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Hey, hier ist der nächste Eintrag. Er behandelt den 9.3., an dem ich den Victoria Peak erklommen und Lamma Island erkundet habe. Es fehlt jetzt nur noch der Eintrag zum 10.3. (Macau), mit diesem wird ein ganzer Schwall weiterer Einträge kommen, denn ab dem 10.3. habe ich abends regelmäßig etwas geschrieben. Enjoy!
10-03: The Peak, Lamma Island
Ich hatte am Abend zuvor Bekanntschaft mit einem Kanadier (Michel) gemacht. Er ist selbstständiger Architekt und auf Geschäftsreise. Er hätte sich locker ein gehobenes Hotel leisten können, aber irgendwie ist er auf dem Boden geblieben. Er meinte, er mag das Leben in der JH, wie die Leute miteinander auskommen, wie sie teilen, usw. Nicht lange, nachdem er das gesagt hatte, blökte er auch schon eine New Yorkerin an, sie solle bitte leiser in ihr Skype-Telefon sprechen. Zum kichern. Naja, er sagte, dass er auch gerne joggt, und dass er gestern (also an dem Tag, wo ich in Kowloon war) auf den Victoria Peak gejoggt ist. Da habe ich nicht schlecht gestaunt, denn der Herr Architekt ist ganze 48 Jahre, und der Peak ist der höchste Berg auf Hong Kong Island: 554 m. Selbst wenn er davon nur 300 Höhenmeter überwunden hat, so hatte ich eindeutig Respekt. Warum ich das erzähle: Ich hatte mir für diesen Tag vorgenommen, den Victoria Peak zu besuchen, dann den Südhang bis zur Busstrecke runterzuwandern, und von Aberdeen (einem ehemaligen Dorf an der Südküste von Hong Kong Island) eine Fähre auf die vorgelagerte Insel Lamma Island zu nehmen. So ungefähr war der Plan. Mein Tagesablauf sah dann aber anders aus: Ich erinnerte mich daran, dass ich ja noch einen Tag freie MTR-Fahrt hatte, welche ich auch nutzen wollte. Also suchte ich mir das letzte Ziel aus, was ich Kowloon noch nicht gesehen hatte, und sehen wollte: Wong Tai Sin, der größte Tempel von Kowloon. Um dahin zu kommen, musste ich natürlich noch einmal den Hafen kreuzen. Weil mir die Fährfahrt am Vortag so einen Spaß gemacht hat (und sie spottbillig war), nutzte ich die Gelegenheit, und stieg erst in Tsim Sha Tsui wieder in die MTR. Das widersprach nun zwar meinem Ziel, möglichst viel die äußerst gut durchorganisierte MTR zu benutzen, aber was solls. Es entsprach auch nur einer U-Bahnstation.
In Wong Tai Sin werden drei Religionen praktiziert: Buddhismus, Taoismus und Konfuzianismus. Im Endeffekt war der Tempel selber einfach bloß groß. Er hatte mehr Schreine, aber die gleichen Ausschmückungen wie alle kleineren Tempel auch. Das eigentlich Interessante war die „Eingeborenen" zu beobachten. Sie hatten unterschiedliche „Bet-Rituale". Eine Frau z.B. hatte eine Dose voller Stäbchen, welche Sie mit geschlossenen Augen so lange schüttelte, bis genau eins davon rausfiel. Die Stäbchen in der Dose machten natürlich auch den obligatorischen Lärm. Auf den Stäbchen selber standen wahrscheinlich verschiedene Sachen (sonst wär es ja langweilig). Es kam mir wie so eine Art Wahrsagung vor. Andere hatten einen Stein, der aus zwei Teilen bestand. Sie beteten eine Weile, dann nahmen sie den Stein in beide Hände und ließen in auf dem Boden in die beiden Teile zerspringen. Aus den beiden Teilen haben sie dann auch irgendeine Erkenntnis gezogen. Ich muss das mal irgendwo nachgooglen.
Nach einer halben Stunde Stäbchen-schütteln und Steine-zerplatzen hatte ich genug gesehen und machte mich mit der U-Bahn zurück in Richtung Central Hong Kong. Ich hatte noch nicht entschieden, ob ich von da zur Peak Tram, und mit der auf den Gipfel fahren sollte, oder ob ich komplett bis nach oben laufen soll. Auf meinem Weg kam ich an der ersten Kirche vorbei, die ich in Hong Kong sah. Weiter oben lag auch der Botanische und Zoologische Garten von Hong Kong. Das war schon wieder so surreal. Eben noch Großstadtdschungel, jetzt plötzlich exotische Pflanzen und Orang-Utans. Wie ein Levelwechsel bei Computerspielen ;). Irgendwie war es ein so schöner Tag, ich bin dann einfach weitergelaufen. Die letzten 20 Minuten ging es in sehr steilem Winkel den Berg hinauf. Ich konnte immer zurück auf die Wolkenkratzer schauen, und irgendwann war ich auch höher als der letzte von ihnen gestiegen. Ich habe keine Ahnung wie viel Stockwerke die so im Durchschnitt haben, aber 50 sind es bestimmt. Auf meinem Weg kamen mir mehrere, aber wenige Touristen und Einheimische entgegen. Und fast alle sahen mich komisch an. Es ist wohl nicht üblich, dass ein Tourist zu Fuß den Peak erklimmt. Kann ich mir auch gut vorstellen, die meisten Touristen hier waren dicke oder alte Briten. Irgendwann kam ich oben an und hatte einen großartigen Blick auf Hong Kong Island und das im Dunst liegende Kowloon. Wenn der Blick in Nizza auf die Strandpromenade schon eines der zehn tollsten Panoramen der Welt darstellt, dann gehört der hier auch dazu. Oder zumindest der Blick von Kowloon nach Central Hong Kong.
