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Bevor wir am Morgen in Calafate losfuhren, liessen wir Paji endlich einmal waschen. Bis anhin hatten komischerweise alle Lavaderos plötzlich geschlossen, als wir mit dem verkrusteten Wagen vorfuhren. Dank geschickter Frageweise konnten wir den Garagisten aber überlisten und er wusch uns das Auto. Danach wussten wir noch nicht, wo wir überhaupt hinwollten, fuhren los und entschieden uns spontan, nach El Chaltén zu fahren, jedoch ohne grosse Ambitionen uns im Nationalpark anzustrengen. Es windete sehr stark, das Auto wurde von einer Spur auf die andere geschoben. Im Dorf angekommen stellte sich heraus, dass wider Erwarten alles ziemlich ausgebucht war. Da kommen wohl all die Herbergen und Hotels, die sich momentan im Bau befinden, gerade recht. Und die Vorhersage, dass dieses kleine Dorf bald nicht mehr so sein wird, wie es einmal war, trifft wohl auch zu. Aufgrund des starken Windes, war es unmöglich zu campen. So fanden wir uns schlussendlich in einem neu eröffneten Hotel der teureren Sorte wieder. Doch auch in einem neu eröffneten Hotel lassen sich die WC-Türen nicht schliessen, wie alle anderen WC-Türen in ganz Argentinien, mussten wir feststellen. Da inzwischen ein Sturm aufgekommen ist, ruhten wir uns auf dem Zimmer aus und schauten TV, bis dieser auch ausstieg aufgrund des Sturms...
Unser Ziel war es, bald wieder nach Chile zu wechseln. Auf unserer Strecke lag das Städtchen Gobernador Gregores, das uns als Zwischenstopp dienen sollte. Das Wetter war relativ gut, aber windig. Die Strasse war wirklich „ripio" und sehr mühsam. Es kam wie es kommen sollte und bald schlingerte Paji und hatte einen Platten. Luc war erstaunlicherweise erfreut darüber, endlich einmal einen Reifen wechseln zu können, während Jazzy versuchte Paji festzuhalten, damit der Wind diesen nicht vom Wagenheber blies. Alles klappte gut und bald waren wir wieder on the road.
In Gob. Gregores fanden wir den Camping Municipal, der verlassen dort lag. Super, dann scheints ja gratis zu sein! Unerwarteterweise bekamen wir später noch Zuwachs von Amerikanern, die sich aufgrund einer defekten Benzinleitung hierhin verirrt haben. Der kaputte Reifen hatte nur einen kleinen Riss, den wir gleich vor Ort flicken lassen konten für läppische 8 CHF.
Am nächsten Tag fuhren wir durch wunderschöne Landschaften auf verlassenen Strassen in die Höhe Richtung Chile. Man hatte das Gefühl, weit weg von jeglicher belebten Zone zu sein. Sogar die Guanacos wurden seltener. Am Paso Robalo checkten wir bei den Argentiniern aus und fuhren weiter Richtung Grenzübergang Chile. Dort blies uns der Wind zwischen Auto und Grenzhäuschen fast um. Der Grenzbeamte, der alleine vor Ort im Dienst war, bot uns einen Kaffee an, den wir gerne annahmen. Er führte uns hinter den Schalter in eine Art Wohnzimmer mit Küche, wo ein kleines Kätzchen auf dem Sofa schlief und Fussball am Fernseh lief. Immer noch nicht ganz vertraut mit der Nespresso-Kultur, belächelte er unsere Dosierung des Pulvers und belehrte uns eines besseren: 1 Löffel Nespresso und 2 Löffel Milchpulver. Dabei erzählte er uns von seiner Frau und seiner kleinen Tochter und tischte uns Galletitas mit Confi auf. Wir erzählten, dass wir nachher nach Cochrane weiter wollten. Entsetzt darüber, dass wir noch keine Unterkunft organisiert haben, bot er uns an, im Häuschen neben der Grenzstation zu übernachten. Ohne Zögern sagten wir zu. Wann haben wir sonst wieder mal die Chance auf der Grenze zu übernachten?! Doch zuerst müssen die Pässe noch gestempelt werden. Dann führte er uns zur ehemaligen Krankenstation rüber. Das Häuschen bestand aus mehreren Räumen, die alle ziemlich verstaubt war. Er tauchte sogleich mit Putzmittel, Eimer und Lappen auf. Langsam kam uns der Verdacht auf, dass er nur sein Putzämtli auf uns abschieben wollte. Er half jedoch fleissig mit, bis einer der Räume blitzblank war. Nebenan befand sich die ehemalige Schule. Dort übernachtete ein Amerikaner, der ein Problem mit der Kupplung seines Motorrads hatte. Scheint ja ein richtiges Lager zu werden! Wir richteten uns wohnlich ein, breiteten die Matratze und die Schlafsäcke aus, entzündeten die Gaslampen und den Gaskocher und kochten uns ein Süppchen. Wir besichtigten dann noch die Unterkunft des Amerikaners. Bei ihm fehlte ein Fenster (zum Glück auf der windabgewandten Seite) und er musste bereits eine Ratte totschlagen. Deshalb schaute er später bei uns noch auf ein Glas Wein und Pisco vorbei. Die Nacht war dann nicht ganz so erholsam, da der Wind drohte, das Haus umzureissen. Zumindest erklangen entsprechende Geräusche. Wie immer gelang das Schlafen jedoch am Morgen besser und wir stiegen erst um 10 Uhr aus den Schlafsäcken. Leider war der nette Grenzbeamte dann schon abgelöst worden und wir machten uns weiter auf den Weg.
