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Den Post für den 8.3. findet ihr in der Kategorie Neuseeland. Das hatte ich wohl falsch eingestellt, und nun lässt es sich nicht mehr verändern.
So, hier ist die nächste Ladung:
09-03: Kowloon und Sha-Tin
Etwas unausgeschlafen stand ich morgens gegen halb neun auf. Der Neun-Uhr-Bus war diesmal nicht drin, der Zehn-Uhr-Bus tat es auch. Heute hatte ich mir Kowloon vorgenommen. Das ist sozusagen der Teil von Hong Kong, der auf Festlandsseite liegt. Hier haben viele der Hong-Kong-Filme gespielt (Chow Yun Fat und Bruce Lee etc). Ich habe gelesen, dass Kowloon vor 10 Jahren noch halb gesetzlos war, sich jetzt aber zum Besseren gewandelt hatte. Außerdem hat es die höchste Einwohnerdichte der Welt: 450000 Einwohner pro Quadratkilometer. Da kam also einiges auf mich zu. Mein Plan war, mit der Fähre auf die andere Hafenseite überzusetzen. Um zum Ableger zu kommen, bin ich über die ganzen Hochwege gelaufen. Richtig: Wenn man sich in Hong Kong auskennt, kann man über Kilometer im 1. Stock laufen (zumindest in Hong Kong Central), denn sehr viele Gebäude sind über Gangways verbunden. Man muss sich also gar nicht mit dem ganzen Verkehr eine Ebene tiefer rumschlagen, sondern läuft einfach über ihn hinweg. Die Fähre selber („Star Ferry") existiert seit über 100 Jahren und fährt alle 10 Minuten oder so. Einmal Übersetzen dauert vielleicht ebenfalls 10 Minuten und kostet lediglich 2 HK$ (rund 16 Eurocent). Und einen tollen Blick auf die Skylines von Central und Kowloon hat man allemal, wenn nicht gerade der Smog im Weg ist. Am Ufer von Tsim Sha Tsui (ufernaher Bezirk von Kowloon) stehen lauter Museen und Skulpturen, und auch die fünf Olympiamaskottchen standen in mehrfacher Ausfertigung rum, in alle möglichen olympischen Aktivitäten verstrickt. Überhaupt wird überall Werbung für Olympia gemacht, seien es ganze Sportkollektionen, die man in Boutiquen kaufen kann, Megaposter oder verschiedene über die Stadt verteilte meterhohe Countdown-Uhren bis zur Eröffnung. Hat man die paar Museen hinter sich, so taucht man schnell in Kowloon ab. Die Straßen sind genauso eng wie auf Hong Kong Island (ausgenommen das Bankenviertel), die Häuser genauso hoch und genauso dreckig. Als Klimaanlagenhersteller macht man hier übrigens eine ganze Menge Geld, glaube ich. Und CO2. Und damit wieder Geld. Das ist quasi ein Selbstläufer.
Das südliche Kowloon ist genauso wie Central Hong Kong eine einzige Shopping-Hölle. Man stolpert von einer Shopping-Meile in die nächste, die sind zwar nicht so blitzblank wie bei uns, aber da gibt es trotzdem alles. Wenn man in eine U-Bahnstation gehen will, muss man erstmal durch ein Kaufhaus. Und wenn man einen Money Exchange Laden endlich gefunden hat, stehen nebenan gleich noch fünf weitere. Wobei der erste in meinem Fall 11,07 HK$ für 1 Euro rausrückte, die dahinter 11,7HK$. Tippfehler? Ne, Abzocke (vom ersten). Der Unterschied von Tsim Sha Tsui zu Central waren aber die vielen Leute, die einen auf der Straße angequatscht haben. An jeder Ecke standen Inder/Pakis, die dir zu einem ganz speziellen Preis einen Maßanzug schneidern wollten. Und wenn ich den nicht brauchte, dann wollten sie mir Uhren oder Schuhe andrehen. Mehrere Jungen quatschten mich immer wie folgt an: „You have a lucky face." „Oh, really?" „Yes, you want to know why?" Und dann kam blabla, irgendwas von Zukunft voraussagen und Horoskop etc. Ich hatte dummerweise weder eine Uhr um, noch feste Schuhe an, geschweige denn bin ich in Jacket und Stoffhose rumgerannt. Ich wurde also von allen angequatscht. Und irgendwie muss ich dadurch etwas verkrampft gewirkt haben, denn irgendwann kamen auch noch die Massage-Muttis. Hat man sich erstmal durch die ersten paar Straßen geschlagen, so ließ das Gesabbel langsam nach. Ich bin in einen Park geflüchtet. Parks in Hong Kong sind immer eine Oase. Man hat zwar immer noch Hubschrauber-Geräusche, Straßenlärm und dieses monotone Grundrauschen, aber es ist etwas entfernter. Zudem sind die Parks in Hong Kong immer alle von Betonwällen in Form von Wolkenkratzern umgeben. Schaut euch mal den Central Park in NY auf einem Bild von oben an, dort ist es genauso. Die Parks in Hong Kong sind bei dem wenigen zur Verfügung stehenden Platz nur einen Bruchteil so groß. Irgendwann bin ich dann in die entlegeneren Gebiete gekommen. Die erkennt man daran, dass z.B. bei Restaurants nicht mehr alles auch noch ein zweites Mal in Englisch dransteht.
