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In den letzten Monaten, in denen ich wirklich Zeit mit mir selbst verbringen konnte, nicht mit der Hektik geschwommen bin, die unersättlichen Suche nach Ablenkung und Entertainment aufgegeben habe, lediglich nachdenken und mich selbst spüren durfte, habe ich zu einem wichtigen Thema meine Meinung geändert.
Oft habe ich mich in einem inneren Stress selbst erdrückt, immer mit der Angst gelebt das Beste zu verpassten, nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Ich hatte das Gefühlt meine Kraken in alle Richtungen ausstrecken zu müssen, unter jedem Kieselstein und hinter jeder Hausecke nachforschen zu müssen, wo ich den süßesten und größten Keks serviert bekommen würde. Die Suche danach ist unglaublich ermüdend, deprimierend und egal was man schlussendlich bekommt, intensive Zufriedenheit ist es selten.
Genau dieses Problem hatte ich auch vor einem Jahr, als ich mich für meine Reiseziele entscheiden wollte. Ich klebte den kompletten Globus mit bunten Pünktchen voll, wo ich unbedingt hin MUSS. Schlussendlich war ich mit 18 verschiedenen Zielen immer noch recht unzufrieden. Neben China, Brasilien, Portugal und Afrika war auch die Antaktis im Gespräch.
Nun, ich glaube dieses Beispiel reicht aus um du wissen wie unglaublich verzweifelt ich versucht habe meinen Hunger nach der Welt zu stillen. Noch schlimmer traf es mich als ich von den Skandalen in Indien hörte: Da hatte ich mich endlich für eine angemessene Anzahl von Ländern entschieden, und irgendwelche perversen Schweine meinen, mir einen Strich durch die Rechnung machen zu müssen. Nach Nächten der Grübelei konnte ich dann endlich loslassen. Dieses Land wird auch noch in 5 Jahren existierten (auch wenn es bis dahin selbst vergewaltigt werden würde).
Wie auch immer, ich habe also beschlossen, dass dieser dauerhafte Zustand aufhören muss, sonst kann ich niemals Frieden finden, bin immer auf Achse, finde mich selbst nicht. (Wie sagt man doch so schön: Man kann sein Spiegelbild nur in stillen Gewässern erkennen, in fließenden ist das unmöglich).
Mittlerweile bin ich der Meinung, dass ich, egal wo ich bin, egal was ich mache, immer den richtigen Weg nehme. Egal was passiert, ich glaube nicht an Zufall. Sobald ich schlechte Erfahrungen machen muss, helfen sie mir aufzuwachen, meinen Blick auf die Welt und das Geschehen um uns herum zu optimieren. Jeder Moment den ich erlebe, ist vorher bestimmt, ich mache genau das, was mich im Leben weiter bringt. Ich sehe von einem Land genau die Flecken und Plätze die ich sehen soll, habe meine Gier gestillt und kann mit gutem Gewissen reisen, ohne das Gefühl zu haben das Land von oben bis unten abgrasen zu müssen. So viel zu sehen wie es nur geht in der kurzmöglichsten Zeit.
Auch diese Erkenntnis ist ein großer Schritt zu Frieden und persönlicher Freiheit.
Ich habe also meine Reise begonnen, komme an in Dubai. Beobachte das Geschehen ruhigt von außen, finde den Weg zu Gepäck und Ausgang, als hätte ich nie etwas anderes getan. Der Flughafen ist ein Palast. So gigantisch fantastisch und einschüchternd zugleich.
Ohne Plan und Internet geht es zu meinem Host, am Ende der Stadt. Morgens. 35 Grad. 15 Kilo auf dem Rücken und in Jeans! Eine reine Vergnügungstour. Nachdem ich einige menschliche Wegweiser befragt habe, stürze ich komplett gerädert auf die Couch, schlafe von 9 am bis 4 pm.
