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Unterwegs von Salt Rock in die Drakensberge
Wir verabschieden uns für ein paar Tage vom Meer und machen uns auf den Weg ins Landesinnere. Unser Ziel heisst ‚Drakensberge' - eine der schönsten Wanderregionen Südafrikas. Selbstverständlich gibt es nach 10 Minuten Fahrt, erst mal noch einen Cappuccino-Halt im Einkaufszentrum in Ballito, da man den Filterkaffee auch in Südafrika echt nicht trinken kann und ihr ja zwischenzeitlich von Andrea's Cappuccino-Sucht Bescheid wisst. Es wird uns immer bewusster, dass wir einfach ganz viel Zeit zum ‚ume-bläääterle' haben und es niemanden interessiert, in was für einem Rhythmus - ob effizient und effektiv oder eben nicht- wir leben - absolut herrlich und nach wie vor Neuland für uns. Nach dem ersehnten, richtig guten Kaffee zieht es uns noch ins Internet-Café, man weiss ja nie ob wir uns in den Bergen irgendwo online einloggen können. Reisen hin oder her - auch unsere Buchhaltung und Post muss erledigt werden.
EINSCHUB: Dank unserer innovativen ‚Schweizerischen Post' geht das aber auch auf Reisen neustens ganz easy. Habt ihr gewusst, dass ihr euch all eure Briefe via Post per Email senden lassen könnt? Das ist eine coole Sache. Da werden sämtliche Briefumschläge für einen Pauschal-Betrag p.M. jeweils gescannt, und je nach dem ob einem den Inhalt interessiert, kann man den Brief an eine Adresse zum Verwalten/Aufbewahren bis zur Rückreise zusenden (an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an unsere Post-Verwalterin Omi-ElberJ), oder man kann ihn gleich wegwerfen lassen (ahhh…. Was für ein Wohlgefühl bei all der Schrott-Werbung über Schnell-Kreditmöglichkeiten und Heine-Bestellkataloge). Bei wichtigen Sachen wie Rechnungen etc. kann man den Brief von der Post öffnen lassen und als PDF per Mail zuschicken lassen (das gilt sogar für eingeschriebene Briefe). Coole Sache! Man sitzt in Südafrika, vor sich rauscht das Meer und während dem Delphin-Beobachten erledigt man noch nebenbei und ganz easy seine tägliche Post. Gut oder? (Super, ich merke gerade dass wir doch noch nicht ganz vom Effizienz-Denken weg gekommen sindJ). Lohnt sich aber nur wenn man auf Reisen ist hihihi….. Oder für jene unter euch, die unter Unterforderung im Büro leiden, das sind aber sicher nicht allzu viele. ---- Werbung für die Schweizerische Post endet hier.
Wir kommen am späteren Nachmittag in unserem kurzfristig über's Internet-gebuchten B&B im Champagne Valley an (River Crossing B&B - sehr zu empfehlen). Einmal mehr sind wir total begeistert über die Lage von unserem neuen 5-Tages-Zuhause. Wir fühlen uns wie mitten in der Toscana. Die Self-Catering-Häuschen (zum Spot-Preis) gleichen toskanischen Villen und sind über herrlich grosszügiges Gelände verteilt. Jedes Häuschen hat sein Terässchen, umrundet von Lavendel-Hecken mit Sicht in die vor uns liegenden sanften Hügel und den hohen spitzen Bergen der zentralen Drakensberge dahinter. Ein Traum! Aber total in der Pampa… Richtig in der Pampa… Schnell realisieren wir, dass am Sonntag erst recht Pampa-Stimmung herrscht. Der vielversprechende Name ‚Champagne Valley' hat also nix mit dem zu tun, was automatisch als Erwartung vor unserem geistigen Auge abgelaufen ist. Kein Laden geöffnet, kein Restaurant hat Sonntags-Dienst und zu regnen beginnt es auch noch. Kein Food, kein Wein in Sicht = Stimmung sinkt drastisch. Glücklicherweise finden wir aber Food-Not-Asyl im naheliegenden Golf-Sport-Dingsbumsda-Resort. Da gibt's ein Dinner-Büffet (ohne Kommentar…). Nun, das Dinner war nicht allzu schlecht, doch haben wir einen Fast-Eat-Wettbewerb daraus gemacht, da die Einrichtung (mit Spar-Lampen) und demzufolge die Ambiente des Speisesaals (ausgerichtet für etwa 700 hungrige Mäuler - wir sind aber die Einzigen - umzingelt von 25 Kellner die auf weitere Zufalls-Gäste warten) unsere beinahe wieder gute Stimmung vollends in den Keller rasseln lässt. Wir fahren bei starkem Regen, in kompletter Dunkelheit mit dem Mini-Liechtli welches unser rattenscharfes, giftblaues Chäreli zu bieten mag von Schlagloch zu Schlagloch. Ziemlich genervt (zumindest Andrea - wir erinnern uns: Alex ist immer cool) gehen wir müde ins Bett und hoffen auf bessere Zeiten...
