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Erst war ich beschäftigt, dann ohne Tastatur, dann krank und wieder krank. Die zweite Hälfte Nepal kommt schon aus Südindien nachgeschoben. Gilt trotzdem.
Mountain Mountain Museum und Climate Change
Großes Gebäude, umgeben von viel schöner Wiese, alles sehr schön. Innen noch größer, weil auch ein wenig leer. Fotos der ersten Mount Everest Expeditionen, Sammlungen von Müll collected im Himalaya, Bilder vom Yeti und Schaufensterpuppen, die Bergvölker darstellen und deren traditionelle Kleidung tragen, mit Plastikperlen im Haar. Serbien ist die Lederhosenvertretung. Die englischen Tafeln sind mal sehr gut und mal sehr schlecht. Ich frage mich, ob die Übersetzung von mongolisch auf Englisch wirklich mongoloid ist.
Beim Seminar Climate+Change geht es darum, den Klimaschutz in den Unterricht zu integrieren und darum, das Schulsystem interaktiv zu gestalten. Sachen machen, bei denen die Students nicht nur zuhören, sondern selber mitmachen ist in Nepal scheinbar gerade am Kommen, wenn man den teilnehmenden Schulen glauben darf. Die drei Schulvorstände sind, soweit ich das beurteilen kann, begeistert. Die Podiumsdiskussion ist selbstverständlich auf nepali. Ich sitze auf der LehrerInnenbank und nicke ab und zu vielsagend.
Das 15 Minuten Stück, das die Shamrock Students mit Madan geschrieben haben und das ich eine Woche lang mit ihnen geprobt habe geht über die Bühne, alle geben sich Mühe und es ist natürlich wunderbar. In dem Stück stirbt erst ein Sohn an einer Kohlenmonoxidvergiftung, dann verliert eine Familie über Nacht ihren Besitz, weil sie ihre Wälder an gierige Geschäftsfrauen (yeah) verkauft haben und es eine Überschwemmung gibt. Die andere Schule zeigt einen drei Minütigen Tanz, wie Schnee schmilzt, auch schön. Danach wird den SchülerInnen gesagt, sie können sich das Museum jetzt anschauen, während die Lehrenden noch zu einem dreistündigen Workshop bleiben. Ich schleiche mich unauffällig aus dem Raum zu meinen Freundinnen, den Schaufensterpuppen in Lederhosen.
Wasserfälle
Eines Tages im Garten überkommt mich der Wunsch nach Bewegung, nach Tapetenwechsel. Mein lieber Nachbar und dienstältester Gartenbewohner dazu: „yeah, I get that sometimes. Then I sit down and wait for it to pass."
Am nächsten Tag setzen wir uns doch tatsächlich in Bewegung, eine Gruppe von über 15 Leuten aus der Hippieecke Pokharas nimmt gut einen halben Local Bus ein. Zu den heißen Quellen. Der Bus ruckt seinen Weg über Schlaglöcher, ich sehe aus dem Fenster, das heißt entweder ducke ich mich und schaue durch das offene Fenster, bzw die schmutzige Plastikscheibe, oder ich hab den oberen Balken vor den Augen. Da sind Reisfelder. Ein alter Mann pflügt mit zwei Ochsen ein kleines Feld. Nach einem Stopp können wir kurz aufs Dach, dann sind wir aber auch schon da. Keine heißen Quellen in Sicht, aber kurz nach einer Brücke kleine Wasserfälle und Teiche dazwischen und große Steine. Kletterpartie über Steine, Wasserfallduschen. Auf dem Rückweg zur Busstation ist gerade Schulschluss und winzige Mäuse in Uniformen kommen über die Brücke und grüßen alle lieb. Neben mir im Bus sitzt auf der Rückfahrt ein Herr um die 50, mit Hut und Bart und Aktentasche. Die Schlaglöcher sind noch ärger als bei der Hinfahrt, die Sitze nicht gepolstert. Ich versuche zu ignorieren, dass mich die Frau hinter mir mit ihren Schuhspitzen in den Hintern tritt. Mein Sitznachbar legt ein Nickerchen ein, bewundernswert.