Mein Host ist eine 29. jährige Kenjanerin, Reyhab. Lebensfroh, großzügig und aufgeschlossen - schleppt mich zu ihrem Nachbarn bei dem wir den Abend verbringen. Mit ihm erkunde ich auch am nächsten Tag die Stadt. Sein Name ist Weal, Architekt, total schnuckelig und durchgeknallt. Wir haben unendlich viel Spaß, genießen die Tage... er kutschiert mich von A nach B. Sobald ich das Auto verlasse, Feuerwand, 45 Grad wenn man Glück hat.Der Golf ist wärmer als meine Badewanne, 30 Grad am Abend. Und während ich nachts joggen gehe, dehydriere ich kläglich und schwitze wie ein zu schlachtendes Schwein. Ich gehe davon aus, dass der Anblick unbezahlbahr ist.
Weal, ausgesprochen wie "Weil" und daher auch Mister "Because" genannt, verbringt wie gesagt die meiste Zeit mit mir. Wir gehen jeden Abend aus (Die Nachtlubs sind der Wahnsinn), sind Mittags zum Brunchen eingeladen, mein Englisch wird besser, ich schaue aus dem Fenster, genieße den Anblick des größten Gebäudes der Erde. Ich fühle mich unglaublich wohl dort. Schwimme auf einer Welle von Zufriedenheit und lasse mich vom Glück durchfluten, sitze da und halte es aus, bis es fast weh tut, während wir mit lauter Musik durch die unglaubliche Stadt brausen. Ich will mich nicht bewegen, will nicht, dass sich der Zustand auflöst und mich zurück in die Realität bringt. Das tut er nicht. Einfach nur zuzusehen, im augenblicklichen Moment zu sein, ist eines der befriedigstenden Gefühle, wenn man nicht gerade einen Orgasmus hat.
Süße 40 Euro gebe ich aus in 4 Tagen. Zigaretten sind billig, Alkohol wahnsinnig teuer. Ich komme also sehr günstig davon, werde aber auch eingeladen. All das eingekaufte Essen gammelt im Kühlschrank vor sich hin. In Zukunft werde ich gar keine Lebensmittel mehr kaufen.
Eigentlich könnte ich ewig hier bleiben. Es könnte nicht besser sein.
Eine weitere unglaubliche Erfahrung ergibt sich während mejner Zeit hier in den Emiraten: Reys Mitbewohnerin Liza erzählt mir unaufhörlich von Einladungen zu Milliadärs-Geburtstagen, wie reich ihr Ex sei und in welch famosem Hochhaus ihre zukünftige Arbeit sein wird. Für die Schwedin ist Dubai ihr persönliches LA. Während sie mir all das erzählt warte ich nur darauf, dass in mir eine Bombe von Wut und Neid explodiert. Nichts dergleichen. Aus irgendeinem Grund freue ich mich für sie, kann mit ihr mitfühlen .... würde aber nicht für Geld mit ihr tauschen wollen. Auch wenn sie ein Jahr älter ist als ich, spüre ich wie sie Zufriedenheit mit Materialismus zu finden versucht, und es nicht schafft, ich kann das irgendwie nur belächeln. Dankend lehne ich die Einladung zur Party ab und gehe in einen "normalen" Club. Als ich nach Hause komme liegt sie im Bett. Anscheinend war es doch nicht so prickelnd. Ich hatte meinen Spaß. Die Nacht vor meinem Flug machen wir durch mit Alkohol und Mc drive tru. Weal fährt mich morgens. Mit tränen in den Augen verabschieden wir uns. Vier wundervolle Tage, in denen mir wieder ejnmal bewiesen wurde, dass man überall auf der Welt mit offenen Armen empfangen wird, wenn man sich bloß dafür öffnet, anderen Menschen mit Ehrlichkeit begegnet und ein bisschen verrückt ist.
Noch am selben Tag buche ich meinen Stopover auf dem Heimflug um und habe eine weitere Woche Dubai in Aussicht. Bis in einem Jahr!
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