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Nach einer halsbrecherischen siebenstündigen Busfahrt von Salento aus kamen Andy und ich erschöpft, aber zumindest heil in Medellin an. Hier regierte bis in die 90er Jahre der Drogenkönig Pablo Escobar. Mit seiner Erschiessung durch die Regierung im Jahre 1993 ging es mit Kolumbien aufwärts und der Friedensprozess mit der FARC, einer Guerillaorganisation, wurde aufgenommen. Ende November 2016 unterzeichnete die Regierung und die FARC den Friedensvertrag und dem kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos wurde der Friedensnobelpreis verliehen. Die Zahl der Touristen steigt jährlich an, was eng mit der sinkenden Kriminalitätsrate korreliert. Die Regierung hat sehr viel für die Sicherheit unternommen, was nicht zuletzt mit der hohen Polizistendichte zusammenhängt. Auch das Militär ist stark engagiert, sieht man doch vielerorts Soldaten an der Strasse mit dem Daumen nach oben stehen. Diese wollen nicht mitgenommen werden, sondern signalisieren den Autofahrer, dass der Strassenabschnitt sicher ist.
Botero ist ein kolumbianischer Künstler, der für seine grossen voluminösen Figuren bekannt ist. Diese erinnern an das Michelin-Pneumännchen und einige sind auf dem Plaza Botero ausgestellt. Nachdem wir Fotos von diesen geschossen hatten und ich ein Eis am Stiel hatte, was meinen Bauch nicht in Jubelstürme versetzte, zogen wir weiter zum botanischen Garten, der leider gerade schloss als wir beim Eingang eintrafen. Also überquerten wir die Strasse, um den weihnachtlich dekorierten Vergnügungspark zu bewundern. Kurze Zeit später stand die Welt für mich Kopf. Das Piratenschiff wollte ich mir nicht entgehen lassen, dass viele Loopings aneinanderreihte. Interessanterweise war jede Taxifahrt bislang adrenalinreicher gewesen als diese Bahn und mir wurde auch nicht schlecht.
Beim Verlassen des Parks kreuzten wir gegen 100 Polizisten, welche für die Sicherheit der Besucher der Weihnachtsbeleuchtung sorgten. Alle 20m stand ein junger männlicher Polizist. (Keine Ahnung warum es kaum weibliche Polizisten gibt - jedenfalls gibt es somit erst recht keinen Grund verhaftet zu werden.) Nichtsdestotrotz verliessen wir diesen Stadtteil bevor die Lichter angezündet wurden. Einen Eindruck der wunderbaren Beleuchtung erlangten wir in einem Park unweit unseres Hotels im Stadtteil Poblado, das die Partymeile der City und gleichzeitig ein sicheres Quartier ist. Es gibt allerlei Möglichkeiten Geld auszugeben. Restaurants, Bars, Clubs und … Frauen, die versuchten uns für sich zu gewinnen. Nach den feinen Abendessen tauchten wir jeweils ins Latino-Nachtleben Medellins ab.
Am 24. Dezember 2016 buchten wir eine Tour, die uns ins schmucke Guatape führte. Wir lernten das Sprichwort ‚Die Letzten werden die Ersten sein" auf andere Art kennen. Wir wurden als Erste abgeholt - viel zu früh für uns - und als Letzte wieder zum Hotel gebracht. Der Tagesausflug führte uns zum künstlichen Stausee, der für einen grossen Teil der kolumbianischen Stromversorgung sorgt. Ein riesiges Stück Land wurde dafür geflutet. Mitten im fjordartigen See ragt ein unübersehbares Kreuz aus dem Wasser. Hier stand vor der Flutung eine Kirche. Am Seeufer liegen diverse hübsche Villen, die einst der Kokainkönig Pablo Escobar für sich und seine Familienangehörigen kaufte. Eine Villa ist nur noch eine Ruine, sie wurde durch die rivalisierende Drogenmafia, dem Cali-Kartell, in die Luft gesprengt. Escobar und seine Clanmitglieder bekamen vom Anschlag Wind und konnten rechtzeitig durch einen Tunnel fliehen. Das Hauptziel des Ausfluges war aber der Piedra de Peñol, der dem Zuckerhut aus Rio ähnlich sieht und mittels rund 500 Treppenstufen durch uns bestiegen wurden. Zuoberst eröffnete sich uns eine wahnsinnig schöne Sicht auf die Fjordlandschaft. Den Weihnachtstag beendeten wir in einem feinen Restaurant und realisierten erst spät, dass unsere Sitznachbarn auch aus der Schweiz kommen und uns belauscht hatten, als wir uns über die Restaurantgäste unterhielten, ups!