Vor dem Fenster ziehen Häuser vorbei, zum Beispiel eines, vor dem Mädchen und Frauen damit beschäftigt sind, Wasser zu schöpfen. Ein Mädchen, mit Zöpfen, sehr hübsch. Ein kleineres Kind mit Schalhaube und langen Hosen unter den kurzen. Hinter ihm sitzt die Oma, sehr faltiges Gesicht, mit dem Rücken ans Haus gelehnt. Sie kaut Luft, schmatzt vor sich hin, als würde sie gleich zu reden beginnen, schiebt sich dann eine Zigarette zwischen die Lippen. Hinter ihr steht ein Büffel unterm Wellblechdach.
Ein Stück weiter zeigt ein Mädchen einem kleineren Bub, wie man Hekisack spielt. Ich bin nicht sicher, was sie als Heckiseck verwendet. Sie gabelt es immer wieder hoch, verwendet nur die Innenkante ihres rechten Fußes, dreht sich dadurch einen halben Kreis hin und dann wieder zurück, lässt es kein einziges Mal fallen.
Böse und weniger böse Vergewaltiger, nach Samson
Wir werden die Welt nicht ändern. Man muss sich an die Wahrheiten halten. Nachts ist es gefährlich für Frauen, das ist eine Wahrheit. Treibt sich eine Frau nachts mit ihrem Freund herum, ist sie selbst schuld, wenn sie in einen gefakten Bus steigt, wo alle Insassen sie vergewaltigen und sie später daran stirbt. Vergewaltigungen passieren überall und in Indien nur mehr, weil da mehr Leute sind. London, New York, Paris, überall werden Frauen vergewaltigt, das ist die Wahrheit, wir werden die Welt nicht ändern. Auch in Österreich. Fritzl ist als Mann böser als die Busvergewaltiger, weil er seine Tochter zuhause vergewaltigt hat. Die Frau im Bus wurde nicht von zuhause oder aus ihrer Schule entführt. Sie hatte nichts auf der Straße zu suchen. Ihr Vater ist ein ganz normaler Mann, ein guter Angestellter, der ihr Bildung gegeben hat und so geht sie damit um. Fährt in der Nacht Bus mit ihrem Freund.
Die Skala der böseren und weniger bösen Vergewaltiger. Samson ist so alt wie ich.
Begnas Tal
Der zweitgrößte See nach Fewa Lake. Im Bus am begehrten Platz an der Windschutzscheibe, links neben dem Fahrer. Der Bus fährt und immer mehr Leute steigen ein, der grummelige alte Mann neben mir stupst mich immer nochmal an, bis ich wirklich an der Windschutzscheibe klebe. Leute stehen auf der Straße und winken den Bus zu sich heran, wenn sie einsteigen wollen. Einmal klopfen vom Kollegen, der in der offenen Tür steht, bedeutet stehen bleiben oder langsamer fahren (Locals können im Fahren raushüpfen, nur die Alten und Touristischen sind auf den Stillstand angewiesen), zweimal klopfen weiterfahren. Ich bitte den sehr müde aussehenden, jungen Fahrer mir zu sagen wann der Privhti Chowk kommt, wo ich umsteigen muss. Der alte Mann neben mir antwortet mir statt dem Fahrer, es dauert noch ein bisschen, dann deutet er mir, wo der andere Bus losfährt und schubst mich raus, das heißt auf alle anderen Leute, die nicht aufstehen, solange der Bus noch fährt. Ich steige aus, gehe in die Richtung, mein lieber alter Nachbar nickt, ich zeige nochmal die Richtung er nickt wieder und grüßt Namaste. Ich gehe über die Straße und halte Ausschau, da fährt tatsächlich ein Bus vorbei, bevor ich fragen kann, ruft mir der Mann aus der Tür zu „You! Begnas Tal! Come on in!"
