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Von Quebec City habe ich mich also per Zug auf den Weg nach Montreal begeben. Die Adresse der Couchsurferin und den Weg zu ihr hatte ich mir bereits rausgesucht - soweit so gut. Kurz vor meiner Ankunft habe ich nochmal schnell meine Mails gecheckt (ich glaube jedes westliche Land außer Deutschland bietet mittlerweile gratis Wlan im Zug an..). Auf Facebook hat mir meine Couchsurferin eine Nachricht geschrieben, die meinem geplanten Trip eine ungeahnte und letztendlich negative Wendung gegeben hat. Sie wollte mich doch lieber nicht hosten, da sie persönliche Probleme habe und den ganzen Tag geweint habe.. Ich war zunächst verärgert und etwas gestresst, da ich in Kürze in Montreal eintreffen sollte, ohne eine Unterkunft zu haben. Zudem war sie die zweite Person mit persönlichen Problemen, die mir letztendlich auch zum Problem wurden (unser Vermieter wollte uns zu diesem Zeitpunkt auch grade aus seiner Wohnung rausschmeißen - ganz spontan - da er persönliche Probleme hatte). Ich habe ihr dann nur kurz geantwortet, dass das ziemlich blöd für mich sei nun so spontan eine Unterkunft zu finden (sie hätte mir ja früher am Tag eine SMS oder Nachricht schreiben können) und dass ich ihr aber alles Liebe wünsche.
Während ich schnell eine Unterkunft buchen wollte, schrieb sie mir den wahren Grund für ihre Absage: Sie hatte vor einer Woche erfahren, dass sie schwanger ist und in der Nacht vor meiner Ankunft ihr Kind verloren und war nun im Krankenhaus. Damit hatte ich nicht gerechnet und war etwas sprachlos und sie tat mir unendlich leid. Ich habe versucht sie zu trösten und ihr Mut zu machen während ich nebenbei ein Hotel buchen musste. Ich war die erste Person mit der sie geredet hat (ihr Freund wusste nichts von der Schwangerschaft) und sie war sehr dankbar, dass ich für sie da war und ihr einfach nur zugehört habe. Nebenbei habe ich nur schnell nach einer günstigen Unterkunft gesucht und wurde relativ schnell fündig; ein Schnäppchen: Hotel, 30€, Downtown und 7 von 10 Sternen bei der Bewertung. Super, dachte ich mir, und hab die Unterkunft schnell gebucht bevor mein Zug in Montreal eintraf. Die Bewertungen konnte ich mir leider vorher aufgrund von Zeitmangel nicht mehr durchlesen, aber 7 von 10 Sternen konnte nicht verkehrt sein - dachte ich. Bevor ich den Laptop in meinem Gepäck verstauen musste, konnte ich nur noch kurz ein paar Bewertungsüberschriften überfliegen wie „Bettwanzen - bloß nicht hier schlafen" ..
Wunderbar, was will man mehr?!
Mir wurde etwas mulmig zumute und leider konnte ich nun nicht mehr umbuchen. Also ging es los mit Sack und Pack ins Downtown-Bettwanzen-Hotel. Von außen wirkte das Hotel OK, auch wenn in der Gegend ein paar skurrile Typen abhingen. Ich habe nach einem Nichtraucherzimmer gefragt, welches aber 10 Dollar mehr kosten sollte (den Grund hierfür konnte mir der überaus unmotivierte Rezeptionist nicht erklären). Na ja, für eine Nacht ins Raucherzimmer konnte nicht total schlimm sein. Ich hatte ein Doppelzimmer mit zwei Betten, es stank nach Rauch, aber dadurch wurde der muffige Geruch des Hotels übertrumpft. Das Zimmer wirkte ziemlich düster mit dunklen Vorhängen, einem ranzigen Teppich und alten Holzmöbeln, die ihre besten Tage schon lange hinter sich hatten. Ich fühlte mich ein wenig einsam und wäre gerne bei einem Couchsurfer gewesen. Um meine Bettwanzen-Paranoia noch etwas zu verstärken, habe ich in Internetforen nachgelesen, wie man am besten erkennt, dass Bettwanzen im Bett sind (ich hatte die Begegnung mit diesen Viechern ja schon wunderbare drei Mal.) Ich hab die Matratze inspiziert, da dort normaler Weise Blutspuren zu sehen sind. Dafür musste ich leider das Bettlaken anheben und lauter schwarze Haare kamen auf der Matratze zum Vorschein - aber keine Blutflecken. Auch das Kissen habe ich akribisch untersucht und dieses sah zum Glück sehr neu aus (ohne Haare oder so). Meine Klamotten habe ich nur im Backpack gelassen, denn sobald irgendwo Bettwanzen sind, muss man wirklich alles waschen. Hätte ich die Bewertungen mal besser nicht gelesen..
