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Incredible India!
Fantastisch, schmutzig, aufdringlich, religioes, laut, chaotisch, neugiering, liebenswert, hilfsbereit, arm, aber vor allem faszinierend, versucht man Indien zu beschreiben. Aber irgendwie fehlen einem dann doch die Worte, wenn man hier ankommt. Zumindest fuer die ersten 5 Tage, welche wir in Varanasi verbrachten. Man lernt, dass man mit dem eigenen gelernten Weltbild, das Indische nicht verstehen kann. So wirft man dann schnell die Schweizerischen „Manieren" ueber Bord und draengelt, schuppst und drueckt sich in indischer Manier durch das Gewusel. Indien ist komplett ueberbevoelkert. Es gibt keine Privatsphaere, man ist nie alleine, wird stanedig beruehrt und es wird immer gedraengelt, im Zug sitzt man meist halb aufeinander. Oeffnet man ein Buch, hat man sofort 4 bis 5 Koepfe die „mitlesen" (50% sind Analphabeten aber das hindert nicht) und neugierig fragen stellen, wohlgemerkt nicht ueber das Buch. Regt man sich auf, wird dies nicht verstanden und zwar nicht weil man Gast im Land ist, sondern weil die Einheimischen hier gar nichts anderes kennen. Diese Masse an Menschen macht vor allem die Logistik nicht gerade einfach, weil schlicht und ergreifend, die Kapazitaet nicht immer vorhanden ist, besonders, wenn man etwas flexibler reisen will. Wir haben uns saemtlichen Fahrweisen gestellt, auch die lokale Holzklasse und es ist definitiv abenteuerlich und fuer uns oft total unbequem. Wir standen 5 Stunden im lokalen Zugwaggon. Ein Bus schmiss uns irgendwo im indischen Nirwana raus und wir endeten in einem kleinen Jeep mit 28 anderen Menschen, zusammengepfercht fuer 3 Stunden usw. Irgendwann nimmt man es gelassen oder zumindest gelassener, weil es anders nicht geht.
Unsere Tour durch Indien fuehrte uns von der Nepalesischen Grenze nach einer Busfahrt, welche immer noch Platz eins der fuchtbarsten Busreisen meines Lebens einnimmt, nach Varanasi, der Stadt am Ganges. Von dort reisten wir nach Khajuraho und besuchten die Tempel, welche das Kamasutra inspiriert haben. Nach einem kurzen Stopp in Orcha, verbrachten wir 5 Tage in Agra und besuchten den Taj Mahal. Dann planten wir spontan um, da gerade der Kamelmarkt in Pushkar gehalten wurde und reisten dahin, in der Region Rajastan, Kamele anschauen. In Rajastan besuchten wir Jaipur (die pinke Stadt), Udaipur (die weisse Stadt), Jodhpur (die blaue Stadt) und Jaisalmer (die goldene Stadt). Danach one way to New Delhi unserer letzten Station bevor wir in 2 Tagen nach Jordanien fliegen.
Die Stadt am Ganges
In Indien und besonders in Varanasi am Ganges, ein wichtiger heiliger Ort, ist der Altag gepraegt von religioesen Ritualen und Zeremonien. Es ist ein Schmelztigel verschiedener Religionen, Hinduismus, Islam, Buddhismus, Jain, etc. die hier friedlich nebeneinander existieren. Die Menschen leben hier am und im Ganges. Rituelle Baeder, beten, meditieren, kremieren, das letzte Geleit geben, aber auch Bueffel waschen, Waesche waschen, einen Schwatz halten, Geschaefte machen, kochen und vor allem ein Schlaefchen halten, tun die Pilger und Einheimischen am Ganges. Der Ganges ist der Ort, um zu sterben. Viele Pilger kommen nach Varanasi, um die Asche der Verstorbenen, dem Ganges zu uebergeben. Hindus aus ganz Indien reisen nach Varanasi, wenn die Zeit gekommen ist und warten hier auf den Tod. In den offenen Feuern am Fluss werden pro Tag 300 bis 400 Menschen kremiert. Dabei wird entweder Sandelholz (fuer die Reichen) oder Banyan Holz (guenstiger fuer die Armen) verwendet, wobei auch bei der guenstigeren Variante zumindest etwas Sandelholz beigefuegt wird (auch wegen dem Geruch). Nach der Verbrennung wird die Asche und bei Frauen ein Teil des Hueftknochens und beim Mann das Brustbein, dem heiligen Fluss mitgegeben. Reine Menschen unter anderen Priester, Kinder, schwangere Frauen (wegen dem Foetus) werden nicht verbrannt, sondern die Leiche wird als Ganzes dem Ganges uebergeben. Das fuehrt manchmal zu, fuer uns, bizarren Momenten, wie zum Beispiel, wenn dann eine Leiche mit einem Touristenboot kollidiert. Aber grundsaetzlich ist es auch auf dem Fluss ein friedliches Nebeneinander und wie die Religion nah am Altag ist, ist hier der Tod sehr nah am Leben.