Die ärmeren Quartiere Medellins liegen auf den die Stadt umliegenden Bergen. Nachdem die Skisaison in der Schweiz auf sich warten lässt, bestiegen wir halt Gondeln in Kolumbien und schwebten über die Häuser bis wir in einem Park wieder ausstiegen und vom Wetter feucht-frisch empfangen wurden. Wir nutzten somit die Zeit des heftigen Regenfalls fürs Mittagessen. Die Suppe beinhaltete viel Undefinierbares und schmeckte, naja, dem Wetter entsprechend.
Nach Cartagena, das im Norden am Atlantik liegt, flogen wir von Medellin aus, das kürzlich wegen eines Flugzeugabsturzes stark in den Medien war. Die Ursache für den Absturz war fehlender Treibstoff!! Unser Flug verlief störungsfrei, und auch das gebuchte Hotel erwies sich als gute Wahl. Cartagena gilt als die schönste Stadt Kolumbiens, was ich nachvollziehen kann. Die koloniale Altstadt wird durch eine Festungsmauer umringt, die ein zum entdecken einladendes verwinkeltes Tunnelsystem birgt. Mit Handy, Fotoapparat und Wasserflasche ausgerüstet, zwängten wir uns durch die engen, dunklen Tunnelgänge und fühlten uns um Jahrhunderte zurückversetzt. Plötzlich standen wir im Wasser und bevor wir das warme Meerwasser am Halse hatten, kehrten wir um und suchten einen anderen Ausgang. In der Zwischenzeit hatte sich eine attraktive Kolumbianerin an unsere Fersen geheftet, die nicht alleine die Tunnels erkunden wollte. Gentleman-like gaben wir ihr Begleitschutz, beschützten sie vor bösen Geistern und frischten gleichzeitig unsere Spanischkenntnisse auf.
Den besten Überblick der Stadt eröffnet sich vom Popa-Kloster. Diesen Tipp erhielten wir von unserer hilfsbereiten Hotelreceptionistin, die mit ihrer hellen Hautfarbe zur Minderheit in der Stadt gehört. Die meisten sind dunkelhäutig, was vom grössten Sklavenmarkt Südamerikas zur Kolonialzeit herrührt und bis zum heutigen Tag sichtbar ist. Manchmal wähnt man sich eher in Afrika als in Kolumbien, wenn echte ‚Mama Africa' Früchte auf dem Kopf balancierend feil bieten.
Einige traumhafte Strände liegen auf der Halbinsel Baru und der berühmteste heisst ‚Playa blanca'. Ich wurde in einem Reiseblog-Film auf diesen aufmerksam und konnte Andy davon überzeugen, eine Nacht dort zu verbringen. Gesagt getan, schon rauschten wir die 40 Minuten in Richtung Insel. Wenige Hundert Meter von der Küste stotterte der Motor und dann fiel er ganz aus. Was war passiert? Zu wenig Sprit? Zumindest ist es mir lieber, wenn dies im Boot und nicht im Flugzeug passiert!!! Nach längerer Wartezeit und unzähligen Versuchen den Motor wieder anzulassen, wurden wir von einem Schiff des gleichen Unternehmens abgeschleppt. An der Küste erfuhren wir, dass unser Hotel noch eine halbe Stunde entfernt ist und die private Bootsfahrt 100 Franken kosten soll. Auch als die Fahrt für 50 Franken angeboten wurde, erachteten wir dies als zu viel, so dass ich unser Hotel telefonisch annullierte und wir stattdessen zwei sehr simple Zimmer in einer Holzhütte bezogen. Die Einfachheit der Unterkunft zeigte sich bspw. im Umstand, dass das Wasser selten im Gemeinschaftsbad funktionierte. WC gab es drei Stück; eines kaputt, das zweite hatte zeitweilig keine Türe und das dritte war für Frauen reserviert. Ich wurde somit manchmal zu einer Lorenza ;-)
Nach dem Eindunkeln nahmen wir an einer magischen Tour teil. Im warmem dunklen Wasser plantschten wir und bei jeder Bewegung leuchtete das bewegte Wasser neon-grün. Die Rätsels Lösung ist das Plankton, welches sich für dieses Phänomen verantwortlich zeichnet. Nach einer besser als erwarteten Nacht und einem Badetag galt es, uns nach Santa Marta aufzumachen, was sich als nicht ganz so einfach gestaltete. Zunächst wollte man uns nicht glauben, dass wir auch die Rückfahrt bereits bezahlt hatten, dann wurden wir zunächst nicht an Bord gelassen und als wir schlussendlich im kleinen Bus in Cartagena bereit zur vierstündigen Fahrt sassen, streikte der Motor!! Alle wieder aussteigen - Buswechsel. Müde und hungrig legte ich mich nach der anstrengenden Fahrt und einer ersehnten Dusche (es kam natürlich auf der Insel Baru kein Tropfen aus der Duschbrause) sowie einem Wechsel von salzig zu süss aufs Bett - im Bett war es zu heiss.