Ein Mann setzt sich neben mich und fragt, woher ich komme. Er wird mit einem Exchange oder sonst was Programm in die U.S.A ziehen, nach Arizona. Wie weit ist es from meinem country in die U.S.A? Und wie ist das Klima in Arizona?- Ich schätze heiß und trocken?- Ob ich schon einmal in den U.S.A war und wo. Ich erzähle von New York, er will wissen wie es da ist, ich spreche von Wolkenkratzern und von viel Verkehr aber organisierter als hier und davon, dass man überall etwas kaufen möchte und man nicht einfach sitzen kann im Gasthaus, ohne weiter zu konsumieren, weil sie einem so wahnsinnig freundlich immer noch was andrehen… „Will I be able to find a job there, miss?" - Oh. Ich weiß es nicht, ich glaube man braucht eine Steuernummer dafür, aber für die Steuernummer wiederum einen Job, aber wenn das so ein Programm ist, mit dem er hinfährt dann, dann wird er unterstützt, vom Gouvernment? - Jaja, genau. -Ja dann, dann…also warum nicht…- Er möchte sich als erstes in Arizona ein Auto kaufen und dann eine Arbeit finden. Er hat einen Verwandten, der schon in Arizona lebt. Er ist sehr aufgeregt, ich denke er muss so um die 40 sein, leicht untersetzt, mit anfangender Halbglatze und sehr freundlichem Gesicht. „Will I succeed in building a new life, miss?" - Ich hoffe, ich denke, ich kann nichts versprechen, ich komme nicht aus den U.S.A…- Bei seiner Station steigt er aus. „Thank you miss, bye, bye"- „Good Luck."
Begnas Tal liegt ruhiger als Fewa, an der Promenade sind ein paar Frauen, die Wäsche waschen. Die Frau, die mich über den See rudert, spricht kein Englisch, sie drückt mir ein Paddel in die Hand und wir paddeln. Ich frage sie, wie sie heißt. Areennedseju. Es dauert eine Weile, bis ich verstehe, dass sie buchstabiert. R-A-N-J-U
Auf der anderen Seite ist gleich ein Restaurant, ich frage, wie ich Richtung Rupa Tal gehen muss (der drittgrößte See, der neben Begnas liegt). Suresch ist so alt wie ich, spricht sehr gut englisch und sagt, er muss ohnehin hinauf und kann mich mitnehmen. Auf dem Motorrad den Berg hinauf, da sind die Seen und die Berge und bald auch der Punkt, von dem aus ich links und rechts je einen See seh. Wir trinken Tee mit Sureschs Mutter und besuchen eine Kaffeefarm, da sitzen Volounteers rum und sieben Bohnen. Suresch soll mir beim vehandeln für eine Guesthouse helfen oder aber, sagt er sagt seine Mama, ich übernachte bei ihnen, ob ich die 300 dem Guesthouse oder ihr gebe… Er kann mir sein Zimmer geben und bei seinem Bruder nebenan schlafen. Mit Abendessen und allem vielleicht 500? Oder aber, wie seine Mutter sagt, was immer ich geben will, ob 5000, 50 oder gar nichts. Sie wird ein Huhn schlachten. Nein, das ist nicht nötig, ich brauche kein Fleisch, sage ich, aber wenn die Tochter heim kommt, wird ein Huhn geschlachtet. Alle aus dem Dorf schauen und kichern. Suresch ist schon 27 und noch nicht verheiratet. Sein kleiner Bruder schon, die Frau haben sie ihm gesucht, sie ist jetzt 19. Sie haben einen ein und halb Jahre alten Sohn, der mit seiner Mama bei Suresch´ Mama wohnt. Der Vater (Suresch kleiner Bruder) arbeitet in Saudi-Arabien, seit ca ein und halb Jahren. Der kleine Sulav übt mit mir Stiegen steigen, seine Mama ist gerade im Wald, Holz sammeln. Suresch und ich fahren wieder hinunter, zum Restaurant das direkt am See liegt, weil ich gesagt habe, dass ich vielleicht schwimmen gehen will. Unten malt ein alter Mann gerade ein neues Schild für das Restaurant, er sagt, er kennt mich aus dem Bus. Außer zwei drei Paddelbooten und mir ist niemand im See.