Ich hatte noch keinen Hunger, und es war erst 13 Uhr. Ich dachte mir, den ganzen Tag durch Kowloon zu latschen, ist doch etwas langweilig, also suchte ich mir einen Tempel in einer Vorstadt von Hong Kong, der gut mit der Bahn erreichbar war. Da bin ich hingedüst. Entfernungen in Hong Kong sind klein. Nach 20 Minuten war ich da. Hat man in der Innenstadt schon wenig Touristen gesehen, hier waren überhaupt keine mehr. Auch hier standen Hochhäuser, denn überall in Hong Kong ist wenig Platz, da muss man halt hoch statt breit bauen. Auf dem Weg zum Tempel, der eigentlich auf einem Berg liegen sollte, hab ich mich dann verlaufen und eine unfreiwillige Wanderung durch die Natur der südchinesischen Küste gemacht. Was eigentlich so schlimm auch wieder nicht war. Irgendwann fand ich den Tempel der 1000 Buddhas dann, aber ich hab nicht alle gezählt, denn mir ist unterwegs noch was anderes eingefallen:
Der Australier vom Abend zuvor hatte mir erzählt, dass er auf einer seiner nächtlichen Touren zufällig im Happy Valley gelandet war. So heißt eine Pferderennbahn auf Hong Kong Island. Er meinte, wenn ich Zeit habe, sollte ich mir das unbedingt mal anschauen, denn die Chinesen sind Glücksspiel-verrückt. Er meinte, es gibt noch eine zweite Rennbahn nahe Sha-Tin, der Vorstadt, in der ich jetzt die ganze Zeit den Tempel gesucht hatte, die sei noch viel größer. Und zufällig war gerade Sonntag, der Tag, an dem selbst der hart arbeitendste Chinese Zeit hat, sein Geld zu verspielen. Das musste ich mir unbedingt anschauen. Und es war so, wie versprochen. Ihr könnt die Bilder in der Fotosection anschauen. Die Rennbahn war für Hunderttausend Zuschauer ausgelegt. Es waren zwar nicht soviel da, aber trotzdem Zehntausende. Man hatte einen weiten Blick bis ans andere Ende des Tals, hier und da ragten Hochhäuser in die Luft. Die meisten Chinesen schauten aber in ihre Wettzeitungen. Ich hätte auch versuchen können, mein Reisebudget etwas aufzubessern, aber vernünftig wie ich bin, hab ich es sein lassen. Mal abgesehen davon, dass ich gar nicht wusste, was die ganzen Zahlen bedeuteten, und wie ich einem chinesischen Buchhalter beibringe, dass er für mich setzen soll, da ich keinen blassen Schimmer hab. Als das Rennen dann gelaufen war, sah ich die Gewinne. HÄTTE ich die ersten drei richtig getippt, wären aus 10HK$ ganze 3000HK$ geworden. Nach einem Rennen hatte ich auch keine Geduld mehr, noch was anzuschauen, die kämmen ja erstmal den Rasen danach und machen wer weiß was alles. Eine (Wett-)Zeitung zum Lesen hatte ich zwar zur Hand, aber keinen Dolmetscher.
Glücklich über den gelungenen Abstecher kehrte ich also in das Herz von Kowloon zurück, um mir die ganzen Märkte anzuschauen. Die haben da für alles einen Markt: Bird Market, Fish Market, Gold Fish Market, Ladies Market, Temple Street Night Market (When sun goes down, the bargains go up!) etc. Ich bin überall mal durchgelaufen, hab irgendwas Chinesisches zwischendurch gegessen und bin langsam zurück Richtung Ufer. Denn dort sollte gegen Acht die Symphony of Lights losgehen, die größte Lichtshow der Welt. Dort fand man dann auch alle Touristen Hong Kongs versammelt, jeder kämpfte um seinen Platz am Geländer. Wie das Ganze im Endeffekt aussah, könnt ihr auf Fotos und Videos anschauen, die ich hochgeladen hab. Oder ihr sucht einfach mal über Google. Aber live ist es viiiiiiiieeel besser.
Falls jemand von euch mal nach Kowloon kommt: Unbedingt die Symphony of Lights anschauen, und unbedingt einmal bei Tag und einmal bei Nacht durch Kowloon gehen. Es sind zwei verschiedene Welten. Bei Tag herrscht geschäftiges Treiben, die Leute sind einkaufen, der Verkehr auf Maximum. Bei Nacht sitzen die Leute in den Cafes und Restaurants, in den Parks, spielen auf beleuchteten Sportplätzen Fußball und Basketball. Die Alten treffen sich zum chinesischen Schach. Die getunten Autos der etwas Wohlhabenderen rollen durch die Straßen und verbreiten Tieftöne. Die Leuchtreklamen strahlen um die Wette. Alles ist etwas ruhiger. Man sollte beides einmal erlebt haben. Die Stadt schläft nie.
Grüße, Stefan
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