Die Nächte sind nicht immer sehr erholsam. Es bleibt mir ein Rätsel was das ständige Hupen bringen soll. Wenn eine Strasse blockiert ist, wird sie durch das Hupen nicht frei, dafür bringt sie mich um wertvollen Schlaf. Öffentliche Toiletten mit Lichtsensor wären theoretisch gut, würden die Sensoren auch oberhalb der Kabinen installiert. So sind sie aber ein Sch…! Selbst Hampelmann-Turnübungen bringen in einem solchen Fall kein Licht ins Dunkel :-)
Am 30.12.16 planten wir mit Hilfe eines Reisebürovertreters unsere letzten Tage in Kolumbien. Kurz bevor sich das Jahr 2016 verabschiedete, besuchten wir den berühmten Nationalpark Tayrona. Auf der Fahrt mussten wir unsere Passangaben auf einer Liste eintragen. Ganz nach dem Motto 'Reduce to the max' hatte ich nur das Nötigste mitgenommen - statt Portemonnaie nur ein paar Geldscheine. Leider befand sich meine Passkopie aber im Portemonnaie, die aber zwingend für den Parkeintritt ist. Ups!!! Der Tourguide, der ein unverständliches kolumbianisches Spanisch sprach - ich verstand jeweils nur ‚muy importante' - erklärte mir, ich sollte dennoch in den Park eingelassen werden. Beim Aussteigen wurden die Passkopien eingesammelt und ich wurde nicht aufgehalten. Ich erhielt kurz darauf auch meinen Eintrittsbändel. Ich hatte es geschafft und konnte beruhigt wieder in den Bus einsteigen, der uns an den Startpunkt der 2.5 stündigen Wanderung fuhr. Bevor aber der Motor angelassen wurde, der übrigens einwandfrei funktionierte, stieg ein Park-Mitarbeiter in den Bus, um zu checken, ob auch die richtigen Leute in den Park fahren! Kurz vor dem Ziel sollte ich also scheitern. Ich sah mich bereits, wie ich aus dem Bus hinausbegleitet werde. Der Kontrolleur fragte, wer Kolumbianer sei. Sollte ich auch die Hand heben? Vielleicht mussten die Einheimischen den Pass nicht vorweisen. Meine Hand blieb unten. Nach wenigen Alibikontrollen wurde dem Chauffeur das Ok erteilt, und ich konnte definitiv den Park erkunden. Auf einem ausgetretenen Pfad schlängelten wir uns um durch die abwechslungsreiche Flora. Tiere erblickten wir bis auf Ameisen und Transportpferde keine. Die wenigen Mücken hätte ich aber gerne gesehen. Dieses Interesse beruhte aber nicht auf Gegenseitigkeit, hätte ich sie nämlich erblickt, würde 2017 ohne sie stattfinden. Während der Busfahrt wurde mir bewusst, dass meine Badehose den Ausflug nicht angetreten hatte - wohl oder übel mussten meine Shorts in die Bresche springen. Mein Bauch gab mir klar zu verstehen, dass er eine nasse Hose einen ganzen Tag lang nicht schätzt.
Am letzten Strand kreuzte plötzlich ein Leguan unseren Weg. Selbst ein Royal wird nicht mehr fotografiert. Wie ein Star auf dem roten Teppich posierte er vorzüglich. Alle 30 Sekunden lief er einige Schritte, um auch bewegte Bilder zu produzieren. In der heutigen Zeit von Youtube liegt dies auf der Hand. Auf einem ca. 20m hohen Felsen zwischen zwei Stränden stand eine Hütte mit einigen Hängematten. Es ist bestimmt ein Erlebnis so zu nächtigen. Für alle Sinne ist gesorgt - Meeresrauschen, freier Blick auf den Mond, Hängematten, die im Wind schwingen und so an eine Wiege erinnern, salzgetränkte Luft und ein bestimmt unvergesslicher Duft … der anderen Camper und des Abfalls der Tagestouristen. Als Bauchschläfer, nicht (mehr) Fan von Massenschlägen bzw. Moskitos bevorzuge ich andere Unterkünfte.
