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Mein nächster Urlaub war ein Besuch bei Julian in Sevilla. Sevilla liegt im Süden Spaniens und verheißt Temperaturen bis 40°C im Sommer. Im Februar sind es immerhin fast 20°C und so bot sich an die viertgrößte Stadt Spaniens im Frühling zu besuchen.
Die vor der Reise kurz präzisierten Erwartungen waren Sonne und Tapas. Tapas sind, so wie die aus Nordspanien beschriebenen Pintxos, kleine Häppchen. Den Flughafen verlassend musste ich feststellen, dass es auch in Sevilla regnet. Die erste Mahlzeit in Sevilla war dann nicht zwingend landestypisch, sondern Hühnersuppe! Die Mitbewohnerin des Sofas, auf dem ich die Nächte verbringen sollte, hatte einen Eintopf mit Kartoffeln, Möhren, Lauch und eingekochtem Hühnerfleisch zubereitet. Passte nicht unbedingt in die Erwartungen, aber war passend zum Wetter - Regen & Hühnersuppe waren das Motto des ersten Tages. Weiter bekam ich eine private Stadtführung durch das etwas verzerrte Stadtbild von Sevilla. Als erstes sind die Orangenbäume zu nennen, die überall in der Stadt am Straßenrand stehen. In der Stadt gibt es zwei Arten von Pflanzen - Palmen und Orangenbäume, ein Traum. Die Orangen sind allerdings noch nicht ganz reif gewesen, aber unter verminderten Ansprüchen durchaus genießbar. Definitiv markant sowie interessant an der Stadt sind die vielen weiten Straßen, die immer wieder auftauchenden Plätze, die zum Verweilen einladen und eben eine Mischung von gotischen, dann maurischen und später christlichem Einfluss auf Kultur und Architektur.
Weiter stand die Kathedrale auf dem Programm. Durch die lang ausfallende Mittagspause, wie sie im Süden Spaniens gemacht wird mit viel Ruhe und belanglosen Gesprächen, fiel der Besuch der Kathedrale etwas gekürzt aus. Der hohe Turm hat weder Fahrstuhl noch Treffen, er ist wie ein Parkhaus aufgebaut. Man wollte früher so bequem, wie man war, lieber mit dem Pferd hoch reiten. Abends habe ich das für den Sommer typische Getränk kennengelernt, den Tinto de Verano. Einfach einen gekühlten Rotwein mit Limonensprudel vermischt und fertig. Schmeckt nicht nur lecker, sondern auch erfrischend. An einem Botellón habe ich auch teilgenommen - eine Versammlung jugendlicher Menschen zum fröhlichen Beisammensein auf einem der Plätze der Stadt.
Am zweiten Tag stand ein Ausflug nach Granada an. Julian hatte seinen Vater und Bruder zu besuch, die mich für eine Tagestour mitgenommen haben in die Stadt, die man getrost als gut angebunden beschreiben kann. Denn sie liegt nicht mehr als eine Autostunde entfernt von der 3482m hohen Gebirgsgruppe Sierra Nevada und der von Sandstränden erfüllten Mittelmeerküste Costa del Sol. Die Stadt liegt an einem kleinen Fluss zwischen 2 Hügeln, was die Stadt außerordentlich charmant macht mit ihren scheinbar nicht gut angeordnet errichteten Häusern, den Gässchen zwischen diesen und dem Ausblick vom einen Hügel auf den anderen mit dem Gebirge im Hintergrund. Außerdem gibt es doch eine sehr gut erhaltene Festungsanlange, die in allen Kriegen der Goten, Muslimen und Christen eine Bastion darstellte. Ehrlich zugeben muss ich jedoch, dass mir beim Besuch eines der meistbesuchtesten Sehenswürdigkeiten Spaniens eher langweilig war, weil es keine Figuren, Statuen oder zumindest Blumenpötte zu sehen gab.
