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Kuba hat viele Sinnbilder: Oldtimer, Zigarren, Revolution oder Rum z.B.
Als erste fällt mir jedoch immer die Palme auf, die es hier in der Karibik an jeder Ecke oder auch im Wald gibt. Überhaupt, ja, bin ich wieder in der Karibik. Es gibt strahlenden, gleißenden Sonnenschien und abwechselnd tropische Schauer. Es gibt große bunte Blüten zahlreicher Art. Verschiedene Baumarten und vielleicht so etwas wie Savannenflair. Insgesamt ist es sehr grün, sehr lebendig. Vögel hört man zwitschern oder kreischen, ohne dass man einen ihrer Schaar entdeckt. Auf dem Land äsen Ziegen, es gibt Avocadoplantagen und Pferde sind angepflockt. Rinder oder Büffel stehen in von Zuckerrohr bis ans Ufer gesäumten Sümpfen. Malerisch beschreibt sich die Landschaft schon wenige Meter außerhalb der Stadt, auch weil hier noch die Ochsen den Pflug durch die Äcker ziehen. Obwohl flach und gut zugänglich in unangetasteter Natur, gibt es glücklicherweise nur wenige Felder, die maschinell bewirtschaftet werden.
Nun ist Kuba eher bekannt durch Planwirtschaft, einem System als Resultat der Revolution durch Ernesto "Che" Guevara, Fidel Castro und weite Teile der Bevölkerung. Es gibt einige Dinge vom Staat oder mit Unterstützung der Volksvertretung, die das Leben eines Kubaners grundlegen. Dies klingt paradiesisch, was es nicht ist, dafür immerhin sozialistisch. Zumindest ein bisschen. Einkaufen kann man beim Bauern oder seinen Händlern in der Stadt. Für Weiteres gibt es kleine, private Pizzabuden oder Imbisse. Haushaltswaren gibt es ausschließlich in staatlichen Läden, manchmal teuer, manchmal mit Versorgungsengpass (Toilettenpapier kostet 30 Eurocent - pro Rolle). Wenn etwas nicht gekauft wird, ist es zu günstigerem Preis zu haben mit ehrlichem Hinweis geringer Nachfrage statt Marketinglüge. Kondome sind staatlich stark subventioniert, weshalb sie auch bei Geburtstagsfeiern teureren Luftballons bevorzugt werden. Insgesamt bietet das Land eine über seine Grenzen hinaus bekannte medizinische Versorgung, worauf alle Kubaner ausgesprochen stolz sind.
In die Landesgrenze hinein kommen jedoch keine US-amerikanischen Musikvideos und Songs - Sie werden just durch nationale Künstler kopiert und als die ihren verkauft. Über die Qualität lässt sich nur streiten, wenn man das Original kennt. Gestritten wird auch beim Rum über Qualität und Vorlieben. Auf jeden Fall jedoch wird er in Massen getrunken, ob vom Nachbarn schwarz gebrannt oder staatlich destilliert. Und je nachdem wird er bezahlt, in Nationalwährung Peso Cubano oder Devisen-/Touristenwährung Peso Convertible. Dementsprechend ist er im jeweiligen Restaurants für Inländer und Ausländer unterschiedlich teuer. Überhaupt lässt sich seit der Öffnung der Grenzen mit dem Tourismus ordentlich Geld verdienen. Und das sogar für „Mittelschichtler", die Zimmer in ihren Häusern vermieten. So haben immerhin Häuserbesitzer in den Städten, und nicht nur Hotelketten, eine Chance auf mehr Wohlstand.
Für alle andere besteht die Chance auf normale Tätigkeiten, wie in einer Bäckerei, damit man sich ein Haus kauft und seine Familie beheimatet, ernährt und empfängt. Wenn der Kubaner an sich jedoch nur überleben möchte, braucht er nicht zu arbeiten. Es ist freiwillig um dazu zu verdienen. Allerdings ist das Arbeiten auch nicht so einfach. Einfach ist jedoch die Tätigkeit: Mechaniker einer Fahrradwerkstatt, Näher für alte (Turn-)Schuhe, Taxifahrer von Autos, Pferde- oder Fahrradkutschen oder fliegender/fahrender Händler für Lebensmittel und Diverses wie u.a. auch Gestohlenes. Irgendwo etwas einkaufen um es drei Straßen weiter wieder zu verkaufen. Viele Familien verlassen sich weiter auf Verwandte oder Bekannte im Ausland.
Die wichtigsten Güter für den Kubaner scheinen Alkohol (auch gerne schon mittags), Rauchwaren, Fernseher und Stereoanlagen - es dröhnt aus allen Häusern Musik, die ein jeder wie selbstverständlich mitsingen kann. Ältere sitzen in ihren Schaukelstühlen vorm TV bei Telenovela - zwischendurch ein Blick durch Haustür und Fenster auf die Straße.
Die Straße ist wichtigster Ort für die Insulaner. Es wird geschwätzt, gehandelt, Kinder spielen Fußball. Eine Vorliebe ist das Tanzen und Alegria, die Freude miteinander. Miteinander, aber auch untereinander, nur ein verifiziertes Weltbild ist fehlend meiner Meinung. Die Zeitung ist selten und oft im Eimer neben der Toilette zu finden - sie ist günstiger als Klopapier. Außerdem ist es schwer auszureisen, weil ein Reisepass, wenn überhaupt genehmigt, schon mal sechs Monatsgehälter kostet. Und erst dann kommen die Reisekosten. Reisen leider, aber auch Bewegung scheint eher selten. Trotz vielen Tanzens spielen Genetik und Faulheit wohl ihr Spiel mit einigen Menschen, die sich liebend gerne fettig und zuckersüß ernähren. Für den Transport benutzen sie dann Bicitaxis oder Pferde(-kutschen). Ein eigenes Fahrrad ist gewiss luxuriös. Oder es geht mit dem Taxi - einem russischen Moskovitch oder einem der Charme versprühenden amerikanischen Oldtimer. Kuba ist ein lebendes Museum, was das Automobil angeht. Alternativ gibt es überfüllte Busse für die Stadt, Ladeflächen von LKW für Überland und Touristenbusse. Letztere sind überraschen pünktlich und auch klimatisiert. Touristenbusse sind sie deshalb, weil sie preislich kaum zugänglich sind für Einheimische. Und dann ist da noch Romantik und Nostalgie: der Zug. Spitzplätze sind aus gefundenen Gegenständen zusammengehauen. Es geht Holter die Polter über durchschüttelnde Gleise. Waggons sind verbunden, Übergänge ungesichert. Das ist Kuba oder die Simplizität des Seins. Der Fernverkehrszug ist komfortabel gepolstert mit Springfedern. Uringeruch verbreitet sich bei Stillstand im Bahnhof in Windeseile und, wenn es bergab geht, da rauscht die Natur durch die offenen Fenster und vor diesen vorbei. Die Menschen halten ihre Köpfe und Arme aus den „Türen", die Gedanken verlieren sich beim Ausblick, das Ruckeln wiegt uns in Trance durch das Land. Die Hitze tut ihr Übriges zur Entspannung aller. Die Zugfahrt gefällt mir, sie ist völlig kubanisch, am Zielbahnhof erwarten nur Familienangehörige und Wartenden - völlig entspannt.
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