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Der letzte Blick aus dem Fenster: Die anderen drei Spezialisten der Familie Trost gucken mit einer Mischung aus Verzweiflung und Mitgefühl zu mir hinauf. Ich kauer irgendwie total verstört auf meinem Sitz im Zug und realisiere gar nicht so wirklich, was ich da eigentlich mache und vorhabe. Kaum habe ich alles organisiert, was weiß Gott nicht gerade einfach war, finde ich mich am Tag der Abfahrt wieder. Die Zeit ist unglaublich schnell rumgegangen. Das habe ich mir Monate lang gewünscht. Gerde nach der Trennung Ende letzten Jahres, während ich unzählige Wochen heulend in meinem Bett saß. Immer nur der eine Gedanke: lass es doch bitte einfach September werden, lass die Zeit verrinnen, das Abi vorbei gehen. Oder erspahr mir einfach den Stress. Und wenn ich jetzt daran denke, ist alles viel zu schnell gegangen. Jeder Moment ist noch so present: Der lange Winter, der uns alle so depressiv gemacht hat, die erste Abi Klausur und die unzähligen Abschiedstränen, die in den letzten Tagen geflossen sind. Die Vorstellung alleine zu sein ist so befreiend und traurig zugleich, dass sich die Gefühle immer abwechselnd oder auch gleichzeitig in einem ausbreiten. Etwas dagegen zu tunternehmen ist sinnlos, man muss es ja auch irgendwie genießen, dass man wirklich eine Hand voll tolle Menschen um sich herum hat, die einen wirklich vermissen werden. Wenn ich mir nur vorstelle, die letzten Wochenenden: sobald der Alkohol geflossen ist bin ich in ein Loch gefallen, hab mich mitten im Club wieder gefunden: Heulend auf der Tanzfläche und keiner konnte sich so richtig ein Bild davon machen, was denn jetzt passiert sei.
Einzig und alleine der Gedanke, dass mir die Zeit durch die Finger fließt und ich nach meinem Reisejahr nach Wien ziehen will ist furchterregend. Ich meine, das ist das Ende meiner Zeit daheim. Plötzlich, von jetzt auf nachher gibt es das alles nicht mehr. Also ich persönlich finde das schon sehr beängstigend wie sich alles verändert ohne, dass wir es wirklich realisieren koennen. Meine Freunde ziehen aus der Stadt: Die einen studieren, die anderen haben sich für ein FSJ entschieden und dann gibt es noch die, die lieber eine Ausbildung beginnen. Und ich ... chill am anderen Ende der Welt, bekomme von all dem nichs mit und wenn ich doppelt Pech habe, kennt mich keiner mehr wenn ich wieder heim komme - na wunderbar, welch ein schöner Gedanke.
Wie auch immer, ich hatte also in letzter Zeit ernsthaft Probleme mit meiner Entscheidung zu gehen, klar zu kommen und bin schier daran verzweifelt.
Da sitze ich nun und der Schaffner pfeift, der Zug rollt langsam aber sicher in Richtung Frankfurt. Ich hocke da, schaue aus dem Fenster, die Tränen kullern, jeder stiert mich an und der Schaffner traut sich nicht nach der Fahrkarte zu fragen, vor Angst angefallen zu werden.
Der Zug trägt mich in Richtung Norden. Jeder geht brav seiner Arbeit nach, die Elektriker an einem Bahnhof sind beschäftigt, Kinder rennen kreischend aus der Schule und Mütter sind auf dem Weg zum Einkaufen.
Als ich die Situation realisiere fällt mir wie ein grauer Schleier von den Augen: endlich!!! Ich wollte mit keinem von Ihnen tauschen, würde wahrscheinlich verrückt werden wenn ich daheim saesse, sechs Tage die Woche à 11 Stunden zu schaffen wuerde, wie ich es die letzten drei Monate zu tun gepflegt habe. Endlich kann ich mich auf die Spielerbank setzen, dem Geschehen mit Distanz zusehen und mein Leben ausserhalb des Alltags beginnen: Erfahrungen sammeln, die wahrscheinlich nur eine Hand voll Menschen wirklich machen kann, wissen wie man alleine zurrecht kommt, auf was es im Leben wirklich ankommt, was einem persoenlich wichtig ist, auf welche Menschen man zaehlen kann; Die zu meiden, welche Ihren Fokus nur auf Aeusserlichkeit und Geld legen und so Ihr Glueck zu finden versuchen. Ich glaube ich lerne Dinge, von denen Ich vorher Nichts wusste, werde Momente erleben, die mir ein Leben lang erhalten bleiben und die Ich wie einen kleinen Lebensschatz hueten werde. Ich will mich selbst besser kennen lernen, alles aufsaugen und keinen Tropfen Lebensfreude vergiessen. Zu wissen, dass meine Familie und meine Freunde hinter mir stehen, mich jeder Zeit willkommen heissen und an mich denken, auch wenn ich nicht weiter entfernt sein koennte, gibt mir Mut und Kraft und laesst mich das Alles hier mit einem Guten Gefuehl beginnen.
Die Ankunft am Frankfurter Flughafen gestaltet sich leichter als erwartet. Alles laeuft nach Plan, mein Platz ist, wie erwartet, am Gang. Ich schlafe so gut wie gar nicht, bin etwas ueberfordert aber eigentlich ganz zufrieden mit der Gesamtsituation. Das Fluzeug hebt ab und ich hab ihn getan, den Schritt in ein neues Leben.
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Marie Louise Rau Wunderschön geschrieben !! :* ♡ Vermiss dich kleine Maus :/
Samira Fischer Das schreiben hat dir herr kaiser seeehr gut beigebracht ;-) i miss you meine beste :'-( ♡♥♡