Bevor wir zurückfahren korrigieren wir das neue Schild, ItAlian statt Itelian, Swimming statt Swimin, Israeli statt Isreli, Welcome statt Well come… Zurück bei Suresch Mama, sitzen er und sein älterer Halbbruder und ich in seinem Zimmer und er zeigt mir stolz, dass er seinen Laptop mit dem Fernsehbildschirm verbinden kann, da läuft dann sehr pixelig nochmal der Videoclip, den er abspielt: Blue, One Love. Suresch hat lauter Videoclips von Blue und anderen Boybands gespeichert (Boybands sind in Nepal extrem beliebt, auch unter Männern, die Hymne in Shamrock ist Westlife „my Love")
Der Strom bricht ab und mit ihm die kurze Film Session. Wir gehen erst seine Schwester in ihrem Haus besuchen und dann seinen Bruder. Die Häuser sind alle nebeneinander. Wir sitzen lange bei seinem Bruder und dessen Frau und trinken den klaren lokalen Wein, aber dazu gibt es essen und die Bhausu (Sister in Law) gibt mir dauernd nach, während ich dauernd höflich aufesse. Ich hab von diesem Teufelskreis schon gehört aber nicht aufgepasst.
Der Dai und die Bhausu wurden auch verheiratet, als er 18 war und sie 15, da sind er und sein Bruder und Vater von Pokhara nach Chitwan gefahren und haben dort zu Abend gegessen und sie wusste nichts, dachte es wären Freunde ihres Vaters und erst nach dem Essen hat ihr eine Freundin zugeflüstert, dass sie heiraten wird. Den ganzen Abend hat sie nichts gesagt und er hatte Angst, dass seine Frau stumm sein könnte. Am nächsten Morgen ist sie schon um 5 aufgestanden, um die Kühe zu füttern und Feuer zu machen und er konnte auch nicht schlafen und sie haben sich getroffen, er hat gefragt „weißt du, dass wir heiraten?" sie hat nicht geantwortet, er dachte noch immer, sie drehen ihm vielleicht eine stumme Frau an. Sie haben Sachen gepackt und sind nach Pokhara gefahren, unterwegs haben sie irgendwo geheiratet, ohne große Zeremonie, nur das Brautpaar, sein Vater und sein Bruder und dann sind sie in das Haus hier gezogen, das noch keine Fenster und keine Türe hatte, nur Schilfmatten. Drei Monate lang hatten sie keinen Sex, er wollte sie nicht forcen oder wenn hat er dann doch wieder aufgegeben oder sie hat sich zu gut gewehrt. Sie ist dann weggelaufen und wieder nach Chitwan, aber er hat sie zurückgeholt, natürlich. Als sie schon fast 17 war und noch nicht schwanger, haben sie sich Sorgen gemacht, aber dann war sie schwanger. Sie hat das Kind in diesem Haus vor der Feuerstelle bekommen, wo jetzt die Bank ist, auf der ich sitze. Es ist nur halb rausgekommen, weil sie so zierlich war, also hat ihr Mann ihr ein heißes Kissen auf den Bauch gelegt, dann beider Hände genommen und mit dem Fuß gegen ihren Hintern gedrückt und es ist rausgeflutscht gekommen und einen Meter über den Boden geschlittert. Beim zweiten Sohn war es dasselbe. Wir trinken Wein und Dai nennt mich „sister" und die Bhausu gibt mir immer noch mehr Essen nach und lacht über die Geschichte, die ihr Neffe erzählt, manchmal fragt er sie nach Einzelheiten... Der Dai ist gut im Öl und ich bin vollgefressen, als wir endlich hinüber gehen zum Essen. Dhal Bhat ist köstlich und die Ama besteht darauf, dass ich ihren Wein auch probiere, sie hält mir die Hand und ist ganz glücklich. Sie und Sulavs Mama, also die Fau von Suresch´ kleinem Bruder, haben noch nicht gegessen. Ich frage, warum sie dann jetzt nicht essen. Das geht nicht. Er sagt ihnen zwar immer, sie sollen nicht auf ihn warten, aber seine Sister-in-Law wartet immer bis er gegessen hat und dann isst sie, nach ihm. Egal, wie spät er nachhause kommt. Ich putze mir die Zähne und wasche meine Füße am Wasserhahn draußen, dann falle ich in ein steinhartes Bett.
