Profile
Blog
Photos
Videos
Hobart, 24° C, sonnig bis wolkig
Nach unserem doch eher ernüchternden Kontakt zu der jugendlichen Backpackerszene der Ostküste, die uns auch die Nacht unseres Abfluges, in der wir immerhin um 4 Uhr aufstehen mussten, konsequent durch eine Mischung aus Gegröle und Türenknallen wachgehalten hat, haben wir Sydney, so schön wie es denn auch ist, den Rücken zugekehrt und sind "under Down under" geflogen, nach Tasmanien, dem kleinsten Staat von Australien, der aber immerhin so groß ist wie die Schweiz. Dass hier alles etwas gemütlicher ist, haben wir schon am winzigen Flughafen festgestellt, wo ersteinmal vom tasmanischen "Sniffer dog" begutachtet wurde, ob wir Lebensmittel dabei haben, denn genau wie Australien als Kontinent hat auch Tasmanien als Insel strenge Einfuhrbeschränkungen von organischen Materialien oder Lebensmitteln, um seine einzigartige Natur zu schützen. Mit dem Shuttle-Bus ging es dann zum Hostel, den Pickled Frog, das im Vergleich mit unserer Unterkunft in Sydney zwar noch schäbiger, dafür aber etwas ruhiger war. Nachdem wir bei unserem ersten Stadtbummel in Hobart auf Anhieb eine Bäckerei mit europäischem Brot (und man kann sich nicht vorstellen, wie sehr man Brot vermisst, das man nicht bis auf ein Achtel seiner Größe zusammendrücken kann) gefunden haben, war der Tag gerettet, und mit einer Mischung tasmanischer Spezialitäten, die zwar haarsträubend teuer waren, aber die wir uns aus Prinzip und überhaupt dann einfach gegönnt haben, war ein gemütlicher Abend gesichert. Am nächsten Tag haben wir Vorräte für unsere Campervan-Tour eingekauft und unsere Fahrtroute geplant. Wahrscheinlich werden wir mal wieder nicht alles sehen können, was wir uns vorgenommen haben, aber wir wollen uns auch nicht hetzen lassen, weshalb wir den gemütlichen Tag im Hostel auch sehr genossen haben. Am nächsten Tag ging es dann los - diesmal mit einem Wicked Camper, da wir uns einfach nichts besseres mehr leisten können. Nachdem wir uns erst einmal ordentlich verlaufen hatten auf unserer Suche nach der Abholstation, kamen wir reichlich abgespannt und glatte 40 min zu spät zur Abgabestelle, wurden aber trotzdem von der Wicked-Mitarbeiterin Debbie nett begrüßt und unserem neuen Camper vorgestellt. Wir hatten uns eigentlich nicht vorstellen können, dass ein Camper noch kleiner und schrottiger sein kann als unser Camper in Neuseeland, aber Wicked hat uns dann eines Besseren belehrt: Der Camper war vorne und an der Seite schon ordentlich verdellt mit einer merkwürdig überdimensionierten Stoßstange, die den Eindruck eines ordentlichen Unterbisses vermittelte und laut Debbie "nagelneu" angebaut worden war, da unser Camper gerade einen "kleinen" Unfall in Westaustralien gehabt hatte und generalüberholt werden musste. Das schafft doch Vertrauen! Immerhin bekamen wir noch ein paar Decken extra, die wir auf unserer Reise wirklich gut brauchen konnten. Und dann ging es mit dem kleinen Schrottmobil auf die Straße. Karl war zwar ganz angetan davon, dass der Camper eine bessere Straßenlage hat als der Neuseelandcamper, aber sobald es ans Schalten ging, war er nur noch am fluchen und es gab immer wieder unschöne Nebengeräusche während der Fahrt oder ein plötzliches Ruckeln, wenn statt in den 4. in den 2. Gang geschaltet wurde. Aber egal-Hauptsache billig..!
