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Ich habe es tatsächlich geschafft bis halb acht zu schlafen und bin beim blauem Himmel und Sonnenschein aufgewacht. Hey, jetzt kann der Tag ja nur gut werden. Zum Frühstück gab es drei hausgemachte Blaubeer-Pfannkuchen. Wie über all sonst im Albert House Inn ist auch der Frühstücksraum im extrem verspielten Blümchentapeten-Look gehalten. Im Internet sah das alles sehr schnuckelig aus, aber hier und da ist doch ein bissl Schmuddel. Da hätte man lieber etwas mehr Energie ins Saubermachen stecken sollen, als in die Gestaltung der Homepage... (Ich weiß, das sagt genau die Richtige..). Aber nichts was wirklich dolle stört, passt schon. Die Lage ist auch ideal, nicht nur direkt an der Bushaltestelle sowohl vom Flughafen als auch zur Arena, sondern auch nur einen kurzen Spaziergang vom Parliament Hill und der Innenstadt entfernt. Und so machte ich mich nach den Früstück auf den Weg, ganz schön kalt war es noch. Die Parlamentsgebäude, groß und massiv, aber mit verspielten Türmchen und grünen Dächern, machten sich gut vor dem blauen Himmel. Und noch besser gespiegelt in den Fassaden der gegenüberliegenden Hochhäuser. Der "Parliament Hill" ist ein ordentlicher Hügel und liegt hoch über dem Ottawa River. Direkt an seinem Steilhang dann die Ottawa Locks, mehrere hintereinander liegende Schleusen, die die Schiffe vom Rideau Canal runter zum Ottawa River geschleust haben. In Betrieb ist das ganze wohl nicht mehr, denn mitten drin steckt ein Museumsschiff, das gerade restauriert wird. Auf der anderen Seite der Schleusen thront das geschichtsträchtige Hotel Chauteau Laurier, noch mehr verspielte Türmchen.
Dahinter der Major Hill's Park in dem das überall gerühmte Tulip Festival gerade jetzt stattfindet. Hmmmm, alles was ich sehe, sind zwei Tulpenbeete, wie man sie in jedem kleineren deutschen Stadtpark finden würde.... Ich gehe noch mal an den Locks entlang nach unten und ruhe mich ein bißchen auf einer Bank am Wasser aus. Ganz langsam wird es wärmer. Dann geht es weiter in das Byward Market Viertel.
Mehrere Straßenzüge mit bunten kleinen Häuschen und mittendrin eine alte Markthalle. Das ganze Viertel ist voller Leben, das ist genau was mir gefällt. Bunte Fassaden bestaunen, die Kunsthandwerksstände und kleinen Läden ansehen, die Vielzahl der angebotenen Lebensmittel bestaunen (u.a. kleine grüne Spiralen, offenbar eine mir komplett unbekannte Gemüsesorte) und dem regen Treiben zusehen. Auch eine Menge Straßenkünstler waren da. Ganz besonders fasziniert haben mich ein Chocolatier, eine Bagel-Lounge und eine Konditorrei mit ausgefallen gestalteten Gebäckstücken, wie schade, dass ich das nicht alles durchprobieren konnte. Ich beschloss erst mal komplett zu widerstehen, sicher werde ich auf meinem Rückweg durch die Fußgängerzone zur "Kaffeezeit" auch noch was nettes finden. Stattdessen Mittagessen beim Inder in der Markthalle, auch lecker.
Vor meiner Abreise hatte ich mehrfach gehört, dass Ottawa eher langweilig sei, daher wurden meine Erwartungen klar übertroffen. Rückweg durch die Sparks Street Mall, Ottawas Fußgängerzone, die aber nun in der Tat langweilig war. Viele leerstehende Läden und breite Bankfassaden, wenige Schaufenster. Und keine Konditorei!! Daher Kaffee Togo im Supermarkt gegenüber dem Hotel, mit Vanillearoma, extrem lecker. Inzwischen war das Wetter richtig warm. Trotzdem lieber noch mal die Beine hochgelegt, vor dem großen Konzert.
Wie verabredet pünktlich um 5 habe ich mich im Hotel mit Fanfreunden getroffen, die schon zwei Wochen in Kanada sind und nicht nur viel vom Land sondern auch schon einige Konzerte gesehen haben. Sie haben inzwischen den Spitznamen "die deutsch-holländische Reisegruppe" weg. Sie ersparten mir eine erneute Busfahrt (die auch sehr kompliziert geworden wäre, weil mein Bus von gestern heute gar nicht fuhr) und nahmen mich in ihrem Mietwagen mit zur Halle. Dort hatte ein kanadischer Fan ein kleines Fantreffen organisiert und so hatten wir Gelegenheit, einige kanadische Fans und auch ein aus den USA angereistes Ehepaar kennen zu lernen. Es waren sogar Leute da, die ihn noch als Vorgruppe von Supertramp kannten. Für sie alle ist ein Chris-Konzert natürlich viel besonderer als für uns, denn er war zum letzten Mal vor sieben Jahren hier. Chris Karriere hatte mehr oder weniger mit dem Erfolg des Spanish Train Albums in Kanada begonnen und es wird immer wieder erzählt, wie sehr sie ihn lieben und natürlich wie gerne er auch kommt. Das war natürlich der Hauptgrund, unbedingt ein Konzert hier sehen zu wollen. Umso enttäuschter war ich, als ich auf dem Weg im Auto erfuhr, dass die Kanadier sehr viel zurückhaltender sind als die Deutschen, bei den beiden ersten Konzerten gar überhaupt niemand an der Bühne stand - außer einigen verrückten Deutschen. Die beiden Mädels aus der Pfalz, die mich am nächsten Tag mit nach Montreal nehmen wollen, stießen auch noch zu dem Fantreffen. Wir haben noch eine Kleinigkeit gegessen und dann ging es los.