In Cochrane statteten wir der Plaza einen Besuch ab, um uns über News und Wetter aufzudatieren. In Argentinien und Chile gibt es auf den meisten Plazas Wifi, sehr praktisch. Danach setzten wir die Reise auf der Carreterra Austral fort. Die so umschwärmte Route erfüllte alle Erwartungen. Die Schotterpiste wirkt abenteuerlich mit dichtem Regenwald umrandet. Riesige Blätter von zwei Meter Umfang ragen in die Strasse, Fuchsia blühen wohin man schaut. Das Wasser in den Schluchten leuchtet türkisblau. Nebelschwaden verleihen ein mystisches Aussehen...
Plötzlich leuchtete die Sonne und liess die Flüsse und Seen noch blauer erscheinen. Am Lago General Carrera legten wir an einem Plätzchen eine Pause ein und setzten uns in die Sonne. Es war so schön, dass wir beschlossen, gar nicht erst weiter zu fahren. Luc konnte es nicht bleiben lassen und setzte zum Schwumm im See an. Am Abend entzündeten wir ein Lagerfeuer, genossen die Windstille und einen uruguayanischen Wein von Andi.... Perfekt!
Leider kamen Wind und Regen in der Nacht zurück und das laute Pfeifen verunmöglichte einen tiefen Schlaf.
Nächster Service-Stop war Coyhaique. Wäsche waschen und Dachträger schweissen lassen stand auf dem Programm. Leider war es wieder kalt und unsere Unterkunft hatte weder Isolation noch Heizung. Dafür bot Coyhaique alles, was das Herz begehrt. Wir stockten unsere Vorräte auf, kauften sonstige fehlende Ausrüstung, assen das beste Essen seit langem und fanden sogar einen Aluminium-Schweisser. Während Jazzy aufgrund fehlender handwerklicher Begabung mit der Frau des Schweissers Kaffee trank, gaben Luc und der Schweisser dem Dachträger den letzten Schliff. Bis um 10 Uhr abends. Jeden Abend hatten wir neue Begleiter auf dem Heimweg. Auch hier leidet man unter der Hundeplage. Die „Gangs" haben ganze Quartiere im Griff. Gegenüber Menschen sind sie eigentlich immer friedlich, denn jeder ist ein potenzieller Futterspender. Die Verteidigung des Reviers gegenüber feindlichen Gangs jedoch endet meist in endlosem Gekläffe während der ganzen Nacht. Da wir aber Tierfreunde sind und eigens für diesen Zweck eine Packung Katzenfutter im Auto haben, verfütterten wir am letzten Abend die ganze Packung an ein besonders schönes Exemplar von einem Hund. Den Katzen haben wir schon am Morgen was hingelegt. Die Hotelbesitzer werden es uns danken, wenn sie sehen, welche Schar sich hier von nun an versammeln wird. Selbst schuld, sollen sie doch die Heizung anstellen!
Die nächsten Tage waren von eher trübem, kalten Wetter geprägt. Leider waren auch die nächsten Unterkünfte nicht beheizt. In Futualeufù wollten wir uns deshalb bei einem Apéro in einer der Bars aufwärmen. Natürlich war alles dunkel und geschlossen. Die Saison scheint eben doch zu Ende zu sein. Doch beim letzten Versuch hörten wir Musik von Drinnen. Es musste also offen sein. Dass die Fenster mit roten Vorhängen verdunkelt waren, störte uns nicht weiter. Die Tür war aber verschlossen. Als wir schon wieder am weglaufen war, öffnete sich diese und wir wurden beäugt und schlussendlich eingelassen. Es hatte nicht viele Gäste und im Hintergrund klimperten die „Prisonieros del Sur" chilenische Pop-Musik im Fernsehen. Da sich einige exotisch aussehende Frauen an einem Tischchen in der Ecke andauernd schminkten und sonst nur Männer alleine rumsassen, diskutierten wir eine Weile, ob wir jetzt wohl in einem Puff gelandet seien oder nicht. Eine schlussendliche Antwort fanden wir nicht. Aber die Prisioneros del Sur waren alleine den Besuch wert!
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