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Seidenstrasse Reisebericht (August 2015)
Nach meinem Istanbul-Aufenthalt startete mein Seidenstrasse-Abenteuer. Startpunkt war Peking, wo ich mir an meinem ersten Tag eine chinesische Massage gönnte - eine Wohlfühl-Massage - nicht wie die in Istanbul (Hamam) - von einer Stunde. Anschliessend war ich gut durchgeknetet und bereit für meinen G Adventure Trip.
Meine Reisefreunde sind:
- Rose (ca. 60 Jahre) aus Südafrika
- Coleen (ca. 50 Jahre) aus Sydney
- Julie (35 Jahre), Kanadierin, die in Riad lebt
- Sam (20 Jahre), Engländer aus Birmingham
- Sally Mapstone (22 Jahre), Engländerin und Cousine von Sam
- Sari Stein (35 Jahre), aus Montreal
Mit mir sind wir somit eine steinreiche Truppe.
In Peking ging es somit los. Auf den Besuch einer Show verzichtete ich und bevorzugte den Lama-Tempel und das Hutong-Quartier mit Sam und Sally zu erkunden. Auf dem Weg zu letzterem wurden wir jedoch vom einem starken Gewitter überrascht. Mit durchtränkten Schuhen fanden wir den Weg ins Hotel zurück, jedoch nicht ohne Fotos von den eindrücklichen Blitzen geschossen zu haben.
Bei einem Peking-Trip dürfen selbstverständlich die Besuche der chinesischen Mauer und der verbotenen Stadt nicht fehlen. Irrsinnig eindrückliche Bauwerke wie auch die Terrakotta-Armee in Xian, wohin wir mittels Nachtzug gelangten. In Xian ist eine Velofahrt auf der Stadtmauer von ca. 16 km ein guter Weg, Sightseeing mit Sport zu kombinieren. Am Abend besuchte ich mit Sari und Coleen die Big Goose Pagoda, wo es eine Wasserfontäne-Show zu bewundern gab. Wie fast überall in Peking hat man den Eindruck, dass halb China am gleichen Ort ist. An das ständige Drängeln, Schupfen und überaus laute Sprechen habe ich mich nicht gewöhnen können. Auch sehr speziell ist, dass Eltern ihren Kindern auch mal mitten auf dem Trottoir oder auf dem Markt die Hosen runterziehen und sie pinkeln lassen. Einmal habe ich eine solche Pfütze sehr spät bemerkt ...
Auch Dunhuang erreichten wir via Nachtzug, dieses Mal dauerte die Fahrt jedoch nicht 12 Stunden, sondern 23 Stunden in einem dreistöckigen Massenschlafwagen! Zum Schlafen kam ich erneut nicht viel, ist man doch im Bett eingepfercht und die Aussicht von 2.5 m auf den Boden bzw. einen kleinen Tisch zu plumpsen, entspannt auch nicht gerade. Die Reise brachte die Gruppe im wahrsten Sinne des Wortes näher. Nebst dem Kartenspiel Mad übten wir uns auch im Poker. Die Kleider fielen … nur zum Schlafen. Dunhuang ist nicht zuletzt für die bewundernswerten Mogao Grotten berühmt (Unesco Weltkulturerbe), die wir auch besichtigten.
Ebenfalls in Dunhuang besuchten wir die einzigartigen Mingsha-Dünen. Dort düste ich auf einem Quadbike über die Sandhügel, während einige Gruppenmitglieder einen Helikopterflug über die eindrückliche Dünenlandschaft buchten.
Am nachfolgenden Tag stand uns bereits zum dritten und letztem Mal eine Nachtzugfahrt bevor, die uns nach Turpan bringen sollte. Dies ist der tiefste Ort Asiens, wo wir das uralte Bewässerungssystem Karez und die uyghurische Kultur und Sprache kennenlernten. Je weiter wir nach Westen zogen, desto grösser wurden die Augen - nein, nicht unsere, sondern die der Einheimischen. Die Schlitzaugen wurden europäischer, die chinesischen Wortbilder wichen arabischen und russischen Schriftzeichen. Bevor wir nach Urumqui fuhren, von wo wir nach Kashgar flogen, erkundeten wir die in die Felsen gehauenen Jiaohe-Ruinen/Höhlen.