Am nächsten Tag fängt Suresch in Lakeside Pokhara als Restaurantmanager an. Er holt mich bei seiner Ama ab, große Verabsschiedungszeremonie, dann wieder aufs Motorrad.
„-It is very difficult to drive in Nepal. I m at my slowest possible speed, because of you.
-I appreciate it. I really do."
Romeo and Juliet
Weil in einer Woche Holi ist und nach den Feiertagen bald Exams für die zehnte Klasse, ist die Idee, dass es noch davor aufgeführt wird. Besetzung und Script stehen fest. Warum um alles in der Welt eine Shakespeare Tragödie, warum Romeo und Julia? „People know it, it sells good."
Fünf Tage für einen Shakespeare mit 20 Kids. Challenge accepted.
Die Tage verschwimmen, es wird geprobt mit den Leuten, die irgendwie gerade da sind und nicht im Exam sitzen oder gerade Küchendienst haben oder eben weg sind.
Aufgeführt wird in einem Restaurant, das Wetter hält, alle sind sehr aufgeregt und machen die Sache sehr gut, nur die Barkeeper und Köchinnen im Restaurant scheren sich einen Dreck und scheppern munter weiter. Wir haben sogar einen Dolch, „oh happy dagger" steht ja im Text (Gordon macht Musik und erteilt subtile Ratschläge. Gut dass meine Nachbarin im Guesthouse tatsächlich einen Dagger zum herborgen hat, in Kathmandu gekauft.) Danach sind alle glücklich und feiern, wir haben über 14000 Rs eingenommen, das sind etwas weniger als 140 Euro. Ob ich glücklich bin? Ja sehr, sehr, sehr, sie waren toll. Ich finde es nur schade, dass ich ihnen alles eingegeben habe, wegen der kurzen Zeit, anstatt sie selber finden zu lassen. „Oh but they like it that way, it s there mentality, they would be lost if they had to find things themselves."
Es gibt noch einen späten Snack in der Schule und eine Free Dance Session bis um zehn. Ich bekomme ein Certificate verliehen, gleich zweimal. Einmal von der Direktorin und dann noch einmal dasselbe von Fiona und Gordon, in front of the students.
Holi
Das Fest der Farben. Wieder ein hinduistischer Feiertag, zu dem es hundert verschiedene Geschichten gibt. Ich mag, dass die hindu Geschichten lang sind und ohne Moral auskommen. Ohne „und das lernen wir daraus" Und dass man zum Beispiel zelebriert, indem man Zuckerstangen anzündet oder eben mit Farbe um sich wirft. Vielleicht war Fasching vor lange Zeit auch mal ein Riesending, oder Sternsingen. Kinder, die verkleidet von Haus zu Haus ziehen und singen. Verrückt.
In Pokhara verläuft Holi relativ ruhig. Ich werde gleich morgens beschmiert, eine Hand die mich von hinten einstaubt und happy holi schreit. Danach bin ich Freiwild für alle HolispielerInnen (Holi spielt man nämlich) Die übliche Antwort, wenn jemand einen beschmiert ist „thank you". Eine andere Tradition an Holi ist Wasser. Eine dritte sind rohe Eier am Kopf. Ich sehe das nur einmal passieren, das Mädel quietscht und der Bursche lacht.
KATHMANDU
Ein ganz eigener Geruch oder Geschmack oder etwas dazwischen, der sich nach ein paar Stunden hinter Mund und Nase legt. Kontaktlinsen sind bei dem Staubaufkommen hier keine gute Idee. Die Straßen sind voll. Voller Motorräder, die unaufhörlich hupen und Autos und Menschen und Dreck. Dreck, der fliegt und Dreck der liegt. Riesige Müllhaufen, Gehsteige die in der Luft aufhören, Menschenmassen, viele mit Atemmasken. Gebäude teils heruntergekommene Blöcke, die aussehen wie europäische 70iger Jahre Bauten und teils schöne alte Gebäude, Tempel, Parkanlagen, alles unter einer Schicht Staub. Bettler mit Stümpfen. Einer, mit einem fetten Oberschenkel, der zu einem Stumpf wird, welche mit verdrehten verkrüppelten Armen und oder Beinen kriechen am Boden, ein Kind spielt mit zwei nicht verkrüppelten Kindern, es krabbelt sehr flink und fröhlich über den dreckigen Boden, das ist noch schön. Manche haben einen Lautsprecher dabei, aus dem eine Stimme eine Geschichte spricht, dem Plakat daneben nach zu urteilen geht es um jemanden, der eine neue Niere braucht usw. Oder zu dem Lautsprecher gehören ein Mikrophon und eine Frau, die am Boden sitzt und singt. Daneben am Boden verkauft eine andere Frau Erdbeeren.