Der Fluss ist komplett verschmutzt. Meiner Meinung nach das Gefaehrlichste was ich je gemacht habe sind die zwei Flussfahrten auf der Bruehe. Die Verschmutzung kommt aber nicht etwa durch die Menschen, welche hier Baden und den Ueberresten der Leichen, sondern durch die Abwesenheit von Klaeranlagen fuer die Bevoelkerung und Industrie. Varanasi und das gilt auch fuer den groessten Teil Indiens ist dreckig. Die Menschen haben null Relation zu Umweltverschmutzung, schmeissen schlicht und ergreifend alles auf die Strasse oder in die Natur. Einige verrichten auch saemtliche Geschaefte auf der Strasse - was ja zum Glueck organisch ist - aber es hat mir Einblick in die etwas andere Funktion eines Saris gegeben.
-> Fotoalbum Varanasi
Liebe, Sex und Zaertlichkeit
Weisser Marmor glaenzt in der Sonne, das Mausoleum Taj Mahal (Taj bedeuted Krone, Mahal bedeuted Palast) welches der Mughal Emperor Shah Jahan seiner dritten Frau Mumtaz gebaut hat, ist ein fantastisches Bauwerk und wird mit Recht als eines der schoensten Bauwerke der Welt bezeichnet. Als der Taj Mahal fertig gebaut war, wurde Shah Jahan von seinem Sohn ueberwaeltigt und im Fort von Agra fuer die letzten 8 Jahre seines Lebens in einem Turm eingesperrt. Von diesem Turm konnte Shah Jahan genau sein wundervolles Bauwerk sehen und sich an seine Liebe erinnern. Nach seinem Tod wurde er neben seiner Liebsten im Taj Mahal bestattet.
Auf einem Tagesausflug entdeckten wir auch Fatehpur Sikri, wo wir den Palast des Grossmoguls Akbar besuchten. Auch Akbar hat fuer eines seiner Herzblaetter ein Memento gebaut. Ein schoener Turm etwas ausserhalb des Palastes erinnert den Besucher noch heute an seinen liebsten Exekutionselefanten.
Die Kamasutra Tempel in Khajuraho sind mittelalterliche Hindu und Jain tempel, welche unter anderem explizite Liebespraktiken zeigen. How shocking! Als die Briten diese Tempel zum ersten Mal zu Gesicht bekamen. Das wirklich einzigartige, neben der liebestechnischen Inspiration, ist aber das filigrane und detailierte Handwerk....genau!!
-> Fotoalbum Liebe
Which Country?
Der Pushkar Kamelmarkt ist der wichtigste Kamelmarkt in Indien und neben dem jaehrlichen Spektakel vor allem ein Marktplatz fuer Kamele, Pferde und Rinder. Menschen aus ganz Indien reisen an, von den entlegensten Gebieten, der Markt ist ueberfuellt, farbig und so wie wir Touris die Einheimischen bestaunen, wird man selber bestaunt, fotographiert und klar - ausgefragt.
Jedes Land, das wir besucht haben, hatte einen „Signature Sentence", der in Indien war „Which Country?" (Thailand: „Bucket, Bucket Chip Chip", Indonesien: „Transport? Yeeeeees", Franzoesisch Polynesien: "Maururu, ce n'ést pas grave", Vietnam: "If you buy, buy from meeeee", etc.). Jede Konversation startet mit "Which Country?" und kann dann beliebig weiter gehen, meistens in Richtung Verkaufsgespraech, aber es gibt verschiedene Varianten. Als Frau ist meistens die naechste Frage „Is he your husband?", gefolgt von „How many children?" und „Where are they?" und abschliessend „Your husband has nice beard". Ist ja noch glatt am Anfang und man darf auch alles zurueckfragen, aber irgendwann ist es eine Endlosschlaufe. So begannen wir uns einige Zusatzidentitaeten zuzulegen, um die Sache etwas Spannender zu gestalten. In Pushkar waren wir Vladimir und Svetlana Boskop aus Polen auf der Suche nach einem schoenen Pferd fuer unsere Pferdezucht im Sueden von Warschau. Polnisch koennen die nicht und unser koratisches Dobre Dan (Guten Tag) wurde weitlaeuftig als polnisch akzeptiert. Den mexikanischen Arzt mussten wir wegen potentiellen Notfaellen im Zug aendern und so wurde aus dem Arzt ein Archaeologe.
