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Mittwoch, 14. und Donnerstag, 15. März 2018 - 23°/32°/11°
Baptist Peter fährt frühmorgens in eine Gebetsstunde. Vera gibt bekannt, Religion sei nur Peters Sache, sie gebe sich damit nicht ab. Nachdem wir unser Gepäck ins absolut ebenerdige Parterre verfrachtet und in Peters Skoda Octavia verladen haben, nehmen wir um halb zwölf Uhr Abschied vom hübschen Heim unserer Freunde. Ziemlich sicher zum letzten Mal, denn mit so weiten Überseereisen haben wir abgeschlossen. Die Fahrt zum Flughafen dauert rund 40 Minuten. Der Abschied ist kurz und herzlich. Peter und Vera werden wir vielleicht im Herbst wiedersehen, sofern sie auch dieses Jahr nach Europa kommen.
Unsere letzten Neuseelanddollars investieren wir in Sandwiches und Getränke, die wir auf höchst unbequemen, viel zu breiten und niedrigen Kunststoff-Designerstühlen konsumieren. Wie wir anschliessend feststellen, hat man den ganzen Flughafen mit diesen Foltersesseln ausgerüstet. Der Thai Airways-Dreamliner (Boeing 787-9) bietet angenehm viel Beinraum. Da er nur etwa halb voll ist, bleibt in unserer Dreierreihe der dritte Sitz leer, was uns etwas mehr seitlichen Platz lässt. Nach dem Start haben wir aus einiger Entfernung Sicht auf die City von Auckland, dann zu den südlichen Stränden von Northland. Plötzlich werden die Fenster dunkelblau und lassen sich nicht mehr heller machen; eine nicht besonders sympathische Eigenheit dieses Flugzeugtyps. Die Sicht auf den Norden Australiens, der später unter uns wegzieht, ist damit sehr eingeschränkt. Allerdings bietet das leere Outback aus 10 Kilometern Höhe sowieso nicht viel. Wir vertreiben uns die Zeit mit Essen, Filme gucken und Lesen. Ich führe mir „The Darkest Hour" zu Gemüte, das Drama über Churchills Wahl zum Premierminister und die dramatischen Kriegstage im Mai 1940. Längeres Schlafen vermeiden wir, damit wir nach der Ankunft um halb acht Uhr abends nicht wieder hellwach sind. Die Uhren müssen wir sechs Stunden zurückstellen; nach Auckland-Zeit kommen wir somit um halb zwei Uhr nachts in Bangkok an, nach 11 ½ unbequemen Stunden.
Nach der Landung sind wir rasch durch die Kontrollen. Am Ausgang schlägt uns die erwartete Tropenwärme entgegen. Ein bisschen verwirrend ist es, ein Taxi zu finden. Erst muss man ein „Ticket" haben, wobei es sich um eine Zuteilungsnummer handelt. Es gibt sie für „Short Distance" und „Regular Taxi". Die Informationen, die uns die Airbnb-Gastgeberin Tei schickte, sind hilfreich. „I know!" verkündet schliesslich ein Fahrer und stopft unser Gepäck ins Auto. Im kleinen Kofferraum des Toyota Corolla hat nur ein Gepäckstück Platz, das zweite kommt auf den Beifahrersitz. Bei reichlich Verkehr geht es um einige Ecken in ein Wohnquartier, und wirklich: Das Taxi hält an der richtigen Adresse. Die äusserst liebenswürdige Tei empfängt uns vor ihrem schönen, zweistöckigen Haus. Sie ist „Art Teacher" und beauftragt ihren jungen „Studenten", unser Gepäck die steile Holztreppe hinauf zu schleppen. Puh, was für eine Hitze in diesem Haus noch um halb zehn Uhr abends! Zum Glück hat unser Zimmer eine gut funktionierende, leise Klimaanlage. Tei hat uns einen Krug mit Trinkwasser und zwei Gläser bereitgestellt. Das Zimmer ist geräumig; es gibt gar ein zweites Bett, das uns als Gepäckablage dient. Die Matratze ist etwas hart, aber wir sind müde genug, um trotzdem bald einzuschlummern.