Am Nudistenstrand startete unsere einstündige Fahrt nach Taganga. Unterdessen in fast trockenen Shorts wurde die Fahrt frisch-fröhlich - zuerst noch fröhlich, dann nur noch frisch. Schon bald waren nämlich alle auf dem Boot frisch geduscht, und die Fröhlichkeit wich dem Blick auf die Uhr. Mitten auf dem Meer stoppte urplötzlich das Boot. Bitte nicht schon wieder der Motor!! Nein, dieses Mal musste die Hälfte der Migranten- bzw. Touristen das überladene Boot wechseln. Grund: Befürchtung die Polizei würde im Hafen die Bootsbetreiber büssen. Tropfnass genossen Andy und ich den traumhaften Sonnenuntergang im ehemaligen kleinen Fischerdörfchen Taganga bei einem Bier. Zurück im wohlhabenderen Quartier ‚El Rodadero' Santa Martas breiteten wir uns für den Silvesterabend vor. Ohne ein Restaurant reserviert zu haben, zogen wir los. Wir endeten in unserem Hotelrestaurant. Am Strand lernten wir die kolumbianischen Schwestern Alejandra und Manuela kennen, mit denen wir aufs neue Jahr anstiessen. Kurzfristig (um 23.30Uhr!) hatten Andy und ich noch einen Schaumwein aufgetrieben, und spontan buchten wir noch Strassenmusiker, die ‚nur für uns' am Strand kolumbianische Lieder zum Besten gaben. Dazu schwang ich mit Alejandra noch die Hüften und merkte schnell, dass ich noch länger in Kolumbien bleiben muss, bis ich gleich geschmeidig wirke . Im Laufe des feucht-fröhlichen Abends, dieses Mal mit anderer Definition der Worte, stiessen noch Freunde der Schwestern zu uns, u.a. das Ehepaar Rodrigo und Luz (= Licht). Rodrigo ging in der letzten Woche des Jahres ein Licht auf, dass er seiner Frau mitteilen sollte, dass er sie seit zwei Jahren betrügt!! Das neue Jahr beginnt folglich für Luz alles andere als gut - kein Lichtblick! Diesen erhielten dafür alle dank den spärlichen Feuerwerken, die wegen der Gefährlichkeit eigentlich verboten sind.
Der erste Tag des neuen Jahrs ist schnell erzählt. Nachdem wir eine Stunde auf Alejandra und Manuela für ein gemeinsames Mittagessen gewartet hatten und ich wegen fehlenden Respekts und Hungers nicht gut aufgelegt war, verabschiedeten wir uns gleich nach dem Essen in Richtung Zentrum Santa Martas, wo wir für die letzten drei Nächte ein Hotel mit Dachpool gebucht hatten. Dort oben mit Sicht auf die Stadt und den Hafen liessen wir den Nachmittag ausklingen.
Nicht viel aktiver waren wir am 2. Januar 2017. Um 7 Uhr wurden wir mit dem Bus abgeholt und an den Strand ‚Cristalles' - nomen est omen - gekarrt, der auch im Nationalpark Tayrona liegt. Nach dem Abendessen trafen wir uns mit dem sich in Trennung befindenden Paar für einige Drinks. Luz flirtete währenddessen mit mir - Rodrigo schien nicht HELL begeistert. Dachte er dabei an die englische Übersetzung des Wortes? Ist er ein helles Köpfchen? Dies blieb alles im Dunkeln trotz Luz.
Am letzten Tag in Santa Marta gönnten wir uns einen ruhigeren Tag, zumindest was die Bewegung betrifft. Ich reklamierte telefonisch bei Booking.com betreffend der in Rechnung gestellten Hotelnacht auf der Insel Baru, die ich annulliert hatte. Dann suchte ich das Gespräch mit dem Reisebüro, das uns die ‚Playa Cristalles-Tour' verkauft hatte. Wir hatten 170'000 statt 95'000 Pesos wie andere Touristen bezahlt. Es stellte sich heraus, dass wir ungewollt noch einen englischsprechenden Tourguide gebucht hatten - für einen Strandbesuch vollkommen unsinnig, zumal wir ja Spanisch sprechen können. Ich konnte einen Kompromiss aushandeln :-). Den restlichen Nachmittag verbrachte ich am Pool und schrieb diesen Reisebericht im Schatten - die Sonne hatte keinen ruhigeren Tag eingelegt und gab volle Kraft.
An anderes Wetter muss ich mich rasch gewöhnen, fliegen wir doch bereits am 4.1.17 nach Bogota und am folgenden Tag via Cali und Amsterdam ins kalte Zürich. Daran möchte ich noch gar nicht denken, noch heizt mir die Sonne meinen eigenen ‚Pelz' auf, während in Zürich Pelz getragen muss. Mit einer KLM-Maschine werde ich in die Schweiz zurück befördert. Die Abkürzung KLM verstehe ich als ‚Kolumbien Lass Mich' (hier). Dies wird wohl nicht geschehen, so dass ich mich freue, dich dieses Jahr wieder zu sehen. Fürs 2017 wünsche dir alles Gute! Möge es ein tolles Jahr voller Freude werden :-) !
Saludos y hasta la vista
Don Lorenzo
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