-> Fotoalbum Pushkar
Farbenfroh
Jaipur, die pinke Stadt ist eher okker und Startpunkt fuer die Erkundung der Region Rajastan. Wir verbrachten nur eine Nacht dort.
Udaipur ist die weisse Stadt und beruehmt als Drehort des James Bond Filmes Octop**** Der Film wird als Endlosschlaufe in fast jeder Bar und jedem Restaurant gezeigt. Am Abend sassen wir auf dem hoechsten Dachterassen-Restaurant, schauten den Film und konnten gleichzeitig die jeweiligen Drehorte sehen. Die Stadt ist echt schoen, also zumindest die Altstadt, die wir gesehen haben und zeigt sich vor allem in der Nacht, wenn die Sehenswuerdigkeiten beleuchtet werden, von der romantischen Seite.
Jodhpur ist die blaue Stadt und ist definitiv blau. Auf dem lokalen Huegel scheint das eindrueckliche Fort aus dem Stein zu wachsen. Mir gefiel Jodhpur am Besten.
Jaisalmer ist die goldene Stadt und das Wuestenfort erinnert einem an die Geschichten von Sindbad. Wir wohnten in einem alten Haveli, welcher Teil der Fortmauer bildete und schliefen im Maharadscha Zimmer voll mit Teppichen und farbigen Kissen. Von Jaisalmer aus unternahmen wir die obligate Kamelsafari und verbrachten eine Nacht unter dem Sternenhimmel inmitten von Sandduenen. Unser Kamelfuehrer war auch ein Spitzenkoch. Logischerweise erwischte ich das „Leading Camel", welches komplett unbeeindruckt von meinen Richtungsangaben war und genau das machte, was es wollte. Und seinen Job als leading Camel war ihm wohl auch nicht immer bewusst. Meistens war unsere Karavane weit weg von meinem Kamel! So zogen wir durch die Wueste, begleitet von Myriaden von Fliegen und vor allem von Kamelfuerzen. Das wirklich Schoene an der Safari war vor allem nach 3 Wochen Staedte und Menschen wieder einmal weg von den Massen in die Natur zu kommen. Indien im Norden gestaltete sich mehrheitlich eher als Staedtereise und Natur, unter anderem definiert als Abwesenheit von Menschen, kommt selten vor.
-> Fotoalbum Farbenfroh
Nun sind wir in Delhi und brechen bald zum Flughafen in Richtung Jordanien auf. Delhi ist schmutzig, laut (was ja nichts Neues ist) und man hat den ganzen Tag das Gefuehl es sei Abend, da es extrem Smog/Nebel hat. Wir besuchten einige Sehenswuerdigkeiten hier, aber das Eindruecklichste war natuerlich der indische Altag. Die Stadt selber ist nicht schoen, die Slums sind beeindruckend und der Dreck ueberall. Dennoch hat Delhi einige Sehenswuerdigkeiten aus alter Vergangenhei und es leben soviele Menschen hier, dass man der Stadt doch einige Augenblicke widmen sollte.
In der Zeit, die wir hier in Indien verbracht haben, haben wir uns kein einziges Mal unsicher oder bedroht gefuehlt, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit, entspannt, friedfertig und neugierig. Wenn man bedenkt, wie viele Menschen hier auf engstem Raum zusammenleben, ist das schon bemerkenswert.
Indien hat uns fasziniert, taeglich zum Staunen gebraucht, sprachlos gelassen und herausgefordert - eben Incredible India!
Nach acht Wochen vegetarisch, koennt ihr euch gar nicht vorstellen, wie mir meine innere Stimme zufluestert - noch 8 Tage zum Jamon Iberia in Madrid!
Bis bald
Luzia und Markus
- comments
Hildegard Grüninger Ich bin von diesen Eindrücken, wie erschlagen und finde beinahe keine Worte. Reisebericht und Fotos sind fantastisch und geben mir ein echtes Bild von Indien. ********** Ich wünsche euch, dass ihr bald zu einem Stück Fleisch kommt. Auch schön euch auf Fotos zu sehen-Markus wie ein Inder -Luzia eine richtige Kamelreiterin - Freudensprung im Sand genial!! Dank und Gruss von Mam Hildegard