Der dritte Tag war sehr abwechslungsreich. Nachdem der Motorradverleih geschlossen hatte, mieteten Julian und ich uns ein Auto. Das vorbeifliegende Land beindruckte mit sattem Grün, dass nur im "Winter" zu sehen ist, bevor die Sonne es wegbrennt. Es waren keine Berge, denn weiche sanfte Hügel. Die erste Station hieß Ronda. In diesem kleinen und deswegen auffallend touristischen Örtchen steht die älteste Stierkampfarena Spaniens und auch eine imposante Brücke, die mehr durch die Höhe als durch die Länge beeindruckt. In einem abgelegenen Lokal fanden wir dann auch ein paar Tapas. Anfangs noch schüchtern selektiert, haben wir dann Appetit gefunden und von so ziemlich allem etwas bestellt, was große Freude bereitet hat. Gewürztes Ei, Artischocke (nicht gut), Gambas, frittierte Gambas, harte rote Wurst mit Tomatensoße und einiges mehr für wenig Geld waren wirklich toll. In der Nähe von Marbella sind wir am Meer angehalten und haben unsere Hand ins Wasser gehalten. Natürlich sind dabei die Füße auch nass geworden, aber das gehört irgenwie dazu. Weiter ging es an der Küste entlang nach Gibraltar. Eine riesige Schlange erhöhte die Spannung auf die bevorstehende Einreise. Leider musste Julian in Spanien bleiben, weil die zu Großbritannien gehörende Kolonie den Zutritt verwehrte. An dem markanten aus flachem Land herausstehenden Affenfelsen vorbei erreichte ich den südlichsten Punkt um ein Foto zu machen und das erste mal in meinem Leben Afrika zu sehen. Es war zwar viel Wasser zwischen uns, aber die Abenteuerlust hat es schon ein bisschen geweckt. Der Affenfelsen ist tatsächlich von Affen bewohnt und, so sagt eine Legende, sollten sie einmal aussterben, würde die Kolonie in die Hände Spaniens fallen. Churchill hat in seiner Amtszeit clevererweise mal ein paar Exemplare aus Afrika immigrieren lassen - nur zur Sicherheit. An der Südküste Spaniens weiter entlang ging es nach Tarifa. Sie ist der südlichste Festlandpunkt Spaniens und bietet nicht nur einen Blick auf Afrika, sondern auch noch ein wunderschönes Panorama für den Sonnenuntergang. Diesen haben Julian und ich uns dann wegen der durch den Wind hervorgerufenen Kälte aus dem Auto angesehen. So romatisch, wie Männer manchmal sein können, lief dazu passend ein live-Kommentar der Fussballkonferenz im Radio. Als Mitbringsel von unserer Reise transprotierten wir 1kg Miesmuscheln, 1,5kg Gambas und einen 1,5kg schweren Merluza (Hecht) nach Sevilla. Da keiner so recht wusste, wie Miesmuscheln zubereitet werden, wurde die Mutter einer Mitbewohnerin angerufen bevor das Essen schließlich mit Pommes serviert auf dem Tisch stand. Es war ein ziemliches Festessen, bei dem mir mal wieder deutlich wurde, wie traumhaft schöne Seite ein Leben wirklich haben kann. Probiert es doch mal aus, kauft ein paar leckere und/oder exotische Sachen zu essen, trefft euch mit Freunden und freut euch des Lebens - aber bitte das Besteck weglassen, mit Fingern essen ist viel gesellschaftlicher!
Kurz vor Abreise wurden noch die letzten Sehenswürdigkeiten abgelaufen bevor es nach 72 Stunden mit 9 Stunden Schlaf, einem wirklich herzlich menschlichem Zusammensein und einem Haufen lebhafter Erinnerungen, zum Glück gibt es Fotoapperate, denn mein Speicher im Kopf ist langsam überfüllt, wieder ins Flugzeug nach Barcelona ging.
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