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12. Rundbrief
Liebe Freunde, Verwandte und Bekannte,
schon am ersten Juli ging es für mich los auf meine erste Reise des Sommers. Zusammen mit meinem kirgisischen Freund Ormon wollte ich das Nachbarland Usbekistan erkunden. Nachdem wir mit dem Flugzeug von Osh nach Bishkek geflogen waren und uns so 14 Stunden Taxifahrt ersparten, fanden wir uns an der nahe gelegenen usbekischen Grenze ein.
Hier gab es dann das erste richtig große Problem der Reise: Sofort viel uns auf, dass an der Grenze ungewöhnlich wenig Menschen zu sehen waren. Es stellte sich dann schnell heraus, dass Ormon nicht über die Grenze darf. Das Verhältniss zwischen Usbekistan und Kirgistan ist sehr angespannt, woran auch das Genozid an Usbeken in Osh 2010 Schuld ist. Kirgisen dürfen nur per Flugzeug nach Usbekistan einreisen, was wir allerdings nicht wussten und auch die usbekische Botschaft in Bishkek gab uns dazu falsche Angaben. Jetzt war guter Rat teuer, wir entschieden uns noch einen schönen Tag in Osh zu verbringen und ich sollte dann am nächsten Tag allein weiterreisen. So erkundeten wir wieder einmal Osh, eine sehr spannende Stadt im Süden des Landes und verbrachten zusammen noch einen netten Abend. Am nächsten Tag ging es für mich wieder an die Grenze und eine lange Kontrollprozedur begann. Umgeben von Soldaten mit Gewehren musste ich mehrere Passkontrollen, Fragen und absulut penible Gepäck- und Kleiderkontrollen über mich ergehen lassen. Nach ca. 2.5 Stunden war ich durch und suchte mir in Usbekistan ein Taxi nach Tashkent, dass ich mit einer Georgierinn und zwei Belgiern teilte. Nach acht Stunden Fahrt und unzähligen Checkpoints (Passkontrollen, Gepäckkontrollen usw.) kamen wir endlich in Tashkent an. Auf der Fahrt sahen wir ein Dorf an dessen Hauptstraße alle Häuser in der Mitte geteilt und abgerissen waren, ich fragte den Fahrer was hier gescheheh sei und er antwortete, dass die Straße verbreitert werden solle. Dafür wurden alle Häuser einfach geteilt und plattgemacht. Außerdem fiel mir auf, dass alle Straßen neu waren und auch nur zwei Automarken existieren: Chevrolet und Daewoo. Mir wurde erklärt, dass diese in Usbekistan produziert werden und anderen Marken mit so hohen Einfuhrzöllen belegt werden, dass diese unerschwinglich sind. Usbekistan wird seit dem Ende der Sowjetunion von einem autoritären Diktator (Karimow) regiert, der das Land mit aller Gewalt zu modernisiern versucht. Meinungsfreiheit existiert nur auf dem Papier, über die Politik wollte mit mir keiner Reden, es herrscht Angst vor Verrat und Repressionen. Auch dem Kampf gegen Terrorismus wird alles untergeordnet: Überall Polizei und Militärkontrollen. Nach dem 11.September begannen auch die Amerikaner Usbekistan gegen die Islamisten zu unterstützen.
In Tashkent angekommen, beschlossen die zwei belgischen Jungs und ich uns in ein sehr schönes Hostel einzuquatieren, die Stadt noch zu Fuß zu erkunden und mit der moderen Metro zu fahren. Wir sahen den Basar, die Altstadt und auch den neuer Teil der vier Millionen Metropole, die sich doch sehr von Bishkek unterscheidet.
Am nächsten Tag fuhr ich in aller Frühe mit der Metro zum Bahnhof und bestieg einen Zug nach Buchara. Mit diesem ziemlich schnellen und moderen Zug schafft man die Strecke durch die Wüste in ca. sieben Stunden, dabei fährt man durch beeindruckende Landschaften wie ihr in diesem Video auf unserem Blog sehen könnt: http://www.offexploring.com/winklerduo/videos/37283
Angekommen in der Wüstenoase Buchara machte ich mich sofort auf den Weg in die historische Alltstadt, die aus beeidruckenden Bauwerken besteht und fast noch vollständig erhalten und aufwendig restauriert ist. In einem der Altbauten fand ich ein sehr preiswertes Hostel und auch hier machte ich mich auf einen ausführlichen Ausflug durch die Stadt bei dem folgende Fotos entstanden:
http://www.offexploring.com/winklerduo/albums/usbekistan-und-sonstiges
Nach dieser spektakulären Stadt ging es am nächsten Tag mit dem Bus in einer sehr anstrengenden und langen Fahr (8 Stunden) zurück nach Tashkent. Von dort aus machte ich mich sofort weiter mit dem Sammeltaxi in die Stadt Andijion im Ferganatal, der Kornkammer Zentralasiens. Mit meinen Mitfahreren verstand ich mich prima und wir gingen auf dem Weg noch gemeinsam Schaschlikessen. Mittlerweile war die Hitze auch wieder erträglicher geworden und die Fahrt ging weiter über einen Pass durch die Nacht. Nach weiteren acht Stunden Fahrt kam ich dann nachts um zwei Uhr in Andijion an und legte mich sofort im Hotel schlafen.