Wie nicht anders zu erwarten, haben die Chinesen auch auf den Peak ein Einkaufscenter gestellt. Da drin befand sich Burger King, die EA Experience (in der man mit Blick auf Hong Kong die neuesten EA Spiele ausprobieren konnte <<< verrückt), einige andere Läden und einige meist zu teure Restaurants. Eins von denen hatte aber ein Special Offer, was nur in Chinesisch angepriesen wurde. Zum Glück aber nutzen auch die Chinesen lateinische Ziffern. Auf Nachfrage fand ich heraus, dass ich ein 2-Gänge-Menü mit Tee und Blick auf Hong Kong für umgerechnet 10€ bekomme. Unschlagbar. Nachdem ich auch schön gesättigt war, machte ich mich auf der Südseite des Peaks an den Abstieg, und zwar den Weg, den Michel raufgejoggt war. Insgesamt war der nur drei Kilometer lang, aber dafür an einigen Stellen äußerst steil. Er hatte meinen Respekt immer noch.
An der Straße angekommen, wollte ich also das erste Mal mit einem Hong-Kong-Bus fahren. Das ist wirklich ein Abenteuer. Es hängen nirgendwo Pläne aus, ich hatte keine Karte vom Südteil der Insel, es gab ungefähr zwanzig oder mehr Busnummern und die Busse hielten nur auf Zeichen. Dummerweise stand ich hinter einer Kurve, so dass ich äußerst wenig Zeit hatte, die Busnummer zu erkennen, zu entscheiden, ob es nun eine der richtigen ist, und noch ein Zeichen zu geben. Im Endeffekt lief aber alles perfekt. Der Bus, den ich angehalten hatte, hatte Endstation genau in der Nähe des Fährablegers in Aberdeen. Ich nahm die 16 Uhr Fähre, und 15 Minuten später war ich auf Lamma Island.
Die Insel hat zwei Häfen, der südliche wird nur von Aberdeen aus angefahren, der nördliche von Aberdeen und Central Hong Kong aus. Ich bin im Süden ausgestiegen und wollte zum Nördlichen wandern. Der Flyer, den ich dabei hatte, wies die Länge der Strecke mit 90 Minuten aus. Genug Zeit also, ich wollte schließlich erst die 20 Uhr Fähre zurücknehmen. Ich kaufte mir ein Bier, eine kleine Tüte Chips und noch was anderes zu trinken, denn ich wollte den Sonnenuntergang im Südchinesischen Meer miterleben. Zuerst einmal aber verlief ich mich in der kleinen Ortschaft, wirklich eine Meisterleistung. Zufällig traf ich aber auch zwei verirrte Briten chinesischer Abstammung, die in dieselbe Richtung wie ich wollten. Fortan waren wir gemeinsam unterwegs. Lustig an der Insel war, dass es keine Straßen gab, nur asphaltierte Wege von der Breite eines Fahrradweges. Dementsprechend waren auch nur Fahrräder unterwegs oder kleine Trikes mit Ladefläche. Selbst die Polizei erledigte ihre Arbeit auf Fahrrädern. Checkt die Bilder, ich hab die örtliche Polizeistation fotografiert J. Im Endeffekt lief es darauf hinaus, dass die Sonne schon lange vor dem Horizont hinter Wolken verschwand. Ich trank trotzdem gemütlich mein Bier, stieg noch auf einen Berg mit Rundumblick auf die Insel und ging weiter Richtung nördlicher Hafen. Irgendwann war es dunkel. Und dann entdeckte ich mal wieder was Unglaubliches: Berlin hat keine beleuchteten Fussballplätze. Aber das Dorf, welches sich um den nördlichen Hafen gebildet hatte, hatte einen. Auf einer Insel, die nichtmal Straßen hat, und nur von zwei Fähren angefahren wurde. Also echt.
Nachdem mich das lebende Meereszeuch in den Aquarien der örtlichen kleinen Restaurants vom Essen abgeschreckt hatte, nahm ich doch schon die 19 Uhr Fähre zurück nach Central Hong Kong. Ein toller Tag, wie immer. Außer dass ich mir heute tatsächlich einen leichten Sonnenbrand geholt hatte. Damit war ich aber nicht der einzige, denn Arndt, ein deutscher Arzt, und Tobias, ein Österreicher auf Welttour, mit denen ich noch am Abend Bekanntschaft machte, hatten sich auch einen geholt. Und der Kanadier lacht. Cheers.
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