Der nächste Tag beginnt mit einem ersten ‚aus-dem-Fenster-gucken' um 05.30 Uhr. Dicke Wolken, Nebel, Nieselregen - kein Grund zum Aufstehen. Weiterschlafen. 7.00Uhr - der zweite Blick mag tatsächlich an bessere Zeiten glauben. Der Nebel lichtet sich und zwischen den Wolken zeigen sich schon einige Fetzen ‚blaue Hoffnung'. Wir machen uns parat, packen voller Optimismus unser Wander-Rucksäckli und fahren in Richtung ‚Valley Bakery' - die einzige Bäckerei in der ganzen Region- in der Vorfreude dort ein feines Frühstück zu kriegen. Der Tag geht äusserst erfolgreich in die erste Runde. Leckerste scrambled eggs (und diesbezüglich haben wir einen hohen Erwartungsstand nach Ina & Johann), Bacon, Südafrikanische Würstli, Toast und vor allem - ganz wichtig - ausgezeichneten Cappuccino. Wir decken uns anschliessend gleich mit Honig aus dem Tal sowie leckerem Brot für den nächsten Tag ein, damit wir fortan auch wirklich Self-Catering betreiben und den Tag zu Hause starten können.
Monk's Cowl State Forest
Weiter geht's zum ‚Monk's Cowl' - Parkeingang, da wollen wir eine 3-stündige Wanderung zu den ‚Nandi Falls' in Angriff nehmen. Der Park ist gut organisiert, für CHF 3.00 p.P. muss/darf man sich in die Wander-Liste eintragen, mit gewählter Route, ungefähre Rückkehr-Zeit, Name und Telefonnummer. Weiter wird gefragt ob wir Wasser/Food/warme Kleider/Notfall-Set dabei haben. Davon abhängig machen sie wohl die Schnelligkeit wann sie mit der Suche nach uns beginnen würden (also haben wir gemäss Liste möglichst nichts dabei).
Aber eine Notsuche wird bei uns nicht nötig sein, wir finden den Weg wohlbehalten zurück, obschon wir mal wieder den richtigen Weg verpassen und somit noch unfreiwillig den ‚Hltaikhulu-Forest-Trail' integrieren. So eine schöne Wanderung haben wir noch nie erlebt. Abwechslung pur! Wir blicken über endlos weite Hügel in saftigem Moosgrün, an schroffe Felswände, wandern durch dichte Urwald-Wälder vorbei an kleinen Bächen und über Blumenwiesen. Wir entdecken zuerst eine kleine Herde wilder Esel… Die können ja lustig blöken im Flirt-Spiel miteinander, ganz anders als bei uns zu Hause wo sie als einzige Aufgabe das Mitlaufen mit Samichlaus und Schmuzli haben. Kurze Zeit später entdecken wir an einem Hang gleich vor uns eine Herde wilder Pferde. Uns stockt der Atem - ein wunderbares Bild, Pferde in freier Wildnis zu sehen. Was wir hier in Südafrika an Tierreichtum sehen können, kann wohl fast kein anderes Land toppen. Nach 3.5h kommen wir müde aber überglücklich mit vielen wunderschönen Bildern im Herzen und auf der Kamera-Speicherkarte zurück und freuen uns auf ein leckeres Mittagessen. Nachmittags beschaffen wir uns endlich eine Südafrikanische SIM-Telefonkarte um nicht jedes Mal ein halbes Vermögen auszugeben wenn wir die nächste Unterkunft buchen wollen. Wir sind langsam gut organisiert hier in Afrika.