In Kashgar wurde aus dem Tee-Nager Sam ein 20-jähriger Jüngling, worauf wir mit einem Drink und nochmals einem und einem weiterem … anstiessen. Der Club war anfänglich leer, so dass ich die Tanzfläche stürmte, nachdem ich den DJ beeinflusste hatte. Die Musik war bis anhin ein Mix zwischen Bollywood und türkisch-arabischen Einschlafliedern. Danach ermunterte ich meine Gruppenmitglieder zum Tanzen sowie die ersten eingetroffenen Einheimischen, so dass die Tanzfläche zu glühen begann und nur durch unseren Schweiss abgekühlt wurde. Das Geburtstagskind sowie seine Cousine werden diesen Abend wohl nicht mehr vergessen … zumindest an was sie sich noch erinnern können.
An den Viehmarkt in Kashgar können sich die beiden bestimmt gut erinnern, war dies doch eines der Highlights der Reise. Nebst Kühen, Stieren, Eseln, Schafen und Ziegen wurden auch Kamele zum Kauf angeboten. Hunde, nein, die konnte man nicht kaufen, genauso wenig essen - zumindest in den Gebieten, wo ich war. Was mit Tierschutz gemeint ist, versteht hier wohl kaum einer. Die Tiere sind wirklich nur Ware und keine Lebewesen.
Unser chinesischer Reiseleiter Howard, der grossartig war, auch wenn er erst am letzten Reisetag (war nur für China-Teil der Reise zuständig) meinen ersten Witz verstand - ironische Witze scheinen in China nicht verbreitet.
Er stammt aus Xian, wo auch seine Frau wohnt. Sie planen Eltern zu werden, weshalb sie ihren Job aufgab. Als wir in Xian waren, besuchte sie ihn im Hotel. Am folgenden Morgen fragte ich Howard, wie er geschlafen hätte. Mit todernstem Gesichtsausdruck erwiderte er mir „ You know, I try to have baby, so hard work and now sore muscles." Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Heutzutage dürfen Chinesen wieder zwei Kinder haben, wenn nicht beide Partner Geschwister haben.
Howard brachte uns auch die Zählweise mit Händen bei. Wer zwei Bier bestellen will, sollte besser nicht den Daumen und den Zeigfinger als Handzeichen brauchen, denn es werden ihm dann acht Bier serviert.
Der Grenzübertritt von China nach Kirgistan ist recht speziell. Nachdem an der Grenze der Pass inkl. Visum kontrolliert wurde, muss man noch zum medizinischen Check antraben, der aus der Körpertemperatur-Messung besteht - wohlverstanden um das Land zu verlassen!! Nach dieser Prozedur ist man aber noch nicht in Kirgistan, sondern theoretisch im Niemandsland, real aber weiterhin in China. Nach der ersten Strassenkontrolle nach rund einer halben Stunde fährt man eine weitere Stunde … bis zur nächsten Passkontrolle. Leider erreichten wir diesen Checkpunkt um wenige Minuten zu spät, so dass wir drei Stunden warten mussten - die Dauer der Mittagspause der Soldaten!! Die chinesischen Militärlastwagen passierten selbstverständlich ohne Wartezeit. Auf meinem Tablett schaute ich währenddessen den Film „Die Kinder der Seidenstrasse". Als wir endlich weiterfuhren durften, dauerte es eine weitere Stunde bis wir von den nicht überaus engagierten in Winterkleidern eingepackten kirgisischen Soldaten rasch kontrolliert wurden. Es war ein kühler Empfang auf dem Torugart-Pass, und die Nacht wurde noch cooler. Einerseits fiel das Thermometer auf fünf Grad in der nicht geheizten Jurte in Tash Rabat, andererseits hatte ich lustige Gespräche mit Sam und unserer 22-jährigen Zweitages-Reiseleiterin (Vero-)Nika. Fazit der Nacht: schlotternd kaum geschlafen und eine Erkältung, doch gerade solche Erlebnisse sind unvergesslich. Genauso wenig werde ich den Promotion-Filmdreh über Kirgistan in dieser kleinen Gemeinde kirgisischer Nomaden hoch in der Tian Shan Gebirgskette vergessen, in welchem wir auch gefilmt wurden.
