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Die nächsten Tage wurden wir von der speziellen Atmosphäre Chiloés in den Bann gezogen. Die Chiloten sehen sich als eigenes Volk und das sind sie auf eine Art und Weise auch. Wer auf Chiloé lebt, sagte uns ein Zugewanderter, der interessiert sich nicht für Geld. Wer mit seinem Reichtum angeben will, gehört nicht hierhin. Tatsächlich gibt es auf der ganzen Insel fast nur einfache Fischerhäuschen, oftmals Schindelhäuser, die in allen Farben bemalt sind. Die Städtchen sind alle sehr belebt, man sieht auch viele junge Leute, die gar nicht daran denken,wegzuziehen. Die meisten hier leben von den Dingen, die das Meer hergibt: Fische, Muscheln, Schalentiere und Algen (Cochayuyo, eine spezielle Algenart, die es nur in Chile und Neuseeland gibt und in Salaten und anderen Gerichten gegessen wird).
Die Hauptmahlzeit ist das Mittagessen. Zwischen 13 und 15 Uhr herrscht Grossandrang in den Garküchen am Hafen. Die Fischer laden dort ihren Fang ab und Dutzende von Grossmütter bereiten in ihren kleinen Küchen verschiedene Gerichte zu. Zum Essen setzt man sich an die Theke neben den Kochtopf. Typisch ist der Curanto, der traditionell im Erdofen, hier aber in der "olla", der Pfanne zubereitet wird. Darin befinden sich nebst unterschiedlichen Mariscos auch Fleisch, Wurst, Speck, Kartoffeln und Koriander. Während Jazz sich an eine Paila Marina (Meeresfrüchtepfanne) wagte, blieb Luc beim bewährten Poulet. Das ganze für ca. 4 CHF pro Portion.
Chiloé zeigt sein echtes Gesicht bei Nieselregen und Nebel. Die mythischen grünen Dickichte lassen einen an die vielen chilotischen Sagen glauben. Sobald sich die Sonne zeigt, schwindet dieser Effekt und wird dafür von den leuchtenden, farbigen Häuschen und Boten abgelöst.
Die Fischmärkte waren faszinierend. Alles was dort lag, lebte zumindest zu einem Teil noch. Der Muschelhaufen klapperte und die Seeigel rankten sich noch. Die Picoroco schnappten mit der krallenartigen Verlängerung ihrer Schale aus ihren steinernen Höhlen heraus. Man kauft sie mitsamt Stein und kocht sie auch damit. Die Fischer nehmen von Zeit zu Zeit einen Seeigel in die Hand und knacken ihn mit einem Messer auf. Sein Inneres gleicht Vanillepudding. In der Mitte liegt ein dunkles, rundes Bällchen, das sie rausnehmen und essen. Obwohl nicht klar, ob das nun Herz, Magen oder Hirn des Seeigels war, irgendwie war das dann doch zuviel für uns. Die Spezialität hier, rohen Seeigel, werden wir wohl zugunsten eines harmlosen Stücks Fleisch auslassen...
Wir verbrachten einige Tage im gemütlich gehenden Chiloé unter anderem in Ancud, auf der Insel Quinchao und schliesslich in Castro, mal campend, mal in einer Hospedaje. Auf uns wirkten die Menschen auf Chiloé etwas offner und kommunikativer im Gegensatz zu den übrigen Chilenen, die wir bisher getroffen hatten. Auf dem Weg zurück Richtung Puerto Montt wollten wir auf Grund des schönen Wetters nicht einfach die grosse Autobahn nehmen sondern entschieden uns für eine Fahrt entlang der Küste über Quemchi bis nach Chaco wo uns die Fähre ans chilenische Festland erwartete. Auf dieser Fahrt zeigte sich das Wetter aber auch die Insel von ihrer besten Seite. Kleine, verschlafene Fischerdörfchen mit freundlich winkenden Menschen, eine wunderbare Küste, das blaue Mehr und die Vulkane auf dem Festland bildeten eine traumhafte Kulisse. Mit etwas Wehmut nahmen wir Abschied von der Insel um zurück nach Puerto Montt zu fahren wo uns hoffentlich endlich unsere Autoscheibe erwartete. Kaum zurück auf dem Festland standen wir schon im Stau. Grund war jedoch nicht das hohe Verkehrsaufkommen sondern ein Auffahrunfall, der aber, wie es scheint glimpflich ausgefallen war.
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