Royal Natal National Park
Nach unserem Marsch im Monk's Cowl bei uns in den Central Drakensberge sind wir am nächsten Tag höchstmotiviert um neue Hügel in den Northern Drakensberge zu erkunden. Da gibt's so ein bekanntes Foto vom Amphitheater, einer spektakulären Bergspitzen-Landschaft die sich über eine Länge von 8km zieht und eben aussieht wie ein Amphitheater. Gleich daneben sind noch die Thukela Falls zu bewundern, immerhin die 3. Höchsten Wasserfälle der Welt. Wir machen uns fortan unsere scrambled eggs selbst, da die Zeit drängt und wir nicht bis 8 Uhr mit dem Frühstück warten wollen (manchmal würde sich das Warten allerdings lohnen, denn mit dieser vorsintflutlichen Pfanne bleibt mindestens 2/3 der Eimasse am Boden als Souvenir kleben. Naja was soll's). Bevor wir im Royal Natal Park ankommen, müssen wir knapp 1.5h Fahrt hinter uns bringen, ein gutes Stück davon über eine ‚gravel road'… Super mit unserem r.s.g.b.-VW Polo - dessen Räder wirklich nur für die Partymeile in Durban oder Jo'burg gemacht sind. Nichts desto trotz - wir kommen gut im Park an ohne Panne. Das Wetter ist der Hammer - strahlend blau, keine Wolke stört das sensationelle Bergpanorama. Mit dem wolkenfreien Himmel kommt aber selbst auf 1700m.ü.M. eine drückende Hitze auf und das schon morgens um 9Uhr. Wacker schnallen wir den Rucksack an und nehmen die 14km lange Strecke in Angriff. Der Weg ist grundsätzlich wunderschön und moderat was die Anstrengung infolge Höhenmeter anbelangt. immer der Krete entlang um diverse Berge rum, die Aussicht auf das Amphitheater ist fantastisch. Allerdings verläuft der Trail mehrheitlich in der prallen Sonne welche uns zwischenzeitlich mit einer Temperatur von 36 Grad ‚verwöhnt'. Bereits nach 2 Stunden sind wir so ziemlich am Ende unserer Kräfte obschon wir mit Wasser und Verpflegung gut vorgesorgt haben. Nach 2.5h entscheiden wir, das letzte Stück von weiteren 30-45 Minuten sausen zu lassen damit uns unsere Kräfte noch bis zum Ausgangspunkt zurückführen. Der Wasserfall ist uns durch unsere vorzeitige Umkehr leider entgangen, aber dem kleinen Bächlein zu folge, gehen wir davon aus, dass auch der Wasserfall im Moment eher ein jämmerliches ‚Tröpflä' ähnlich eines undichten Wasserhahns sein muss.
Nach knapp 5 Stunden sind wir wieder beim Auto. Es war ein wunderschöner Wandertag mit fantastischem Blick in die spektakuläre Bergwelt, aber für den nächsten Tag -da sind wir uns einig- lassen wir die Trekking-Schuhe definitiv stehen und schleichen höchstens im Schatten rum, sollte sich das Wetter nicht ändern. Schon witzig, überall steht über die Drakensberge geschrieben, man kann mit jedem Wetter rechnen, nur sicher nicht mit blauem Himmel… Das Klima spielt auch hier dieses Jahr total verrückt, das hören wir nun überall wo wir sind.
‚…Welcome to the Mushroom-Platform…' UND ‚ach holde Knaben, ihr singet so schön'!
