wohnung. Am Abend ist Getrommel und Musik vom Dorf herauf zu vernehmen. Karnevalslärm. Um zuzuschauen, müssten wir den steilen, unbeleuchteten Weg hinabgehen, worauf wir gern verzichten.
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