Frühstück gibt es um halb neun Uhr. Es besteht aus einem Teller mit einer dicken Scheibe Toast, auf der zwei Würstchen liegen, garniert von gekochtem Ei und Salat. Dazu gibt es frische Tropenfrüchte, die wir nicht alle kennen. Ob wir noch Reis wollten, fragt Tei, aber auf den verzichten wir. Margrit will wegen ihrer Blasengeschichte Hagebuttentee, wozu sie Tei zwei mitgebrachte Beutel übergibt. Tei ist nicht gleich klar, dass beide Tassen für Margrit sind, und ich selbst muss nochmals erklären, ich hätte gern Schwarztee, „mit Milch und Zucker". Darauf bringt sie eine Tasse kalte Milch - die Verständigung ist nicht ganz leicht, obwohl Tei recht gut englisch kann. Das Frühstück hat keinen festgelegten Preis; man steckt einen Betrag in eine „Tip Box" auf dem Tisch.
Unser Flug nach Zürich geht um 13.05 Uhr. Tei hat uns für 10 Uhr ein Taxi bestellt. Dieses steht schon lange vorher vor dem Haus; der Fahrer hält ein Nickerchen. Anscheinend ist er nicht stark ausgelastet... Tei verabschiedet uns so herzlich wie alte Bekannte. Nun sehen wir erst, dass es in der Nachbarschaft einen kleinen, quadratischen See gibt. Die Strassenzüge, durch die das Taxi den Stadtteil verlässt, erinnern uns sehr an unseren letzten Besuch in Thailand 1988. Das Taxi am Abend kostete 200 Baht (6 Franken). Der heutige Fahrer will 300, gibt sich aber auch mit 200 zufrieden. Das Einchecken ist bald erledigt. Bei der Sicherheitskontrolle wird die winzig kleine Schere in der kleinen Wanderapotheke entdeckt und beschlagnahmt, die schon auf Dutzenden von Flügen in meinem Rucksack steckte. Das ist um so absurder, als die „Swiss" dann zum Essen Metallbesteck verteilt! Wir haben viel Zeit, um etwas zwischen den vielen Duty Free-Läden herumzuschlendern und das zweite Sandwich vom gestrigen Flug zu verzehren, samt zwei Getränken für unsere letzten 100 Baht.
Die Boeing 777, die weniger Beinraum bietet als der Dreamliner von Thai, scheint bis auf den letzten Platz besetzt; Margrits Hoffnung, der dritte Platz neben ihr bleibe wieder leer, erfüllt sich leider nicht. In letzter Minute erscheint ein junger Schweizer. Er stellt sich als Flight Attendant der Swiss vor, der als Passagier mitfliegt. Die Unterhaltung mit ihm ist recht aufschlussreich. Als ich ihn frage, warum auf dem Tablett Cheddar statt Schweizer Käse sei, erklärt er, es ginge aus Gewichtsgründen nicht, diesen aus der Schweiz mitzubringen. Das wesentlich grössere und schwerere Schokoladeeis, mit dem man uns später überrascht, ist dann allerdings doch aus der Schweiz... Wir starten etwas verspätet, kommen aber fast nach Flugplan um 19.25 Uhr in Zürich an. Knapp schaffen wir es auf den 20.18 Uhr-Zug, nachdem wir lange auf Margrits Gepäck gewartet haben. Mit dem Handy bestelle ich im Zug ein Taxi, das bei der Ankunft auf uns wartet. Unser Häuschen treffen wir unversehrt an; das Thermometer im Innern zeigt 7 Grad. Gut, dass die Heizung bald in Betrieb gesetzt ist.
Damit ist diese zweimonatige Weltreise, die nebst viel Ansprechendem und Überraschendem einigen Ärger beinhaltet hat, erfreulich zu Ende gegangen.
(Foto: Vera in her armchair)
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