Unser erstes Ziel war der Freycinet Nationalpark an der Ostküste Tasmaniens, der vor allem für seine Wineglass Bay berühmt ist (s.o.). Unser erster wilder Campingplatz lag passenderweise am Friendly Beach und war wirklich unheimlich schön: Direkt am weissen Sandstrand, naturbelassen mit einigen kleineren Büschen gesäumt, in denen Wallabies (kleine Kängurus) wohnen. Unser erster Kontakt mit der einheimischen Tierwelt war dann auch gleich bei Einfahrt auf unsere Campsite: Mitten auf dem Weg saß ein Wallabie und schaute uns interessiert an. Nachdem wir ganz aufgeregt zahlreiche Fotos gemacht haben, haben wir im Verlauf des Abends festgestellt, dass die Wallabies alles andere als scheu sind und uns beim Abendessen interessiert zuschauten. So nah waren wir wohl bisher noch nie im Kontakt mit der Tierwelt gewesen! Am nächsten Tag wurde mal wieder gewandert, diesmal zu o.g. Wineglass Bay, eine Wanderung, die etwa 5 h dauern sollte. Wir können stolz berichten, dass wir diesmal außergewöhnlich schnell waren und die Strecke in nur 3,5 h geschafft haben, allerdings gab es auch keine Mittagspause und wir hatten Hunger und wollten schnell wieder zum Auto. In St. Helen, einem netten kleinen Fischerort an der Ostküste, haben wir dann wieder Halt gemacht, da es hier auch sehr schöne Wanderwege in einem weiteren der zahlreichen Nationalparks Tasmaniens geben soll. Aber hier war unsere Wanderung um den seinem Namen alle Ehre machenden "Humbug Point" eher aufregend als schön: Mit nur sehr dürftigem Kartenmaterial wurden wir vom Visitor Center aus in die Wildnis geschickt auf eine Wanderung, die als "einfach" bezeichnet wurde und als Rundweg eine Halbinsel entlang führen sollte. Nachdem wir etwa 3,5 Stunden eine sehr schöne Küste entlang gelaufen waren, endete der Pfad plötzlich im Nirgendwo mit dem Hinweis, dass die Strecke zur Zeit gesperrt sei. Die ganze Strecke wieder auf dem selben Weg zurückzulaufen erschien dann doch wenig reizvoll, weshalb wir mit unserer kleinen Karte ausgestattet uns daran machten, eine "Abkürzung" zu finden, was aber aufgrund unseres nur rudimentär entwickelten Orientierungssinnes nur bedingt erfolgreich war: Nachdem wir etwa zwei Stunden an einer befestigten und mehreren unbefestigten Straßen entlanggelaufen waren, kamen wir gemeinerweise kurz vor dem Punkt, an dem wir uns für die Abkürzung entschieden hatten, wieder an und machten uns zähneknirschend daran, doch den ganzen Küstenweg wieder zurückzulaufen. Nie wieder wandern ohne vernünftige Karte!
Am nächsten Tag waren wir mal wieder muskelkaterbedingt im Rentnermodus unterwegs, weshalb es ganz praktisch war, dass wir wieder eine längere Strecke fahren mussten, und zwar zu einem der Highlights von Tasmanien, dem Cradle Mountain Nationalpark. Nach langer Fahrt kamen wir abends bei unserem Campingplatz an, der direkt am Eingang des Nationalparks mitten im Wald lag. Eigentlich ein sehr idyllisches Plätzchen, aber der Regen und vor allem die doch im Vergleich zu dem Wetter der Ostküste empfindliche Kälte hat die Freude dann doch etwas getrübt. Aber darauf waren wir vorbereitet, angeblich regnet es fast jeden Tag im Nationalpark und Sonnenschein ist sehr selten. Die folgende Nacht war die wohl kälteste Nacht unserer bisherigen Reise, wir haben noch nie so gefroren. Trotz mehrer Schichten Pullover und Jacken und Decken konnten wir vor Kälte nur wenig schlafen und haben ernsthaft darüber nachgedacht, uns in die beheizte Küche zu setzen. Am nächsten Morgen waren wir dementsprechend mies gelaunt, müde und wollten nur noch weg von diesem unwirtlichen Ort, immerhin ist man ja im Urlaub! Verenas ausgeprägtem Durchsetzungsvermögen war es zu