Da es schon abends und dunkel war, bin ich noch schnell etwas essen gegangen und musste dann den Abend irgendwie im Hotel verbringen. Ich hab mir Serien auf dem Laptop im Bett angeschaut. Dabei habe ich ein paar schwarze Fusel entdeckt und war mir überzeugt, dass es Bettwanzen sind. Außerdem habe ich mir eingebildet, es jucke überall und ich musste ständig die Stellen überprüfen, an denen es gejuckt hat, nur um dann festzustellen, dass es Einbildung war.. (wie schön man sich immer selbst verrückt machen kann) Ach ja, ein Gast hatte auch nachts eine Maus im Zimmer…
Na ja, ich habe die eine Nacht in dem Hotel überlebt, auch wenn es nachts arschkalt war. Draußen waren es noch immer bis zu -15 Grad und die Heizung funktionierte nicht. Es gab nur die normalen weißen Laken plus die obligatorische braune Hotelwolldecke - glücklicherweise hatte ich zwei davon. Trotzdem war es seeeehr kalt und am nächsten Morgen habe ich Eis an der Innenseite meines Fensters entdeckt.. Nicht grade die beste Nacht um meine Erkältung auszukurieren. Ich bin sehr früh aufgestanden, habe einen Bagel vom lächerlichen Frühstücksbuffet gegessen und bin dann direkt in die Stadt gelaufen um bloß nicht zu viel Zeit in dem Hotel zu verbringen (ich weiß wirklich nicht, wie dieses Hotel 7 Sterne bei der Bewertung haben kann - die Location ist das einzig positive). Noch eine Nacht wollte ich dort definitiv nicht verbringen.
Draußen empfing mich eisigkalte Luft, aber ein strahlend blauer Himmel. Ich habe mich zunächst zu Fuß auf dem Weg in die Altstadt begeben. Im Gegensatz zum niedlichen und überschaubaren Quebec, ist Montreal eine Millionenstadt und die zweitgrößte Stadt Kanadas. Der höchste Punkt der Stadt ist der Mount Royal (daher auch der Name Montreal), ein 234m hoher Hügel mit einer Aussichtsplattform. Die Altstadt (Vieux Montreal) grenzt direkt an das Ufer des Sankt-Lorenz-Stroms. Dort befindet sich auch der alte Hafen (Vieux Port). Mein Spaziergang führte vorbei am Rathaus (Baujahr 1878), der Notre-Dame-de-bon-Secours (Baujahr 1771) und schließlich an die Hafenpromenade, an der die alte Markthalle steht. Diese ist besonders auffallend durch ihre silberne Kuppel. Sie wurde 1847 erbaut und wird heute befinden sich dort Kunstgallerien und Boutiquen. Der Großteil der Häuser in der Altstadt besteht aus Kalkstein und teilweise läuft man über Kopfsteinpflaster. Es gibt ein paar niedliche Cafés und Restaurants, sowie kleine Lädchen.
Mein Weg führt mich weiterhin zu der Basilika Notre-Dame - von außen ähnelt sie der Notre Dame in Paris. Ich war nicht darauf vorbereitet, was mich in der Kirche erwarten würde, da ich vorher keine Bilder gesehen hatte und eher zufällig hier war. Es ist wohl - ungelogen - die schönste Kirche, die ich jemals gesehen habe. Das Innere der Kirche zieren unzähligen Skulpturen und detaillierten Holzarbeiten sowie bunte Glasfenster. Blaue und goldene Farbtöne dominieren sowie die warmen Brauntöne des Holzes. Ich war überwältigt von der Schönheit dieser Kirche. Celine Dion hat hier übrigens geheiratet - wenn ich mich recht erinnere, kostet eine Trauung dort 3500 CAD (~ 2400 €)...
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Martina In so einem Hotel haben Mätti und ich 7 Nächte in New York geschlafen...Hotel Seventeen...mit Maden eingewebt in die ominösen Wolldecken und Sozialhilfeempfängern in Badelatschen auf dem Flur. Die Kirche möchte ich auch sehen. LG Martina