Diesmal hatte ich einen Platz auf der Tribüne, was es ohnehin fraglich machte, ob ich zu einem Dancing-Part in den Innenraum gelangen könnte. Aber als ich mich entgültig für die Reise entschied, war der Innenraum bereits komplett ausverkauft. Mein Platz war ziemlich seitlich der Bühne, in der vorderen Reihe der Tribüne, aber ein hohes Geländer vor mir und auch eines neben mir, da ich an einem Durchgang saß. Das bedeutete nicht nur ein unschönes Knastgefühl, sondern auch, dass ich keine Chance hatte, auf die Schnelle in den Innenraum zu gelangen, zumal an den Durchgängen die Tickets kontrolliert wurden.
Als die ersten Takte der Moonfleet-Ouvertüre erklangen, erschien es mir fast unwirklich, dass ich wirklich hier war! Aber oh weh, bei den ersten Songs war Chris nicht wirklich gut bei Stimme, zum Glück hat er sich später gefangen. Und obwohl ich eigentlich gar nicht so weit von ihm weg saß, konnte ich sein Gesicht nicht erkennen, denn es fiel so viel Licht auf ihn, dass er (so weit von der Seite wie ich schaute) wie ein überbelichtetes Foto aussah. Ich machte mir aber große Hoffnungen, an meinem Sitzplatz noch etwas zu ändern, da ich in der ersten Reihe zwei freie Plätze entdeckte. Die Hoffnung zerstreute sich erst bei "Ship to Shore", als die Inhaber der Plätze doch noch auftauchten.
Auf dieser Tour hat Chris einen anderen Gitarristen an Bord, da Al wohl verhindert war. Neil hatte früher eine ganze Zeit in der Band gespielt (zu jener Zeit, als ich konzertmäßig am wenigsten aktiv war) und war jetzt eingesprungen. Es hat sich bereits seit Beginn der Tour gezeigt, dass er etwas frischen Wind auf Facebook bringt, und daher hat er bei mir schon Sympathiepunkte gesammelt.
Chris begrüßte das Publikum mit einigen französischen Worten, vorwiegend jedoch in Englisch. Später hat er noch einmal französisch gesprochen. Für Spanish Train hat er einen erkennbar größeren Applaus bekommen als in Deutschland und er hat auch erwähnt, dass dieser Erfolg in Kanada ein entscheidender Punkt für seinen Karrrierebeginn war. Die Setlist war im ersten Teil um zwei Songs verkürzt. Zu dem Gitarrensolo-Ausklang von "The Leader" mimte Neil allerlei Rockerposen und spielte auf dem Boden kniend. Hmm, sicher ist das das beste Gitarrensolo in der Setlist und somit seine Chance sich auszutoben, aber zu diesem Song und dem schockierden Film fand ich es nicht passend. Da singt Chris so schön im Halbdunkel, um die Aufmersamkeit beim Film zu lassen, und dann zieht der Gitarrist eine Show ab. Och nö, kann man dem armen Kerl denn nicht noch einen anderen Song in die Setlist bauen, wo er sich richtig austoben kann? An einer passenderen Stelle würde ich es wirklich gerne sehen.
In der Pause gelang es mir, an der Ticketkontrolle vorbei in den Inneraum zu huschen. Aber was tun, wenn kein Platz frei ist? Ich stellte mich in den Durchgang, der der Bühne gegenüber lag, und tat so, als ob ich stehen und tanzen wollte. Das heißt, natürlich tat ich nicht nur so, sondern ich tanzte auch. Das hat auch mal wieder Spaß gemacht, zu den Songs, zu denen man sonst sitzen muss. Aber irgendwie war es auch ärgerlich, mit den teuersten Ticket aller Zeiten in der Tasche ganz hinten zu stehen. Aber schlechter als der seitliche Gitterplatz war es auch nicht, zumal ich mich bewegen konnte. Die Bühne stand diesmal in der halben Halle und somit war ich doch viel näher dran als bei Bryan.