Schals, Ketten, Madam please, excuse me. Leute warten bei der Haltestelle für die Minibusse. Fahrradrikshaws, klapprig zusammengezimmert, irgendwie romantisch.
Auf der New Road fängt das Pfeifen an, folgt mir. Mann hinter mir, nicht viel älter als ich, schaut mir direkt in die Augen, sehr ernster Blick. Ich bleibe stehen und studiere meine Karte, er überholt und wartet bei einem Straßenhändler auf etwas und starrt. Ich gehe ein Stück zurück um die Ecke, eine Runde und wieder weiter, da geht er, schaut mir in die Augen. Ich gehe schnell in die nächste Menschentraube hinein durch und über die Straße. Das Pfeifen hat dann aufgehört.
Durbar Square
Der Durba Square ist ein großer Platz, der noch größer und unüberschaubarer wirkt durch die Mengen an Menschen, TouristInnen, VerkäuferInnen, BettlerInnen, Rikshawfahrer und junge nepalesische Burschen und Mädchen, die sich hier herumtreiben. Nicht zu vergessen die Männer und Frauen, die tatsächlich zum Beten kommen. Viele verschiedene Tempel, größere und kleinere, viele kleine Läden. Viel viel. Auch Müll. In einer Ecke sind die Blumenopfer aufgeschüttet, die nicht mehr gebraucht werden, zwei Tauben gehen darauf spazieren. Das sieht noch schön aus, die anderen Müllhaufen oder eigentlich besser gesagt Müllflächen, geben ein weniger schönes Bild, obwohl bei schnellem Hinsehen genauso bunt.
In einem Stoffgeschäft hilft mir eine Nepalesin aussuchen und führt mich nachher zu einem Schneider. Sie ist so alt wie ich schätze ich, trägt Jeans und Heels und Lippenstift. Eine Kurta zu schneidern dauert eine Woche sagt der Schneider.- Ich fahre morgen geht's bis dahin auch?- Ja, geht auch. Zwischen den Verhandlungen erzählt mir meine neue Bekannte, dass sie in einer Woche heiraten wird. Oh sage ich, wie schön gratuliere, are you excited? Das Excitement hält sich in Grenzen. Ja, sie kennt ihn schon, aber trotzdem arranged marriage, sie würde lieber nicht aber family decision, our culture, was soll man machen. Es klingt, als würde sie sich zu einem Studium einschreiben, dass sie nicht so interessiert oder in einen langweiligen Urlaub fahren.
Garden Of Dreams
Der Garden Of Dreams , ein Lustwandelgarten nach europäischem Vorbild, der in den 90igern verwahrlost ist und zum Geheimtreff für Pärchen wurde und dann wieder restauriert. Die Statue der griechischen Göttin Nike wurde nach der Reparatur zu Laxmi umgewidmet, angeblich aus Dankbarkeit vom Kaiser (der Mann, unter dessen Schirmherrschaft der Garten restauriert wurde, hieß eigentlich Kesha, aber er wollte lieber Kaiser genannt werden) weil er das Geld für den Garten von seinem Papa, dem damaligen Prime Minister, beim Kartenspiel gewonnen hat und Laxmi ist doch die Göttin für Prosperity. Deswegen ist die Laxmistatue sehr untypisch, weil sie eben ein griechisches Trägerkleid trägt und griechische Sandalen und mit offenen Haaren in triumphaer Pose dasitzt. Seit ihrer Reparatur hält sie aber einen Lotus in der erhobenen rechten und aus der linken fallen Goldmünzen. Außerdem hat sie eine Tika auf die Stirn gemalt. Sie sieht aus, wie eine richtig motivierte europäische Touristin.
