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Singapur Stadtleben - Jakarta Slum
Manchmal frage ich mich, wie viele Eindrücke und Kontraste ein menschliches Gehirn verarbeiten kann. Zwei Tage haben wir in Singapur verbracht, wo es, jedenfalls für mich, außer Wokenkratzer, sogar die Schweiz übertreffende Sauberkeit, Shopping und aufgehübschten Personen nicht viel zu erleben gibt. Definitv angenehm, nach sechs Monaten Südostasien etwas Zeit in einer praktisch westlichen Stadt zu verbringen. Röcke und Trägerhemden sind wieder erlaubt, zu Starbucks für Kaffee zu gehen ist nicht länger ein Zeichen für Reichtum, Toilettenpapier uns Seife sind in öffentlichen Toiletten vorhanden und so etwas wie Starren gibt es hier nicht. Bummeln durch das Zentrum, Sonnenuntergang am Pier, schön schön!
Am Mittwoch kamen wir nach einem kurzen Flug in Jakarta, Indonesien an, und auch wieder in der gewohnten Kultur. Feilschen, Abzocke und das ganze Gegenzeil der obig beschriebenen Dinge sind wieder präsent. Um elf Uhr nachts ist der Verkehr noch schlimmer als zur Rush Hour in Bangkok, dafür sind die Menschen freundlicher.
Nachdem wir Kontakt mit dem Leiter der Red Nose Foundation aufgenommen hatten, fuhren wir gestern in einen Slum am Stadtrand um wieder Workshops zu geben. Um halb sieben gings aus dem Haus, trotzdem haben wir es im Traffic Jam nicht vor neun Uhr ans Ziel geschafft. Wir wurden von dem Leiter aufs Schlimmste vorbereitet, Schmutz, Geruch, Armut, und waren daraufhin sogar positiv überrascht. Es war tatsächlich sauberer als so manche Stadt in Indien.
Wir starteten den Tag mit Macarena für die Kleinen im Kindergartenalter, und gaben später HipHop und Ballettworkshops für die etwas Älteren. Im Gegenzug wurde uns Jonglieren beigebracht.
Alles war prima, doch irgendwie merkten wir beide, dass mit jeder Stunde der Geruch und die Enge der manchmal nur einen halben Meter breiten Gassen immer näher zu rücken schien. Zur Mittagszeit bringen die Erwachsenen Säcke mit Muscheln vom Meer. Die Frauen öffnen jede Einzelne, türmen sie inmitten von Mühl und Fekalien auf und beginnen das Innere in Töpfen auf offenem Feuer zu kochen. Verbrannt wird alles, was nun eben brennen kann, und dicker Qualm macht sich in dem Irrgarten breit. Die Muschelschalen bleiben in Bergen auf dem Lehmboden liegen, es knirscht wohin man tritt. Wir tragen Sandalen, die Kinder sind barfuß.
Am Rand des Slum wird geschweißt und gehämmert, alte Schiffe werden hier hin gebracht und zerlegt, die Teile verkauft. Daneben trocknet Fisch auf Bambusbrettern, soweit das Auge reicht. Kinder lassen Papierdrachen in den graublauen Himmel steigen. Man hört den Muezzin.
Die Küste am Rand vom Slum ist ein Muschelberg. Fliegen, Millionen von Fliegen dazwischen. Zwei jugendliche Mädchen stehen händchenhaltend mitten drin und lachen und tuscheln. So wie wir, wenn wir mit Freundinnen durch die Stadt bummeln.
Nach einem Meeting mit den Eltern aus dem Dorf geht es abends zurück. Neun Volontäre im Auto, alle schlafen. Belämmert und schwindelig kommen wir nach vierzehn Stunden wieder in der Stadt an. Lichter, Skyscraper, Regen, der in den Gulli fließt. Unsere Füße bleiben trocken, wie sieht es gerade im Slum aus?
Das Tempo der Stadt holt uns wieder in die Realität zurück, wobei wir ironischerweise im Slum das Gefühl hatten, das hier die Realität verdammt nahe ist.
Während dem Abendessen sagen wir beide, dass wir es viel schlimmer erwartet hatten. Komischerweise fragen wir uns später gegenseitig im Bett, ein paar Minuten nachdem wir das Licht ausgemacht und die Augen geschlossen haben:
"Do you also still see the slum in front of you?"
"Yes, I do."
Travelling is a teacher, and a pretty good one. It doesn't need authority or confidence to make you do your homework. Somehow you jut start doing it yourself. And it teaches you a quite a lesson.
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