Nach einem ausgibingen Frühstück erkundete ich noch die Stadt Andijon, in der 2005 fast 700 Usbeken von der eigenen Polizei bei Demonstrationen erschossen wurden. Die Polizei ist auch hier auf den Straßen allgegenwärtig, von Islamismus oder Terroristen aber keine Spur. Vielmehr machte die Stadt einen sehr aufgeräumten, modernen und friedlichen Eindruck auf mich. Nachmittags überquerte ich dann wieder die Grenze nach Kirgistan, was wieder lange dauerte. Auf der kirgisischen Seite schaute der Zöllner gerade einen Film und wollte nicht mal mein Visum sehen, da wusste ich, dass ich wieder in der Heimat war. Den Rest des Tages verbrachte ich wieder in Osh und flog dann spät in der Nacht zurück nach Bishkek, wo schon eine Überraschung auf mich wartete: Am Flughafen angekommen begrüßten micht Constanze, Michaela und Maxat morgends um zwei Uhr, womit ich nun wirklich nicht gerechnet hätte. Vielen Dank noch mals fürs abholen, ich habe mich echt super gefreut!
Die nächste und letzte Arbeitswoche verbrachte ich dann noch mal bei Nadeshda. Wir strichen die Klassenzimmer, räumten auf, renovierten und machten alles fit fürs nächste Schuljahr. Conny baute zusammen mit Maxat und weiteren Unterstützern auf dem Reitplatz einen neuen Zaun, der echt super geworden ist: Großes Kompliment an Conny, die trotz Schwierigkeiten die Sache durchgezogen hat und auch selbst bis zum Umfallen mitgearbeitet hat. Endlich können die Pferde jetzt frei rumlaufen und müssen nicht immer angebunden stehen.
Am Ende der Woche hieß es Abschied nehmen von der Arbeit und unserer Betreuerinn Suliva lud uns noch zu einem leckeren Abendessen ein.
Ab jetzt hatte ich endlich Urlaub und erholte mich die ersten Tage in Bischkek. Wir fuhren an einen nahegelegenen See, ich schrieb Berichte (wie diesen), machte kleinere Ausflüge und fieberten natürlich beim WM Finale mit (bei uns von zwei bis vier Uhr in der Nacht).
Das Deutschland gewonnen hat, bringt uns jetzt hier große Vorteile: Man hat immer gleich ein Gesprächsthema und wird als Weltmeister begrüßt. Oft muss ich dann erst erklären, dass ich ja selbst nicht gespielt habe und das ganze ja jetzt nicht allzu wichtig sei.
Dann ging es auch schon wieder in den nächsten Urlaub an den Yssik Kul See.
Wir sind der Einladung unserer Freundinn Aishola gefolgt und haben sie vier Tage lang in Karakol besucht. Dabei durften wir eine fast grenzenlose Gastfreundschaft erleben. Zusammen erkundeten wir die Stadt, machten einen Ausflug in die Berge und waren zu Gast in einem kleinen Dorf auf dem Land.
Für uns ging es anschließend weiter in das Dorf Börnök am Issyk Kul, wo wir auf Conny und weitere Freiwillige trafen. Nadeshda betreibt dort einen Kindergarten, der im Sommer aber geschlossen hat und uns Freiwilligen kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Nur fünf Minuten vom See entfernt konnten wir uns hier vier Tage richtig erholen. Unser Programm bestand aus kochen, essen, baden, schlafen und wandern: Erholung pur!
Zurück in Bishkek ging es gleich zum gemeinsamem Grillabend mit japanischen und deutschen Freiwilligen beim Vizebotschafter Deutschlands.
Am nächsten Tag brach ich dann mit meinem Mitbewohner Benedikt, seinem Bruder und einer weiteren Freiwilligen in den Ala Archa Nationlapark auf und wir stiegen noch am gleichen Tag zu einer Hütte auf 3000 Metern auf. Nach einer schlafarmen Nacht ging es um fünf Uhr in der Frühe auf den 4540 Meter Hohen Berg „Pik Utschitel" mit herrlichem Blick über die Berge und Bishkek. Natürlich machte uns die Höhe und die Anstregung ordentlich zu schaffen und so waren wir dann nach einem Abstieg von 2500 Höhenmetern ordentlich geschafft. Bis heute schmerzt der Muskelkater noch nach. Unser Ziel einen 4 tausender in Kirgistan zu besteigen war damit erreicht.
Nach einem Tag Pause in Bishkek fuhr ich dann mit meiner Mitbewohnerinn Veronika noch in die Gebietshauptstadt Talas im Nordwesten Kirgistans und besuchte das Denkmal des Volkshelden Manas. Gleich am nächsten Tag machten wir uns schon wieder auf die 7 stündige Rückfahrt und kamen nach einem Reifenplatzer dann auch gut in Bishkek an.
Es ist kaum zu glauben, aber schon am Sonntag wird meine Familie aus Deutschland mich besuchen und gemeinsam mit mir Kirgistan bereisen. Natürlich freue ich mich riesig sie nach elf Monaten wieder zu sehen und bin schon ganz aufgeregt...
Deswegen widme ich mich jetzt auch den Vorbereitungen und beende diese langen Rundbrief.
Den nächsten und letzten Rundbrief wird es dann vorrausichtlich Ende September geben, darin werde ich von unserer Familienreise durch Kirgistan und dem Rückkehrseminar in Deutschland schreiben.
Viele Grüße
Euer Jonathan
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