Hauptsächlich sind hier außer TouristInnen immer noch Pärchen, auf den Bänken in den versteckten Winkeln küssen sie sich und kichern. Kleine Enklave Europa, die Stadt dahinter ist ausgesperrt.
Swayambhunath (Monkey Temple)
Die Schulen und meisten anderen Sachen beginnen um 10:00. Um 08:00 durch Kathmandu zu spazieren ist also ziemlich interessant, weil die Stadt relativ ruhig ist und man dabei zuschauen kann, wie langsam alles aufsperrt und losgeht. Die Gemüse und Fleischstände, zu ebener Erde oder auf Stockerln oder in kleinen Verschlägen. Einmal liegt da ein Hirn, ein andermal erkenne ich vier Augen, samt Verbindungskanälen zu der Fleischmasse, in die sie gehören. Kinder und Jugendliche in Schuluniform, die älteren Mädchen tragen hier auch Uniformhosen (nicht Minirock wie in Shamrock).
Ich bin gut unterwegs, bis ich mich wundere warum der Monkey Temple so ähnlich aussieht wie der Durbar Square.
Irgendwann tauchen endlich die weißen Säulen auf dem Hügel auf und Affen tummeln sich beim Eingang zu den vielen Stiegen, die hinauf führen. Ein paar kleine Äffchen, die nicht zur Schule gehen, sitzen auf den Stiegen und winken. Kaum bin ich durch das Tor, kleben sie an mir mit Elendsgesichtchen. Ein Mädchen hat weiße Punkte auf der Haut.
Swayambhunath ist um halb 10 uhr morgens schon gut besucht, vor allem von einheimischen, aber auch vonT ouristInnen. In der Mitte die große eckige Säule, auf die Buddha´s Eyes gemalt sind. Tücher umspannen sie, auf einer Seite hängt das grüne Tuch über Buddhas Augen und versperrt ihm die Sicht auf einen Affen, der sich gerade eine Hängematte daraus baut. Unten dran sind die vielen Gebetsrollen, die sich drehen und immer wieder gedreht werden und die Vorrichtungen wo Kerzen brennen. Ich bewundere die Gläubigen, die hier vor den kleinen Tempeln Schlange stehen und Statuen berühren und dann Hirn und Herz, also wirklich herkommen um zu beten, zwischen all dem Lärm der StändeverkäuferInnen, die ihre Waren anpreisen und den TouristInnenscharen. Beim Eingang zum kleinen Museum ist eine große Buddhastatue sehr schön und gold. Ein Guide steht davor und erklärt einem Paar, was sie zu bedeuten hat und daneben vollführt eine relativ europäisch gekleidete Nepalesin, vielleicht um die 18, ihre Gebetsbewegungsabfolge und daneben stehe ich.
Ein Mönch dreht seine Runde um die Säule, mit hinlegen und aufstehen und ein Tourist um die 50 entblödet sich nicht, ein Stück mit seiner Handycamera neben ihm herzugehen. Ich schäme mich stellvertretend ein bisschen.
Good Luck, I sell you, you r my first customer today, if I sell you it s good luck for me the whole day, this is why I give you special discount. Das Tiger and lamb Spiel, typical Nepali, perfect souvenir. Aber einen Stein in meinem ohnehin schon schweren Rucksack kann ich nicht tragen, ich überlasse den jungen Händler seinem Glück mit dem nächsten first customer of the day.
Palace Museum
Ein riesiger Komplex neben dem Garden of Dreams, nur einmal über die Straße gehen, was allerdings ziemlich lang dauern kann. Der Polizist in der Mitte der Junction vollführt die großartigsten Tanzbewegungen nach einem nur ihm bekannten Code. Die Autos halten sich so gut daran, wie sie diesen verstehen und Lust haben. FußgängerInnen sind der least concern.