Am nächsten Tag sind unsere Beine noch immer Gummi - ein Alternativprogramm ist also definitiv gefragt. Wir entscheiden uns für eine ‚Canopy Tour' (siehe Filmli, wenns den mit dem Upload klappt). Das war ein riiiiesen Spass! Gut gesichert in Kletter-Uniform geht's zum Blue Grotto Forest. Im Tal zwischen den hohen Felsen befinden sich 12 Plattformen welche hoch in den Baumwipfeln angebracht sind und die durch Stahlseile miteinander verbunden sind. An diese wird man befestigt, dann heisst es ‚Füsse hoch und ab die Post' und man gleitet in teils rasantem Tempo bis zu 200m am Stück hoch über die Schlucht zur nächsten Plattform. Uii das hat wirklich Spass gemacht, mal was ganz Anderes! Für den Nachmittag kaufen wir Konzert-Tickets für den weltbekannten ‚Drakensberg Boy's Choir' - Pendant zu den ‚Wiener Sängerknaben' jedoch mit klar erkennbarem afrikanischem Blut in den Adern. Scheinbar muss man so ein Konzert einfach gehört haben, wir lassen uns gerne überraschen - sitzen ist besser als laufen heute. Das Konzert dauert 2 Stunden und wir beide sind total gefesselt vom Gesang der 60-70 jungen Südafrikaner. Von klassischen Liedern über Gospel, heimische Zulu-Lieder bis zu ganz modernen Interpretationen - alles war dabei. Andrea hätte am liebsten alle 70 Jungs gleich adoptiert um die Musikanlage zu Hause auf den Müll zu werfen. Trotzdem hat uns dieser Chor auch etwas nachdenklich gestimmt. Etwa die Hälfte der Jungs waren weisse Südafrikaner, die andere Hälfte von dunkler Hautfarbe. Im Chor sind sie ein Team - das spürt man. Der Unterschied ist, dass im Publikum nur Weisse Gäste und Eltern sitzen. Die Schwarzen können es sich schlicht nicht leisten, die umgerechnet 10 CHF dafür aufzubringen. Nach dem Konzert werden die Weissen von ihren Eltern in dicken, grossen Geländewagen abgeholt. Die Schwarzen werden höchstwahrscheinlich alle einen 10-20km Fussmarsch zu ihrem Häuschen nach Hause in Angriff nehmen…
Wir haben nun schon einige Länder zusammen bereist und überall war zwischen Arm und Reich eine grosse Diskrepanz. Aber hier in Afrika wo die Unterschiede noch so klar durch die Hautfarbe erkennbar ist, das ist schon krass. Die Weissen geniessen, die Schwarzen arbeiten. Das gilt in Hotels, Restaurants, einfach überall. Man sieht fast nirgends eine dunkelhäutige Person einfach sitzen, genauso wenig sieht man eine weisse Person andere Menschen bedienen. Und die körperlich extrem harte Arbeit im Strassenbau z.B. an Autobahnen, da sieht man etliche Frauen schuften… Ganz wahnsinnig…
Cathedral Peak Nature Reserve
Nach unserem ‚Plämperli'-Tag wollen wir am letzten vollen Tag nochmals in die Berge. Wir entscheiden uns für die Region Cathedral Peak. Dafür müssen wir wieder über die gravel road und zwischenzeitlich beten wir, dass unser r.s.g.b.-Chäreli noch bis zum Ende unserer Reise durchhält.
Schon die Anfahrt ins Natur-Reservat ist von spektakulärer Sicht in die Berge geprägt. Wir haben wieder Glück mit dem Wetter, obschon am Abend zuvor ein unglaublicher Gewitter-Sturm getobt hat. Es hat etwas abgekühlt und der Himmel ist noch voller Wolken - ideales Wanderwetter. Wir entscheiden uns für eine eigentlich 5 stündige Route zu verschiedenen Wasserfällen. Nach gut 1.5 Stunden Urwald-Feeling geben wir aber auf. Ohne Machete ist auf dieser Strecke kein Durchkommen. Die Gräser und Büsche sind meist von gleicher Höhe wie wir selbst, das offizielle Weglein ca 20cm Breit. Das permanente Dornen- und Sträucher-Peeling halten wir die erste Stunde geduldig aus, aber irgendwann haben wir genug von zerkratzten Beinen und Armen und wir machen uns auf den Rückweg. Die 2.5 Stunden waren sicher keine Wanderung wie wir es uns von der Schweiz gewohnt sind, aber was soll's. Bewegung und eine weitere spektakuläre Aussicht hatten wir - und für alles Andere läuft uns auch zukünftig nicht die Zeit davon - wir müssen nicht mehr die perfekten Touren an kurzen und perfekten Weekends durchboxen. Auch ein Freiheitsgefühl! Nach 5 unvergesslichen Tagen in den Bergen geht's nun mit einem 2-tägigen Zwischenstopp in Durban (mal wieder etwas Nightlife schnuppern) zurück an die Küste. Es steht die Wild Coast auf dem Programm und später die bekannte Garden Route wo wir uns dann auch mal eine gute Woche 'Auszeit' vom Reisen gönnen werden.
Herzlichst - und ganz es schööns Weekend eu allne,
Andrea & Alex
- comments
Angela Liebe Andrea, eigentlich wollte ich den Bericht nur kurz überfliegen, bin hängen geblieben, mega. Ich würde Euch glatt 5 Sterne dafür geben - geht nicht, ich kann nur einen anklicken - für mich sind es 5 Stars - please write more xxxA.
Nick Eure Erzählungen sind grandios, immer ein Lächeln auf den Lippen beim Lesen :-) Kenne die Gegend der Drakensberge, ist wirklich schön. Geniesst die Gardenroute! Nick