verdanken, dass wir doch noch einmal zu dem nahe gelegenen Besucherzentrum gefahren sind, um "wenigstens eine kleine Wanderung" zu machen, wo man doch schon die ganze Strecke gefahren ist. Im Besucherzentrum angekommen, verzogen sich auf einmal die Wolken, die Sonne kam hervor und die vielen Wandermöglichkeiten waren dann doch zu verlockend - wir sind dann doch zu einer Tageswanderung durch den Nationalpark aufgebrochen. Dabei sind wir sogar ein Stück des berühmten "Overland Tracks", einer der "Great Walks", der mehrere Tage durch die Wildnis führt, gelaufen und waren froh, nicht wie die Wanderer, die wir überholten, einen 15kg-Rucksack mitschleppen zu müssen. Der Cradle Mountain Nationalpark hat uns wirklich vollkommen für die durchfrorene Nacht entschädigt: Wunderschöne Ausblicke, unberührte Natur, super Wetter, nette Wege.. Wir waren rundum zufrieden, nachdem wir uns vom Shuttle-Bus wieder zurück zum Besucherzentrum fahren ließen. Der Tourguide berichtete während der Rückfahrt von einer Bustour bei Nacht, bei der man jede Menge Tiere sehen kann, und da wir trotz ausgiebigem Suchen tagsüber noch keine Wombats gesehen hatten, haben wir uns todesmutig entschlossen, eine weitere Nacht der Kälte zu trotzen und die Tour mitzumachen. Und sie hat sich wirklich gelohnt, wir haben in der Dämmerung massenhaft Wallabies, Pademelons (eine Art Zwergwallabie), Wombats, Possums und einen Squall, ein kleines gepunktetes Raubtier, das mit dem Tasmanischen Teufel verwandt ist, gesehen. Nur tasmanische Teufel waren leider nicht unterwegs.
Nachdem wir die Nacht mit einer dicken Schicht Extrakleidung (2 Shirts, 3 Pullover, eine Jacke, zwei Hosen) ganz gut überstanden hatten, mussten wir uns leider wieder von dem schönen Nationalpark verabschieden, da wir ja in 2 Tagen unseren kleinen Schrottcamper wieder abgeben mussten. Dieser machte seinem Namen auch gleich alle Ehre und sprang nicht mehr an. Nachdem wir Starthilfe bekommen hatten, sind wir nochmal zum Besucherzentrum, da Verena am Vortag ihre Hosenbeine auf der Wanderung verloren hatte (so ist das bei den modernen Hosen..), und der Wagen tat schon wieder keinen Mucks, nicht gerade vertrauenserweckend. Nach erneuter Starthilfe sind wir dann ein drittes Mal nach etwa einer Stunde an einer Tanke hängengeblieben und haben dann doch den Roadservice bemühen müssen. Der kam, sah, schraubte und das Schrottmobil funktionierte, war wohl nur ein Kontakt an der Batterie locker. Ärgerlicherweise haben wir es deshalb nicht mehr bis nach Port Arthur, unserem eigentlichen Reiseziel, geschafft, aber wir waren sowieso zu kaputt, um irgendetwas zu besichtigen.
An unserem letzten Tag haben wir dann noch wie geplant Port Arthur, die ehemalige Gefangenensiedlung Australiens, wohin alle Schwerverbrecher deportiert wurden, besichtigt. Eine wirklich interessante Ausstellung und eine sehr schöne Anlage mit vielen historischen Gebäuden und sogar einer historischen Psychiatrie, wo die Gefangenen behandelt wurden, nachdem sie zuvor durch Einzelhaft und zahlreiche Bestrafungsmethoden gebrochen worden waren. Abends gab es delikates Kängurusteak auf unserem schönen Campingplatz, wo wir mal wieder Besuch von vielen Wildtieren bekommen haben, und morgen heisst es schon wieder Abschied nehmen von unserem Schrottcamper und dieser außergewöhnlich schönen Insel. Wir haben mal wieder jede Menge Gründe wiederzukommen, weil es immer noch so viele Ecken gibt, die wir noch nicht gesehen haben, eigentlich ein gutes Gefühl. In einigen Tagen geht es dann mit einem neuen Schrottcamper die Westküste von Perth bis nach Darwin hoch. Sonnencreme, Hut, reichlich Wasser.. Wir sind gerüstet, ab ins Outback!
- comments