Handy muss abgegeben werden und alles, was Fotos machen kann. Eintritt für Foreigners 500 Rs, dann noch ein Security check, ob da wirklich kein Handy ist. Dann hinein in den riesigen Garten und zum Palast, in dem dir Royal Family gewohnt hat, bis ihr Jüngster alle erschossen hat und die Monarchie kurz darauf abgewählt wurde. Wieder einmal ist die Stadt ausgesperrt, der Lärm ist leiser und kein Müll liegt auf dem Weg, der zum Palast führt. Die imposanten Stiegen werden links und rechts flankiert von schwarz glänzendem Fisch, darauf Pfau, darauf Pferd, darauf Elefant, ganz oben Löwe. Vielleicht auch anders, mit dem Pferd bin ich mir nicht mehr so sicher. Als erstes beim Reinkommen und nach nochmal Ticket herzeigen und nein wirklich kein Handy und kein Fotoapparat, grüßt Tiger. Tiger ist nur noch sein eigenes Fell und Kopf und liegt auf limonenfarbenen Teppich, der auch bessere Tage gesehen hat und links und rechts sehr schöne Stühle. Boden sind Kacheln und Spiegel und alte Möbel, aber auch nicht sehr alt. Große Bilder der ehemaligen Könige vor dem Thron, sehen alle wie vomselben Maler aus. Dann durch alle Räume, die Royals mochten Tiere: Eisbärfell. Zwei ganze ausgestopfte Tiger die Männchen machen am Fuß der Treppe. A propos Fuß: Elefantenfuß, der überm Knöchel zum Sitzhocker wird. Elefantenfußhocker, Elefantenfußglastisch, mit kleinen Steinchen drauf, ein Setzkastentisch in einem Elefantenfuß. Rhinofußtisch. Rhinokopf, andere Köpfe.
Prestigeträchtiges hinter Glas. Fotos mit den wichtigen Leuten, die hier übernachtet haben. Queen Elisabeth; Heads of States von Bangladesh, Indien, Pakistan, der eine Deutsche Präsident, dessen Namen nicht hängen bleibt, weil er nicht Bundeskanzler war, Mittérand etc. Die Zimmer für die Head of States, die hier übernachten, mit großem Doppelbett, Teppichboden und Foto von Bergen, sieht alles ein bisschen aus, wie europäischem Luxus der 70iger Jahre nachempfunden. Auch die alten technischen Geräte, wie der riesige Röhrenfernseher, der dem letzten König 2001 noch gehört hat, ist ausgeschildert: japanisches Qualitätsprodukt. Dann ein eigenes Zimmer für die First Lady der besuchenden Head of States. Haben die nicht in dem großen Doppelbett mit den Heads geschlafen? Auch Teppichboden, auch Doppelbett, alles kleiner versteht sich. Wenn ich Head of State oder First Lady wäre und zu Besuch im Royal Palace von Nepal, ich würde schon irgendwie darauf bestehen im Bett mit meinem Ehemann schlafen zu dürfen, glaube ich.
Der Raum, indem Diplomaten sich treffen, der Raum indem der König sich gerne ausgeruht hat, vor und nach dem Essen, der Raum, in dem über Medaillen gesprochen wurde, der Raum indem die Royals irgendwelche Vorführungen gesehen haben, der Raum indem die Abgeordneten dieselbe Vorführung gesehen haben (Vielleicht wurde die Aufführung im Fernsehen übertragen? Das japanische Qualitätsprodukt steht aber im Ausruhzimmer des Königs. Vielleicht ein Übersetzungsfehler). Das Schlafzimmer des Königspaares ist kleiner als das für Gäste, immerhin. Leider ist das Badezimmer nicht aufgesperrt. Es hätte mich interessiert, was für ein Klo die Royals hatten.
Der Thronsaal, türkise Wände, sehr hoch, oben Malereien hinudistischer Gottheiten. Am Fensterbrett steht ein Jesus, was hat der hier verloren? Sieht teuer aus. Der Thron ist sehr breit, der König konnte gut drauf lümmeln. Die Füße sind wieder ein Löwe auf einem Elefanten oder so ähnlich.
Aus dem Gebäude heraus und in den Garten hinter dem Palace, immer den Schildern folgend zu den Schauplätzen des Royals Massacres. Hier wurde die Königin erschossen, hier wurde der Kronprinz seriously injured aufgefunden usw. Wunderschöner Garten.
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