Zu Borderline lief der übliche Film, wow, was ein Gefühl, den Mauerfall und das Brandenburger Tor hier, 6000 Kilometer entfernt von zuhause zu sehen. Und ich staunte nicht schlecht, als es auch hier Standing Ovations dafür gab. S.O.S war in den zweiten Teil des Konzertes gerückt. Dafür war "Mona Lisa" komplett gesstrichen, megaschade!! Bei ("People of the World") "Stand up for Freedom" standen auf der einen Seite zwei und auf der anderen Seite vier Leute sofort auf und nun wußte ich genau, wo die Deutschen saßen. Auf der einen Seite folgten die meisten Leute, die andere Seite blieb sitzen.
Der Soloteil wurde ellenlang. Lonely Sky spielte er am Klavier, ich glaube, so habe ich es noch nie gehört. Dann folgte zu meiner großen Überraschung und riesigen Freude "The Tower", ein alter Song aus eben jenem kanadischen Erfolgsalbum, den ich noch nie zuvor live gehört habe. Weiterhin gab es solo "Let it Be", "Transmission Ends", "Those were the days" (kommt auch hier super an) und "Peaceful Waters".
Ich hatte inzwischen einen freien Platz am Gang in der letzten Reihe entdeckt auf den ich mich setzte, als es in meinem Durchgang etwas unruhig wurde, weil die Security offenbar mit einem Randalierer im Flur vor der Halle beschäftigt war. Nun saß ich neben einem Herren, der ausgesprochen lauthals über all die Witze lachte, die ich schon mitsprechen konnte.
Zu "Lady in Red" kam Chris natürlich die Treppe hinunter (ein großes Raunen ging durch den Saal) und lief zu meiner Überraschung direkt in den Mittelgang. Das war aber jetzt meine große Chance! Ich stellte mich und trat einen Schritt in den Gang. Chris kassierte auf seinem Weg nach hinten schon einige Knuddels. Er lief am anderen Block, also an der anderen Seite des Gangs entlang. Aber er hat mich gleich entdeckt (und ich denke auch erkannt) und kam zu mir herüber und hat mich angelacht und bereitwillig umarmt. Na, wenn das mal nicht die 12000-Kilometer-Reise wert war!! (Ähem, natürlich ist Ottawa eine schöne und interessante Stadt und was ich eigentlich sagen wollte, es war die Reise wert sie bei stahlendem Sonnenschein kennen zu lernen.)
Na, das hat ja gepasst. Ich hatte ohnehin beschlossen, das Konzert zu meinem Geburtstagskonzert zu erklären. Leider will ja morgen keiner für mich spielen. Aber schließlich ist es jetzt in Deutschland schon der 6. Mai. Chris hatte eine ganze Menge zu tun, die Zahl der knuddelwilligen Damen war größer als bei uns. Einmal musste er ein Grüppchen von gleich vier Frauen, allesamt im roten Kleid, auf einmal umarmen. Als er wieder auf der Bühne war, tat er so, als würde er sich erst mal die ganzen Küsschen abwischen.
Zum Dancing Part sind die Leute dann doch vor die Bühne gegangen, wenn auch etwas zögerlich, und vom Gang aus war es jetzt für mich natürlich kein Problem, weiter nach vorne zu gelangen. Ich bin aber dann doch etwas weiter hinten vor der ersten Stuhlreihe stehen geblieben, es schien mir plötzlich einfach zu unverschämt, den Kanadiern, die ihn so selten sehen, den Platz wegzunehmen, gerade jetzt, wo ich doch schon einen Knuddel kassiert hatte. Eine Dame zwängte sich noch direkt vor mich und sagte entschuldigend, die Kamera in der Hand, "just for a photo" zu mir. Es ist ein ziemlich langes Foto geworden, das bis zum Ende des Konzertes gedauert hat. Aber egal, ich habe allemal gut gesehen und eine Menge Spaß gehabt, gerade wo es doch gar nicht sicher war, ob es einen Dancing Part geben wird und ich dabei sein kann. Die erste Zugabe war dann, jaahhaa, ich hatte ja schon von der deutsch-holländischen-Reisegruppe gehört, dass es auf der Setlist war, "Patricia"!!! Patricia ist immer und überall hin eine Reise wert, auch wenn diesmal leider keine Unterwäsche geflogen kam.
Am Ende, bei der Go-where-your-heart-believes-Verabschiedung bedankte sich Chris ausdrücklich bei all den Freunden, Lebenspartnern und Ehemännern, die die Geduld aufgebracht hatten, mitzukommen.
Nach dem Konzert standen wir noch eine Weile bei Jason und unterhielten uns mit den Kanadiern vom Fantreffen. Auch Neil und Dave grüßten wir im Vorbeigehen. Danach gingen wir (die deutsch-holländische-Reisegruppe, die Mädels aus der Pfalz und noch eine altbekannte Fanfreundin mit ihrer kanadischen Freundin) noch auf einen Drink in die Bar neben der Halle. Als es Mitternacht wurde, haben alle fùr mich "Happy Birthday" gesungen. Trotz schlechtem Startplatz also doch noch ein rundum gelungenes (dazu erklärtes) Geburtstagskonzert.
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