Kirgistan ist doppelt so gross wie die Schweiz (198'500 km2), hat jedoch nur rund 5.5 Millionen Einwohner. Die Unabhängigkeit von der UdSSR wurde am 31. August 1991 erlangt. Die beiden höchsten Berge sind der Victory Peak mit 7'439 m und der Lenin Peak mit 7'134 m. Die Internetdomain ist .kg, also nicht mit Kilogramm vertauschen!
Will man in China oder Kirgistan ausserhalb des Hotels aufs WC, muss man olfaktorisch und visuell abgehärtet sein. Meist ist das WC nichts mehr als ein stinkendes verdrecktes Plumpsklo. Keine Ahnung warum Fliegen von diesem Gestank angezogen werden. Meine Erkältung und die einhergehende verstopfte Nase waren in diesem Fall zumindest ein Vorteil.
In Kochkor nahmen wir an einem Teppich-Herstell Workshop teil, und in Karakol erwartete uns eine Führung durch das Prejevalskiy-Museum (erster Europäer, der die Geografie und Natur von Zentralasien studierte, Russe), die Dungan-Moschee, eine orthodoxe Kirche und der örtliche Markt.
Die heissen Temperaturen halfen meine Erkältung zu bekämpfen und gaben mir die Zuversicht, in Cholpon-Ata einen Sprung in den weltweit zweitgrössten See, den Issyk-Kul, zu wagen. Leider fühlte ich mich am folgenden Tag wieder kranker.
Kirgistan ist eines der beider Länder, das nur von Ländern umgeben ist, das nicht ans Meer angrenzt. Das andere Land ist das uns wohl vertraute … Liechtenstein. Trotz der sommerlichen Währung (Som) wird es hier im Winter extrem kalt. Die offiziellen Sprachen sind kirgisisch und russisch, sodass ich meine wenigen russischen Worte nutzen kann. Mein Lieblingswort ist Spassiba (Danke), ist doch Spass etwas zentrales im Leben. Nicht ganz so spassig sind die Strassen während meiner Reise. Will ich ein Milkshake, muss ich nur Milch kaufen, geshaked wird es dann genügend während der Busfahrt. Lesen, schlafen, auf dem Tablett was schauen oder spielen ist meist eine echte Herausforderung.
Als letzte Station in Kirgistan stand die Hauptstadt Bishkek auf dem Programm. Diese Stadt beherbergt einen schmucken Park mit diversen Statuen wichtiger Kämpfer für die Freiheit der Kirgisen, die Muslime sind, aber den Koran mild anwenden, d.h. z.B. Alkohol ist überall erhältlich. Die Freiheit das Gesicht der Frauen nicht verhüllen zu müssen, wurde zum Preis vieler Toten erkämpft. Interessant war auch zu erfahren, dass Minarett ursprünglich Leuchtturm hiess, welcher den Reisenden den Weg zum Stadtzentrum wies.
Bevor wir das Flugzeug in die usbekische Hauptstadt Tashkent nahmen, wanderten wir im Ala Archa Nationalpark. Usbekistan wird das letzte Land meines Seidenstrasse-Abenteuers sein. Es ist unvorstellbar, was für Strapazen die Händler mit ihren Karawanen vor einigen Jahrhunderten auf sich nahmen. Waren doch nicht nur die garstigen, unmenschlichen Gegenden zu durchkämmen, sondern auch die Überfälle von Wegelagerern und Attacken wilder Tiere zu überleben!
Beste Grüsse aus dem fernen Osten
Laurent
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